Moin Rolf, und weiter geht es mit der ›grünen Hölle‹. Dan leg mal los. Der Tee ist serviert, das Gebäck steht bereit …
Wie ich versprochen habe machen wir weiter mit dem Kapitel-Ausschnitt aus dem »Herrn der Grünen Hölle«, wo es um die Beschwörung der Elementargeister geht.
Den Begriff ›Elementar-Geister‹ hatte ich zum ersten mal in der Fantasy-Heft-Serie »Dragon - Söhne von Atlantis« gelesen. Und ich habe eigentlich nur das Wort ›Elementar-Geister‹ übernommen - und alles hat sich anders entwickelt.
Immerhin ist es ein feststehender Begriff und kann interpretiert werden wie andere Begriffe als da wären ›Götter‹, ›Dämonen‹, ›Magier‹ etc., wo auch jeder Romanautor seine eigene Interpretation hat. Was ja auch für Sachbücher zutrifft.
In ›Visionia‹ wird uns der Begriff ›Elementar-Geister‹ in späteren Bänden auch wieder begegnen. Allerdings sind es dort sieben Elementar-Geister, weil in der Traumwelt ja das Heptagramm, der siebenzackige Stern, die Grundlage der Welt ist. In Zamorra waren es jedoch ursprünglich nur die vier ›Elemente‹ des antiken Griechenland - dazu als das ›Fünfte Element‹ (lange vor dem Film) den Elementar-Geist des Lebens.
Leider hatte ich nicht die Möglichkeit, dieses Thema zu vertiefen. Mir fällt nur noch die Südamerika-Trilogie ein - im Roman »Das Schwert im Jadestein« - wo die Elementargeister noch einmal direkt mit ins Geschehen eingreifen. Sonst gab es immer nur Erwähnungen im Hintergrund und wurde dann auch von Werner und den Lesern vergessen.
In der Handlung ist es also Zamorra gelungen, Velayaya, den Elementargeist des Wassers zu beschwören. Denn das abgestürzte Flugzeug, in dem er sich befand, liegt im braslilianischen Urwald irgendwo bei Manaos auf dem Rio Negro und wird von der Strömung zu einem gigantischen Wasserfall gezogen. Im Wasser sind Pirhanas, also muss Zamorra sehen, das ihm der Elementar-Geist hilft, sich selbst und die Passagiere im Flugzeug aufs trockene Land zu retten.
Also, dann lest jetzt mal weiter aus der ›jüngeren Steinzeit‹ der Zamorra-Serie ...
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sprachen aus dem, was sich aus dem nach oben brausenden Wasserschwall manifestierte. Mit viel Phantasie hätte man aus der empor schäumenden Gischt ein menschliches Antlitz erkennen können.
Es erschien Zamorra wie das Gesicht eines uralten Mannes, in das sich Runen der Erkenntnis und der Weisheit eingegraben hatten. Etwas Erhabens sprach aus ihm. Etwas, das einen normalen Sterblichen in die Knie zwingt.
So erschien Velayaya, der Elementargeist des Wasser dem Meister des Übersinnlichen. Dem Geistesgewaltigen, der über die Kühnheit verfügt hatte, diesen Herrscher über Naturgewalten zu rufen und dem das Wissen über die Worte der Macht zu eigen waren.
"Was zerrst du, der du dem Staube der Erde entsprungen bist, mich aus meinen Reichen in der Tiefe?" grollte die Erscheinung. "Wer bist du, Tollkühner, der die es wagst, die Worte auszusprechen, die seit den Tagen der Alten in Vergessenheit geraten sind?"
Ruhig hielt Professor Zamorra der Gewalt des Geistes stand. Er ahnte, das Velayaya ihm in gewisser Weise wohl gesonnen war. Denn er war in Gestalt eines Menschen erschienen. Die Geisterwesen, die weder den Mächten des Himmels angehöre noch dem Höllenreich unterjocht sind haben ihre eigenen Gesetze und Vorstellungen.
Der Parapsychologe wusste von diesen Wesen sehr wenig. Die Kunde von den Elementar-Geistern hatte er den Büchern von Eibon entnommen, die er durch Zufall in Abschrift in der Bibliothek seines Chateau entdeckt hatte. Über die anderen, niederen Naturgeister, die Kobolde, Zwerge, Gnome, die Hobbs, wie man die Heinzelmännchen auch nennt und letztlich die Elben, über all da hatte ihm der Elbenkönig Glarelion in jener Schreckensnacht nur wenige Andeutungen gemach.
Professor Zamorra streckte die Arme theatralisch nach der Erscheinung des Elementar-Geistes aus.
"Zamorra ist mein Name!" rief er mit lauter Stimme. "Und nur in höchster Not gebrauchte ich die Worte der Macht und sprach die Sprüche, die dich zwingen. Nicht für mich allein rief ich. Siehe, oh Mächtiger, unsere Not. Fort reißt uns die Strömung. Und wenn du ihr nicht Einhalt gebietest, zerschellt unser Gefährt den den Felsen der Katarakte. Das aber weiht mich und alle hier dem Tod."
"Was verlangst du?" fragte der Wassergeist barsch. "Was schert mich der Tod von Sterblichen? Was seid ihr denn schon? Hilflos seid ihr, wenn euch die Kinder meines Elements umschmeicheln und wenn euch die, welche in den Wassern wohnen, sie zu sich herab ziehen zu grausigem Mahl!"
Hah! Ihr Menschen glaubt, euch die Natur dienstbar gemacht zu haben! Und ihr wollt stärker sein als die, welche ewig sind!
Schon mit einem einzigen Zucken seines Körpers legt Hymaya, der Elementar-Geist der Erde, eure Städte in Trümmern. Auf meinen Wind zerbersten eure Deiche und Dämme durch Flutwellen. Vergebens bemüht ihr euch, wenn Onasimona, der Feuergeist, in euren Wäldern und Pflanzungen tanzt. Und eure Bauwerke werden hinweg gefegt, wenn Äorosh, der Geist der Winde, seine Kinder, die gewaltigen Wirbelstürme, sendet. Zürnt euch aber Tenewalaya, der Geist des Lebens, so geratet ihr völlig in Panik. Denn dann rasen Kriege über eure Erde und es toben Krankheiten und Pestilenzen.
Was soll ich euch erretten? Ich, durch dessen kleinsten Wink die Ozeane ganze Kontinente fressen?"
"Was erzählst du mir Dinge, die ich sehr gut weiß". dröhnte Professor Zamorras Stimme über das Wasser. Er wusste, dass er den Geist zwar höflich und bittend begegnen musste, aber dennoch nicht vor ihm kriechen durfte. Velayaya würde nur sein grausames Spiel mit ihm treiben.
"Denn wisse, oh mächtiger Geist," dröhnte Zamorras Stimme über das Wasser, das ich nicht nur die Macht besitze, dich zu rufen. Ich habe auch die Macht, dich zu zwingen!"
Die Wassersäule wechselte vom gischtigen Weiß in glühende Purpurfarbe. Der Geist schien im höchsten Maß erregt.
"Das... das wagst du nicht." kam es an Zamorras Ohr. Da wusste der Professor, dass er gewonnen hatte. Velayaya schien vor etwas Angst zu haben.
"Möchtest du es ausprobieren?" fragte Zamorra und gab sich gleich selbst die Antwort. "Nein, denn du wirst für die Zeit, die die Menschen eine Stunde nennen, die Strömung anhalten so dass wir an's Ufer gelangen können!"
Im gleichen Moment musste Professor Zamorra balancierten und die Erschütterung ausgleichen. Irgendwie war das Flugzeug auf Grund gekommen. Eine Sandbank vielleicht oder irgendwelche Felsen die unter dem schwarzen, für das menschliche Auge undurchdringliche Wasser des Rio Negro. Oder war es vielleicht wirklich die Kraft des Elementar-Geistes?
Professor Zamorra war sich sicher, dass hier die Macht des Velayaya eingegriffen hatte.
"Dank sei dir, Meister der Elemente!" rief Zamorra. "Weit werden wir deine Großmut und Kraft zu preisen wissen. Noch einmal! Dank sei dir und...!"
"Spar die deine Lobeshymnen!" donnerte ihn der Beherrscher des Wassers an. "Ich tat meinen Teil und erfüllte die Bitte, zu der du mich durch Stab und Pakt gezwungen hast. Nun erfülle auch die die Vorschriften, die einst erlassen wurden, als die Geisterwesen den Sterblichen offenbarten, in welcher Form beide Seiten miteinander verkehren können. Bedenke, was mir zusteht...!"
Zamorra kroch es eiskalt über den Rücken. Er kannte diese Regelungen aus anderen Arten der Magie. Auch zum Beispiel ein "Höllenzwang" schreibt eine geringe Gabe, eines Maus zum Beispiel, als Gegengabe vor, wenn man sich von den Kräften aus dem Schwefelreich einen Wunsch erfüllen lässt.
"Was forderst du, mächtiger Geist?" fragte Professor Zamorra und war auf alles gefasst.
Günstigenfalls wollte Velayaya irgend ein Kleinod. Einen Ring oder eine Halskette, die man in den Fluten versenken musste. Professor Zamorra ahne jedoch, dass der Elementargeist ein anderes Opfer forderte.
"Ich fordere ein abgeschnittenes Glied deines Körpers!" grollte es über die Wasser.
Zamorra wurde totenblass. Im Flugzeug fiel Nicole Ducal in Ohnmacht...
Dann kommt wie in Heftroman üblich, ein anderer Handlungsstrang, um die Spannung weiter zu führen. Der Leser muss sich also etwas gedulden, wenn er wissen will, wie es weiter geht - oder voran blättern. Das können wir und hier aber ersparen und machen sofort weiter.
"Nun, was zögerst du?" vernahm Zamorra die dröhnende Stimme des Wassergeistes. "Gib mir, was mein ist für die Tat, die du von mir gefordert hast und die ich getan habe. Eine Gabe gegen eine Gabe. Ich schenkte dir mit meiner Arbeit das Leben. Was ist dagegen ein Glied des Körpers."
Irgend etwas würgte in Zamorras Kehle. Es war wie ein Kloß und es war ihm unmöglich, jetzt zu antworten. Zamorras Gedanken wirbelten wie die Spiralnebel des Kosmos.
Nach den Gesetzen der Geisterwelt bestand Velayayas Forderung zu Recht.Es würde Fürchterliches nach sich ziehen, dem Wassergeist sein Recht zu verweigern.
Es gab nur eine Möglichkeit der Rettung. Zamorra musste den Beherrscher aller Wasser überlisten...
"Ach, ich verstehe!" kam die hohntriefende Stimme des Elementar-Geistes. "Dir fehlt das nötige Schneidewerkzeug. Ha, dem kann abgeholfen werden. Denn mein Element umschmeichelt all das, was einst in den Fluten der Ozeane versunken ist. Und sei gewiss, in einem der Schiffe wird sich sicherlich ein Werkzeug finden das scharf genug ist, selbst einen Arm oder ein Bein mit einem kraftvoll und mutig geführten Hieb vom Körper zu trennen.
Hast du diesen Mut, Zamorra? Wirst du Velayaya so zufrieden stellen?"
Ein fürchterliches Gelächter durchraste den Dschungel. Eine spitz nach oben zulaufende Welle raste heran. Das Sonnenlicht brach sich auf einem blitzenden Etwas, das aus der Wellenkrone empor ragte. Klirrend wurde ein Messer vor die Füße des Parapsychologen geworfen.
Langsam bückte sich Professor Zamorra, fasste vorsichtig den Griff der ehedem aus schwarzem Ebenholz bestanden haben mochte, jetzt aber noch von grünlichen Algen überzogen war. Aber die Klinge wirkte wie blank geputzt und glimmerte in der Sonne. Die Schneide des schweren Schlachter-Messers war rasiermesserscharf geschliffen.
Eine Gänsehaut kroch über Professor Zamorras Rücken, als er das fürchterliche Werkzeug betrachtete, mit dem er sich selbst verstümmelen sollte.
Gab es wirklich keine Rettung?
Wie hatte die Forderung des Elementar-Geistes gelautet? Ein abgeschnittenes Glied des Körpers...
Der Meister des Übersinnlichen wurde eiskalt. Seine Hand hob das Messer. Und die Klinge blitzte, als Professor Zamorra einen Schnitt machte...
Einen ›Cliff-Hanger‹ nennt man so was in der Sprache der Verleger und Redakteure, wenn an der spannendsten Stelle das ›Fortsetzung folgt‹ kommt, das den Leser förmlich dazu zwingt, das nächste Buch oder Heft zu kaufen.
»Lest das nächste Heft!« hieß es immer bei ›Sigurd‹, ›Akim‹, ›Tibor‹ oder ›Nick, der Weltraumfahrer‹ - und für uns Jungen blieb eine Woche Zeit, zu rätseln, wie unsere Helden sich aus dieser auswegslosen Situation retten konnten. Diese ›Cliff-Hanger‹ gab es früher auch bei ›Serials‹, mehreren kurzen Filmen, die einen ganzen ergaben. In den alten »Western von Gestern« findet man so was auch auf DVD. So habe ich den Film »Zorros Geisterreiter«, der im Kino auf die normale Zeit runter gekürzt wurde, im Original gesehen - eben mit den Cliff-Hangern. Wenn ein ganzes Felsmassiv auf Zorro herab stürzt oder eine Felsenkammer mit beweglichen Wänden ihn zu zerquetschen droht - dann kann er sich unmöglich retten. Doch - in der nächsten Folge sieht man es - und manchmal ist die Lösung verblüffend.
Die Szene, wie Zorro in einer Felsenkammer mit beweglichen Wänden zerquetscht werden soll, hat George Lucas in »Star-Wars« vermutlich abgekupfert. Aber wir haben ja ein Alter und der liebe George hat wie auch Steven Spielberg die gleichen Filme wie ich damals gesehen - und sich von den Ideen tragen lassen. Egal ob ›Zorro‹ oder ›Star-Wars‹ - diese Sache in der Kammer, deren Wände sich immer mehr zusammen schieben, hat eine ganz besondere Spannung.
Ich denke, viele Teestunden-Freunde, welche die Original-Romane nicht kennen, möchten jetzt gerne wissen wie es weiter geht - und müssen sich jetzt eine Woche gedulden. Denn ich möchte dann nicht nur die Beschwörung des Elementar-Geistes und die ›Verhandlung‹ mit ihm beschreiben, sondern auch, was sonst passiert, bis die Insassen des Flugzeuges auf trockenem Land sind. Und die Wasser des Rio Negro teilen wie weiland Moses das rote Meer teilte, das hat Zamorra ja nicht gefordert. Also gibt es noch einige Probleme bis zum Land zu kommen.
Denn es ist klar, dass Zamorra den Elementar-Geist rein legt - und Velayaya dann kleine Gnade mehr kennt. Aber wie er das macht... je, wer es gar nicht erwarten kann, der sehe bei Titus Livius (er lebte zur Zeit des Augustus) in seiner »Römischen Frühgeschichte« nach. Numa Pompilius, der weise König Roms nach Romulus, hatte die Lösung, mit der er Jupiter um das Menschenopfer brachte, das der Gott forderte. Daran hat sich Zamorra - und natürlich der Autor, der sich in diese Thematiken etwas eingelesen hat - erinnert. Wer den Livius nicht zur Hand hat - der wartet eben bis nächste Woche.
Und dann bringen wie die Passage aus dem "Herrn der Grünen Hölle" zu Ende ...