Ein Abend bei Gaisbauer (Teil 14)
Ein Abend bei Gaisbauer (Teil 14)
W.K. Giesa: Bei den Abenteurern schreiben gut Autoren mit wie etwa Huber Haensel. Den würde ich mir für eine Fortsetzung von "Ren Dhark" wünschen.
H.H.v.Allwörden: Zu "Ren Dhark" kann ich folgendes sagen. Es laufen Gespräche mit Herrn Melchert junior vom Kelter-Verlag über die vierte Auflage.
Franz Schröpf: Will Kelter die Remmitenden-Quote noch höher treiben?
H.H.v. Allwörden: Wir unterhielten uns mehrere Stunden, wie man diese Quote vermeiden könnte.
W.K. Giesa: Da wüsste ich ein paar Patent-Rezepte!
Franz Schröpf: Gleich mit Band 100 starten.
H.H.v.Allwörden: Nein, wir beginnen wieder mit Band 1. Aber wir sind uns einig, dass die Serie überarbeitet werden muss. Nur über die Form herrscht noch keine Übereinstimmung.
Ein wesentlicher Gesichtspunkt sind die Kosten der Überarbeitung. Sie muss so billig wie möglich sein und kann kaum von einem Autoren geleistet werden, der von dieser Arbeit leben möchte.
Zuerst müssen die Romane in den Computer eingegeben werden, was die Bearbeitung wesentlich vereinfachen wird. Dazu brauchen die Weltraum-Abenteuer aus der Serie am wenigsten bearbeitet zu werden.
Worüber wir uns bereits einig sind ist, dass die wesentlichen Rätsel, die sich bis Band 98 aufgetürmt haben, in den zwanzig darauf folgenden Bänden gelöst werden müssen. Das heißt, das ab Band 120 ein völlig neuer Zyklus begonnen wird.
"Ren Dhark" muss Abenteuer-SF bleiben - schließlich weiß man, für welches Publikum man produziert. Aber es muss behutsam modernisiert werden. Ob Werners Fortsetzungs-Konzept von 1989 übernommen wird, steht allerdings in den Sternen.
Franz Schröpf: Man könnte bei der vierten Auflage ein Drittel aller Romane rausschmeißen. Das würde schon helfen.
H.H.v.Allwörden: Es wird sicher einiges gekappt werden. Anfang 1993 fallen die Entscheidungen bei Kelter.
W.K. Giesa: Wenn Kurt Brands Romane überarbeitet werden, dann möchte ich das gern machen. Weil ich seinen Stil am besten treffe und "Ren Dhark" ist einfach mein großes Hobby.
H.H.v.Allwörden: Dann gibt es ein Problem, Werner. Du musst am Computer arbeiten.
W.K. Giesa: Ist das ein Problem? Sobald ich einen Monitor habe, der für meine Augen flimmerfrei ist, ist das Problem beseitigt. Ich sehe nämlich bei Fernseh-Sendungen Einzelbilder und für mich flimmert das Computer-Bild noch bei 70 Herz. Aber ich kann nicht zig Tausend Mark für einen flimmerfreien Monitor ausgeben. Es bliebe höchstens ein LCD-Schirm.
Im Ordnungsamt hatten wir damals den Begriff ›Schutzbehauptungen‹. Werners zweite Variante war, dass er die ›Setzer‹ im Verlag nicht arbeitslos machen wollte. Dass er im Fernsehen ›Einzelbilder‹ sieht, habe ich damals in Ahnatal nie bemerkt und er hat so was auch nie gesagt.
Auf dem Kongress der Fantasy in Passau 1984 hatten wir einen Vortrag über Datenverarbeitung für Schriftsteller. Alles, was uns heute selbstverständlich ist, war damals für uns reine SF. Auch das damals noch in den Kinderschuhen gerade laufende Internet - als im Referat gesagt wurde, dass wir dann die Manuskripe in Null-Zeit dem Redakteur zustellen könnten und auch für den Ausdruck des Manuskripts keine Kosten entstehen würden. Wie wir heute, rund 30 Jahre später, ganz selbstverständlich mit dem Computer arbeiten, das was damals noch »Perry Rhodan«.
Dan Shocker erkannte damals ganz richtig das Aussterben der Handwerks-Gattung ›Schriftsetzer‹. Großes Gemurmel im Auditorium unter den Leuten der schreibenden Zunft. Solidarität - man wollte keine Arbeitsplätze vernichten. Die Antwort des Referenten war: »Ich garantiere Ihnen, das jeder von Ihnen hier innerhalb von 10 Jahren mit einem Computer schreibt. Anderenfalls ist es sein Arbeitsplatz, den er vernichtet!«
Und der Referent hatte Recht. Es dauerte gar nicht lange, bis Hermann mir sagte, wenn ich noch mal einen Text verkaufen wollte, dann nur einen mit Computer geschriebenen - und zum Ausdruck eine Diskette als Anlage für den Lektor zum Bearbeiten des Textes.
So kam ich an meinen ›Fidus‹, einen Commodore (XT) - mit dem vermutlich so viele spätere Computer-Freaks genau so angefangen haben wie in den 60er Jahren die Jugendlichen mit der ›HB‹ als Raucher. Ich hatte allerdings eine Packung ›Chesterfield‹ mit der ich mir auf der Dönche das richtige Rauchen beibrachte - also aus Lunge. Die größte Eselei meines Lebens, die mich sehr viel Geld gekostet hat. Wenn auch mein Asthma eine Erbkrankheit ist - dennoch ist das durch jahrelange Qualmerei nicht besser geworden.
Mit dem ›Fidus‹ war ich kaum warm geworden, da kam von Bastei ein Anruf: »Wissen Sie, was Windows ist?« Klar, hatte ich mal gehört. Anruf bei Hermann - und die Antwort: »Kannst du einen Mercedes-Motor in einen Fiat einbauen?« Und schon war ›Cassiodorus‹ fällig - mein zweiter Computer. Und mein jetziger heißt ›Justinian‹.
Werner gehörte mit zu den ›Letzten von Alamo‹, die noch mit Maschine schrieben. Ob er das Geld nicht hatte oder einfach hoffte, wie Jason Dark und G.F.Unger bei Bastei weiter als Maschinen-Schreiber akzeptiert zu werden, weiß ich nicht. Aber irgendwann hatte W.K.G. so ein Teil und kam in kürzester Zeit damit richtig gut klar. Sicher hat ihn einer aus seinem Freundeskreis da richtig ausgebildet. Ob er das freiwillig gemacht hat oder vom Bastei-Verlag ein Ultimatum bekommen hat, weiß ich nicht.
Zu den Sachen über »Ren Dhark« kann ich nichts sagen. Im damaligen Auftrag von Maria Brand kümmerte sich Hermann um die ›Vermarktung‹ der Serie - wie aus dem Interview ja hervor geht. Kurt Brand hatte mit Werner den ›Ren Dhark‹ im Exposè so ungefähr bis Band 600 in groben Zügen weiter entwickelt. Mich selbst hatte Kurt mal gefragt, ob ich da mitschreiben wollte und eine Absage erhalten. Nicht nur wegen Werner, für den ›Ren Dhark‹ das Ein und Alles war. Science Fiction ist nun mal nicht mein Ding - und Kurt hat das verstanden und akzeptiert. Bei einer Western- oder Abenteuer-Serie der gar Fantasy hätte das alles anders ausgesehen.
Ich war ja von Werner als angedachtem ›Pabel- (Außen-)Redakteur‹ dann auch für ›Mythor‹ mit vorgesehen, wenn die Serie mit dem neuen Konzept weiter gelaufen wäre. Romane für den ›Wander-Zirkus Mythor‹ mit seiner Überpopulation Helden, die alle pro Roman mit erwähnt werden mussten, damit die Hard-Core-Fans glücklich waren, das hatte ich abgelehnt. Aber das neue Mythor-Konzept mit ständig neuen Welten und Hintergründen, das hatte was. Das hätte auch Leser gefunden - und sie hätten zu jeder Zeit einsteigen können. Nun ja, hin ist hin und über verschüttete Milch soll man nicht weinen ...
Gustav Gaisbauer: Wie kamt ihr zu der Serie "Der Magier"?
W.K. Giesa: Die Idee mit den vorgeblich echten Dokumenten, die uns in die Hände gefallen sein, stammt von Jürgen Grasmück. Er war es, der mich ansprach, er hätte die Möglichkeit, beim Zauberkreis-Verlag eine neue Serie zu starten und ich sollte mir was ausdenken.
Ich entwickelte ein Konzept, das aber schon in der Entstehungs-Phase etliche Male verändert wurde. Ursprünglich schrieben nur Rolf und ich mit, später kamen andere Autoren dazu. Der "Magier" musste schließlich wegen mangelnden Erfolgs eingestellt werden.
Um mit jetzt lange Erklärungen und Hintergründe über den »Magier« zu ersparen, verweise ich darauf, dass ich ab der Teestunde XXX so ziemlich alles gesagt habe, was es zu sagen gibt. Natürlich immer wieder mit anderen Sachen und Episoden verbunden - wie das eben bei der "Teestunde" wo üblich ist. Also, wer es genau wissen will - einfach nachsehen. Und es sind noch einige lustige Erinnerungen mit im Text, über die ich selbst eben beim Quer-Lesen noch mal geschmunzelt habe. Waren wir das wirklich, dieser verrückte Haufen?
So, und dann kam noch mal eine echte "Gretchen-Frage"...
Gustav Gaisbauer: Bei welchem Verlag und mit welchem Redakteur habt ihr am liebsten gearbeitet.
W.K. Giesa: Diese Frage beantworte ich lieber nicht.
Heike Giesa: Das wäre tödlich.
Gut, das viele Sachen, die Werner seinerzeit auf Cons gesagt hat, als er voll mit Pabel verbandelt war, nicht in gewissen Räumen des Bastei-Verlages gelandet sind. Vielleicht doch - aber dann wurden sie nicht erst genommen.
Das man dort bei Pabel die besseren Leute hätte und mehr verdienen würde - das wäre für W.K.G. damals tödlich geworden. Aber das waren die Tage, wo sich Werner aus dem Zamorra völlig raus ziehen wollte und fast bei Pabel einen Exklusiv-Vertrag unterschrieben hätte. Heute, fast fünf Jahre nach W.K. Giesas Tod, kann man ja drüber reden. In den Verlags-Etagen interessiert das heute niemand mehr. Aber damals standen beide Verlage noch in Konkurrenz zueinander.
R.Michael: Ich sage es - Bastei Verlag - Dr. Pesch
Franz Schröpf: Würdest du, lieber Werner, dann beantworten, bei welchem Verlag und mit welchem Redakteur du am umgernsten gearbeitet hast?
W.K. Giesa: Erst recht nicht!
Was ja auch verständlich ist. Und damit endet bei dem Interview die Rubrik "Schriftstellerisches". Eine kürzere ›Hellebisches‹ und eine längere ›Privates‹ folgen noch, die ich euch in der damals gesprochenen Original-Form nicht vorenthalten möchte.
Was dort zu lesen ist, ist allerdings auch in den vielen Teestunden bereits erzählt worden. Doch es geht mir hier darum, ein Zeitdokument noch mal vorzulegen. Und sicher fallen mit dabei wieder einige zusätzliche Sachen ein. Wobei ich aber nicht garantieren kann, dass ich sie nicht schon mal irgendwann zum Besten gegeben habe. Bei fast fünf Teestunden-Jahren kann man einfach nicht alles im Kopf haben.
Also freut euch drauf, demnächst noch ein paar Sachen aus dem Privat-Leben zu hören, was für die heutigen Leser vielleicht neu ist. Damals wusste diese Dinge das ganze Fandom und es sind keine ›Enthüllungen‹ dabei. Gerade zwischen W.K. Giesa und mir, die wir aus dem Fandom kamen, waren die Übergänge zu den Lesern ›fließend‹. Und wir waren Autoren ›zum Anfassen‹.
Ich erinnere mich da an einen jungen Leser, der mit der Schulklasse in der Kasseler Jugendherberge war. Den habe ich nach Dienst abgeholt - damals standesgemäß mit der ›Glarelion‹, meinem Daimler, und nach Ahnatal gebracht. Das war sie Woche, als Werner und Hermann bei mit waren, um den Zelt-Con vorzubereiten. Der Junge schwamm in allen Seligkeiten, dass auch noch der von ihm bewunderte W.K. Giesa da war - auch wenn er selbst John Sinclair-Leser war, kannte er doch auch den Zamorra . Und dazu eben jener Fan-Promi namens ›Hexen-Hermann‹. Es wurde viel geredet, es gab Schwertübungen im Garten (Werner hatte sie üblich Willibald und die Waffensammlung dabei), Rabe ›Wotan‹ gab seine krächzenden Kommentare und vor 10 Uhr habe ich den Jungen wieder nach Kassel gefahren.
So war damals unser Verhältnis zu den Fans und Lesern. Und es war wirklich eine tolle Zeit an die sich die inzwischen auch in die Jahre gekommenen Fans von damals noch gern erinnern.
Also dann beim nächsten Mal kommt was ›Hellebisches‹ und wer mehr darüber wissen will - der Artikel über das ›Fürstentum Helleb‹ habe ich hier und hier - da steht eigentlich schon alles drin. Dieser Artikel war damals auch in der Publikation zum 500sten Zamorra enthalten, aus dem auch das Interview entnommen ist.
Alsdann ... bis nächste Woche...