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Material, Idee, Ausführung, Erscheinen und der Geburtstag des »Kinis« und Honeckers...

Teestunde mit Rolf...So, Rolf. Zum Jahresschluss dann ran an den Rest vom Mittelalter-Schützenfest. Die Geschichten mussten geschrieben werden. Wie lief das ab und was Erich Honeckers Geburtstag mit dem Buch zu tun? Der Tee hat gezogen, die Teewurst verstrichen du wir sind bereit...

Material, Idee, Ausführung, Erscheinen und der Geburtstag des »Kinis« und Honeckers...

Nachdem bei mir alles Material der Stadtverwaltungen eingegangen war  und ich es gesichtet hatte, legte ich fest, welches Kapitel in welcher Stadt oder Region zu spielen  hatte.

Klar, dass eine Story in Felsberg spielen musste – da wohnte ich ja schließlich – und diese Story habe ich auch zuerst geschrieben.

 

Aber alle anderen Geschichten  mussten sich so in Nordhessen verteilen, dass das Buch für alle Regionen interessant werden konnte. Die meisten Städte und Burgen kannte ich ja schon. An andere Stellen bin ich hingefahren.  Burg Spangenberg beispielsweise habe ich mit Rosis Hund umrundet, während die geschäftliche Termine in der Stadt hatte.

Das Teil ist ohne Feuerwaffen von einer gewissen Durchschlagskraft tatsächlich nicht zu knacken.  Der Trick, einen Burgherrn aus seinen sicheren Mauern zu locken ist übrigens auch nicht erfunden, sondern er wurde im Mittelalter mehrfach angewendet. Ich habe ja immer versucht, so eng wie möglich an den Realitäten dran zu bleiben. Was zu erfinden – das wäre einfacher gewesen. Ich hätte dann den Landgrafen einen Geheimgang finden lassen, wie es die bei vielen Burgen gab, damit der Burgherr notfalls entfliehen konnte. Und wo es raus geht – da geht es auch rein. Also den Endkampf dann in der Burg mit Showdown auf dem Burgfried samt Sturz in den Graben, wo die Bären warten, die man dort hält. Es geht auch alles ganz einfach – und nichts ist so einfach, wie anschließend ein Happy-End zu machen.

Die Tragödien waren es für mich, die bei den Rittergeschichten wirklich interessant waren. Die erste Story „Ein Kind der Sünde“ beispielsweise (sie war anders im Buch, im Zauberspiegel hat man die Stories so gebracht, wie ich sie ursprünglich haben wollte) hat als Grundlage eine Ballade der Romantik und ich habe diese Thematik schon bei meinem ersten Bastei-Spuk-Roman „Die Verfluchte aus dem Jenseits“ verwendet, weil die Thematik für mich einfach von ergreifender Faszination ist.

Die Ballade heißt: Des Pfarrers Tochter von Taubenhain“ und ist von Gotfried August Bürger, dem wir auch die schauervolle Gespenster-Ballade „Leonore“ zu verdanken haben. Aber das Schicksal „Jungfer Bärbels“ in meiner Story ist doch anders als in der Ballade – wenn es im Mittelalter garantiert an der Tagesordnung gewesen ist. Doch von so was berichtet uns kaum eine Chronik.

Ich habe dieser Story dann die positive Geschichte „Die  Liebe der Gänsemagd“ entgegen gesetzt – im Buch leider weit auseinander gezogen. Denn  - dass ein Ritter dann auf Stand und Adel gepfiffen und ein Mädchen aus dem Volk geheiratet hat, das hat es sicher auch samt gefälschte Adelsbriefe gegeben - „für eine Hand voll Dukaten“, wie ich das in Anlehnung an einen bestimmten Filmtitel genannt habe.

Das Kapitel des Kirchenbaus weist auf die Ursprünge der Freimaurerei hin und mein damaliger Chef, selbst Meister vom Stuhl in einer Loge, fand das nicht nur gut gelungen, sondern sah mich auch seltsam von der Seite an, wie ich das Begrüßungsritual beschrieben habe. Aber – das Geben der linken Hand gehört auch bei den Pfadfindern zum Gruß – die kommt von Herzen. Nur werden da beim Handschlag die kleinen Finger ineinander geschoben. Vielleicht hat das Legen des Fingers auf den Puls beim Handschlag wirklich was mit der Freimaurerei zu tun. Ich weiß es aber nicht – mir fiel das da eben nur so ein weil es in die Denkensweise  der Maurer damals und der Freimaurer heute passt.

Die Sache mit dem Hexenkind habe ich irgendwo mal in einer Chronik aufgestöbert. Das Kind lebte von siebenten bis zu seinem sechzehnten Lebensjahr im Haus des Henkers – dann musste er es nach dem Urteil der Kirche gefesselt in das Haus seiner Mutter legen und verbrennen. Das hat mich damals unglaublich erschüttert. Genau so, dass man bei de Erbauung des Schlosses Mansfeld tatsächlich ein Kind mit eingemauert hat.

Solch ein Wahnsinn, der durfte nicht vergessen werden. Nur dass ich der Sache hier eine positive Wendung geben konnte – und so gleichzeitig das Bild des Hundes, das Helen Keller gezeichnet hatte, Verwendung finden konnte.

Bei dem Kapitel mit den Raubrittern von Melsungen hat natürlich etwas Schleichwerbung  gegeben. Denn in Malsfeld braut man heute immer noch sehr gutes Bier. Hessisches Löwenbier, wo ich selbst immer mal einen Kasten zu Hause stehen hab. Gekauft natürlich – diese „Werbung“ hat die Malsfelder Brauerei damals gar nicht zur Kenntnis genommen.

Auf der Kugelsburg hat es zwar niemals gebrannt, aber wir hatten in den 60ern mit den Pfadfindern mal ein Zeltlager bei Volkmarsen und von daher kannte ich die Kugelsburg recht gut. Es war zwar nicht so – hätte aber so sein können. Übrigens lag unser Zeltlager bei dem Wachturm auf dem Scheid, den ich in der Story mit erwähnt habe.

Ja, die erste Story hatte ich  geschrieben. Und weil ich ja so viele Zeit hatte, waren erst mal viele andere Sachen wichtiger. Dann kam der Tag, dass ich mich von meiner Lebensgefährtin trennte. Eine neue Wohnung in Nassenerfurth, wo mein Bruder ein Haus hat, eine völlig neue Einrichtung, weil meine ganzen Möbel verschenkt waren oder auf dem Müll gelandet waren, denn Rosis Haus war ja voll eingerichtet.

Dann kam der Sommer – aber mehr, als meinen Computer aufgebaut und angeschlossen hatte ich in meinem neuen Palast noch nicht getan. Irgendwann kam ein Anruf vom Wartberg-Verlag, wo das Manuskript bliebe. Abgabetermin wäre heute.

Nun ja. Jeder kennt so die Ausreden von Autoren, das sie dran wären, fleißig arbeiten würden, sich dem Schluss näherten uns ähnliche Dinge. Herman kennt das zwar von mir, aber die moderne Technik gibt ihm die Möglichkeit, den Wahrheitsgehalt der Wort einfach zu überprüfen. „Schick mal rüber, was du schon hast.“ - Ja, spätestens dann gilt es, Farbe zu bekennen und die Karten auf den Tisch zu legen.

Früher hatte er mir ein niedliches, kleines Computer-Kätzchen eingebaut, das irgendwo am Rand lag und schlief. Bei all meiner Katzenliebe später habe ich das dämliche Viech „Judas“ genannt. Wenn man mit Mausklick drauf ging, maunzte das Teil nämlich. Wenn also der Dicke anrief und kontrollieren wollte ob ich denn fleißig arbeite verlangte er immer nur: „Lass mal die Katze maunzen.“ Da ging aber nur, wenn der Conputer an war. Nicht ganz so wie Orwell – aber – Big-Brother is watchng you!  

Verlage sind ja so klug, dass sie Termine immer so legen, dass noch etwas drin ist. So auch bei mir.

„Am Montag, den 25sten August brauche ich den Text auf jeden Fall.“ Klar, den Termin konnte ich mir merken. Da ist immerhin mein Geburtstag. Nur, die Tage gingen dahin, das unbeschwerte Leben alleine war herrlich und die Fernsehabstinenz, unter der ich stark gelitten hatte, wurde nachgeholt Bei Rosi war Fernsehen reine Zeitverschwendung, in der Zeit konnte man was tun und Geld verdienen – was unsere Beziehung schließlich kaputt gemacht hat. Das wurde jetzt anders – gleichzeitig begann ich von Video auf DVD umzusteigen.

Das Ritterbuch wurde von Tag zu Tag verschoben – wie es eine meiner unangenehmen Eigenschaften ist, alles was mir unangenehm ist immer  zu verschieben. Zudem mich Kurzgeschichten ohnehin nicht reizen. Das ist einfach nicht meine Sache. Ich komme erst ab Seite 50 so richtig in Laune.

Der Tag rückte Näher und die Temperaturen stiegen. Das bedeutet bei mir das kreativ nichts, aber auch absolut nichts läuft. Was im Amt zu tun hatte, diese Schreiben wiederholen sich in ihrer Art ja immer und die Gesetze und  Vorschriften sind meine Exposes für diese Schreiben.

Aber so langsam wurde es eng mit dem Ritterbuch. Es wurde nicht kühler und die Hitze waberte bis in die Wohnung. Ich saß vor dem Computer und guckte auf die Mattscheibe. Von alleine schreibt das dämlich Ding ja nichts.

Am Donnerstagnachmittag zogen sich dunkle Wolken zusammen und die Blitze zuckten. Die Katzen wollten rein und kurze Zeit später war das Blumengießen unnötig geworden.  Fenster auf – und die angenehme Kühle in die Hütte gelassen.

Computer an – Finger auf die Tasten – und es lief. Am Freitag nach Dienst gleich nach Hause. Vorher natürlich noch ausgiebig Zigaretten beschafft, weil ich damals noch nicht von Asthma und sonstigen Krankheiten wusste und meinte, die Kurzatmigkeit käme  eben von den Kippen. Kam es auch – aber nicht nur.

Und dann ging es los wie in den guten, alten Zamorra-Zeiten. Das Hämmern in den Tasten wurde nur unterbrochen, um kurz was zu Essen oder im Fall totaler Erschöpfung  ein bis zwei Stunden auf der Couch zu pennen. Das war dann so Nun-Stop-Writing vom Freitag bis Montagmorgen. Sechseinhalb Stunden vorher hatte ich mir selbst zum Geburtstag gratuliert und dann mit einem Glas Milch (Kein Alkohol wenn ich schreibe) auf das Wohl und Angedenken des Märchenkönigs getrunken. Wir haben ja am gleichen Tag Geburtstag. Übrigens auch sein Großvater und Vorvorgänger als König Ludwig I und dessen Geliebte Lola Montez. Ach ja, da wären für diesen Tag noch Sean Connery, Claudia Schiffer, Lenny Bernstein und der schalmeiblasende Staatsratsvorsitzende Erich zu nennen. Die haben auch alle am 25. August ihren Ehrentag.

Aber Morgens um Sieben war die Welt dann für ich in Ordnung – weil ich eine halbe Stunde vorher nicht nur das bei Autoren allseits beliebte Wort „Ende“ geschrieben, sondern auch die letzte Story „Schneezeit“ noch Korrektur gelesen hatte.   

Dann ging alles per e-mail an den Wartberg-Verlag – wie versprochen – Termin gehalten – und dann gings nach einer Tasse Kaffee, der Tote ins Leben zurück gerufen hätte, zur Arbeit. Da wurde als erstes die Kaffeemaschine angeworfen und ich kochte mir eine spezielle Kanne, die meine Kollegen ansonsten in Frührente gebracht hätten. Am Abend gab es dann mit meinem Bruder Peter das übliche Geburtstagsessen  - und dann war Schicht im Schacht.

Irgendwann im November kam das Buch raus. Noch vor dem Weihachtsgeschäft. Die Aufmachung sah auch richtig gut aus. Nur – den von mir gewünschten Titel „Ritter, Bürger, Bauersleut' – Mittelalter-Geschichten aus Nordhessen“ hatte man in den Titel „Das Mittelalter – Geschichten aus Nordhessen“ geändert.

Meine Anfrage wegen Presse oder sonstiger Promotion wurde negativ beschieden. Es gab keine Werbung für das Buch und auch keine Vorstellung in der Presse. Auf diese Art verkauft man natürlich Riesenauflagen.

Ich hatte ohnehin die Schnauze voll. Und es hat lange gedauert, bis ich mich mit diesem Buch etwas angefreundet habe. Für mich ist es einfach unvollständig. Mindestens noch fünf Geschichten gehören hinein, wo auch die Expos noch vorlagen. Aber der Wartberg-Verlag macht wieder seine Bild-Bände aus der Nordhessischen und auch anderen Regionen. Einen Versuch haben sie mal gemacht, indem sie ein Comic im Hard-Cover aus der Arminius-Zeit gebracht haben. Ich will dazu nur so viel sagen dass ich in einem letzten Brief dem Wartberg-Verlag dringend empfohlen habe, dieses Buch niemals eines Wissenschaftler oder Historiker in die Hand zu geben. Das wäre genau so als würde Hansrudi  Wäscher mit seinem „Sigurd“ Anspruch  erheben, ein korrektes Bild des Mittelalters zu zeichnen.

Über ein anderes historisches Projekt, den Wikinger-Roman „Wölfe des Nordens“ habe ich, glaube ich jedenfalls, schon in der Teestunde geschrieben. Wenn nicht, wird das später nachgeholt.

Und wie Hermann mir sagte, gibt es ja meinen großen Roman „Arpio- Herzog der Chatten“ für euch als Weihnachts-Lesestoff.

Also in diesem Sinne Frohe Freßtage und kommt gut rüber – ohne guten Rutsch, denn dann haben wir Glatteis.

Und im neuen Jahr geht’s dann mit den Gedanken und Erinnerungen an „Zamorra“   weiter.

 

Kommentare  

#1 Laurin 2009-12-31 14:10
Also im Mittelalter kenne ich mich nicht aus, aber die Geschichten fand ich durchaus interessant...die hatten was! Was hingegen das hessische Löwenbier angeht, da kann ich aus drei Wochen Urlaub in Hessen nur sagen.....lecker! ;-)
#2 Mikail_the_Bard 2009-12-31 22:10
Die letzten Teestunden, sowie die Historischen Geschichten von Rolf las ich mit größter Interesse. Ich bin (jetzt mit fortgeschrittenem Alter :-) ) wieder Geschichtsbegeistert - wenn es auch mehr die Vorritterzeit, also die Antike und die Entwicklung der Menschheit davor ist.
Wäre glatt als Doku-Serie bei Phönix geeignet (oder anderem Dokusender).

Zitat:
Früher hatte er mir ein niedliches, kleines Computer-Kätzchen eingebaut, das irgendwo am Rand lag und schlief. Bei all meiner Katzenliebe später habe ich das dämliche Viech ?Judas? genannt. Wenn man mit Mausklick drauf ging, maunzte das Teil nämlich. Wenn also der Dicke anrief und kontrollieren wollte ob ich denn fleißig arbeite verlangte er immer nur: ?Lass mal die Katze maunzen.? Da ging aber nur, wenn der Conputer an war. Nicht ganz so wie Orwell ? aber ? Big-Brother is watchng you!
Hm, Neko, die Katze die dem Mauszeiger folgt... habe ich irgenwo noch in der Sammlung. Aber die machte doch keine Geräusche wenn man auf sie klickte...

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