Pesch, Ausreden, die »Hacke«, Kunst und die »documenta«
Moin Rolf, es ist heiß. Der Eistee ist mit Eis versetzt aus dem Kühlschrank geholt worden. Dann plaudere einfach mal eine leichte Sommerausgabe daher...
Pesch, Ausreden, die »Hacke«, Kunst und die »documenta«
Und so sitze ich hier, nachdem ich mich schon zwei Tage vergeblich versucht habe, an den Computer zu zwingen, und will jetzt, wo es schon nach 21 Uhr ist, wenigstens noch eine Notausgabe fertig bekommen.
Mir ist klar, dass Hermann nicht nur vor Hitze schwitzt die letzten Teestunden kamen alle wie der Erlkönig...erreicht den Hof mit Müh und Not. So auch diesmal. Aber mit so was muss mal als Redakteur ja leben.
Dr. Helmut Pesch, der sich ja nicht nur von mir, sondern von Autoren jeder Kategorie und Güteklasse auskennt, hat mal die üblichen Ausreden von Autoren am Telefon zusammen gestellt und natürlich auch, was sie bedeuten.
Heißt es: Ich habe bereits angefangen bedeutet das, dass irgendwann mal ein Blatt in die Maschine gespannt wurde. Ha, diese Sache ist schon etwas älter... Damals schrieb man noch mit der Hacke. Die meisten Autoren natürlich schon elektrisch mit Kugelkopf oder später Typenrad. Und so weit ich weiß, gibt es auch heute noch einen Erfolgsautoren, der trotz Laptop (soll er inzwischen haben, wie man so hört) weiterhin mit der guten alten und unverwüstlichen mechanischen Olympia Literaten-Body-Building treibt.
Insider wissen, damit ist Jason Dark gemeint. Wie zu hören war, macht der Bastei-Verlag bei ihm die gleiche Ausnahme wie seinerzeit bei G.F. Unger und verzichtet auf Computer-Manuskript. Somit ist unser Freund Jason in der Branche der letzte Mohikaner der Schreibmaschine.
Damals in der ersten Hälfte der 80er gingen sogar noch handgeschriebene Manuskripte bei den Verlagen ein. Die wurden zuerst und sehr zügig bearbeitet. Ich habe damals, während wir mit Helmut Pesch über Bastei Fantasy redeten, zugesehen, die die Skripte in einen besonderen Kasten kamen. Damals gab es in den Vorzimmern und Schreibsälen schon Geräte für Textbausteine an den Maschinen, so dass die Mädels nicht immer den ganzen Text abschreiben mussten, sondern das mit Interesse gelesen und zu unserem größten Bedauern derzeit keine Verwendung dafür haben, weil das Programm unseres Verlages anders ausgerichtet ist. Ja, da dürfte mancher Traum von einer Traumkarriere als Schriftsteller wohl geplatzt sein.
Wie das heute aussieht, weiß ich nicht weil ich weitgehend die Kontakte verloren habe und das für mich auch nicht mehr wichtig ist. Aber damals musste man schon jemanden kennen, der jemanden kennt. Beim Zusehen habe ich auch einige Male bemerkt, dass ein gewisses Interesse vorhanden war und der Redakteur mehr las. Aber dann irgendwann kam ein tiefer Seufzer...und das Manuskript wanderte auf den Stapel der Ablehnungen.
Wie sagte mir damals mal ein Redakteur sinngemäß? Der Bastei-Verlag ist ein wirtschaftliches Unternehmen, das von Gewinnerzielung lebt und kein Experimentierfeld für Jungautoren. Das scheint sich ja nun heute, wenigstens beim Zamorra, etwas geändert zu haben. Denn die Vielzahl der neuen Namen zeigt ja an, dass man hier neuen Leuten tatsächlich die Chance gibt, sein Werk einer größeren Öffentlichkeit vorzustellen.
Halt! Was war das? Werk???!!!
Ja, da war doch unlängst eine riesige Diskussion im Zauberspiegel zugange, was denn nun Literatur und somit Kunst und war Unterhaltungsschreibe, also Handwerk ist. Da sind sehr kluge und weise Worte geschrieben worden über das, was Kunst ist und was eben Handwerk.... oder sonst was profanes.
Hermann hat in diesem Zusammenhang eine Kasseler Veranstaltung erwähnt, über die ich mal gesagt habe: Für die einen ist es Kunst und für die anderen die größte Sperrmüllhalde der Welt! Klar, ich meine damit die documenta. Man mag meinen Intellekt für klein halten oder mich einen Barbaren und Kulturbanausen nennen aber selbst in den 70ern in meiner wildesten Rotweinzeit konnte ich aus dem, was da für viel Geld zu sehen war, keine Kunst erkennen.
Ähnlich ist es mit der Literatur. Schon in der Schule mussten wir im letzten Jahr Texte von Böll und Grass lesen, die ja der allgemeinen Meinung nach tatsächlich Literatur auf höchstem Niveau sind.
So (oder so ähnlich, wenns nicht um Günter Grass geht), sagt jedenfalls Marcel Reich-Ranitzky...und dieser ist ein hoch gelehrter Mann. Das sind sie alle, alle hoch gelehrte... Und diese Leute geben eben den Ton an und wer was auf sich hält, hat diese Bücher zu Hause in seiner Bibliothek.
Ich habe keine davon, weil mich das Zeug langweilt und das, was da erzählt wird, ohnehin nicht interessiert. Wahrlich, ich sage euch, ehr stelle ich mit den Kompletten Jerry Cotton ins Regal (neben die Buchausgabe der Western von G.F. Unger), als dass ich mit mit so einem Stoff abquäle.
Ich weiß wirklich nicht, wovon diese Literaten leben. Sie schreiben vielleicht alles zwei oder drei Jahre ein Buch, und das reicht ihnen offensichtlich. Der Heftroman-Autor muss mindestens zwei Hefte im Monat schreiben, eher drei, wenn er einigermaßen davon leben will.
Vielleicht hätte auch ein Heftromanautor das Zeug, das zu schreiben, was jener Herr Marcel R-R als Literatur bezeichnet, wo er nicht als Schlusskommentar sein: Schade ums Papier sagt.
Wie habe ich mal ein Gedicht, das auf die Autoren von Heftromanen und sonstiger Unterhaltungs-Schreibe passt, sinngemäß für die heutige Zeit abgewandelt:
Wer wird nicht Böll und Grass hoch loben?
Doch wird sie jeder lesen? Nein !!!
Wir wollen weniger erhoben
doch dafür mehr gelesen sein.
Werner hatte in der Zeit, als wir nächtelang Gedanken austauschten Ideen, die wirklich gigantisch waren. Nur in den Zamorra konnte er sie nicht bringen. Da war ohnehin alles in Sachen Science-Fiction ausgereizt. Immerhin war der Professor Zamorra ja eine Grusel-Serie und dass es eigentlich viel mehr war als das, das hat man im Verlag erst viel später erkannt. Heute redet man von Phantastik-Serie. Damals aber musste irgendwie das Genre durch einen Vampir oder dem Werwolf vom Dienst aufrechterhalten werden, wenn man das gute Stück nicht zur Änderung zurückbekommen wollte.
Werner konnte diese wirklich grandiosen Einfälle also eben nur notieren, was er kaum getan hat, weil er es ohnehin nicht verwirklichen konnte. Er war damals schon so voll im Profi-Geschäft, das er davon nicht lassen konnte. Und einen Mäzen oder Sponsor, der ihm sein tägliches Auskommen gesichert hätte, damit er mal zeigen konnte, was wirklich in ihm steckt, den hatte er nicht.
Um also seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, Benzin im Wagen zu haben und gelegentlich kleine Einkäufe zu machen (seine Western Sachen) musste er eben weiterhin Hefte schreiben. Und nur Crom weiß, warum man Werners Talent für Science-Fiction nicht bei Perry Rhodan erkannt hat.
Kurt Brand sagte in unserer Runde mal, dass alles, was wir schreiben, egal ob Hefte oder Kurzgeschichten, genau so Werke sind wie die der Herrn Literaten. Denn es ist genau so Arbeit und man muss nach Worten und Formulierungen suchen. Von der Passgenauigkeit einer Story und ihrem Aufbau mal ganz zu schweigen.
Eben hat mein Handy eine SMS angezeigt das ist natürlich Hermann. Und da sind wir schon wieder bei unserem eigentlichen Thema Ausreden der Autoren.
Wenn ich ihm jetzt zurück maile Ich bin dran...was ja tatsächlich korrekt ist, dann heißt das nach der Erfahrung von Dr. Pesch Ich habe die erste Seite geschrieben.
Bei mir rief er mal an wegen der Fantasy. Antwort per Telefon Ich schreibe gerade!. Es kam zurück Also Weihnachtskarten... es war ja die Zeit. Das war zwar negativ, aber es waren Geburtstagskarten, die sich im Dezember häuften.
Ähnliches kann es bedeuten, wenn ein Heftautor dann sagt: Ich habe soeben das Wort 'Ende' geschrieben. Der Redakteur weiß dann, dass irgendwo im Text der Passus steht: Er wusste, es warf zu Ende. Mancher spannende Heftroman geht mit diesem Satz sogar los.
Ähnliches bedeutet es, wenn der Autor erklärt: Ich nähere mich dem Schluss. Das tut er genau gesehen schon nach dem ersten Satz. Die Liste des Herrn Doktor ist noch länger... ich habe nur geschrieben, was mir eben noch so in Erinnerung kam.
Meistens hat der Redakteur mit seinen Vermutungen ja Recht. Und eine ganze Menge Autoren, nicht nur der Schreiber dieser Zeilen, arbeiten immer auf den letzten Drücker. Kluge Verlagslektoren rufen früh genug an, damit noch eine gewisse Zeit bleibt. Denn diese Autoren schreiben dann Tag und Nacht mit etwas Erschöpfungsschlaf zwischendurch. Und die Story ist danach, weil durchgehend geschrieben wurde, aus einem Guss.
Und dann gibt es diese Geschichte mit dem Manuskript, das bei der Post verloren ging. Im Gedächtnisband für unseren Freund Kurt Brand habe ich diese Episode mal erzählt.
Ich weiß nicht, welcher Roma, aber es war ein Ren Dhark-Taschenbuch für Kelter. Kurt wohnte damals schon mir Maria in Kaltern, war also weit ab für deutsche Verlage. Ja, und einen Auftrag hat er total verbaselt.
Dann kam der Anruf, wo das Manuskript bliebe. Ein Manuskript, von dem noch nicht eine Zeile geschrieben war.
Geistesgegenwärtige Antwort Kurt Brand: Das habe ich letzte Woche schon abgeschickt. Das müssten Sie doch haben. Ich warte schon auf den Honorar-Scheck. Ja, Kurt war in jeder Situation immer geistesgegenwärtig... und falls er bei dieser Notlüge rot geworden ist, am Telefon sieht man das ja nicht. Damals jedenfalls nicht... und heute auch nur bedingt.
Ja, nicht nur jeder Autor der damaligen Zeit weiß, das in den Räumen und sonstigen Gelassen der Deutschen Bundespost das Bermuda-Dreieck war. Dinge verschwanden spurlos und nur selten sind sie lange Zeit später wieder aufgetaucht. Also, konnte man Kurt nicht beweisen, dass er etwas die Tatsachen zu seinen Gunsten korrigierte.
Wie seine Helden im Heft hatte unser spätere Sterne-Baron nämlich schon einen Plan, seinen Hals aus der Schlinge zu ziehen. Es stand nämlich das Wochenende vor der Tür. Und da arbeitet die Post nicht. Hier in Deutschland nicht und in Italien schon gar nicht auch wenn man in Südtirol natürlich auf gar keinen Fall Italiener ist.
Ich schicke Ihnen die Durchschrift des Manuskriptes! hörte man auf der Telefonseite des Verlages. Zwar stand der Drucktermin an, aber auch die Druckereien hatten Wochenende und es ging ja nun mal nicht anders. Telefax gab es nicht, höchstens Fernschreiber wir hatten damals einen bei uns im Hauptamt der Stadt Kassel.
Aber ein Fernschreiben, das war nur was für kurze Nachrichten. Und Datenverarbeitung, wie sie heute selbstverständlich ist und das Internet...das gab es auf der Crest, auf der Sol oder auf der Point Of...obwohl da ja auch noch der Checkmaster mit Lochkarten und Streifen gefüttert wurde, weil in der Zeit der Erstauflage die uns heute selbstverständliche Technik absolut Science-Fiction war. Jeder Heim-PC hat, wie man mir sagte, heute mehr Sachen drin als damals die Mondlandefähre, mit der Armstrong und Aldrin auf dem Mond gelandet sind.
Also kurzum, dem Verlag war klar, dass wegen des Wochenendes Kurt den Durchschlag des Manuskriptes erst am Montag zur Post bringen konnte. Und er musste sogar nach Bozen fahren, damit die Sache wirklich sicher abging.
Ja, damit und dem Bewusstsein, dass das Manuskript spätestens am Dienstag oder Mittwoch eintraf, ging man beim Verlag ins Wochenende. Und Kurt erst mal mit Maria Essen und dann an seine Maschine. Er hatte eine Kugelkopfmaschine und einen Schreibmaschinentisch, wie er auch in den Amtsstuben stand. Und Maria hatte nicht mehr zu tun als völlig ruhig zu sein und notfalls neuen Kaffee aufzubrühen.
Am Montagmorgen was dann das Werk getan. Fast wäre aus Versehen das Original noch Umschlag gelandet. Aber das hat Kurt, seinen Worten zufolge, nach der Eingangsbestätigung beim Verlag, auch als gegen ihn zu verwendendes Beweismittel vernichtet.
Dass ich beim letzten Band vom Dynastie-Zyklus beim Zamorra eine ähnliche Schicht geschoben habe, weil ich wegen andere Aufträge im Verzug war und das Buch Ritter, Bürger, Bauersleut de facto innerhalb von drei Tagen und Nächten geschrieben habe, wurde sicher schon mal in der Teestunde erwähnt. Und ich bin sicher, mancher Autor könnte da ebenfalls noch ein Stücklein erzählen.
So, eben hat es hier ein Donnerwetter gegeben. Nein, nicht Hermann war am Telefon, sondern der Himmel hat doch ein Einsehen gehabt und seine Schleusen geöffnet. Um jetzt das andere Donnerwetter zu vermeiden, verabschiede ich mich, damit ihr in etwas weniger als einer Stunde das hier im Zauberspiegel lesen könnt.
Also bis nächste Woche...
Mir ist klar, dass Hermann nicht nur vor Hitze schwitzt die letzten Teestunden kamen alle wie der Erlkönig...erreicht den Hof mit Müh und Not. So auch diesmal. Aber mit so was muss mal als Redakteur ja leben.
Dr. Helmut Pesch, der sich ja nicht nur von mir, sondern von Autoren jeder Kategorie und Güteklasse auskennt, hat mal die üblichen Ausreden von Autoren am Telefon zusammen gestellt und natürlich auch, was sie bedeuten.
Heißt es: Ich habe bereits angefangen bedeutet das, dass irgendwann mal ein Blatt in die Maschine gespannt wurde. Ha, diese Sache ist schon etwas älter... Damals schrieb man noch mit der Hacke. Die meisten Autoren natürlich schon elektrisch mit Kugelkopf oder später Typenrad. Und so weit ich weiß, gibt es auch heute noch einen Erfolgsautoren, der trotz Laptop (soll er inzwischen haben, wie man so hört) weiterhin mit der guten alten und unverwüstlichen mechanischen Olympia Literaten-Body-Building treibt.
Insider wissen, damit ist Jason Dark gemeint. Wie zu hören war, macht der Bastei-Verlag bei ihm die gleiche Ausnahme wie seinerzeit bei G.F. Unger und verzichtet auf Computer-Manuskript. Somit ist unser Freund Jason in der Branche der letzte Mohikaner der Schreibmaschine.
Damals in der ersten Hälfte der 80er gingen sogar noch handgeschriebene Manuskripte bei den Verlagen ein. Die wurden zuerst und sehr zügig bearbeitet. Ich habe damals, während wir mit Helmut Pesch über Bastei Fantasy redeten, zugesehen, die die Skripte in einen besonderen Kasten kamen. Damals gab es in den Vorzimmern und Schreibsälen schon Geräte für Textbausteine an den Maschinen, so dass die Mädels nicht immer den ganzen Text abschreiben mussten, sondern das mit Interesse gelesen und zu unserem größten Bedauern derzeit keine Verwendung dafür haben, weil das Programm unseres Verlages anders ausgerichtet ist. Ja, da dürfte mancher Traum von einer Traumkarriere als Schriftsteller wohl geplatzt sein.
Wie das heute aussieht, weiß ich nicht weil ich weitgehend die Kontakte verloren habe und das für mich auch nicht mehr wichtig ist. Aber damals musste man schon jemanden kennen, der jemanden kennt. Beim Zusehen habe ich auch einige Male bemerkt, dass ein gewisses Interesse vorhanden war und der Redakteur mehr las. Aber dann irgendwann kam ein tiefer Seufzer...und das Manuskript wanderte auf den Stapel der Ablehnungen.
Wie sagte mir damals mal ein Redakteur sinngemäß? Der Bastei-Verlag ist ein wirtschaftliches Unternehmen, das von Gewinnerzielung lebt und kein Experimentierfeld für Jungautoren. Das scheint sich ja nun heute, wenigstens beim Zamorra, etwas geändert zu haben. Denn die Vielzahl der neuen Namen zeigt ja an, dass man hier neuen Leuten tatsächlich die Chance gibt, sein Werk einer größeren Öffentlichkeit vorzustellen.
Halt! Was war das? Werk???!!!
Ja, da war doch unlängst eine riesige Diskussion im Zauberspiegel zugange, was denn nun Literatur und somit Kunst und war Unterhaltungsschreibe, also Handwerk ist. Da sind sehr kluge und weise Worte geschrieben worden über das, was Kunst ist und was eben Handwerk.... oder sonst was profanes.
Hermann hat in diesem Zusammenhang eine Kasseler Veranstaltung erwähnt, über die ich mal gesagt habe: Für die einen ist es Kunst und für die anderen die größte Sperrmüllhalde der Welt! Klar, ich meine damit die documenta. Man mag meinen Intellekt für klein halten oder mich einen Barbaren und Kulturbanausen nennen aber selbst in den 70ern in meiner wildesten Rotweinzeit konnte ich aus dem, was da für viel Geld zu sehen war, keine Kunst erkennen.
Ähnlich ist es mit der Literatur. Schon in der Schule mussten wir im letzten Jahr Texte von Böll und Grass lesen, die ja der allgemeinen Meinung nach tatsächlich Literatur auf höchstem Niveau sind.
So (oder so ähnlich, wenns nicht um Günter Grass geht), sagt jedenfalls Marcel Reich-Ranitzky...und dieser ist ein hoch gelehrter Mann. Das sind sie alle, alle hoch gelehrte... Und diese Leute geben eben den Ton an und wer was auf sich hält, hat diese Bücher zu Hause in seiner Bibliothek.
Ich habe keine davon, weil mich das Zeug langweilt und das, was da erzählt wird, ohnehin nicht interessiert. Wahrlich, ich sage euch, ehr stelle ich mit den Kompletten Jerry Cotton ins Regal (neben die Buchausgabe der Western von G.F. Unger), als dass ich mit mit so einem Stoff abquäle.
Ich weiß wirklich nicht, wovon diese Literaten leben. Sie schreiben vielleicht alles zwei oder drei Jahre ein Buch, und das reicht ihnen offensichtlich. Der Heftroman-Autor muss mindestens zwei Hefte im Monat schreiben, eher drei, wenn er einigermaßen davon leben will.
Vielleicht hätte auch ein Heftromanautor das Zeug, das zu schreiben, was jener Herr Marcel R-R als Literatur bezeichnet, wo er nicht als Schlusskommentar sein: Schade ums Papier sagt.
Wie habe ich mal ein Gedicht, das auf die Autoren von Heftromanen und sonstiger Unterhaltungs-Schreibe passt, sinngemäß für die heutige Zeit abgewandelt:
Wer wird nicht Böll und Grass hoch loben?
Doch wird sie jeder lesen? Nein !!!
Wir wollen weniger erhoben
doch dafür mehr gelesen sein.
Werner hatte in der Zeit, als wir nächtelang Gedanken austauschten Ideen, die wirklich gigantisch waren. Nur in den Zamorra konnte er sie nicht bringen. Da war ohnehin alles in Sachen Science-Fiction ausgereizt. Immerhin war der Professor Zamorra ja eine Grusel-Serie und dass es eigentlich viel mehr war als das, das hat man im Verlag erst viel später erkannt. Heute redet man von Phantastik-Serie. Damals aber musste irgendwie das Genre durch einen Vampir oder dem Werwolf vom Dienst aufrechterhalten werden, wenn man das gute Stück nicht zur Änderung zurückbekommen wollte.
Werner konnte diese wirklich grandiosen Einfälle also eben nur notieren, was er kaum getan hat, weil er es ohnehin nicht verwirklichen konnte. Er war damals schon so voll im Profi-Geschäft, das er davon nicht lassen konnte. Und einen Mäzen oder Sponsor, der ihm sein tägliches Auskommen gesichert hätte, damit er mal zeigen konnte, was wirklich in ihm steckt, den hatte er nicht.
Um also seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, Benzin im Wagen zu haben und gelegentlich kleine Einkäufe zu machen (seine Western Sachen) musste er eben weiterhin Hefte schreiben. Und nur Crom weiß, warum man Werners Talent für Science-Fiction nicht bei Perry Rhodan erkannt hat.
Kurt Brand sagte in unserer Runde mal, dass alles, was wir schreiben, egal ob Hefte oder Kurzgeschichten, genau so Werke sind wie die der Herrn Literaten. Denn es ist genau so Arbeit und man muss nach Worten und Formulierungen suchen. Von der Passgenauigkeit einer Story und ihrem Aufbau mal ganz zu schweigen.
Eben hat mein Handy eine SMS angezeigt das ist natürlich Hermann. Und da sind wir schon wieder bei unserem eigentlichen Thema Ausreden der Autoren.
Wenn ich ihm jetzt zurück maile Ich bin dran...was ja tatsächlich korrekt ist, dann heißt das nach der Erfahrung von Dr. Pesch Ich habe die erste Seite geschrieben.
Bei mir rief er mal an wegen der Fantasy. Antwort per Telefon Ich schreibe gerade!. Es kam zurück Also Weihnachtskarten... es war ja die Zeit. Das war zwar negativ, aber es waren Geburtstagskarten, die sich im Dezember häuften.
Ähnliches kann es bedeuten, wenn ein Heftautor dann sagt: Ich habe soeben das Wort 'Ende' geschrieben. Der Redakteur weiß dann, dass irgendwo im Text der Passus steht: Er wusste, es warf zu Ende. Mancher spannende Heftroman geht mit diesem Satz sogar los.
Ähnliches bedeutet es, wenn der Autor erklärt: Ich nähere mich dem Schluss. Das tut er genau gesehen schon nach dem ersten Satz. Die Liste des Herrn Doktor ist noch länger... ich habe nur geschrieben, was mir eben noch so in Erinnerung kam.
Meistens hat der Redakteur mit seinen Vermutungen ja Recht. Und eine ganze Menge Autoren, nicht nur der Schreiber dieser Zeilen, arbeiten immer auf den letzten Drücker. Kluge Verlagslektoren rufen früh genug an, damit noch eine gewisse Zeit bleibt. Denn diese Autoren schreiben dann Tag und Nacht mit etwas Erschöpfungsschlaf zwischendurch. Und die Story ist danach, weil durchgehend geschrieben wurde, aus einem Guss.
Und dann gibt es diese Geschichte mit dem Manuskript, das bei der Post verloren ging. Im Gedächtnisband für unseren Freund Kurt Brand habe ich diese Episode mal erzählt.
Ich weiß nicht, welcher Roma, aber es war ein Ren Dhark-Taschenbuch für Kelter. Kurt wohnte damals schon mir Maria in Kaltern, war also weit ab für deutsche Verlage. Ja, und einen Auftrag hat er total verbaselt.
Dann kam der Anruf, wo das Manuskript bliebe. Ein Manuskript, von dem noch nicht eine Zeile geschrieben war.
Geistesgegenwärtige Antwort Kurt Brand: Das habe ich letzte Woche schon abgeschickt. Das müssten Sie doch haben. Ich warte schon auf den Honorar-Scheck. Ja, Kurt war in jeder Situation immer geistesgegenwärtig... und falls er bei dieser Notlüge rot geworden ist, am Telefon sieht man das ja nicht. Damals jedenfalls nicht... und heute auch nur bedingt.
Ja, nicht nur jeder Autor der damaligen Zeit weiß, das in den Räumen und sonstigen Gelassen der Deutschen Bundespost das Bermuda-Dreieck war. Dinge verschwanden spurlos und nur selten sind sie lange Zeit später wieder aufgetaucht. Also, konnte man Kurt nicht beweisen, dass er etwas die Tatsachen zu seinen Gunsten korrigierte.
Wie seine Helden im Heft hatte unser spätere Sterne-Baron nämlich schon einen Plan, seinen Hals aus der Schlinge zu ziehen. Es stand nämlich das Wochenende vor der Tür. Und da arbeitet die Post nicht. Hier in Deutschland nicht und in Italien schon gar nicht auch wenn man in Südtirol natürlich auf gar keinen Fall Italiener ist.
Ich schicke Ihnen die Durchschrift des Manuskriptes! hörte man auf der Telefonseite des Verlages. Zwar stand der Drucktermin an, aber auch die Druckereien hatten Wochenende und es ging ja nun mal nicht anders. Telefax gab es nicht, höchstens Fernschreiber wir hatten damals einen bei uns im Hauptamt der Stadt Kassel.
Aber ein Fernschreiben, das war nur was für kurze Nachrichten. Und Datenverarbeitung, wie sie heute selbstverständlich ist und das Internet...das gab es auf der Crest, auf der Sol oder auf der Point Of...obwohl da ja auch noch der Checkmaster mit Lochkarten und Streifen gefüttert wurde, weil in der Zeit der Erstauflage die uns heute selbstverständliche Technik absolut Science-Fiction war. Jeder Heim-PC hat, wie man mir sagte, heute mehr Sachen drin als damals die Mondlandefähre, mit der Armstrong und Aldrin auf dem Mond gelandet sind.
Also kurzum, dem Verlag war klar, dass wegen des Wochenendes Kurt den Durchschlag des Manuskriptes erst am Montag zur Post bringen konnte. Und er musste sogar nach Bozen fahren, damit die Sache wirklich sicher abging.
Ja, damit und dem Bewusstsein, dass das Manuskript spätestens am Dienstag oder Mittwoch eintraf, ging man beim Verlag ins Wochenende. Und Kurt erst mal mit Maria Essen und dann an seine Maschine. Er hatte eine Kugelkopfmaschine und einen Schreibmaschinentisch, wie er auch in den Amtsstuben stand. Und Maria hatte nicht mehr zu tun als völlig ruhig zu sein und notfalls neuen Kaffee aufzubrühen.
Am Montagmorgen was dann das Werk getan. Fast wäre aus Versehen das Original noch Umschlag gelandet. Aber das hat Kurt, seinen Worten zufolge, nach der Eingangsbestätigung beim Verlag, auch als gegen ihn zu verwendendes Beweismittel vernichtet.
Dass ich beim letzten Band vom Dynastie-Zyklus beim Zamorra eine ähnliche Schicht geschoben habe, weil ich wegen andere Aufträge im Verzug war und das Buch Ritter, Bürger, Bauersleut de facto innerhalb von drei Tagen und Nächten geschrieben habe, wurde sicher schon mal in der Teestunde erwähnt. Und ich bin sicher, mancher Autor könnte da ebenfalls noch ein Stücklein erzählen.
So, eben hat es hier ein Donnerwetter gegeben. Nein, nicht Hermann war am Telefon, sondern der Himmel hat doch ein Einsehen gehabt und seine Schleusen geöffnet. Um jetzt das andere Donnerwetter zu vermeiden, verabschiede ich mich, damit ihr in etwas weniger als einer Stunde das hier im Zauberspiegel lesen könnt.
Also bis nächste Woche...
Kommentare
Ja, so war das damals...
Auch mag es zwar stimmen, dass der Heftautor ebenso wie ein Grass oder Lenz nach Worten und Formulierungen suchen muss, aber schon in etwas anderen Dimensionen.
Wie sehr muss z.B. Grass gesucht haben, bevor er seinen ersten, später preisgekrönten Satz seines Romans "Der Butt" (Ilsebill salzte nach) zu Papier gebracht hat