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Zeichner, Titelbilder, Kirmes und Fanzines

Teestunde mit Rolf...Moin Rolf, und wieder sind wir bereit Dein Teegeplauder zu lesen. Wir waren bei dem ›geheimnisvollen Zeichner‹ für die Anatres und dessen Markenzeichen... Der Tee ist serviert.
 

Zeichner, Titelbilder, Kirmes und Fanzines

Natürlich... ihr habt seid letzter Woche geraten. Und ihre habt alle richtig geraten. Und deshalb gibt es auch keine Preise zu verteilen. Was ich ohnehin nicht vorgesehen habe.

Denn die Flasche Cognak, die vielleicht der erste Preis hätte sein können,  bekommen nämlich unsere Kirmesmädels und Kirmesburschen, wenn sie am Samstag früh zur unchristlichen Zeit ab 10 Uhr Morgens zum Ständchen-Blasen kommen.

 

Das mit der Cognak-Flasche neben der üblichen Kirmes-Spende von mir wurde schon zur Tradition und hat mir beim Jungvolk von Nassenerfuth große Beliebtheit eingetragen. Genau so Tradition wie dann die Blaskapelle vom Ackerwagen herunter auf meinen Wunsch das schöne Lied »Wir wollen unsern alten Kaiser Wilhelm wieder habn« schmettern.  Immerhin habe ich in meiner Wohnung auch ein Bild vom Wilhelm II  hängen, mit dem ich meinen mittleren Namen also das ›W‹ gemeinsam habe. Dass einer meiner Großväter so hieß, spielte da bei der Namensgebung allerdings auch eine Rolle.  Im Haushalt eines jeden braven Deutschen hat ein Bild vom Kaiser zu hängen.... ahem...

Also wird bei mir am Kirmes-Samstag Morgen traditionell zur Freude meines ultra-linken Mit-Hausbewohners (mit dem ich aber gut klar komme, der repariert meinen Computer, wenn was dran ist) das ›reaktionäre Lied‹ vom Kaiser gespielt – und nebenan bei Frau Pfarrer dann ein Kirchenlied.  So was wie »Jesus, meine Zuversicht«! – vielleicht in der Strophe für nordhessische Landwirte »Jesus, meine Kuh frisst nicht«.

Nach dieser hübschen Ouvertüre also nun zurück zu unserm Thema ›Die Bilder des Herrn Giesa‹. Als passende Begleitmusik empfehle ich Modest Mussorgskys »Bilder eine Ausstellung«. Natürlich nicht in der Orchestrierung von Maurice Ravel, sondern in der Fassung »Pictures at an Exhebition« von ›Emerson, Lake and Palmer‹. Die feierliche Eröffnungstrompete stimmt uns richtig feierlich auf das ein, was nun kommt....

Wie jeder von euch richtig vermutet oder geraten hat, der Zeichner, den Hans und ich so um 1975/1976 für unser Fanzine ANTARES haben wollten, war Werner Kurt Giesa.

Den Schriftverkehr mit der Fantasy-Szene  rund um FOLLOW habe ich damals geführt. Aber den mit  Leuten aus der Science Fiction – den musste Hans Klipp mit ›intergalaktischen Grüßen‹ führen. Und weil er über den »Time Gladiator« wusste, dass unser gewünschter Zeichner genau so ein großer Fan von Ren Dhark war, hatten beide schon mal einen Bezugspunkt und Hans einen guten Ausgangspunkt für Verhandlungen.

Und dann »Masch-Allah - Gott tut Wunder« - einige Tage später hatten wir zu einem Titelblatt für ANTARES noch zwei Originale Giesa-Zeichnungen auf Matritze, die wir direkt in den Drucker geben konnten. Und nicht nur in Blau. Nein, dieser Super-Zeichner hatte auch die beiden Farben rot und grün in seinem Gemälde, die zum normalen blau bei Zeichnungen für Spiritus-Umdruck mit benutzt werden konnten. Mehr Farben gab es damals für den Spiritus-Umdruck nämlich nicht. Das kann sich heute, wo der Farbdruck mit zigtausend Farben per Computer völlig normal ist. kaum noch einer von euch vorstellen.

Ich weiß, das klingt alles nach ›Steinzeit‹ und ›alte Germanen‹. Aber damals wurden selbst bei der Stadt Kassel die meisten Texte, die vervielfältigt werden mussten, auf Matritze geschrieben und dann mit dem Spiritus-Umdrucker im Vorzimmer des Amtsleiters durch die Maschine geleiert. Fotokopien gab es schon, aber die waren sehr teuer und die Schlüssel für die Fotokopierer-Räume  wurden von den Damen in den Vorzimmern ausgegeben.  Wir waren jedenfalls froh, dass wir den Spiritus-Umdrucker, wenn der für zwei oder drei Tage im Bürgerhaus Helleböhn stand, dann für den Druck unseres Fanzines benutzen durften. 

ANTARES 2 würde auf jeden Fall ein ganz anderes Erscheinungsbild abgeben. Ich weiß heute nicht mehr, ob das Treffen mit ›unserem Zeichner‹ samt seinem Lippstädter Freundeskreis vor oder nach dem Erscheinen von ANTARES 2 war. Das ist zu lange her und keiner von uns hat damals dran gedacht, dass sich  nach ungefähr 35 Jahren Leute für die Dinge interessieren, die wir damals gemacht haben.

Natürlich träumte Werner damals schon davon, einmal ein Heft raus zu bringen. Einen Heftroman – möglichst Science Fiction - einfach nur um des Ruhmes Willen. Um was zeigen zu können, was man selbst geschaffen hat und was von der Redaktion eines Verlages akzeptiert wurde.

Werners größter Wunsch aber war es damals, sein vergöttertes Idol Kurt Brand einmal selbst kennen zu lernen. Das  war die Zeit, wo er vom Gymnasium auf die Universität nach Paderborn wechselte. Und vom ersten Besuch W.K.Giesas mit der Lippstädter Gruppe habe ich in den Teestunden schon früher berichtet.  Es sind ja hier Plaudereien beim Tee und keine geplante Biographie von W.K.Giesa. Die Grundlagen dazu findet man bei „Google“. Sogar mit den korrekten Eck-Daten aus deinem Leben und einer Würdigung seines literarischen Schaffens.

Ja, wir hatten also Zeichnungen des nicht nur berühmten W.K.Giesa – sondern in einer Sache war sein Zeichenstil auch ›berüchtigt‹.

Zu einer Giesa-Zeichnung gehörten auf jeden Fall Mädchen von so atemberaubender Schönheit, wie ich sie jetzt erst in der Cyber-Welt von Second-Life wieder gefunden habe. Und – in diesen Zeichnungen gab es nichts – oder in der damaligen Zeit noch so gut wie nichts – was die Schönheit der Mädchen auf Werners Zeichnungen verdeckt hätte.

Dass er von gewissen Kreisen im Fandom deshalb angegiftet wurde, hat Werner so wenig berührt wie die große deutsche Eiche, wenn sich eine Wildsau dran kratzt. Und als Hans ihn dann anrief und bemängelte, dass eins der Mädchen auf den Bilder gar nichts an hätte, war Werners Antwort: »Ihr könnt ihr ja einen Ring an den Finger malen – dann hat sie was an.« Was mich an die Eigenart einer Frau erinnerte, die im Bett immer einen Strumpf anbehielt, damit sie vor ihrer Familie schwören konnte, sie wäre nicht nackt gewesen. Das war lange vor der ANTARES-Zeit, gehört zwar eigentlich nicht hierher, passte aber gut.

Ja, und so entstand durch die Zeichnungen eine immer festere Verbindung zu der Lippstädter Gruppe und speziell zu Werner Kurt Giesa. Schon nach der zweiten Ausgabe von ANTARES beschlossen Hans und ich als Macher und Herausgeber des Zines, im Gegensatz zu allen anderen Fanzines mal was Neues zu machen und jede Ausgabe einem im Fandom anerkannt guten Autoren zu widmen (was Hans und mich natürlich einschloss – keine Frage). Auf diese Art sollte  diesem Autor ein Betätigungsfeld gegeben werden, das über die sonst üblichen Short-Stories hinaus lief. Und so wurde schon der dritte ANTARES-Band von W.K.Giesa gestaltet.

Doch zu diesen Sachen vielleicht ein anderes Mal. Denn ich will ja über Werners Zeichnungen berichten und nicht über die Herausgabe unserer Fanzines, die auch schon genug Erwähnungen in anderen Teestunden gefunden haben. Jedenfalls erschien danach kein  ANTARES mehr ohne Giesa-Zeichnungen – auch nicht unser Satire-Zine CERVISIA oder später das Ren-Dhark-Zine POINT-OF.

Und natürlich waren die Mädchen auf diesen Giesa-Zeichnungen überwiegend nackt. Die gleichen Motive fanden sich selbstverständlich auch auf den Ausgaben von Werners ›Terra-Press‹-Magazinen. Irgendwann hatte es das ganze damals überwiegend männliche Fandom begriffen, dass ein weiblicher Akt eben auch was Schönes sein  kann. Zumal Leute, die sich zu sehr als Moral-Apostel aufspielten, damit rechnen musste, das sexuelle Verklemmtheit vermutete. 

Dazu kam dann noch, dass damals tatsächlich das weibliche Geschlecht, deren ›emanzipierter Teil‹ bei solchen Dingen laut schreiend auf die Barrikaden geht, seinerzeit im Fandom vollkommen unter repräsentiert war. Die Lippstädter Gruppe hatte gerade ein weibliches Wesen, das sich als Fan von SF und Fantasy bezeichnete und auch an den Fanzines mitarbeitete. Auf den Gedanken, sich durch Werners Zeichnungen ›in ihrer weiblichen Würde beeinträchtigt zu fühlen‹ wäre die niemals gekommen.

Wegen des Fehlens einer ›emanzipierten Frauenbewegung‹ im damaligen Phantastik-Fandom gab es dann nach einer gewissen Zeit niemand mehr, der sich über Werners zeichnerische Freikörperkultur aufregte. Und als die Fan-Gemeinden langsam für das weibliche Geschlecht interessant wurde, kam auch die Zeit, wo Werner nicht mehr zeichnete. Wobei ich damit nicht die Zeit meine, von der ich erzähle - also der ersten Hälfte der 80er.

Das war die Zeit, wo die Mädels langsam im Fandom auftauchten. Aber die waren damals von von anderer Art als das, was heute ›engagiert und emanzipiert‹ ist. Frauen wie damals die Tina und die Dagmar (Alt-Fans wissen sicher noch sehr gut, wen ich meine)  kamen zu Cons in hautengem schwarzen Leder und zeigten ganz deutlich ihre atemberaubenden Konturen.  Die hätten Werner eher Modell gestanden als sich über seine Zeichnungen moralisch zu entrüsten.

Und wenn ich mich an die Cons von damals erinnere, so hatte ich immer den Eindruck, als wenn da eine ganze Horde Wölfe die wenigen Mädels umlagerte, die sich mit coolem Blick, unter die Fangemeinde mischten. Doch ich bin sicher, dass gerade Tina und Dagmar das genossen haben, wie sie von den Jungs angestarrt wurden.

Ja, richtig geraten. Die Dagmar Holler aus meinen letzten Zamorras... das Mädchen aus Frankfurt... Genau das war eine von ihnen. Da sie schon nicht bei ihrem Helden John Sinclair im Roman mitspielen konnte, wollte sie wenigstens beim Meister des Übersinnlichen dabei sein. Und so kam sie dann in das Vorzimmer von Carsten Möbius.

Aber Mädels wie Tina und Dagmar brauchten gar nicht für Werner Modell zu sitzen – auch wenn sie seinerzeit damit sicher keine Probleme gehabt hätten. Denn WKG hatte seine Modelle. Und – diese Modell waren nackt und alle mindestens genau so wohl gebaut, wie die beiden genannten Frauen, an denen das schwarze Leder wie eine zweite Haut  saß und die in ihrem eigenen Fanzine (ja, so was hatten die auch) ganz offen über ihre speziellen Spielzeuge für Mädchen berichteten.

Kommentare  

#1 Laurin 2010-10-14 10:52
Tja Rolf, die Emanzipation... früher war es doch schöner :D .
#2 Mikail_the_Bard 2010-10-14 20:24
Emanzipation stammt von dem lateinischen emancipare: einen ?Sklaven oder erwachsenen Sohn? aus dem mancipium, der ?feierlichen Eigentumserwerbung durch Handauflegen?, in die Eigenständigkeit zu entlassen.
Also wäre doch Emanzipation doch eher ein Synonym für Scheidung! [Man(n) entlässt seine Frau aus der Ehe in die Freiheit.]
#3 c.r.hays 2010-10-15 03:50
Lieber Rolf,
leider kann ich mich nicht erinnern, daß weder Tina D. noch Dagmar M. jemals in einem solchen (von Dir beschriebenen) Outfit aufgetreten sind. Auch bin ich mir 100%ig sicher, daß sich keine von beiden Werner als Nackt-Modell zur Verfügung gestellt hätte.
Werner's Vorlagen waren Pornoheftchen und -filme.
Sonst nichts!

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