Marlos-Zeichner-Porträt: Werner K. Giesa aus dem Jahr 1985
Ich zeichne, weil es mir Spaß macht und weil ich mich dabei entspannen kann. In all der Hektik des Schreibens gibt es Momente, in denen ich die Schreibmaschine abschalte und zu Papier und Blei oder Tuschestift greife. Dann bringe ich Vorstellungen zu Papier, die sich nur im Bild darstellen lassen, ungewöhnliche Situationen und Momente.
Das Ungewöhnliche liebe ich. Ich gebe mich ungewöhnlich, bin ungewöhnlich, und das setzt sich manchmal auch in meinen Bildern fort. Ich verbinde das Schöne mit dem Fantastischen.
Jahrgang '54, Volksschule, Gymnasium, Abitur mit einem sehr mäßigen Notendurchschnitt. Am Zeichnen und Malen hatte ich damals schon sehr viel Spaß, und als in der Schulklasse die selbstgeschriebenen Stories kreisten und gelesen wurden, waren die Titelbilder und Innenillustrationen zu 99 % von mir.
Schon damals sehr sexy angehaucht und umstritten.
Es lag dann nahe, Kunst zu studieren. Aber gebracht hat mir das überhaupt nichts; zu viel Theorie wurde mit zu wenig Praxis vermengt, und in dieser Praxis war an der Uni auch nix zu lernen. Was ich kann, habe ich mir selbst beigebracht, durch Versuch und Irrtum, wie der Wissenschaftler sagt; ich bin Autodidakt. Und ich lerne immer noch dazu, finde neue Möglichkeiten und neue Arbeitstechniken. Auch der Stil wandelt sich daher im Laufe der Jahre.
Nur einer Sache bin ich stets treu geblieben: meiner Vorliebe für schöne nackte Mädchen.
„Kannst du eigentlich nicht auch mal bekleidete Frauen zeichnen?“ werde ich häufig gefragt, und: „Der Giesa muß einen Sex-Komplex haben.“
Ich bin vom Gegenteil überzeugt. Sex gehört zum Leben wie die Luft zu Atmen und ohne Sex gäbe es auch jene nicht, die ihn verleugnen. Dazu kommt der Aspekt des Ungewöhnlichen: Bekleidete Frauen siehst Du täglich zu hunderten, nackte Frauen und nackte Riesenspinnen sind da eher spärlich gesät. Die Kunst-Klassiker malten ihre Modelle nackt, und gegen die diesbezügliche Kunst-Sammlung im Vatikan sind meine Bilder Kinderkram. Zudem stehe ich auf dem Standpunkt, daß ein Bild, das betrachtet werden soll, auch schön sein soll, sonst lohnt sich das Ansehen nicht. Auch wenn's ein „Horror“‑Bild ist. Und dann gibt's da noch das klassische Thema „The Beauty And the Beast“...
Außerdem macht's Spaß, und das ist das Wichtigste. Das Zeichnen (weniger das Malen) ist eines meiner Hobbies. Da ich meine Bilder gern veröffentlicht sehe, bin ich zumeist auf Schwarzweiß beschränkt. Um trotzdem mehr „Farbe“ ins Bild zu bekommen, verwende ich unterschiedlich starke Rasterfolien. Die sind teuer, aber der Effekt ist sauberer, als würde ich mit dem Stift schraffieren - und es wirkt zum Teil fotografischer. Es ist ohnehin mein Anliegen, bei aller Fantastik möglichst lebensecht zu zeichnen und der Fotografie nahezukommen. Das klappt selten, aber ich übe ja immer noch.
Am Anfang ist die Idee. Entweder meine eigene, oder die von anderen. Da ruft der Uwe an: „Ich brauche dieses oder jenes Motiv“, nennt mir den Termin und wartet ab. Auf diese Weise ist auch das Titelbild dieses CL entstanden — was so geschieht, wenn meine Gefährtin, die Zauberfee, eifersüchtig aufs Modell wird und per Hokuspokus das Bild zum Leben erweckt. — Oder es soll eine Story illustriert werden, und ich bekomme entweder konkrete Vorgaben, oder ich lese die Story und wähle eine mir geeignet erscheinende Szene aus. Dann überlege ich: Wie lege ich das Bild mit einem Minimum an Aufwand für ein Maximum an Wirkung an? Nach dieser Bildkomposition, die sich im Hirn abspielt, wird vorgezeichnet. Manchmal ergibt sich dann eine völlig neue Perspektive. Zuerst werden dann die Personen mit Tusche nachgezeichnet, Licht- und Schattenwirkung mit mehr oder weniger starkem Bleistiftstrich herausgearbeitet und schließlich die Rasterfolie ausgeschnitten und aufgeklebt; dadurch wirken die Personen irgendwie realistischer. Ganz weiß sind sie mir zu weiß und flächig, und ich mag keine flächigen Bilder ohne jede Tiefenwirkung. Außer ich setze es bewußt als Stilmittel ein, um wiederum andere Dinge hervorzuheben.
Das Wichtigste ist nun fertig, und damit verliere ich häufig die Lust am jeweiligen Bild. Ich hasse nämlich Klein- und Detailarbeit an Hintergründen wie die Pest, und so kommt es, daß bei mir bestimmt mehr als ein halbes Hundert unvollendeter Bilder herumliegt.
Habe ich mich durchgerungen, weiterzuarbeiten, kommt die Frage: Welcher Hintergrund? Manchmal reicht eine Verlaufsrasterfolie, manchmal wird detailliert durchgeplant und auch erst vorgezeichnet, die Konturen mit Tusche nachgezogen und mit verschiedenen Folien ausgefüllt. Fertig ist die Zeichnung.
Die Hintergründe sind meine große Schwäche. Vor gut zehn Jahren habe ich gemeinsam mit einem anderen Zeichner die auf immerhin drei Folgen gewachsene SF-Comic-Serie THOMAS FLOYD gezeichnet - ich die Personen, er den Background. Die Bilder waren eindrucksvoll. Auf dem Schreibtisch unseres Redakteurs Uwe Schnabel liegt ein CL-Titelbild, bei dem Detlev Menningmann den Background lieferte und ich die Personen einpflanzte. Der Tote Gott mag wissen, wann's dereinst erscheint. Aber im Allgemeinen mache ich das Komplettbild allein. Dabei wird dann der Hintergrund meist vereinfacht oder vernachlässigt. Irgendwann finde ich den Dreh auch noch.
Einst wie heute zeichne ich nicht nur Einzelbilder, sondern auch Comics, wobei die meisten wohl nicht im CL erscheinen werden - zu sexy...
Wer von Anfang an bei Marlos dabei war, wird sich an den Fortsetzungscomic mit MIRAKEL und Freunden erinnern. Und den Entwicklungssprung erkennen, wenn er die nachfolgend abgedruckte 3-Seiten-Story betrachtet.
Und wer das Titelbild von CL 37 im Hinterkopf hat - das war im Original in Farbe. Hm...K. Giesa als Profi und Titelbildzeichner? Ich hab's mal versucht, aber daraus ist nichts geworden. Hin und wieder dringen mal Bilder oder meist Plakate an die breite Weltöffentlichkeit. Aber, ehrlich gemurmelt, habe ich erstens nicht die Zeit, zweitens nicht das Durchhaltevermögen und drittens keine Lust, regelmäßig bunte Bilder abzuliefern. Das Zeichnen soll Hobby und Entspannung bleiben. (Außerdem sind mir die Honorare, die in Germany gezahlt werden, für meinen Arbeitsaufwand zu niedrig, und für lukrative Auslandsaufträge fehlen mir die connections....)
Inspirieren lasse ich mich von Esteban Maroto, Fernando Fernandez, Gonzales, Alberto Giolitti, Giorgio Gambiotti, Jeff Jones und Wallace Wood. Also von den besten Comic-Zeichnern überhaupt...
Gibt's sonst noch Wichtiges zu erzählen? Alles andere dürfte aus zahlreichen Autorenporträts in noch zahlreicheren Fanzines zur Genüge bekannt sein. Das Schlagzeugen in der Country-Band PONY EXPRESS habe ich inzwischen wieder aufgegeben, lebe vor mich hin, und vielleicht kommen wir beim Marlos-Treffen ja ins Gespräch. Bis dahin schlagt vielleicht mal den LARRY BRENT auf, das ständige Bild über der Leserseite, ja, das mit der Grusel-Truhe, das war ein Starfoto, das ich zum jetzigen Bild erweitert und ergänzt habe. Eines der wenigen Giesa-Bilder ohne nackte Mädchen. Aber mal ehrlich: Sind die nackten Girls nicht erfreulicher anzuschauen als nackte Monster und nackte Skelette - oder gar nackte Waffen?
So long, folks and friends — Euer
Kommentare
Da ich nicht weiss, wie Du zeichen kannst, ist das schlecht zu beurteilen.
Aber die Kreationen des WKG sind auf jeden Fall deutlich besser als meine Versuche ... (lach)
Aber sie hatten einen großen Wiedererkennungswert.
Sie hatten etwas sinnliches. Das muss man erst mal zum Ausdruck bringen...