Robert Mulligan
Robert Mulligan
(1925 - 2008)
(1925 - 2008)
Als Funker im Dienste des Marine Corps kam er unbeschadet zurück und fand sofort eine Stelle im Redaktionsbüro der New York Times. Mit dem Gefühl für Höheres berufen zu sein, ging er erst einmal ein paar Stufen hinunter, als er die NYT verließ und als Botenjunge beim Fernsehsender CBS anheuerte. Mit Willen und Begeisterung lernte er alles, was mit dem Fernsehgeschäft zu tun hatte, arbeitete sich höher und höher, wurde Kameramann und durfte bereits 1948 das erste Mal Regie führen. Den Weg hatte er sich selbst mit Disziplin und Engagement geebnet.
Robert Mulligan war nie einer der großen in Hollywood. Der Mann, der eigentlich Priester werden wollte, stieg bei CBS schnell zum Produktionsleiter diverser Serien auf und freundete sich mit einem gewissen Alan J. Pakula an. Zusammen arbeiteten sie an Fear strikes out Die Nacht kennt keine Schatten und wurden sich bewusst, dass eine intensivere Bindung auch Größeres hervorbringen könnte. Dennoch war es Zufall, dass der erste Film, den die Pakula-Mulligan-Productions machten
Robert Mulligan verglich seine Faszination für das Geschichten erzählen mit der Arbeit eines Ingmar Bergman. Sich Zeit zu nehmen, ohne den Zuschauer hinzuhalten. Gesichter wahrnehmen zu können, dem Publikum die Möglichkeit zu geben, darin zu lesen, die Charaktere zu erforschen. Mit Wer die Nachtigall stört führte er die zehnjährige Mary Badham zu einer Oscar-Nominierung, mit seinem letzten Film Man in the Moon machte er die Filmwelt mit dem Talent von Reese Witherspoon bekannt. Dazwischen waren Natalie Wood, Robert Redford, oder Steve McQueen. Namen wie Anthony Perkins, Tony Curtis, Richard Gere, oder eben Gregory Peck arbeiteten mit Mulligan. Aber es gab da auch Chris und Martin Udvarnoky.
Robert Mulligans größte Angst definierte sich durch das dramatische Potential von Wer die Nachtigall stört. So leicht hätte es ein tränenreiches Rührstück werden können, oder ein moralisierender Wattebausch. Mit dieser Angst im Nacken, welche ihn ermahnte, niemals die Atmosphäre aus dem Fokus zu verlieren und auch nicht den eigenen Emotionen nachzugeben, traf der Regisseur Mulligan genau den unbeschwerten Ton ohne erhobenen Zeigefinger, wie ihn Harper Lee in ihrer mit dem Pulitzer-Preis geadelten Geschichte vorgegeben hatte. Ein Anspruch, den Robert auf seinen weiteren Weg, mit den Filmen mitnahm, die folgen sollten. Doch ein Mensch wie Robert Mulligan, der im Erforschen der Menschlichkeit sein höchstes künstlerisches Gut sah, musste einmal aus diesem Dunstkreis ausbrechen.
Robert Mulligan setzte sich selbst mit Tom Tryons Romanverfilmung von The Other eine kaum zu überbrückende Hürde. Der Horrorfilm, der eigentlich mehr einen Thriller mit übernatürlichen Elementen darstellt, ist ein typisches Objekt der siebziger Jahre. Entgegen allen anderen Filmen, die Mulligan inszenierte, vermisst man bei The Other dieses Gefühl von Zeitlosigkeit. In Fan- und Genrekreisen zählt man The Other zu den Schockern im Stile von Wicker Man, oder auch Dont look now Wenn die Gondeln Trauer tragen. Doch der Ausflug ins Horror-Genre steht dem Humanisten Robert Mulligan gar nicht gut zu Gesicht. Zu offensichtlich sind die vielen Wendungen, vorausschaubar bleiben sämtliche Überraschungen, zu uninteressant wirken die Darsteller in den entscheidenden Handlungsphasen. Die Zwillinge Nils und Holland, die auf einer Farm in New England groß werden, verbindet viel mehr als nur ihre Blutsverwandtschaft. Grauenvolle Sterbefälle häufen sich in der Umgebung der Zwillinge und es wird offenbar, das Holland etwas damit zu tun hat. Doch wie sich im Verlauf des Filmes heraus stellt, ist Holland vor geraumer Zeit selbst einem Unfall zum Opfer gefallen.
Robert Mulligan versuchte mit dieser uralten Geschichte von Gut und Böse, welches sich durch eine Person vereint, dem Mythos von Jekyll und Hyde anzunähern. Doch weder auf technischer Ebene, noch mit den Darstellern, konnte sich Mulligan auf sein sonst übliches Niveau heben. Zudem versagt der Hokus-Pokus-Plot um die russische Großmutter mit übernatürlicher Begabung, den typischen Anleihen des realitätsnahen Kinos der Siebziger Jahre eine ganz klare Absage. Was bei Polanskis Baby-Shower funktionierte, und der Wiege des Bösen die besondere Note verlieh, machte Robert Mulligans Adaption von zu seinem eigentlich einzigen Film, der die Erwartungen ganz und gar nicht erfüllte.
sein sollte.Robert Mulligan war ein Regisseur für Schauspieler. Er war ein Regisseur, der weniger die Geschichte brauchte als die Verbundenheit seiner Darsteller mit ihren Charakteren. Er war seinem Vorbild Ingmar Bergman stets treu geblieben, vielleicht sogar mit The Other, und das machte ihn zu etwas Speziellem. Robert Mulligan war nie einer der Großen. Er war nie unter den erst genannten Regisseuren. Es bleibt zu befürchten, das Robert Mulligan einfach nur der Regisseur von Wer die Nachtigall stört in Erinnerung bleiben wird. Das würde der Person Mulligan nicht gerecht werden, dafür aber der Nachtigall und allen anderen Filmen, die Mulligan inszenierte. Mit einer kleinen Ausnahme vielleicht. Aber darüber gibt es vielleicht auch die unterschiedlichsten Ansichten. Mag man es dem Andenken von Robert Mulligan zugestehen.
Robert Mulligan war nie einer der ganz Großen. Aber mal im Ernst, wenn sollte das jetzt noch stören? Zumindest machte er große Filme, und die werden Bestand haben. Und mit ihnen auch sein Name, ob man sich dessen erinnert, oder nicht.
Bildquelle: filmreference.com