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Alessan 2 - Menschenjagd!

Magirian Wonder TaleAlessan
Kapitel 2
Menschenjagd!

Alessan
‚Geh nicht in den Wald jagen’, hatten sie mich gewarnt.
‚Unsinn, alles Unsinn’, hatte ich ihnen geantwortet.
Aber sie hatten recht behalten.
Erschöpft beugte ich mich über das brackige Wasser der kleinen Pfütze, die ich gefunden hatte. Das kalte Wasser lief meine ausgedörrte Kehle hinunter. Gierig trank ich, ließ das Naß über mein erhitztes Gesicht und meine Brust rinnen.
‚Weiter, ich muß weiter. Ich darf hier nicht ausruhen.’
Würden sie mich verfolgen? Wer waren sie?


Menschenjagd!Ich hatte sie gesehen. Sie waren anders, fremd. Waren sie die, von denen die Legenden erzählten? Dämonen, oder schlimmeres?

Ich wußte es nicht. Ich kannte nur die Geschichten, die im Gut erzählt wurden. Niemand, so hieß es, sei je wieder aus dem Wald zurückgekehrt. Oder wenn doch, dann erst nach langen Monaten, erschöpft und dem Wahnsinn nahe.

Fragte man diese unglücklichen Menschen, was sie in der Zwischenzeit erlebt hatten, erhielt man meist keine Antwort. So als hätten sie alles vergessen. Oder als wären sie die ganze Zeit nur ziellos durch den Wald geirrt.

Keiner von ihnen blieb lange bei den Seinen, nachdem er aus dem Wald zurückgekehrt war. Sie verschwanden wieder. Im Wald, so hieß es. So als habe der dräuende Wald in unserem Rücken sie verzaubert. Als lauerte er des nachts in ihren Träumen und rief sie, zog sie wieder zu sich mit magischer Kraft, um die Unglücklichen zu verschlingen.

Manche erzählten auch von Männern, die in der Nähe des Waldes jagen gehen wollten und kein einziges Tier zu Gesicht bekommen hatten. Manche von ihnen verirrten sich angeblich, bis sie dem Hungertode nahe waren. Erfahrene Jäger!

Kein Wort hatte ich je davon geglaubt! Sollten das doch die Mütter ihren Kindern im Bett erzählen! Mir konnte keiner solche Schauermärchen weismachen. Geschweige denn, daß meine Mutter je soviel Zeit für mich übrig gehabt hätte, als daß sie mir Gutenachtgeschichten erzählt hätte in den wenigen Jahren, die ich mit ihr verlebte.

´Genug, genug! Dieses letzte Mal war einmal zuviel gewesen! Ihr werdet schon sehen!´ Auf meinem Rücken brannten die frischen Striemen, aber schlimmer noch brannte in mir die Scham. Wie von selbst ballten sich meine Hände zu Fäusten, als die schmerzlichen Erinnerungen wieder hochstiegen.

Mein ganzes Leben lang hatten mich die Leute vom Gut gedemütigt und gequält, allen voran die zwei Söhne des Gutsbesitzers. Es war ein offenes Geheimnis, daß ich ihr Halbbruder war, wenn auch niemand wagte, es offen auszusprechen. Doch es war Grund genug für sie, mich zu hassen.

Niemand scherte sich darum, was sie mir antaten. Als ich ihnen ins Gesicht sagte, daß ihr dreckiger Vater auch der meine war, machte sie das nur noch wütender. Es schien, als wäre das ihr Freibrief, um mit mir zu machen, was sie wollten. Aber dieses letzte Mal ging zu weit!

´Oh, wie ich sie haße. Diese ganze verlogene Bande!´ Wieder fühlte ich, wie mir vor Scham und ohmächtiger Wut die Tränen in die Augen stiegen.

´Anwen... Wie konnten sie glauben, daß ich Anwen...!´ Die Tränen kamen. Wütend preßte ich die Zähne aufeinander. ´Nein, ich bin kein Feigling, kein ...´ Ein Schluchzen würgte meine Kehle. Nicht jetzt, ich wollte nicht weinen. Niemals wollte ich deswegen weinen!

´Bastarde! Bastarde!´

´Ich habe Mut, mehr als ihr alle zusammen. Ich werde euch schon zeigen, wer etwas taugt. Keiner hat sich je in den Wald hineingetraut. Ich hab´ euch ja gesagt, daß ich es tun würde. Vielleicht glaubt ihr mir jetzt und laßt mich endlich in Ruhe!´

´Wenn mein Erzeuger - Nie werde ich ihn Vater nennen! - auch nicht den Mut hat, zu mir zu stehen, so habe ich zumindest den Mut, diesen Wald zu betreten und darin zu jagen.´

Fast hätte ich es geschafft! Hätte ihnen einen saftigen Braten vor die Füße werfen können. Wenn dieses dumme Kind nicht dazwischen gelaufen wäre!

Die ohnmächtige Entäuschung kam über mich wie eine Woge. Ich fühlte, wie meine Fäuste auf den schlammigen Boden hieben. Erst das Wasser, das auf meine nackten Beine spritzte, brachte mich wieder zur Besinnung. Benommen stand ich auf.

Ich bemerkte, wie meine Hände zitterten, als ich mir die nassen Haare aus dem Gesicht wischte. In meinen Augen brannten ungeweinte Tränen. Meine Kehle schmerzte beim Atmen. Nur mühsam beherrschte ich mich wieder.

Was sollte ich nun tun? Zurückgehen zum Gut, ohne Jagdbeute, und zugeben, daß sie Recht gehabt hatten? Oder das rechtmäßig erlegte Tier holen und dann zurückkehren?

Ich hatte das Entsetzen in den Gesichtern dieser schönen, schlanken Wesen gesehen, als sie auf das Kind zurannten. Bei allen Göttern, was hätte ich tun sollen? Mich entschuldigen?

Allerdings war meine Flucht zu überstürzt gewesen. Wie ein Idiot hatte ich mich benommen. Statt zu überlegen, war ich erst einmal gerannt. Immer tiefer in den undurchdringlichen Wald hinein.

Wenn das die Leute vom Gut wüßten, hätten sie schön was zu lachen. Niemals durften sie das erfahren! Denn was blieb dann noch übrig von mir, von den letzten Fetzen von Stolz, die ich noch mühsam um mich zusammenhielt?

´Lieber sterbe ich, als diesen Bastarden diese Genugtuung zu gönnen!´

Nun ja, ich konnte immer noch ein anderes Wild erlegen und dann zurückkehren. Ein grimmiges Lächeln huschte über mein Gesicht bei diesem Entschluß. Ich sah mich um und bemerkte, daß die Nacht schon hereinbrach. Solange war ich also schon auf der Flucht.

´Nein, nicht geflohen, sondern gelaufen!´ verbesserte ich mich. ´Zeit, sich auf den Weg zu besinnen.´

Ich suchte nach einem Anhaltspunkt und fand keinen. Ich fluchte so, daß unser Priester auf der Stelle tot umgefallen wäre, hätte er es hören können. Denn ich mußte zu allem Überfluß feststellen, daß ich mich tatsächlich verlaufen hatte.

Aber ich würde den rechten Weg schon finden!



Harantor

Es ging los und mich überkam die Freude an der Jagd. War das eines Eldar würdig?

Ich wußte es nicht und in diesem Augenblick interessierte mich das nicht. Trauer, Haß, Wut und alles andere war wie fortgeblasen. Jagdfieber hatte mich gepackt. Ich fühlte mich in diesem Moment frei und ungebunden.

„Wie weit müssen wir gehen?“ fragte ich Laurealka.

„Nicht weit, weniger als tausend Schritt“, entgegnete sie.

„So nah an der Siedlung!“ entfuhr es mir. „Hast du denn keine Wachen?“

„Natürlich!“ entfuhr es ihr, aber bevor sie fortfahren konnte, ergriff ich wieder das Wort.

„Du solltest gute und zuverlässige Leute auswählen. Es darf nicht sein, daß ihnen etwas entgeht. Ich werde deine Wachen ausbilden, damit nie wieder soetwas passiert!“

Ich konnte nicht aussprechen, daß ein Pfeil Kalwes Leben ein Ende gesetzt hatte. Ich schluckte und beschleunigte meinen Schritt. Laurealka schwieg ob meiner Bemerkungen.

Ich spürte den Benngur und Stich an meinem Körper. Ich hatte die beiden Klingen sorgfältig ausgewählt. Der Knochenspalter war eine gewaltige Waffe, aber plump und nur zum Draufschlagen, während der Benngur ein leichtes und sehr gut zu führendes Schwert ist, obwohl seine Klinge gut drei Fuß lang ist. Es eignet sich hervorragend dazu, mit seinem Gegner zu spielen, wenn er denn unterlegen ist. Hinzu kam, daß man mit ihm lange und ausdauernd fechten konnte. Das kurze Stich ist eine ideale Ergänzung dazu.

Schweigend gingen wir nebeneinander her. Die Geräusche der Nacht waren überdeutlich zu hören. Die Grillen zirpten, ein Kauz rief in der Ferne und leise klang das Rauschen des Wasserfalls zu uns herüber, den Laurealka Míremiste getauft hatte.

„Wir sind da“, sagte Laurealka plötzlich und es schien mir, als habe sie all ihre Selbstbeherrschung sammeln müssen, um nicht loszuheulen. Dafür war ich sehr dankbar, denn ich hatte sie nicht mitgenommen, um ihre Tränen zu trocknen, aber andererseits kämpfte ich selbst mit meiner Trauer, als ich im fahlen Licht des vollen Mondes den Ort des grausamen Geschehens untersuchte.

„Von dort kam er“, begann Laurealka und deutete unbestimmt auf den Wald vor uns.

Ich sah mir kurz die Blutspuren an, dann blickte ich Laurealka erwartungsvoll an.

„Und?“

„Ich hörte Kalwe rufen...“, begann sie stockend. „Und dann der Pfeil aus dem Gebüsch dort...“, fuhr sie fort. „Bei Iluvátar, es ging alles so schnell!“

Sie schlug die Hände vors Gesicht. Ich fürchtete, daß sie zu weinen beginnen würde. Hoffentlich tat sie es nicht, denn hier wo Kalwe seinen letzten Atemzug getan hatte, war die Trauer übermächtig und ließ sich nicht verscheuchen.

„Ich begreife das nicht!“ stieß Laurealka hervor.

Ich tat etwas, was ich lange nicht getan hatte. Ich nahm Laurealka in die Arme und redete beruhigend auf sie ein. Ich versuchte ihr Sicherheit und Wärme zu geben. Mein übliches Poltern würde uns nicht weiterbringen und sie einem Weinkrampf ausliefern, der uns länger aufhalten würde.

Sie schien meine doch eher aus der Hilflosigkeit geborene Geste begriffen zu haben und schlang ihre Arme um mich. Sie hielt mich fest, als wäre ich ihr einziger Halt in dieser Welt.

So standen wir eine Weile und hielten uns gegenseitig. Es war wie ein Ring gegen die Schlechtigkeit dieser Welt. Langsam beruhigte sie sich. Vorsichtig führte ich sie von der Stelle weg, auf das Gebüsch zu, wo der Schütze gestanden haben mußte.

„Ich sah ihn“, begann Laurealka unvermittelt und löste sich von mir. Sie schien sich wieder in der Gewalt zu haben. Sie ging vor und zeigte in den Wald hinein.

„Er ist ziellos in den Wald hinein geflohen.“ Während Laurealka fortfuhr, untersuchte ich die nähere Umgebung. Ich dankte allen Göttern für die gute Nachtsicht, die uns Eldar auszeichnet und die mir bereits desöfteren das Leben rettete. Daher hörte ich Laurealka nur mit halbem Ohr zu.

„Seine Augen... ich werde nie diesen entsetzten Blick vergessen. Vielleicht...“

Kurz blickte ich auf, als Laurealka aufhörte zu reden. Ich hatte viele Spuren entdeckt. Der Mensch war aus Richtung des Gutes gekommen, das außerhalb des Waldes lag. Hier hatte er auf der Lauer gelegen. Das Gras war noch richtig zerdrückt. Er hatte ein Schwert mit sich geführt, das er in die Erde gesteckt hatte und welches er bei seiner Flucht aus dem Boden gerissen haben mußte. Dann hatte er sich in den Wald geflüchtet, allerdings war er nicht auf das Dorf zugelaufen, sondern tiefer in den Wald.

„Ich habe seine Spur. Er muß gerannt sein wie der Teufel. Trotzdem er nur Sandalen trug, hätte ein riesiger Ackergaul keine deutlichere Spur hinterlassen können“, sagte ich befriedigt. „Komm!“

Ich ging mit raumgreifenden Schritten in den Wald, um den Mörder Kalwes und Singollos zu stellen. Laurealka folgte mir...

 

Laurealka

Ich war erstaunt. Niemals hätte ich Harantor zugetraut, daß er mich trösten würde. Vielleicht hatte ich ihn ja falsch eingeschätzt. Aber ich war nicht zu stolz, eine Meinung zu ändern, wenn sie sich als falsch erwiesen hatte. Wir würden eine längere Zeit zusammen unterwegs sein. Zeit genug, um ihn näher kennenzulernen. Er hatte es verdient. Schließlich gehörte er zu uns, und er trug den Ring des Feuers. Ein Zeichen dafür, daß er das Vertrauen Elrods genoß. Und das war nicht wenig.

Harantor ging voran. Wie es schien, konnte er die Spur mühelos verfolgen. Es war, als würden wir einem unsichtbaren Weg folgen, den nur er sehen konnte. Ich hatte mich nie um die Kunst des Spurenlesens bemüht. Wozu auch? Ich jagte keine Tiere. Sie waren meine Freunde, und Freunde jagt man nicht. Und selbst wenn ich wirklich eines brauchen sollte, so mußte ich es nur rufen.

Auch für den Krieg hatte ich das Spurenlesen nie benötigt. Ich hatte den Krieg kennengelernt. Nur zu gut. Ich hatte sogar gekämpft, mehr als einmal. Doch ich war nie Späher gewesen. Und meine wilden Jahre hatte ich hinter mir gelassen. So folgte ich ihm einfach.

Ich dachte an den Menschen, den wir verfolgten. Wer war er? Wie konnte er ein unschuldiges Kind töten? Weshalb? Es leuchtete mir einfach nicht ein, daß jemand so etwas tun konnte. War er so kaltblütig? Konnte überhaupt jemand so kaltblütig sein? Ich konnte es fast nicht glauben, je länger ich darüber nachdachte.

Harantor bückte sich vor mir. Er redete irgendetwas von geknickten Zweigen an einem Busch.

„Hm! Ich würde sagen, er hat etwa einen Vorsprung vom dritten Teil eines Tages“, bemerkte Harantor und strich sich nachdenklich übers Kinn.

Ich war einmal mehr erstaunt. Konnte er anhand der Bruchstelle erkennen, wie lange es her war, daß dieser Zweig geknickt worden war? Ich konnte es mir eigentlich nicht vorstellen. Da ich mich aber nicht ein weiteres Mal vor ihm blamieren wollte, hielt ich lieber den Mund und fragte ihn nicht danach.

Er stand auf und ging weiter. Endlos marschierten wir so durch die Nacht. Müdigkeit kannten wir nicht. Elben brauchen keinen Schlaf. Wir meditieren nur wenige Stunden, um unsere Sinne von den Strapazen des Tages zu erholen, und das konnte ich auch während des Marsches tun.

Die Realität verwischte sich vor meinen Augen. Ich dachte an andere Tage in einer anderen Welt. In einem anderen Leben, einem anderen Kampf. Als unsere vereinten Kräfte zwar ausreichten, um Sauron zu besiegen, aber unsere Schatten trotzdem zu verblassen begannen, und wir Mittelerde verlassen mußten.

Harantors Gestalt war nur noch ein dunkler Schatten. Manchmal hielt er an, begutachtete eine Stelle wieder genauer und schätzte den Vorsprung, den unser Jagdwild hatte. Er mußte in panikartiger Flucht den ganzen Tag gerannt sein. Der Abstand schien sich kaum zu verringern, obwohl wir nicht rasteten, was er eigentlich irgendwann tun mußte, denn er war nur ein Sterblicher. Er mußte müde und erschöpft sein vom Tagesmarsch und Schlaf suchen, wollte er nicht vor Müdigkeit zusamenbrechen.

Der Mond malte silberne Ränder um die Umrisse der Bäume. Erinnerungsfetzen überfluteten mich. Fast vertraut kam mir dieser nächtliche Gang vor. Als hätte ich dies schon einmal erlebt. In Lórien? Ich wußte es nicht. Diese Gedankenbruchstücke sind oft sehr trügerisch. Ob sie wirklich aus meinem früheren Leben von Mittelerde stammen oder nur von meiner Kindheit auf Magira, ist oft ungewiß.

Und dennoch... Manchmal schien es mir, als wäre selbst die vor mir gehende Silhouette Harantors vertrauter, als sie hätte sein dürfen. Kannte ich ihn etwa von Mittelerde? Nun, ich mußte warten. Meist wurden die Erinnerungen mit der Zeit solider. Ich durfte sie nicht erzwingen, hatte Elrod mir einst geraten.

Manchmal halfen mir Erzählungen anderer Elben weiter, die mich von Mittelerde kannten. Dies mußte bei Harantor jedoch nicht der Fall sein. Ich konnte mich auch irren. Am besten ich wartete ab.

Die Stimmen der Vögel begannen den Wald zu beleben. Trotzdem der Wald Tauredín - der Schweigende Wald - hieß, war er nicht wirklich still. Ich genoß ihre Lieder und das Rauschen der Blätter in der leichten Brise. Das erste Glühen der Morgensonne blitzte schon über den Horizont, als Harantor erneut stehen blieb und sich zu mir umdrehte. Er wies auf eine kleine Pfütze zu unseren Füßen.

„Schau! Hier hat er gerastet.“

Ich sah tatsächlich Fußspuren im Matsch und blickte Harantor fragend an.

„Und? Wie groß ist sein Vorsprung?“ fragte ich skeptisch.

Er strich sich einmal mehr übers Kinn und schaute sinnend in die Weite. Ich war gespannt auf seine Antwort, denn langsam mußte der Vorsprung doch zusammenschrumpfen.

Wir mußten ihn einholen...

 

Harantor

Sollte ich ihr die Wahrheit sagen?

Natürlich nicht! Aber ich mußte noch etwas Zeit schinden, sonst könnte sie wirklich mißtrauisch werden.

So beugte ich mich ein weiteres Mal über die Spuren und gab vor, diese nochmals zu prüfen, obwohl längst klar war, daß der Mensch vor Erschöpfung kaum ein Bein vor das andere bekommen hatte, als er hier angekommen war, um offensichtlich zu trinken.

Schon während der Nacht hatte ich es mehrfach riskiert, die Spur zu verlassen, denn der Mensch war desöfteren im Kreis umhergeirrt, und es war mir immer wieder gelungen, die Spur aufzunehmen.

Kurz nachdem er hier getrunken hatte, mußte er sich einen Platz zum Rasten gesucht haben, denn die Erschöpfung zwang ihn einfach zur Ruhe.

Seine nächtliche Rast eingerechnet dürften wir nicht mehr als drei oder vier Wegstunden hinter ihm sein.

„Wir sind ihm nur wenig näher gekommen“, sagte ich. „Er ist schnell und ausdauernd. Und er scheint den Wald wie seinen Brustbeutel zu kennen. Er ist uns immer ein Stück voraus.“

Laurealka nahm mir jedes Wort ab. Ich konnte überzeugend sein, wenn ich wollte. Außerdem hatte sie keine Ahnung vom Spurenlesen, denn sonst hätte sie es bemerkt, wenn wir die deutlich zu erkennende Spur, die kreuz und quer durch den Wald führte, verlassen hatten. Der Mensch mußte völlig orientierungslos sein, um nicht zu sagen ein Trottel.

Konnte so ein Trottel ein Mörder sein? Aber diesen Gedanken verdrängte ich so schnell als möglich, denn um einen Pfeil in den Körper eines Kindes zu jagen, benötigte man keinen klaren Verstand.

Doch Laurealka wollte ich in dem Glauben lassen, daß ein kaltblütiger, gewandter Meuchler vor uns floh, der genau wußte, was er tat. Sie war ja solch ein zartfühlendes Pflänzchen, daß sie bestimmt Mitleid mit einem in offensichtlicher Panik Fliehenden empfinden und sich wahrscheinlich schützend vor ihn werfen würde, wenn ich den Stahl in seinen Körper rammte, nachdem er lang genug gelitten hatte. Und ich würde diesem Sohn einer Ratte und eines Strauchdiebs einiges antun, bevor ich ihm die Gnade zuteil werden ließ, mein Schwert im Körper zu fühlen und ihn zu seinen Göttern zu schicken, wer immer sie auch waren.

„Weiter!“ kommandierte ich. „Wenn wir ihn einholen wollen, müssen wir vorankommen.“

„Kriegen wir ihn?“ fragte Laurealka hinter mir. Brav folgte sie mir, und dabei bewegte sie sich ebenso leise und unauffällig wie ich selbst. Sie hinterließ keine überflüssige Spur und lenkte ihre Schritte so gekonnt, wie es Elben offensichtlich zu eigen war.

„Sicher stellen wir den Bastard einer räudigen Hündin, bei den dreibrüstigen Tempelhuren von Erekta! Und dann werden wir ihn töten!“

Ich sah sie zusammenzucken. Daß ‘wir’ ihn töten würden, behagte ihr nicht. Überhaupt war sie sich nicht im Klaren darüber, was sie mit ihrem Drahtstift an der Seite anfangen sollte, aber das würde sich im Kampf hoffentlich ändern.

Wir setzten unseren Weg fort. Aufmerksam las ich die Spuren. Und meine Vermutung war richtig. Der Mensch war mehr getaumelt, denn gerannt und hatte sich in einer Senke ausgeruht. Ich schenkte dieser Mulde keine Beachtung, um Laurealka nicht mit aller Gewalt auf die Schwäche des Mörders zu stoßen, sondern setzte meinen Weg zielstrebig fort. Ich hatte schnell die Stelle gefunden, wo er weitergelaufen war.

In vorgetäuschter Eile führte ich Laurealka an der Mulde vorbei. Wenige Schritte dahinter prüfte ich wieder die Spur.

Er mußte erst kurz vor Sonnenaufgang die Mulde verlassen haben. Wir waren ihm sehr dicht auf den Fersen, nun galt es ihn zu finden. Einen kurzen Moment dachte ich darüber nach. Dann war eine Entscheidung gefallen. Ich würde ihn hetzen. Von jetzt an, würde ich versuchen, ihn einzuholen, und ihn wissen lassen, daß wir ihn jagten. Mein einziges Problem war, daß Laurealka davon nichts mitbekommen durfte, denn auch das würde sie nicht gutheißen. Ich war jedoch zuversichtlich, sie täuschen zu können und über meine wahren Absichten im Unklaren zu lassen.

„Weiter!“, sagte ich. „Aber halte einen größeren Abstand. Es mag sein, daß er einige Fallen für uns aufgestellt hat.“

„Wie weit soll ich zurückbleiben?“

Mich erleichterte, daß sie das ohne jeden Widerspruch hinnahm. Offensichtlich kam es ihr entgegen, wenn ich den Meuchler zuerst sah. Sie mochte wohl hoffen, daß ich ohne Zögern auf ihn stürzte, wenn ich ihn sah und ihn aufgespießt hatte, bevor sie etwas sehen konnte, oder ich sie aufforderte, etwas zu tun, was ihr nicht behagte.

Wir setzten unseren Weg fort. Ich hoffte nur, daß sie schwieg. Jedes laute Geräusch konnte ihn aufschrecken, und das war nicht gut, bevor ich nicht wußte, wo er war.

Prüfend richtete ich bisweilen meinen Blick an den Himmel. Obwohl es noch recht früh am Morgen war, stach die Sonne vom Himmel herab. Die Luft war schon jetzt drückend. Am Nachmittag würde es ein Gewitter geben. Bis dahin mußten wir ihn gefunden haben, denn so ein Unwetter verwischte oft selbst die besten Spuren. Ich beschleunigte meine Schritte...

 

Laurealka

Es würde heiß werden heute, heißer noch als gestern. Die Stimmen der Tiere kündeten mir von einem noch anstehenden Gewitter. Ich verstand zwar nicht viel vom Spurenlesen, doch mir war klar, daß wir bei einem heftigen Gewitterregen seine Spur verlieren konnten. So gut konnte selbst Harantor nicht sein. Das hieß, daß wir eilen mußten.

Wenn er uns wirklich noch so weit voraus war, wie Harantor behauptete, konnte es durchaus sein, daß er uns entkam. Wenn es doch so wäre! Das Gefühl etwas Falsches zu tun, wurde immer stärker in mir.

Kein Tier hätte ich so gejagt, und unser Jagdwild war ein Mensch. Selbst wenn er ein durchtriebener Mörder war, so fühlte er doch Angst und Schmerz, wie jedes meiner geliebten Tiere. War er etwas Schlechteres als sie? Nein. Und ich konnte auch nicht glauben, daß er so durchtrieben war, daß kein Rest Gutes mehr in ihm wohnte.

Wir wußten ja nicht einmal, warum er es getan hatte. Wollte er einen Gewaltakt gegen ihm Fremde richten? Oder waren wir ihm vielleicht doch nicht so fremd. Harantor hatte gesagt, er kenne den Wald gut. Wollte er sich vielleicht für irgendetwas rächen, das den Waldbewohnern, vor denen sich die Menschen, die in Tauredíns Nähe wohnten, fürchteten, nachgesagt wurde?

Ich sah Kalwes zuckende Finger und das viele Blut, das die Erde getrunken hatte. Der Schmerz wühlte wieder in mir. Und dennoch! War das nicht Blut genug? Warum nur hatte dieser junge Mann dies getan? Der Gedanke ließ mir keine Ruhe.

„Harantor“, rief ich meinen Gefährten an.

Wie vom Blitz getroffen drehte er sich um. Seine Augen glommen im Jagdfieber, so schien es mir.

„Schsch!“, fauchte er mich an. „Still jetzt!“ Unwirsch drehte er sich um und strebte voran.

Einen Moment zögerte ich noch, dann beschleunigte ich meine Schritte und legte meine Hand auf Harantors Schulter.

„Ich muß dich etwas fragen!“ sprach ich ihn an.

„Was?“ knurrte er unwillig.

„Nun“, hub ich an. „Ich verstehe einfach nicht wieso. Ich meine, welchen Grund könnte dieser Mann gehabt haben, in unseren Kreis einzubrechen und... und Kalwe...“ Ich stockte. Der Rest des Satzes wollte nicht über meine Lippen kommen.

„Und?“ war die Antwort. Seine Augen funkelten, wie gestern - war es erst gestern gewesen? - auf meinem Flett, als er sein Schwert geschliffen hatte. Eine kalte Hand griff nach meinem Herzen.

Ich hatte Angst. Vor Harantor? Oder vor dem, was er tun würde? Vor dem, was ich tun könnte?

Mein Herz klopfte bis zum Halse. Harantor blickte mich lauernd an.

„Und Kalwe...“, ich schluckte trocken. Meine Stimme war nur noch ein Flüstern. „...zu töten.“ Ich sah den Pfeil in seinem Hals. Meine Beherrschung brach. „Warum?“ fuhr ich ihn an. „Sag mir warum? Ich finde keinen Grund.“

„Wozu brauchst du einen Grund? Viele sterben ohne Grund und Sinn“, brummte er und fingerte an seinem Beutel mit Pfeifenkraut herum. Wollte er sich mit diesen stinkenden Pfeifenkrautrollen um eine Antwort drücken?

„Ich weiß es nicht. Vielleicht nur, weil ich es nicht ertragen kann, daß es keinen Grund gibt. Es kann einfach nicht sein, daß Kalwes Tod keinen Sinn hatte“, und ich fügte in Gedanken noch hinzu: Das wäre das Schlimmste.

„Mädchen, wo hast du gelebt? Überall werden Menschen sinnlos dahingeschlachtet. In deinem Wolkenkuckucksheim hockst du und als Adler fliegst du über die Welt. Aber du bist blind und ohne Blick für die Zustände. Eines Tages liegst du mit einem Pfeil im Rücken da, und dann brauchst du nicht mehr nach dem Grund zu fragen.“

Wütend warf er die halbgedrehte Rolle zu Boden und pflügte sie mit der Ferse unter.

„Glaubst du, das weiß ich nicht? Macht das das Ganze besser? Glaubst du, ich habe noch keinen Menschen getötet...“

„Das muß in einem anderen Leben gewesen sein!“ unterbrach er mich.

Wie recht er hatte, doch ich schwieg.

„Jedenfalls ist es doch so, daß wir diesen Menschen nicht einfach so töten können, ohne zu wissen, warum er es getan hat. Vielleicht...“

„Er hat es aber getan. Er hat ihm kaltblütig einen Pfeil durch die Kehle gejagt.“ Alle Versuche, ihn zu unterbrechen, scheiterten. „Denk an das viele Blut! Denk an Singollo! Denk an Kalwes Vater! Unsere Aufgabe ist es, Rache zu nehmen! Und deshalb bist du mit mir hier!“

„Du begreifst nicht! Um zu entscheiden, ob er den Tod verdient, müssen wir doch den Grund wissen!“

„Man muß keinen Grund haben. Fest steht, er verdient den Tod!“

„Das mag sein. Aber schon Mithrandir hat gesagt, daß viele, die leben, den Tod verdienen. Und manche, die sterben, verdienen das Leben. Kannst du es ihnen geben? Dann sei auch nicht so rasch mit einem Todesurteil bei der Hand.“

„Der Graue ist weit. Seine Weisheit verliert an Gültigkeit. Wir müssen uns schützen.“

„Keine Weisheit verliert je an Gültigkeit“, versetzte ich heftig, aber ich sah ein, daß ihm mit Argumenten nicht beizukommen war. Ich war mit meinen Zweifeln alleine. Harantor konnte oder wollte mir nicht helfen. So war ich nur froh, daß ich dabei war und vielleicht das Schlimmste verhindern konnte. Wenn es mir möglich war. So hatte mein Beisein wenigstens einen guten Grund erfahren.

Harantor erwiderte nichts mehr. Er drehte sich unwirsch um und setzte verbissen seinen Weg fort.

„Bleib auf Abstand!“ wies er mich nur an, ohne mir dabei jedoch einen Blick zu gönnen.

 

Harantor

Sture Maulesel und Frauen sollte man in einen Sack stecken und mit dem Knüppel draufschlagen. Man konnte nichts falsches treffen. Diese Frau konnte oder wollte nicht begreifen. Die Höhenluft hatte ihren Geist verwirrt. Es hieß, daß in großer Höhe Rauschzustände auftraten. Bei Laurealka mußten das Dauerzustände geworden sein.

Sie konnte doch nicht derartig dämlich sein!

Ich folgte der trotz des sinnlosen Geredes noch frischen Spur des Menschen. Ich drehte mich nicht um, um zu sehen, ob mir Laurealka folgte. Wahrscheinlich hing sie Gedanken von hohen moralischen Ansprüchen nach. Irgendwann würde sie von diesem hohen Roß herunter müssen und dann würde der Katzenjammer groß sein. Wahrscheinlich würde sie dann nach mir oder einem anderen rufen, der ihre Fehler wieder ausbügeln mußte.

‘Frauen, pah!’ Nichts als Ärger und Unglück waren mit ihnen verbunden. Sie schwafelten ständig von Frieden, Glück und Zufriedenheit und ließen uns Männer dann die Drecksarbeit machen.

Ich fragte mich langsam, ob es nicht doch ein Fehler gewesen war, Laurealka mitzuschleppen. Sie würde noch reden wollen und Fragen stellen, wenn ich mit dem Menschen die Klingen kreuzte, und gleichzeitig würde sie vermutlich versuchen, uns von unserem Tun abzuhalten.

Bei den blutigen Höllen, was hatte ich nur getan! Doch nun mußte ich mit der Gewitterziege zurecht kommen, ob ich wollte oder nicht. Ließ ich sie hier zurück, würde sie vermutlich alle Krähen des Waldes rebellisch machen, mich zu finden.

Es wurde unsäglich heiß. Ich fingerte nach dem Weinschlauch und nahm einen tiefen Zug. Oh, war das Zeug warm. Es schmeckte wie Bullenpisse, aber es war flüssig.

Ich spülte mir nochmal den Mund aus, verschloß den Weinschlauch und ließ ihn einfach auf dem Weg liegen. Sollte Laurealka Durst haben, so würde sie ihn schon aufnehmen. Ich wollte ihr im Moment nicht gegenüberstehen, weil dann wieder diese sinnlosen Diskussionen beginnen würden, außerdem hoffte ich dadurch zu erfahren, wie weit sie sich hinter mir hielt.

Ich hörte unterdrücktes, resignierendes Gemurmel hinter mir. Laurealka mußte den Weinschlauch erreicht haben, was bedeutete, daß sie fast dreißig Schritt hinter mir war. Genügend Abstand, wie ich hoffte.

Die Spur, der ich folgte, wurde immer frischer. Immer öfter hielt der Mann an, wohl um sich Klarheit über seinen Standort zu verschaffen oder zu verschnaufen. Menschen hatten eben doch nicht die Ausdauer, die wir Elben hatten. Diesen Vorteil galt es weidlich auszunutzen.

Ich verfiel in einen leichten Trab, denn die Schwüle nahm zu und die Sonne hatte mittlerweile ihren höchsten Stand überschritten. Ihre Strahlen brannten, so sie das Blätterdach des Waldes durchdringen konnten. Die Luft unter den Bäumen war drückend und schwül.

Als wir eine Lichtung überquerten, sah ich, wie sich im Westen die ersten Gewitterwolken sammelten. Bei Sonnenuntergang mochten sie niedergehen.

Diese Aussicht trieb mich zur Eile an. Ein unwilliges Quieken hinter mir, beeindruckte mich in keiner Weise. Die Zeit des Handelns rückte näher. Immer näher kam ich dem Meuchler des kleinen Kalwe. Sollten wir ihn stellen, würde ich Laurealka dieses Bild nochmal ins Gedächtnis rufen.

Aber das waren noch ungelegte Eier. Ich hetzte nun fast durch den Tauredín, es ging einen Hügel hinauf.

Da sah ich ihn!

Eine in eine zerfetzte, graue Tunika gehüllte Gestalt mit langen Haaren hetzte in einiger Entfernung vor mir her. Kurz sah ich mich um. Laurealka war noch am Fuß des Hügels, also weit genug entfernt.

Ich blieb stehen, so daß ich gut zu sehen war. In diesem Moment sah er sich um. Er mußte mich ganz einfach sehen.

Und tatsächlich. Er erblickte mich. In panischer Furcht rannte er nach rechts die Senke zwischen meinem und dem nächsten Hügel entlang.

Nun war die Jagd eröffnet. Ich würde ihn hetzen, bis er reif war und die Panik ihn dazu trieb, mich anzugreifen, so daß ich ihn in Selbstverteidigung erschlagen konnte, wogegen selbst Laurealka nichts haben konnte.

Ich war zufrieden und setzte mich in Bewegung...

 

Alessan

Sie verfolgten mich!

Meine schlimmsten Befürchtungen hatten sich bestätigt. Wie hatte ich denken können, sie nähmen davon Abstand. Wie hatte ich nur so verblendet sein können?

Meine Beine schmerzten bei jedem Schritt. Ich war so müde, so unsäglich müde. Zu lange hatte ich diese Nacht geschlafen und doch viel zu kurz, um diese Hatz durchstehen zu können.

Schon am Vormittag hatte ich den Eindruck gehabt, jemand folge mir. Ich glaubte Stimmen zu hören. Eine männliche und eine weibliche, weit entfernt. Sie schienen sich zu streiten. Seitdem war ich gerannt. Die Angst trieb mich.

Bei allen Göttern! Könnte ich nur rückgängig machen, was geschehen war. Wieviel würde ich darum geben!

Der Boden unter meinen Füßen gab nach. Ich stürzte und fühlte den Schmerz in meinen Knien und den Händen. Einen Moment war ich versucht, liegen zu bleiben, wollte den Schmerz in den Beinen beenden, der Hatz ein Ende setzen und das, was kommen mochte, erwarten.

Die Sonne brannte auf mich nieder, saugte das letzte Restchen Kraft aus mir heraus. Mein Magen schmerzte vor Hunger. Ich konnte nicht weiter. Ich wollte nicht weiter. Sollten sie mich doch töten. Es war mir gleich!

Da sah ich ihn wieder. Er war ein Riese von Gestalt. Sein Haar blitzte hell in der Sonne. Ich sah die zwei Schwerter an seiner Seite. Überdeutlich prägten sie sich mir ein. Und ich sah seinen Blick. Darin stand Tod.

Ein grausamer Tod.

Er blieb einen Augenblick stehen, als wolle er mir Gelegenheit geben, wieder aufzustehen.

Oh, ich verstehe! Quälen willst du mich. Doch noch bin ich nicht am Ende. Noch kann ich laufen!

Ich raffte mich auf, zwang einen Fuß vor den anderen. Immer wieder. Irgendwie schaffte ich den nächsten Hügel. Er kam mir vor wie ein unüberwindlicher Berg.

Doch so einfach kriegst du mich nicht! So leicht mache ich es dir nicht! Noch bin ich nicht am Ende!

Weiter, hämmerte es in meinem Kopf bei jedem Schritt. Weiter! Mochten meine Muskeln auch noch so jammern vor Anstrengung, ich trieb meinen Körper vorwärts. Und irgendwo in meinem Unterbewußtsein wunderte ich mich, wieso sie nicht müde wurden. Weshalb konnten sie mir noch so leichtfüßig folgen? Wurden sie nie müde? Waren sie Dämonen?

Schweiß troff in meine Augen und vernebelte mir die Sicht. Die Schatten wurden länger oder wurde es Nacht am hellen Tag?

Meine Beine schienen weich wie Fett an der Sonne. Der Boden kam mir entgegen. Hart schlug ich auf. Schmerzende Rippen, als ich den Hügel auf der anderen Seite hinabrollte. Fast hätte ich mir mein eigenes Schwert in die Seite gerammt. Den Bogen hatte ich schon lange weggeworfen. Ich warf einen Blick den Hügel hinauf. Fühlte ihn mehr, als daß ich ihn sah, dort oben stehen. Er schien zu lachen, mich zu verspotten.

„Nein“, wollte ich ihm zurufen, doch nur ein Krächzen kam über meine Lippen, fast wie ein Schluchzen klang es selbst für meine Ohren. Nein! Noch gab ich nicht auf! Noch einmal quälte ich mich hoch.

Ich taumelte weiter, suchte Halt bei den Bäumen. Wie gierige Finger schienen ihre Äste nach mir zu greifen, mich aufhalten zu wollen, mich meinen Verfolgern zuzuspielen.

Was gäbe ich für einen Augenblick Rast!

Die Schatten verdunkelten meine Sicht. Der Schweiß brannte in meinen Augen, verwischte die Konturen. Oder waren es Tränen? Wind fuhr in die Bäume, bewegte sie wie von Geisterhand. Das Rauschen der Sturmböen vermischte sich mit dem Pochen des Blutes in meinen Ohren.

Regen! Er konnte meine Spur verwischen. Der Gedanke gab mir nochmals Auftrieb. Neue Kraft belebte mich, wenn auch nur für kurze Zeit. Und siehe, meine Verfolger fielen zurück.

Ich rannte wieder. Die Böen trafen mich, kühlten mich ab. Ich vergaß den Schmerz in meiner ausgedörrten Kehle und meinen stolpernden Beinen. Hetzte. Schemen gleich bogen sich die Bäume um mich. Ein erster Blitz erhellte bleich und geisterhaft den Wald. Donner grollte im Moment noch weit entfernt.

Ein weiterer Blitz folgte, fror die Gestalten, die mich umgaben, in ihrer Bewegung ein. Ich sah seinen lauernden Blick, der mich verfolgte, vor mir auftauchte, wieder und wieder. Immer einen Schritt voraus.

Und ich fühlte neue Empfindungen in mir aufsteigen. Haß. Haß und Wut. Sie hielten mich aufrecht. Wenigstens noch für kurze Zeit. Hoffentlich lange genug, um ihnen zu entkommen.

 

Laurealka

Was trieb Harantor für ein Spiel? Erst verhielt er, dann rannte er wieder wie von Furien gehetzt voran. Dabei immer darum bemüht, mich auf Abstand zu halten. Ich hatte das unbestimmte Gefühl, daß er mich zum Narren hielt. Wollte er mich für dumm verkaufen?

Ich beschleunigte meine Schritte. Ich wollte jetzt wissen, was sich da vorne abspielte. Hatte ich mich bis jetzt auch zurückgehalten, um ihn nicht unnötig zu verärgern, schien es mir jetzt an der Zeit, für Klarheit zu sorgen. Ich holte auf.

„Was soll das?“ fuhr ich ihn an.

Ein Blitz erhellte den Wald.

„Verdammt! Halt mich nicht auf! Sonst verlieren wir ihn noch!“ brüllte er mir über dem Donner entgegen.

Ich fühlte, daß er versuchte, mir den Blick zu versperren, und drängte mich an ihm vorbei.

Da sah ich die schemenhafte Gestalt!

Also doch! Ich hatte es schon längere Zeit geahnt. So nah waren wir dem Mann also schon. Wahrscheinlich schon recht lange. Er spielte mit ihm, wie mit einem Tier, das er versuchte, in die Enge zu treiben.

Ich drehte mich um, nagelte Harantor fest mit einem zornigen Blick. Mir fehlten die Worte. Verachtung machte sich in mir breit.

„Barbar!“

Zu mehr, war ich nicht fähig. Er winkte nur unwillig ab und verschwand wieder im Unterholz.

Oh ja, dich interessiert meine Meinung nicht, dachte ich erbost. Wahrscheinlich bin ich nur ein überflüssiges Anhängsel für dich. Bereust du es inzwischen schon, daß du mich mitgenommen hast? Glaube mir, du wirst es noch mehr bereuen, bis dieser Tag zu Ende ist. So einfach mache ich es dir nicht!

Ich hatte ihn durchschaut. Er wollte sein blutiges Spiel treiben. Eine Menschenjagd war wahrscheinlich das, was ihm Spaß machte. Barbar, der er war.

‘Doch als du mich dazu gezwungen hast, dein blutiges Spiel mitzumachen, hast du wahrscheinlich einen Fehler gemacht. Glaube mir, ich werde alles tun, um dir einen Strich durch diese grausame Rechnung zu machen.’

Das hatte Kalwe nicht verdient, daß sein Tod Anlaß zu solch einem dreckigen Spiel wurde.

Voll Grimm rannte ich Harantor nach.

 

Harantor

Ich hatte wirklich nicht die Lust, mir Laurealkas Vorwürfe anzuhören. Der Meuchler war in greifbare Nähe gerückt. Ich hatte ihn bald soweit, daß er mich angreifen würde.

Blitze zuckten über den fast nachtschwarzen Himmel, ein mörderisches Krachen folgte auf dem Fuß. Ich rannte durch das Unterholz.

Noch hatte der Regen nicht eingesetzt, aber der Wind nahm zu. Erste Böen peitschten die Äste, der Regen war nah.

Ich konnte den Meuchler vor mir erkennen. Er hastete blindlings vorwärts, sah sich gehetzt über die linke Schulter, aber mich konnte er nicht sehen. Ich befand mich zu weit rechts. Näher und näher kam ich ihm.

Laurealka rief hinter mir meinen Namen. Ihre Stimme klang hoch und schrill. Sie überschlug sich fast. Warum hatte ich sie bloß mitgenommen? Ich hätte losziehen und den Kopf des Mörders auf ihr Flett schmeißen sollen, das hätte weniger Umstände gemacht. Dieses Geschwafel von Moral konnte einen zum Kotzen bringen. Der Mörder hatte nicht lange gefackelt, sondern seinen Pfeil abgeschossen. Dafür mußte er bluten, Tod mußte mit Tod vergolten werden. Ich haßte mich für meinen Plan, Laurealka die Realität zu zeigen.

Ich hatte bis auf zwanzig Schritt zu dem Menschen aufgeschlossen. Wenn er jetzt über seine rechte Schulter blickte, mußte er mich unbedingt sehen. Weit hinter uns schrie Laurealka. Sie würde gerade noch rechtzeitig kommen, wenn ich dem Mörder die Ohren abschnitt oder ihn mit drei Fuß solidem Stahl durchbohrte.

„Harantor, wo bist du!“ tönte es wieder hinter mir.

Das mußte auch der Fliehende gehört haben. Er drehte sich um und sah mich. Ich konnte ihm ins Gesicht sehen. Da war nur noch Panik, und ich beschloß seine Qualen zu steigern. Ich verschwand rechts in einem Buschwerk, so daß ich mich seinen Blicken entziehen konnte.

„Wer bist du?“ rief der Mensch gegen den Sturm an.

Der Wind nahm weiter zu. Blitze in großer Zahl und das Krachen des Donners sorgten dafür, daß eine ganz eigene Atmosphäre entstand.

„Ich bin dein Schicksal!“ lachte ich, und es klang selbst für mich gespenstisch. Unweit von uns schlug ein Blitz ein, und der gleich darauf folgende Donner war wie das Echo auf mein Lachen. Dem Meuchler mußten die Ohren klingen.

Es mochte ihm erscheinen, als wäre ich ein Dämon. Schnell und geduckt lief ich in der Deckung der Büsche soweit, daß ich auf fünf Schritt an ihn herankam und nun vor ihm war. Jetzt hatte ich den Bastard, und bald würde er vor meiner Klinge tanzen und das Gewitter würde die Melodie dazu sein...

 

Alessan

Wo war dieser Hund? Ich wußte, daß er in meiner Nähe war. Vorbei, alles vorbei. Flüchten half nichts mehr. Meine Beine und meine Lungen schmerzten von der langen Flucht. Er wollte mich quälen, mit mir spielen. Das begriff ich jetzt. Hielt er sich für so überlegen?

Die Wut stieg in mir hoch wie saure Galle. Mochte er mir auch noch so furchterregend vorkommen und mir turmhoch überlegen sein, so ließ ich nicht mit mir umspringen. Es war Zeit, sich zu stellen.

„Wo bist du? Zeig dich, verdammt nochmal!“ Der Wind riß mir die Worte vom Mund.

Ich drehte mich langsam im Kreis, die Klinge in Vorhalte. Busch für Busch nahm ich in Augenschein. Die immer schneller niederzuckenden Blitze zeichneten verzerrte Schattenschnitte in den Wald. Überall schien es bewegende Gestalten zu geben, die sich auf mich zu schlichen. Blitz und Donner folgten jetzt dicht aufeinander.

„Was ist? Ich dachte, du willst mein Schicksal sein. Hast du Angst bekommen?“

Ich schrie an gegen Donner und Sturm. Es war mir egal, wie diese Begegnung enden würde. Mochte das Ende auch mein Tod sein, der Abgang war würdig. Blitz und Donner würden das Ganze untermalen.

Nun, wo es soweit war, fühlte ich mich leicht. Die Müdigkeit schien verflogen mit dem Sturm. Ich spürte das Blut in meinen Adern. Einzelheiten stürmten auf mich ein. Äste, die brachen. Das Haar, das in mein Gesicht peitschte. Der salzige Geschmack des Schweißes auf meinen Lippen. Die Intensität der Eindrücke machte mich schwindeln.

Ich fühlte mich stark. Er konnte ein Dämon sein, doch ich würde es ihm zumindest nicht einfach machen, mich zu töten. Denn mit wasserheller Klarheit wußte ich in einem Winkel meines Seins, daß ich nicht gewinnen konnte, doch das war mir egal.

Hauptsache, ich verreckte nicht wie ein Karnickel in einer Falle oder wie eine Ratte in ihrem Versteck.

Wenn ich schon sterben mußte, dann im Kampf. Wenn ich nur ein einziges Mal die Klinge mit ihm kreuzen, sein Blut sehen konnte. Das würde mir genügen.

Ich wollte nur nicht von hinten abgestochen werden wie ein Tier. Wollte nicht, daß er mit mir spielte wie mit einer räudigen Ratte im Käfig. Die Wut verlieh mir ungeahnte Reserven.

„Zeig dich, du räudiger Bastard. Feigling! Kreuz deine Klinge mit mir. Worauf wartest du?“

 

Harantor

Ich beobachtete ihn, wie er mit dem Schwert herumfuchtelte. Ich befand mich keine fünf Schritte vor ihm, und er fand mich nicht. Es war schon fast lächerlich. Er erinnerte mich an einen Ganter, der mit viel Imponiergehabe herumstolzierte, und laut war.

Ich lächelte. Langsam zog ich Benngur aus der Scheide, er würde seinem Namen alle Ehre machen.

Langsam und ohne Hast trat ich aus meiner Deckung hervor. Der böige Wind trug Wortfetzen heran, die Laurealka irgendwo ausstieß. Der Meuchler drehte sich um und sah mich.

Ich lachte laut auf. In diesem Moment begann es zu regnen. Dicke Tropfen brachen durch das Blätterdach und trafen uns. Er zuckte zusammen.

Er zögerte nur einen Lidschlag. Dann ging er auf mich los. Ungestüm hob er die Klinge und schlug zu. Mühelos parierte ich den Hieb. Hell schlugen die Klingen aufeinander.

Ich ließ ihn erneut kommen. Wieder kam seine Klinge von oben, und erneut stoppte der Benngur den Schlag. Ich nutzte die Gelegenheit und konterte. Nur unter größten Mühen wehrte der Fremde meinen Schlag ab. Ich setzte nach und trieb ihn mit wuchtigen Hieben vor mir her. Er hatte keine Möglichkeit daran zu denken, mich anzugreifen. Meine Schläge fielen hageldicht. Er stolperte rückwärts und fiel auf den Rücken. Augenblicklich hielt ich inne und wich drei Schritte zurück.

„Komm hoch, Kindermörder!“

„Dämon, ich werde dich in die Hölle schicken, wo du hingehörst!“ schrie er zurück, doch ich schmunzelte nur. Seine Stimme klang alles andere als fest. Sie überschlug sich vor Trotz.

„Kleiner, ich werde dich das fürchten lehren. Komm hoch und versuche zu kämpfen. Ich werde dir zwei Lehren erteilen die erste und die letzte.“ Und noch während ich meine letzten Worte sprach, griff er mich an. Ich wehrte seine Hiebe ab und sprach zu Ende.

Von nun an spielte ich mit ihm. Immer wieder versuchte er seinen von der Wut und von der Selbstüberschätzung getriebenen Kampfeswillen in Hiebe umzusetzen, aber oft brachte ihm gerade das fast den Tod.

Ich ließ ihm bei jeden seiner Hiebe spüren, daß jeder meiner Gegenstöße den Tod bedeuten konnte. Immer wieder fand meine Klinge den Weg in sein Fleisch. Er blutete aus zahllosen kleinen Wunden, als er nochmals alle Wut zusammen nahm und auf mich zustürzte, doch ich fing seine Klinge ab. Er war auf Armeslänge heran und mit der Linken gab ich ihm eine Ohrfeige.

Er wich zurück. In seinem Gesicht loderte nicht nur mehr Zorn und verletzter Stolz, ich glaubte die Furcht in ihm aufkeimen zu sehen. Er hätte schon fast ein dutzend Mal tot sein können.

Ganz langsam zog ich Stich, meine zweite Klinge, dabei grinste ich ihn an.

„Komm, Kindermörder, hol dir deine Belohnung. Von mir erhälst du sie. Es ist“, ich zog den Moment genußvoll in die Länge“, der Tod...“

Er starrte mich aus großen, weiten Augen an, die Lippen zornig aufeinandergepreßt. Sein Kinn zitterte. Nun war der Moment gekommen, ihn in Todesangst zu versetzen.

Diesmal war ich es, der angriff. Meine beiden Klingen woben einen Vorhang aus Stahl, der für den Menschen nicht mehr zu durchdringen war. Seine schmächtige Gestalt wurde von der Wucht meiner Hiebe durchgeschüttelt.

Seine Augen glommen in Todeserwartung. Nur noch reflexartig wehrte er meine Hiebe ab. Er blutete jetzt stärker, doch noch war keine Wunde wirklich schwerwiegend.

Ich lachte hell auf und sang ein altes Kampflied. Der Wind riß es mir von den Lippen. Ich lachte immer wieder, und das alles ließ ihn zusammenbrechen.

Er weinte hemmungslos, seine Arme hingen kraftlos herab. Ich hatte ihn zu sehr zermürbt. Es war nicht meine Art, einen Wehrlosen zu erschlagen. Ich senkte den Benngur, steckte Stich in die Scheide und beugte mich über ihn.

Ich würde ihn mitnehmen. Sollten die Elben in Laurínamardi sein Schicksal bestimmen.

„Komm hoch!“

Ich wollte ihn hochziehen, als mich plötzlich ein Schlag am Kopf traf, und es Nacht um mich wurde.

Das Schwert entglitt meiner kraftlosen Hand...

 

Laurealka

Ich hielt den Stein in meinen zitternden Händen. Verwirrt blickte ich auf Harantors erschlaffte Gestalt zu meinen Füßen.

Welcher Dämon hatte mich geritten?

Polternd fiel der Stein zu Boden. Ich hatte die Gestalten gesehen: Harantor, wie er sich über den Zusammengesunkenen beugte und ihn am Kragen hochzog. Er hatte ihn töten wollen. Sicherlich!

Ich starrte den weinenden Jüngling an und wußte eigentlich nicht so recht, was ich tun sollte.

Ich tat einen Schritt auf ihn zu, wollte etwas sagen, doch er zuckte zusammen wie ein verwundetes Mendil und schreckte hoch. Er keuchte und hob langsam sein Schwert.

Reflexartig schoß meine Hand nach Helkehwestas Griff und zog es halb aus der Scheide.

Sein Schwert sauste herab, mühsam, als koste es ihn seine letzte Kraft. Ohne Mühe konnte ich ausweichen und riß Helkehwesta aus der Scheide. Ich sah die Angst in seinen Augen. Es lief alles falsch. Ich wollte ihm zur Flucht verhelfen, nicht ihn angreifen, doch ich hatte nicht mit seiner Furcht gerechnet. Er mußte meine Reaktion mißverstehen.

Er griff mich wieder an. Ich parierte.

„Nicht“, rief ich ihm zu.

Die einzige Reaktion war eine erneuter Hieb.

„Ich will dir nichts tun. Geh. Lauf. Ich werde ihn aufhalten!“ Und in Gedanken fügte ich hinzu: ‘Dummer Junge.’

Ich sah Leben in sein Gesicht zurückkehren. Etwas wie Zorn glomm in seinen Augen auf.

„Damit ihr mich nochmal demütigen könnt?“ Trotzig klangen seine Worte, und erneut griff er mich an. Er deckte mich mit einer Serie von unkontrollierten Schlägen ein. In seinem Kindergesicht zuckte es.

Fast schien es mir, als wolle er wieder zu weinen anfangen. Ob aus Zorn oder verletztem Stolz war mir nicht so ganz klar.

Ich kämpfte rein defensiv, versuchte nur, ihn mir vom Leibe zu halten. Es war leicht, denn er war völlig erschöpft. Der pure Wille hielt ihn noch aufrecht.

„Geh endlich! Dummkopf!“ rief ich ihm zu.

Ich wich zurück, versuchte ihm Raum zu schaffen, um die Waffe zu senken. Im Rückwärtsgehen glitt ich auf dem aufgeweichten Boden aus und strauchelte.

Er sprang vor, seine Klinge auf mich gerichtet. Instinktiv riß ich Helkehwesta hoch, um den Schlag abzuwehren, doch es kam alles ganz anders.

Er hatte zuviel Schwung und verfehlte mich um Haaresbreite. Tief bohrte sich meine Klinge in seine linke Seite, während die seine in den Erdboden fuhr. Er fiel auf mich, und wir schlugen schwer zu Boden. Einen Herzschlag lang blickten wir uns an, unsere Gesichter berührten sich fast. Ich fühlte seinen Atem auf meiner Wange und sah den Schmerz in seinen Augen.

Vor meinem Blick tanzten Nebelfetzen. Er nutzte diesen Moment, um getrieben von seinen letzten Kraftreserven, sich wieder zu erheben. Die Klinge glitt aus seinem Körper.

Er hob sein Schwert. Es mußte ihm unendliche Mühe kosten. Und ich sah dem Tod ins Auge...

 

Alessan

Höllische Schmerzen pulsierten durch meinen Körper. Ich kämpfte die Benommenheit nieder, hob das Schwert. Noch nie hatte mich jemand so grausam gedemütigt. Alles hätte ich ertragen, nur nicht diese erniedrigende Hetzjagd. Aber ich würde mich rächen, bevor ich starb. Eine von diesen Kreaturen würde ich mitnehmen ins Totenreich.

Auch ich kann bei eurem grausamen Spiel mitmachen!

Ich spannte meine Muskeln für den tödlichen Hieb.

Plötzlich fühlte ich mich wie von einer Titanenfaust von den Füßen gerissen. Jemand warf mich mit meiner verletzten Seite gegen einen Baum. Eine neue Schmerzwelle durchschoß mich, rote Schleier tanzten vor meinen Augen. Meine Muskeln erschlafften.. Ich konnte das Schwert nicht mehr halten, es wurde mir aus der Hand geprellt.

Schmerzerfüllt schrie ich auf, meine Beine gaben unter mir nach. Und noch bevor ich mich wieder erholen konnte, traf mich ein Schlag wie ein Schmiedehammer am Kinn und schleuderte mich fort. Ich taumelte und keuchte vor Schmerzen. Ich versuchte, Halt zu finden. Wie einen Schemen sah ich den Dämon, der mir mit erhobenen Fäusten folgte. Überdeutlich und klar sah ich in sein versteinertes Gesicht. Ich konnte nichts in ihm lesen. Es war emotionslos und leer, und doch wußte ich, daß er mir den Tod bringen würde.

Ich glaubte ein Grunzen zu vernehmen, als er wieder nach mir griff und mich zu sich heranzog. Ich sah seine Faust, die auf mein Gesicht zuschoß und senkte im letzten Augenblick den Kopf. Der Schlag hätte mein Nasenbein zerschmettert, so wurde ich nur am Auge getroffen. Ich fühlte wie die Haut platzte. Blut rann über mein Gesicht, nahm mir die Sicht. Er schleuderte mich von sich. Glutspeere jagten durch meine Seite, als ich zu Boden stürzte.

Ich hörte mich stöhnen, versuchte aufzustehen, aber es ging nicht. Erneut fühlte ich mich gepackt, trotz der Schmerzen unternahm ich einen letzten Versuch mich zu wehren, aber noch bevor ich meine Hände erheben konnte, traf mich die Faust des Dämons in den Magen.

„Kinder mit dem Pfeil erschießen, Frauen mit dem Schwert erstechen! Sohn einer räudigen Hündin!“

Glühende Pfeile durchstachen meinen Körper. Rote Schleier nahmen mir die Sicht. Der Boden kam auf mich zu. Keuchend rang ich nach Luft. Dann kam mir die Galle hoch. Ich würgte. Die Schmerzen raubten mir fast die Sinne. Ich sah den Tod vor mir, doch es erfüllte mich mit Erleichterung. Das war besser, als die Erniedrigungen ertragen zu müssen..

‘Mach ein Ende, Dämon’ durchschoß es mich.

Gleich darauf traf mich sein Knie am Kinn, schleuderte meinen Kopf in den Nacken.

Gnädig umfingen mich die Nebel der Bewußtlosigkeit...

 

Harantor

Bewußtlos lag der junge Meuchler vor meinen Füßen. Noch atmete er, aber wohl nicht mehr lange. Laurealka hatte ihn dem Tod ein gutes Stück näher gebracht, wie ich gesehen hatte.

Ich wandte mich der am Boden liegenden zu. Der Regen und das Blut aus meiner Kopfwunde liefen mir den Rücken hinab.

„Steh auf, damit ich dich übers Knie legen kann, dumme Gans!“ herrschte ich sie an.

Sie erhob sich, aber sie reagierte nicht, sondern wollte sich dem am Boden liegenden zuwenden.

Ich packte sie am Arm, ließ sie nicht vorbei.

„Hör zu!“ begann ich. „Warum schlägst du mir den Schädel ein, wenn ich dem Mann aufhelfe, um ihn nach Laurínamardi zu bringen. Bist du denn von aller Vernunft verlassen, blödes Huhn!“

„Bei Iluvátar, das wollte ich nicht!“

Sie schien überhaupt nicht zu hören, was ich ihr gesagt hatte, aber so kam sie mir nicht davon.

Ich versetzte ihr ein paar Ohrfeigen. Ihr Blick klärte sich. Sie sah mich an.

„Warum schlägst du dusselige Kuh mir den Schädel ein, wenn der Kampf vorbei ist, und ich ihn den Eldar in Laurínamardi übergeben will? Übers Knie legen sollte ich dich und dir Vernunft einprügeln. Ich habe noch nie wehrlose Gegner getötet!“

Sie weinte lautlos. Ich schüttelte sie.

„Es tut mir leid, es tut mir so leid. Ich dachte du wolltest ihn töten.“

Wortlos wandte ich mich ab. Das war eine Demütigung, die ich nicht ertragen konnte. Ich sammelte meine Schwerter ein und ging. Der Regen wusch meine Tränen der Wut und Enttäuschung fort.

Sollte sie sehen, wie sie zurecht kam...

 

Laurealka

Langsam glitt ich zu Boden.

Der Regen lief über mein Gesicht, und der Schlamm rann durch meine Finger, als ich mich hilflos abstützte.

„Harantor“, rief ich ihm nach, doch er drehte sich nicht um. „Komm zurück. Bitte!“

„Such dir einen anderen Dummen!“ war seine einzige Antwort. „Erst nach Blut schreien...“

Wie in Trance kroch ich auf den Verletzten zu. Er atmete kaum noch. Er würde sterben. Der Tod lauerte schon in seinem Nacken. Und selbst wenn ich ihm jetzt Lebenskraft zurückgab, so würde er trotzdem sterben, da ich ihn nicht alleine nach Laurínamardi schaffen konnte.

Alles hatte ich falsch gemacht, so schien es mir. Dabei wollte ich nur helfen. Der Schmerz lähmte mich.

Doch auf einmal durchfuhr mich wilde Kraft. Ich riß mich zusammen. Mit Selbstmitleid half ich niemandem. Ich überwand meinen Stolz.

„Harantor!“ schrie, nein brüllte ich aus Leibeskräften in den rauschenden Regen. „Hilf mir! Nur du allein kannst alles noch zum Guten wenden. Wenn dir irgendetwas an mir liegt, dann komm zurück und hilf mir. - Ich brauche dich!“

Ich hielt inne und holte Luft.

„Es tut mir leid. Hörst du? Es tut mir leid. Das ist alles, was ich sagen kann. Doch wenn du nicht zurückkehrst, wird der Mann sterben, und alles war umsonst. Was wird Elrod sagen?“

Mein letzter Pfeil war verschossen. Nun konnte ich nur noch hoffen und versuchen, den Jungen am Leben zu halten, bis er kam.

‘Wenn er kommt’, dachte ich bitter. Doch mehr konnte ich im Moment nicht tun, sonst war alles zu spät.

Sachte legte ich meine Hand auf die Brust des Verwundeten. Blut sammelte sich unter seiner linken Seite, floß mit dem strömenden Regen davon. Das schwarze Haar klebte in seinem kalkweißem Gesicht, und sein Atem ging nur noch flach und stoßweise. Das Herz schlug holprig und kraftlos. Die Zeit war knapp, doch ich mußte es versuchen, egal wieviel Kraft es mich kosten würde. Ich würde es mir nie verzeihen, wenn ich es nicht tat.

Ich konzentrierte mich. Ich griff in mein Innerstes und suchte das Zentrum meiner Kraft. Suchte tiefer. Das Wesen des Lebens.

‘Anahero, Valar des Lebens, hilf mir.’

Und die Worte formten sich in meinem Bewußtsein, sammelten sich auf meinen Lippen, strömten hervor in einem warmen, weichen Strom, um wieder vergessen zu werden. Worte voller Leben.

"Laß mich Leben geben, um Leben zu retten. Laß mich einen Teil meiner Kraft geben, um dieses Leben zu retten.“

Ein Moment heller Klarheit durchströmte mich, hüllte mich ein in waberndes Kribbeln. Leben selbst. Es durchfloß mich, sprang über meine Hände in den fremden Körper. Es verband mich mit ihm in einem Band von Energie, schlug in einer Welle über uns zusammen und verebbte.

Schwarze Schleier tanzten vor meinen Augen. Voller Panik suchte ich nach seinem Herzschlag. Er konnte nicht tot sein. Die Anstrengung drohte mich zu übermannen. Da endlich fand ich, was ich suchte, ein sachtes Lebenszeichen.

Ich lächelte unmerklich. Ich hatte es geschafft.

‘Harantor, enttäusche mich jetzt nicht’, waren meine letzten Gedanken, bevor die schwarzen Nebel mein Bewußtsein verhüllten.

 

Harantor

Was bildet sich diese alte Eule ein?

Sie stand immer so weit über den Dingen, daß die Realität sie immer wieder lähmte.

In mich hineinfluchend ging ich langsam den Weg zurück. Sollte sie doch sehen, wie sie mit ihren Schwierigkeiten fertig werden würde. Mich ging das nichts mehr an.

„Harantor!“ hörte ich ihr Schreien. „Hilf mir! Nur du allein kannst alles noch zum Guten wenden. Wenn dir irgendetwas an mir liegt, dann komm zurück und hilf mir. - Ich brauche dich!“

Ein fernes Donnern des davonziehenden Gewitters verklang, und wie zur Antwort rief das unfähige Weibsstück wieder nach mir.

„Es tut mir leid. Hörst du? Es tut mir leid. Das ist alles, was ich sagen kann. Doch wenn du nicht zurückkehrst, wird der Mann sterben und alles war umsonst. Was wird Elrod sagen?“

Was soll’s, dachte ich mir. Elrod werde ich den Ring wiedergeben, und dann gehe ich fort. Hier habe ich nichts mehr verloren. Um Hilfe wimmern, dann den Schädel eingeschlagen bekommen und eine lapidare, unehrliche Entschuldigung ernten. Nein, nicht mit mir.

Ich ging weiter. Was scherte mich noch der Sterbende und diese überdrehte Krähendompteuse. Ich hatte meine Aufgabe erfüllt.

Plötzlich spürte ich etwas. Der Ring an meinem Finger ließ mein Inneres erzittern, wühlte es auf, und ich wußte genau, weshalb der Ring dies tat. Laurealka wirkte Magie, die Magie des Lebens.

Narr, schien es in mir zu flüstern. Elender Narr! Du läufst davon, wo du ihr zeigen könntest, daß du mehr bist als ein hohlköpfiger Schwertschwinger, der nur Stahl in lebendiges Fleisch rammen kann. Du selbst hast damit geprahlt, ihn zu töten und seine Eingeweide den Krähen vorzuwerfen! Was erwartest du? Denk nach! hallte es in mir wieder. Helfe ihr, Aufschneider, Feigling!

Ich würde nie erklären können, ob es der Ring, eine fremde Macht oder ich selbst war, der mir diese Gedanken eingab.

Bei den Valar, das ist das Richtige! durchfuhr es mich.

Ich sank auf die Knie, konzentrierte mich auf meinen Ring, dachte an Laurealka und versuchte ihr zu helfen. Ob es gelang, weiß ich nicht. Lange kniete ich im Matsch, die Wunde auf dem Kopf blutete immer noch, aber ich beachtete sie nicht. Zu oft hatte ich Verletzungen davongetragen.

Schließlich erhob ich mich. Elrod hatte mir nie gesagt, welche Kräfte im Carnya, dem Ring des Feuers, schlummerten und wie ich mich ihrer bedienen konnte.

Du wirst seine Kräfte erkennen und sie nutzen - irgendwann, hatte der Cormatur gesagt.

Ich nahm den Benngur und suchte mir ein paar junge, kräftige Bäume. Mit einigen kräftigen Hieben fällte ich die armdicken Stämme, suchte einige elastische Zweige und schlug von den Stämmen zwei längere und vier kürzere Stäbe. Mit den Zweigen verknotete ich diese zu einer Trage. Aus meinen Gurten bastelte ich Zugriemen, so daß ich die Trage wie ein Ackergaul ziehen konnte. Um die Polsterung sollte sich Laurealka kümmern. Ich hoffte nur, sie würde mir verzeihen können.

So ging ich zurück. Beschämt von meinem eigenen Dickkopf und meiner Schande. Ich hatte versagt, einfach nur versagt...

Ich traf bald am Kampfplatz ein. Der junge Mann lag auf dem Rücken an der Stelle, wo ich ihn zusammengeschlagen hatte, um Laurealkas Leben zu retten. Auf den ersten Blick war zu erkennen, daß er ruhig und gleichmäßig atmete.

Sie hatte ihm helfen können, aber es schien sie an den Rand des völligen Zusammenbruchs getrieben zu haben. Sie lag auf der Seite. Das Gesicht fast völlig im aufgeweichten Waldboden.

Drei, vier schnelle Schritte und ich war neben ihr. Ich hob sie auf und betrachtete sie. Ihr Gesicht war aschfahl, und die Züge waren eingefallen.

Wie konnte ich ihr helfen?

Mein Ring! durchschoß es mich. Mir blieb nur eine Möglichkeit. Da ich nicht wußte, wie ich seine Kraft nutzen könnte, streifte ich ihn ab und schob ihn Laurealka über den Daumen. Das war der einzige Finger, wo der Ring paßte.

Ein seltsames Bedauern erfaßte mich, als ich ihr den Ring über den Finger streifte. In diesem Moment wußte ich, daß es mir nur unter äußerster Anstrengung gelingen würde, mich von dem Ring zu trennen.

„Gehorche mir! Gib ihr Kraft!“ brüllte ich in den Wald hinein.

Nun konnte ich nur noch warten.

 

 

Laurealka

Langsam wich die Benommenheit aus meinem Geist. Eine mir fremde Macht rief mich. Nein, ich kannte sie. Sie war ein Teil der meinen. Der Ring des Feuers?

Meine Sinne kehrten nach und nach zurück. Ich fühlte einen starken Arm in meinem Rücken, der mich stützte. Ich öffnete die Augen und blickte direkt in Harantors Gesicht. Er war zurückgekommen. Ich hatte gewußt, daß auf ihn Verlaß war. Er hatte mein Vertrauen nicht enttäuscht.

Ich lächelte ihn an und drückte ihm, bevor er sich wehren konnte, einen Kuß auf die Lippen.

„Danke“, sagte ich einfach. Ich hoffte, er verstand.

Mühsam richtete ich mich auf. Noch immer waren meine Sinne leicht verwirrt. Ich wandte mich Harantor zu. Er hatte sich keine Handbreit bewegt und starrte mich mit offenem Mund an.

„Danke“, flüsterte ich noch einmal.

Im gleichen Augenblick dachte ich an die Kopfverletzung, die ich ihm beigebracht hatte. Ich wußte zwar nicht, ob mir eine erneute Anrufung der Macht, wieder meine Sinne schwinden lassen würde. Doch mit Hilfe der anderen Kraftquelle mochte es gehen.

Ich blickte auf meine rechte Hand. Und tatsächlich dort glänzte an meinem Daumen der Ring der Kraft. Ich sah auf.

„Er...“, wollte ich ansetzen, unterbrach mich jedoch. Harantors Blick war immer noch undefinierbar.

„Laß mich deine Wunde sehen“, bat ich ihn.

„So schlimm ist es nicht“, brummte er, dennoch neigte er den Kopf.

Die Wunde war nicht tief. Ich würde sie gefahrlos behandeln können.

„Eine Bandage wird reichen. Wir Elben habe gutes Heilfleisch. Schone dich!“ sagte er unerwartet sanft.

Ich überlegte nicht lange und begann Streifen aus meinem Hemd zu reißen, mit denen ich seine Wunde notdürftig verband. In Laurínamardi würde ich sie säubern und frisch verbinden.

Aus den Augenwinkeln gewahrte ich zum ersten Mal die Trage, die er mitgebracht hatte. Ich war glücklich, wie schon lange nicht mehr und schenkte Harantor mein strahlendstes Lächeln, als ich ihm den Ring zurückgab.

„Verzeih...“, preßte er hervor. „Ich war ein Dummkopf!“

„Ich auch“, erwiderte ich. „Laß uns unseren dummen Streit begraben. Hier ist noch jemand, der unsere Hilfe braucht.“ Damit nickte ich in Richtung des Verletzten.

Vielleicht würden wir ja auch noch herausfinden, wie dieses Unglück geschehen war. Immerhin - ich sah in das blasse Gesicht -, er sah beileibe nicht wie ein skrupelloser Mörder aus, eher wie ein trotziger, großer Junge, der mit seinem Leben nicht zurecht kam.

„Laß uns gehen. Wir müssen uns eilen. Ob er tatsächlich überlebt, wird sich erst in Aldamar entscheiden.“

Harantor holte ohne überflüssige Worte die Trage herbei und legte sie neben dem reglosen Körper nieder.

„Könntest du noch etwas zur Polsterung herbeischaffen. Bitte“, setzte ich hinzu.

Harantor schritt klaglos zu einigen Sträuchern, die er mit wenigen Hieben fällte, und an der Trage befestigte. Währenddessen drückte ich einen zerknüllten Stoffstreifen auf die Wunde des Jungen. Danach hob er den jungen Mann hoch wie ein Kind und bettete ihn vorsichtig auf die Trage. Neben ihn legte er seine Schwerter. Er schnallte sich die Zuggurte um die Schultern und griff nach meiner Hand, um mir beim Aufstehen behilflich zu sein. Sogar den Arm schob er unter den meinen, um mich zu stützen. So zogen wir los, zurück nach Laurínamardi.

Angaimaites lodernder Blick tauchte vor mir auf. ‘Ich will ihn tot sehen. Du wirst dafür sorgen’, waren seine Worte gewesen.

Was sollte ich ihm sagen? Wie sollte ich erklären, was vorgefallen war? Was würden die Trauernden in Laurínamardi sagen? Und vor allem, wie würde Harantor sich verhalten?

Ich wußte es nicht...

 

Fortsetzung folgt in Kapitel 3

Der Turm des Ringmeisters

(Gast: Helmut W. Pesch)

 

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