Der lange Weg
Einleitende Bemerkung
Der lange Weg
Den Ring vor Elrods Tür zu legen war einfach, aber als er von des Ringmeisters Zauberhand ins Nichts verschwand, war das schon schwerer, aber ohne den Ring den Turm verlassen zu müssen, war das schwerste was ich bis dahin getan hatte. ER, der Eiserne, fehlte mir beinahe augenblicklich, aber ich überwand mich, mich von Elrods Turm abzuwenden und den Weg zur Küste zu gehen.
Ringe sind eine zweischneidige Gabe und nie hätte Elrod welche machen sollen. Ihre Macht ist wie eine Sucht. Ein Leiden.
Etwas zog und zerrte an mir und ich musste meinen ganzen Willen. Es erschien mir so einfach zurück zu gehen und Elrod zu rufen, er möge mir meinen Schatz wiedergeben, aber ich wollte nicht.
Noch war ich stark, noch schwappte der Zorn über das Verlangen hinweg. Aber ich schaffte es in die Jolle, hisste die Segel und ließ mich vom Wind in Richtung aufs Festland treiben.
Was folgte ließ sich nur sehr schwer beschreiben, das Verlangen kam wie Fieberwellen. Immer wieder zog es mich zurück. An irgendeinem einsamen Strand, setzte ich die Jolle an Land und ließ nahezu alles zurück, was mir lieb und teuer war. Ich stolperte einfach nur an Land und zwang mich ins Landesinnere zu gehen. Kaum zu einem klaren Gedanken fähig folgte ich keinem bestimmten Weg, sondern nur dem Willen, der mich zwang dem Lockruf zu widerstehen.
Menschen, die mich sahen mieden. Seht, rief ein Alter, in seinen Augen glimmt Wahnsinn und Fieber! Meidet ihn!
Ich nahm meine Umgebung nur unbewusst wahr. Kam ich durch ein Dorf, schlossen sich die Türen und die Menschen behandelten mich wie einen Aussätzigen und doch glaube ich, dass mein Schwert mehrfach Blut trank, weil sich mir einige in Weg stellten.
Aber alles war mir egal. In mir tobte der Widerstreit zwischen dem Ruf des Rings und meinem Willen, diesen abzuschütteln. Alles andere wurde von diesem Wettstreit zugedeckt und überlagert.
Verschwommen erinnere ich Höhlen, feuchte Moore. Aber mehr nicht. Ich vermochte kaum den Tag von der Nacht zu scheiden, geschweige wusste welchen Tag oder welches Jahr wir schrieben.
Die Außenwelt drang nicht mehr in mein Innerstes durch. Ich erinnere nur noch, mich zitternd in einen alten Baumstumpf verborgen zu haben, das Ende und die Erlösung erwartend. Ich weiß nicht, wie weit ich gewandert bin, was ich gegessen und getrunken habe, wo ich mich aufhielt und was alles passiert war.
Dann war ER da. Ein bärtiger Mann. Für einen Moment drang er zu mir durch. Sein Wille nahm mir für einen winzigen Augenblick den Schmerz, das Leid und das Verlangen. Für einen Augenblick sah ich die untergehende Sonne und konnte die Welt erkennen.
Ich bin der Agmar. Komm! sagte er nur. Sein Wille war in seiner Stimme. Ich folgte ihm und irgendwie fühlte ich erleichtert. Aber dann kehrte alles wieder. Die Welt um mich herum versank.
Dann erreichten wir eine Halle. Wir schritten einfach hinein. Corrabheinn, sagte der Alte und sein Baß rollte. Paß auf den hier auf und laß ihn ganz. Ich hole ihn ab, wenn er gebraucht wird und seine Zeit kommt. Er braucht einfach nur Ruhe.
Der Angesprochene schien diesen Ton nicht gewöhnt zu sein.
Warum sollte ich? fragte er. - Weil ich Dich darum bitte.
Dann wandte mein bärtiger Führer sich an mich. Schlaf! Elbe. Schlaf.
Und mir schwanden die Sinne...
Copyright © 2004 by Horst von Allwörden