Der Luftpirat und Matthias - Band 13 Das geheimnisvolle Bergwerk des Kapitän Mors
Band 13 –
Das geheimnisvolle Bergwerk des Kapitän Mors
Band 13 – Das geheimnisvolle Bergwerk des Kapitän Mors
Japan. Tokio. Der Berg Akano in der Nähe der Insel Sado.
Was bisher geschah
Europa, um 1905. Kapitän Mors war einst ein genialer Ingenieur, der im Kaukasus lebte und von Russland politisch verfolgt wurde. Im Geheimen baut er mit treuen Gehilfen ein gigantisches Kriegs-Luftschiff aus Metall, rüstet es mit hypermodernen selbsterfundenen Superwaffen aus, zieht als Robin Hood der Lüfte durch die Welt und überfällt Schiffstransporte, Gold- und Diamantenminen, um das Geld den Armen zu schenken.
Die großen Konzerne der Welt versuchten bisher vergeblich, des Luftpiraten habhaft zu werden. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Neues vom Luftpiraten!
Wer durch die Lesereise dazu angeregt wurde, sich die Hefte bei Ralph Ehrig zu bestellen, hat sich in den letzten Monaten vielleicht gefragt, ob und wie die Reise weitergeht. Fakt ist – diese Edition bewegt sich langsam vorwärts, im Schneckentempo, aber – und das ist unruhigen Zeiten wie diesen das Einzige, was zählt – sie bewegt sich. Man möchte stets wie Galilei ausrufen, nachdem man nach monatelangem Warten schon an ein endgültiges Einschlafen der Edition geglaubt hat: „Und sie bewegt sich doch!“ Und so kann ich froh verkünden, dass kürzlich druckfrisch Band 101-105 erschienen sind – mittlerweile im Erscheinungsbild viel eleganter und satztechnisch besser als die frühen Reprinte der unteren Nummern. Dranbleiben lohnt sich also!
(Neueinsteiger verweise ich auf meinen Artikel in der Reihe Vom Vampyr zum Positronenhirn. Alte phantastische Literatur im Verbrauchertest: Teil 10: anonym - Der Luftpirat)
Die japanische Regierung ist allerdings weniger begeistert. Aus dem Gold wird nämlich Falschgeld gemacht, das der Pirat in Japan in Umlauf bringt. Bei einer internationalen Konferenz beschließt die japanische Regierung mit der Hilfe Amerikas (!) , das Bergwerk aufzuspüren und dem Luftpiraten endgültig das Handwerk zu legen.
Tatsächlich entdeckt man das Schiff im Gebirge, kommt aber nicht auf den Felsen. Hilflos starren die japanischen Truppen zum Gipfel herauf, ohne es erreichen zu können.
Da ereignet sich ein unglücklicher Zwischenfall im Rotlichtbezirk von Tokio. Bei einer Razzia werden zwei Helfer des Luftpiraten in einem Bordell geschnappt. Natürlich stellt sich heraus, dass sie nicht zum Privatvergnügen da waren. Die Helfer des Luftpiraten sind Inder, und die haben spitzbekommen, dass in Japan mit indischen Mädchen Handel betrieben wird.
Die drei – zwei Luftpiraten-Mitarbeiter und ein indisches Mädchen - werden ins Gefängnis geworden und sollen der Folter unterworfen werden, um auszuplaudern, wie man ans Luftschiff und ins Bergwerk gelangt.
Doch da greift der Luftpirat höchstselbst ein! Er sprengt erstmal eine japanisches Geschäfts-Meeting, zerschrotet mit seiner elektrischen Wunderpistole einiges Mobiliar und schüchtert die Herren so ein, dass er erfährt, was gegen ihn und seine gefangenen Mitstreiter geplant wird.
Dann überfällt er ein japanisches Kriegsschiff, bombardiert es mit narkotischem Nervengas und nimmt alle Offiziere als Geiseln. Zähneknirschend tauschen die japanischen Behörden die drei Gefangenen gegen ihre Offiziere aus – der Luftpirat hat wieder mal die Oberhand behalten.
Kehren wir nach längerer Pause zum Luftpiraten zurück. Der macht grade in Japan Halt. Dort besitzt er ein kleines, aber feines Goldbergwerk – natürlich illegal. Zur Goldgewinnung muss das Luftschiff andocken, dann werden ein paar Kabel umgesteckt, und die Bergbaumaschinen laufen mit der geheimnisvollen Motorkraft des Schiffs. Cool!
Kommentar
Die noch junge Abenteuerserie hat ja mittlerweile schon zu einige beachtliche und sehr spannende Hefte hervorgebracht. Grade das letzte (Nr. 12, Ein Kampf in den Lüften) stellte einen ersten Höhepunkt dar – mit deutlichen Vorahnungen auf die amerikanischen Hero-Pulps der 30er Jahre.
Die Lektüre der Reihe ist manchmal eine echte Achterbahnfahrt; nach der flotten Schreibe in Heft 12 mit dem bisher aufregendsten Show-Down saust man hinab in die allertiefsten Abgründe des Schundromans. Es handelt sich um das bisher mit Abstand schwächste Heft. Dabei gibt der Plot einiges her: Mädchenhandel, orientalische Bordelle um 1910, Scharmützel mit der japanischen Armee.
Der Autor versteht es allerdings auf geradezu geniale Weise, aus dem Stoff immer die langweiligste
Möglichkeit der Gestaltung herauszufiltern.
Die einzig aufregende Szene im Tokioer Rotlicht-Millieu wird in aller Kürze abgehandelt, in dem Moment, wo die beiden Besucher das indische Mädchen entdecken, folgt ein schneller Szenenwechsel, und wir erfahren den Rest der Episode nur noch durch Erzählungen Dritter. In allen Action-Szenen werden mechanisch und lustlos die Handlungsmuster abgespult, die wir aus früheren Heften kennen: die elektrischen Pistole, die Mottenkugeln mit dem Betäubungsgas.
Den meisten Raum im Heft nimmt retundantes Geschwafel über Geldfälschung und japanische Topographie ein. Kein Zweifel – dies Heft war ein Lückenbüßer, vermutlich schnell hingehudelt, um die wöchentliche (oder zweiwöchentliche, wir wissen es ja nicht genau) Ausgabe irgendwie zu füllen.
Immerhin zwei Aspekte sind an diesem langweiligen Heft dann doch bemerkenswert. Zum einen der offene Rassismus und die aggressive Japan-Feindlichkeit des Autors. Nicht unbedingt selbstverständlich, weil die rechtslastigen Kreise in Deutschland ja eher Probleme mit den Chinesen hatten (unter Hitler war Japan sogar Verbündeter).
So lesen sich die Ausfälle des Luftpiraten fast wie in einem amerikanischen Pulp der 40er Jahre:
„Nun, offen gestanden, auch ich bin nie ein Freund dieser Rasse gewesen. Die Japaner sind egoistisch, engherzig, sie denken nur an sich selbst, ihr Land ist ihnen alles, sie lernen die Kultur des Abendlandes nur [kennen], um sie für sich auszunutzen und dann gegen ihre Lehrmeister anzuwenden.“
Zum andern demonstriert dieses Heft, dass eine so heroische Figur wie ein maskierter Rächer irgendwann, spätestens ab Nr. 13, zum logischen Problem wird. Man fragt sich doch irgendwann: Wie lange geht das gut, dieses ewige Maskenspiel? Eine Maske ist ja nicht immer nur ein Mittel, um die Anonymität zu bewahren. Ein maskierter Rächer undercover im Straßenbild Tokios würde sofort auffallen. Deswegen ist es manchmal nötig, die Maske abzunehmen, um in der Menge unterzutauchen.
Schwierig wird’s dann, wenn der Rächer auch für seine Untergebenen auf dem Luftschiff anonym bleiben möchte. Und das möchte er schwachsinnigerweise, wie der Text ausdrücklich betont.
So zeigt er sich seinen ärgsten Feinden maskenlos im japanischen Konferenzzimmer der Bergbaugesellschaft (sonst hätte das Wachpersonal Verdacht geschöpft), niemals aber nimmt er die Maske auf dem Luftschiff ab. Das ergibt ein absurdes Bild von Kapitän Mors. Ist er ein Neurotiker mit besonders verschrobener Paranoia? Er ist peinlichst darauf bedacht, sein Gesicht Tag und Nacht vor seiner Mannschaft zu verbergen, die ihm fanatisch bis in den Tod folgt – und entblößt sein Gesicht vor Leuten, die einen Steckbrief von ihm erstellen könnten.
Das scheinbare Paradox enthüllt ein faszinierendes Geheimnis der Trivialliteratur, das viel aufregender ist als das titelgebende geheimnisvolle Bergwerk. Die Maske ist in erster Linie ein Fetisch, ein Symbol, das eher dazu dient, Mors von seinen eigenen Leuten abzuheben, ihn für seine Anhänger zum rächenden Helden zu machen, als seine Identität vor den Feinden zu verbergen. Das dürfte für viele Superhelden der Literaturgeschichte (und der Comic-Historie gelten).
Das Cover:
Ist nicht unbedingt das gelungenste - aber immer noch doppelt so aufregend wie das Heft.