Oh, meine Götter, Teil 22: Ungewöhnliche Speisen und schicksalhafte Wagenrennen
Teil 22:
Ungewöhnliche Speisen und schicksalhafte Wagenrennen
In Phrygien (womit wir uns geografisch in der heutigen Türkei befinden) herrscht König Tantalos, der nicht nur sehr reich und berühmt ist, sondern wegen seiner Frömmigkeit auch sehr hohes Ansehen bei den Göttern genießt. Das geht sogar so weit, dass er an der Tafel des Zeus speisen darf, was für einen Sterblichen natürlich eine große Ehre ist. Aber wie das so ist mit dem menschlichen Geist, tut allzu viel Ruhm nicht unbedingt gut, und der ganze Trubel steigt Tantalos ein wenig zu Kopf.
Er macht einigen Unsinn, klaut zum Beispiel Nektar und Ambrosia von der Göttertafel und versteckt einen goldenen Hund, der dem Zeus gestohlen wurde. In seinem Übermut lädt Tantalos sogar die Götter zu sich ein, um ihre Allwissenheit zu prüfen. Dazu kommt der König auf eine Idee, die allein durch Übermut wohl nicht zu erklären ist. Er lässt seinen Sohn Pelops schlachten und setzt ihn den Göttern als Gericht vor, einfach nur, um zu testen, ob es jemand merkt.
Einzig Demeter, die sich als Göttin der Getreide und der Saat wohl nicht so mit Fleisch auskennt, beginnt zu essen und verzehrt ein Schulterblatt des armen Pelops, bevor die anderen Götter bemerken, was da auf ihren Tellern liegt. Sie werfen alles wieder in einen Kessel, und die Schicksalsgöttin Klotho zieht Pelops wieder hervor – lebendig und in alter Frische, statt der gegessenen Schulter nun mit einer elfenbeinernen bestückt.
Nun reicht es den Göttern aber mit Tantalos´ Schandtaten. Der durchgedrehte König wird in die Unterwelt verbannt und muss hier gleich drei Qualen gleichzeitig erleiden (aber irgendwie auch nicht ganz unverdient, nach dem, was er getan hat). Mit brennendem Durst steht er von nun an in einem Teich und kann das nahe Wasser nie erreichen, so sehr er sich auch müht. Gleichzeitig hat er schrecklichen Hunger, kann aber auch die Obstbäume am Ufer nicht erreichen. Und außerdem hängt noch ein Felsbrocken über seinem Kopf, das jeden Moment abzustürzen droht.
Und was wird aus dem wiederhergestellten Sohn des Königs? Nach der Verbannung seines Vaters wird der fromme Pelops König, wird aber kurze Zeit später bei einem Krieg mit dem benachbarten Troja aus seinem Land vertrieben und wandert nach Griechenland aus. Dort trifft er auf die schöne Hippodamia, natürlich eine Königstochter, nämlich von König Önomaos von Elis. Pelops möchte Hippodamia zur Frau nehmen, was finanziell vermutlich eine recht nachvollziehbare Wahl ist, wenn man gerade sein Königreich verloren hat, allerdings hätte er sich da vielleicht auch jemand aussuchen können, der leichter zu haben ist. Denn Önomaos hat von einem Orakel prophezeit bekommen, dass er sterben wird, wenn seine Tochter heiratet.
So hat der König also wenig Interesse daran, seine Tochter mit irgendwem zu verheiraten. Im ganzen Land ist bekannt, dass heiratswillige Bewerber Önomaos im Wagenrennen besiegen müssen. Schaffen sie das nicht, lassen sie ihr Leben bei dem Versuch. Bereits zwölf junge Männer haben sich mit dem König gemessen, und alle von ihnen wurden von Önomaos eingeholt und von seiner Lanze von hinten durchbohrt. Dies kommt nicht von ungefähr, denn der alte König nennt diee schnellsten Pferde unter der Sonne sein eigen, namentlich Phylla und Harpinna.
Da ist Pelops klar, dass dem König nur mit göttlichem Beistand davonzufahren ist. Und glücklicherweise hat Pelops es sich mit den Göttern anders als sein Vater ja noch nicht verscherzt. So wird sein Flehen an den Ufern der Insel auch sofort erhört, und der Meeresgott Poseidon schickt dem jungen Mann einen goldenen Wagen mit vier geflügelten Rössern.
Sehr freundlich von dem Meeresgott, und in dem Wagenrennen dann auch sehr hilfreich. Pelops fährt vor Önomaos rasend schnell dahin. Als der König ihm doch einmal nahe kommt, greift Poseidon nochmals ein und sorgt dafür, dass die Räder des königlichen Wagens aus den Fugen geraten. Önomaos stürzt und kommt dabei um.
Als Pelops ins Ziel kommt, sieht er hinter sich, dass ein Blitzstrahl den Palast des Königs entzündet hat. Gut, dass er seine geflügelten Pferde hat, denn so kann Pelops schnell zum Brand eilen und seine Braut retten.
Pelops bekommt also seine Angebetete und herrscht nach dem Tod des Königs über dessen Reich. Er bekommt mit Hippodamia viele Kinder und kann während seiner Regentschaft sein Reich weiter und weiter ausdehnen, sodass schließlich die ganze südliche Halbinsel Griechenlands nach ihm in Peloponnes benannt wird.
Mehr dazu in: »Sagen des klassischen Altertums« (1838-1840) von Gustav Schwab
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Dieser Fluch endete erst mit der Ermordung der Klytaimnestra durch ihren Sohn Orestes:
www.mythologie-antike.com/t878-orestes-mythologie-sohn-des-agamemnon-und-der-klytaimnestra