Around The Corner - DER Klassiker des modernen Anime - Akira
Vor dem Film war der Manga
Die Geschichte beginnt 1982 mit Katsuhiro Otomo. Im Zeitraum von 8 Jahren veröffentlichte er im Young Magazine bei Kodansha einen über 2000 Seiten starken Manga, der dem Manga und dem Anime zu einer entsprechenden Aufmerksamkeit in der westlichen Welt verhelfen sollte.
Noch vor der Beendigung des Manga wurde die Geschichte im Jahr 1988 in einem Anime adaptiert und startete von da seinen Siegeszug und löste damit den kommenden Boom von Manga und Anime in anderen Ländern der Welt aus.
Wir schreiben das Jahr 2019 (Mangafassung 2030). In Neo-Tokyo nach dem 3. Weltenkrieg ist die Euphorie des Wideraufbaus allmählich verblasst, und Dekadenz und Gewalt haben sich breit gemacht. Motorradbanden bekriegen sich gegenseitig, fanatische religiöse Gruppen preisen das Ende der Welt an und predigen, das nur ein All-konsumierendes Feuer alle Sünde rein waschen kann. Die Regierung reagiert mit Unterdrückung und Zensur. Die Welt steht kurz vor dem Zusammenbruch.
Bei einer Auseinandersetzung mit einer gegnerischen Biker-Gang, den Clowns, werden Kaneda und seine Freunde mit einem Kind konfrontiert, das über die Maße gealtert zu sein scheint und sonderbare Kräfte aufweist. Als das dann das Militär auftaucht beginnen sich die Ereignisse zu überschlagen, Tetsuo, ein Gangmitglied, wird festgesetzt, die andere zurück gelassen.
Schnell wird klar, das jene sonderbaren psychischen Kräfte, die dem gealterten Kind zu eigenen ist, auch in Tetsuo aktiviert wurde, mächtiger als vorher gesehen. Tetsuo bricht aus und macht sich auf die Suche nach 'Akira', dessen Kräfte die seinen übersteigen sollen, in der Hoffnung diesen besiegen zu können und sich selbst als der Mächtigste von allen etablieren zu können.
Eine Zerstörungswelle bricht über Neo-Tokyo herein, als Tetsuo immer mehr die Kontrolle verliert. Kaneda macht sich auf die Suche, in der Hoffnung seinem einstigen Freund und Kameraden helfen zu können.
Anime und Manga verlaufen hierbei in völlig verschiedene Richtungen ohne jedoch den roten Faden beider Verläufe aus den Augen zu verlieren. So wird Tetsuo im ersten Band des Manga Anführer der Clowns um sich endlich gegen Kaneda, der ihm immer wieder retten und helfen muss, zu behaupten. Kaneda stellt sich ihm hier ein erstes Mal entgegen.
Dunkle Welt und dunkle Zeit
Akira ist düsterer Cyberpunk, bedrückend, tödlich, dunkel. Und dennoch auf einer gewissen Ebene vielleicht noch verständlicher als noch vor ein paar Jahren.
Wir finden die Aufarbeitung von Ereignissen der 1960er Jahre, Gegenkultur, die sich in Studentenprotesten, verrückten Bikergangs und irrationalen Firmen postuliert. Die Weltangst vor einer neuerlichen Über-Eskalation der Gewalt und Mündung in einen weiteren globalen Krieg. Wir sehen eine haltlose Jugend, die keine Hoffnung auf eine Perspektive mehr hat oder niemals hatte. Eine fast schon Elternlose Generation, stellt sich doch die Frage nach leitenden Erwachsenen im Anime nicht.
Die Konvertierung von Jugendlichen zu Erwachsenen im unerfahrenen Tetsuo, den es auffrisst, das er immer wieder von Kaneda abhängig ist und die Entwicklung seiner Kräfte zum einen mit vollem Herzen umarmt, sind diese doch sein Weg zu einer vollkommenen Unabhängigkeit und seine Möglichkeit Kaneda und allen anderen zu zeigen, was es heißt der Schwächere zu sein. Zum anderen fühlt er sich jedoch von ihnen abgestoßen, hat Angst vor diesen und vor dem was mit ihm passiert und sucht am Ende wiederum die Hilfe seines Freundes.
Ohne einmal Luft zu holen, sterben Menschen auf grausame Weise, werden zerquetscht, erschossen und vernichtet. Ohne mit der Wimper zu zucken geht eine Welt in Flamen auf und hinterlässt Ruinen, unterlegt mit einer vagen aber uneindeutigen Hoffnung.
Das alles vor der Kulisse eines orchestralen Soundtracks, der mit Trommeln, Flöten und glockartigen Instrumenten arbeitet. Keine pulsierenden Beats, keine orchestralen Höhenflüge, sondern überraschend ruhig, fast schon Choral anmutend, der die Ereignisse damit auf eine unglaubliche Art akzentuiert und damit den Bildern eine ganz eigene Wirkung gibt.
Die magische Kraft
Warum ein spezifischer Anime einen solchen Erfolg hat, ist immer Ansatzpunkt einer weitläufigen Diskussion. Nicht immer lässt sich am Anfang sagen, das genau dieser Anime einen solchen Erfolg hervorrufen wird, bzw. einen Kult-Status erlangen sollte.
Doch 'Akira' traf vor allem in der westlichen Welt einen besonderen Nerv. Düstere Science-Fiction Visionen, grausame Dystopien, die von einer anderen menschlichen Natur und Moral sprechen, sind für uns kein Fremdwort. Meisterhaft haben nicht wenige Autoren ihre Fantasien diesbezüglich ausgelebt, eine Version erschreckender als die nächste.
Hinzu kommt eine Welt, die erst dabei war sich wieder zu finden. Die Kriegsereignisse, mit teilweise nicht wirklich vorstellbaren menschlichen Verbrechen, lagen gerade einmal rund 40 Jahre zurück, die Nachfolgende Zeit war geprägt von Misstrauen und Angst, Studentenproteste und andere soziale Bewegungen gegen eine totalitäre Kultur folgten, der Selbstverlust der Hippie-Kultur und das Aufgehen in Exzessen folgten. Dann eine Normalisierung überschattet von neuerlichen Welterneuerungen, Neudefinition alter Feindbilder, Werteverlust und Beschleunigung der Lebenszeit.
Der Ausdruck dieser dunklen Regungen in sicherlich nicht wenigen Jugendlichen fand sich nun eben in 'Akira'. Der Film traf den Nerv einer heranwachsenden Generation, die sich mit der menschlichen Natur der Dinge und dem Todschweigen der eigenen familiären Vergangenheit konfrontiert sah. Vielleicht sehnte man sich Stillen auch nach jener Post-Apokalypse, die geholfen hätte die verkrusteten Strukturen, in denen man sich wiederfand, aufzubrechen.
Doch das alleine reicht nicht. Der Anime tut noch mehr. Er bricht mit den bisherigen Produktionstechniken, beginnt nicht nur den Mund zu animieren, sondern auch das gesamte Gesicht, eine weit aufwendigere Produktionsmethode. Genau Lippen-Synchronisation wurde erreicht, in dem zu erst die Stimmen aufgenommen wurden und dann die entsprechende Animation erfolgte. Die Produktion selbst umfasst 170.000 Cels, die so eine besonders fließende Umsetzungen der Szenen ermöglichte. Eine Liebe zum Detail, die man dem Werk noch heute anmerkt.
Weiterhin zeigte das Genre Anime auf unmissverständliche Weise, das es mehr war und ist als nur ein Lieferant für quietsch-bunte Kinderfilme. Oder auch nur pure Gewalt und Sex hervorbringt. Sondern, das es ein ernstzunehmendes Medium ist, das eine weit fassende Themenbreite aufweist und auch vor harter Sozialkritik nicht zurückschreckt, im Gegenteil, es zu einem wesentlichen Bestandteil seiner Ausprägung macht und darüber Vorgänge der internen Gesellschaft und die persönliche Vergangenheit bewältigt und Probleme aufweist.
Akira und Deutschland
Selbst in Deutschland war Akira im Kino zu bewundern. 1991 bereits schaffte es der Film auch in die heimischen Kinos, jedoch nur für zwei Wochen und in wenigen selektierten Kinos (Im Voraus gab es bereits 1989 in Westberlin bei den Berlin International Film Festival eine Vorpremiere).
Eine Free-TV-Premiere lies dann lange auf sich warten und erfolgte erst 2002 auf ProSieben.
Die DVD Umsetzung kam bereits 2001, eine Neuauflage erfolgte dann 2005, mit neuer Synchronisation von Panini Videos.
Der Manga kam in einer 20-bändigen Umsetzung bereits in den 1990er Jahren durch Carlsen nach Deutschland, welche dann Anfang 2000 in der japanischen Original-Fassung von sechs Bänden neuaufgelegt wurde und nach wie vor zu haben ist.
Akira und Hollywood
Die voranschreitende, nennen wir es Story-, Krise Hollywoods, macht vor Re-makes, Neuinterpretationen und der Umsetzung von Comic-Stoffen nicht halt, wie aus einer kontinuierlichen Umsetzung von Marvel- und DC-Helden herauszulesen ist.
Die meisten Leute, die sich im Fandom von Anime und Manga bewegen, wissen, das auch vor den heiligen Stoffen ihrer Welt kein Halt gemacht wurde (aus früheren Jahren existiert bereits die eine oder andere lose Umsetzung) und wird.
Besagte Geschichten werden dabei jedoch in vollkommener Fehlinterpretation umgesetzt. Wie bereits zu sehen an:
und sehr wahrscheinlich zu sehen sein wird an:
Die Fan-Gemeinde reagiert relativ gespalten auf die bestehende Pläne zur Adaption von Akira. Erste Erleichterung zeigte sich nach dem klar wurde, das Leonardo DiCaprio, ausgewiesener Fan des Akira-Universums, zwar die Sache produziert, jedoch selbst nicht auftreten wird.
Unmut machte sich jedoch breit, als nach Besetzungsgerüchten klar wird, das kein asiatisch-stämmiger Schauspieler mit hoher Wahrscheinlichkeit am Re-make beteiligt sein wird. Über die Weisheit dieser Frage lässt sicherlich streiten. Spannend wird aber auf jeden Fall das Ergebnis, das hoffentlich jenen düsteren und grausamen Charme auf seine Art einfängt und eine womöglich neue Interpretation des Stoffes liefert.
Schlusswort
Jeder, der sich einmal gefragt hat, warum eigentlich Anime, sei Akira mehr als empfohlen.
Nicht nur zeigt es gnadenlos, warum Anime nicht nur eine bloße Erfindung für Kinder ist, sondern ein ernstzunehmende Genre, liefert er ebenso aber auch einen Einblick darin, zu welcher Animationsqualität die japanische Industrie im Jahr 1988 bereits fähig war.
Weitergehend, was im Zusammenspiel zwischen Bildern, Figuren und Musik alles möglich ist.
Jeder Science-Fiction-Fan, Liebhaber düsterer Dystopien, Post-Apokalyptischen Impressionen und allem was dazwischen fällt sollte es auf jeden Fall gesehen haben, alle anderen auch.
In zwei Wochen: Anime DVDs in Deutschland Eine Bestandsaufnahme