Mano cornuta – mit dem Teufel werde ich ewig leben
Mano cornuta –
mit dem Teufel werde ich ewig leben
So ist das: Das Leben des Menschen ist endlich. Man kann es um ein paar Jahre verlängern, aber so viel Unterschied macht das auch nicht. Stirbt der Mensch, ist für ihn alles aus, die Zeit für ihn ist nicht nur angehalten, für ihn gibt es keine mehr. „In der Erinnerung lebt er fort“, sagt man so. Natürlich, das stimmt, dagegen kann man nicht argumentieren. Je mehr Kontakte der Mensch hatte, je größer die eigene Familie war, insbesondere wenn er viele Kinder hatte, desto mehr Personen gibt es, die sich seiner erinnern können, das ist logisch. Von Vorteil in diesem Sinn ist es auch, wenn man etwas Bleibendes schafft, als Schriftsteller, Musiker, Maler, Bildhauer. Eine Skulptur aus Granit sollte länger bestehen bleiben als die Menschheit. Fragt sich, für wen das gut ist, die Skulptur oder die Menschheit.
Die Methoden, um sich in Erinnerung zu halten, sind ein alter Hut. Der Mensch selbst ist trotzdem tot. Es gibt keine Steigerungsform von „tot“, tot – toter – am totesten, nicht wirklich.
Gäbe es einen Teufel und die Möglichkeit, mit ihm einen faustischen Pakt zu schließen, ewiges Leben und im Gegenzug seine Seele, unterschrieben mit dem Blut des Menschen, der den Jungbrunnen sucht, als Geschäftspartner hat Mephisto unterschrieben, aber nicht mit seinem Blut, weil der Teufel nicht von Blut durchflossen ist, als überirdisches Wesen, wird dieser Mensch nach, sagen wir sechs, sieben Generationen, nicht sein Leben satthaben? Weil sich die Geschehnisse stets wiederholen, weil man hundertmal mehr Leid sieht als Glück. Aber sein Leben geht weiter, es ist ja das ewige. Sein Fluch ist es, nicht sterben zu können. Alles würde er dafür tun, aber es ist nicht möglich, Vertrag ist Vertrag. Schlimmer an ihm ist es, nicht sterben zu können, als böse zu sein – er ist ein böser Mensch geworden, da ja der Teufel über seine Seele bestimmt, was ihn aber viele Erfolge feiern lässt, so ist es: Mit Nettigkeit kommt man nicht weiter.
Es gibt aber keinen Teufel, und erst recht gibt es keinen Gott. Es gibt keinen Himmel, kein Leben nach dem Tod, es hat niemals ein Paradies gegeben. Die Religiösen könnten genauso gut die Sonne anbeten. Es gibt kein Schiedsgericht, es gibt kein Fegefeuer, es gibt keine Hölle. Jeder Mensch hat ein paar Jahrzehnte zur Verfügung. In denen kann er die Welt verändern, wenn er das schafft, hoffentlich zum Besseren, er kann danach trachten, möglichst viel zu sehen und zu erleben, er kann versuchen, einfach glücklich zu sein. Es gibt viele verschiedene Lebenswege.
Oft ist es so: Suchst du das Glück, findest du das Unglück. Willst du reich werden, wirst du verarmen. Manche Pechsträhnen scheinen kein Ende zu nehmen. Man kann im Gegenteil auch einen positiven Lauf haben. Üblicherweise ist nach einigen Unglücken die Pechsträhne beendet, ebenso wie die Kette an Erfolgen reißt. Dann bewegst du dich in der Gegenrichtung.
Die Dinge müssen vergänglich sein, das liegt in der Natur der Sache. Würden die Menschen nicht sterben, wäre die Erde längst vollbesetzt. Würden in den Galaxien nicht Sterne vergehen, würden sie immer dichter mit Materie gepackt sein. Platz machen für etwas Neues, das ist das Prinzip. Sicherlich liegt das nicht im Sinn dessen, der Platz machen muss, das ist verständlich.
Allgemein ist es ja derart, dass, sowie die Zeit fortschreitet – und sie schreitet immer fort, immer in Richtung Zukunft, sie kann nicht anders –, alles hinter ihr Vergangenheit ist. Und ist es auch nur eine Millisekunde, sie ist nicht mehr Gegenwart, was in ihr passiert ist, ist unumkehrbar – wie festgemeißelt in Stein.
Der Grabstein, versehen mit dem Zunftzeichen des Steinmetzes. Wasser höhlt den Kalkstein aus. Die Kontinente driften auseinander, in vielen Millionen Jahren werden sie sich neu zusammengesetzt haben. Tiere leben in Gefangenschaft viel länger als in freier Wildbahn. Für die Eintagsfliege ist nach einem Tag alles aus.
Die gehörnte Hand – vielleicht sollte man es doch probieren.
Zum Autor
- Gedichte in „Driesch“, Nr. 5 im Jahr 2011.
- Kurzgeschichte in „Brückenschlag“, Band 27 im Jahr 2011.
- Kurzgeschichte in „TrokkenPresse“, Nr. 5 im Jahr 2011.
- Prosatext in „TrokkenPresse“, Nr. 2 im Jahr 2012.
- Gedichte in und Gedicht auf „Brückenschlag“, Band 28 im Jahr 2012.
- Miniaturen in „WORTSCHAU“, Nr. 17 im November des Jahres 2012.
- Gedichte in „Spring ins Feld“, 13. Ausgabe, Dezember des Jahres 2012.
- Kurzgeschichte in „Brückenschlag“, Band 29 im Jahr 2013.
- Prosatext in „TrokkenPresse“, Nr. 3 im Jahr 2013.
- Gedicht in „DATT IS IRRE !“, Ausgabe 59, 09/2013.
- Kurzgeschichte in der Anthologie „Mein heimliches Auge, Das Jahrbuch der Erotik XXVIII“ vom konkursbuch Verlag
- Claudia Gehrke im Jahr 2013.
- Gedichte in „DATT IS IRRE !“, Ausgabe 60, 12/2013.
- Gedichte in „DATT IS IRRE !“, Ausgabe 61, 04/2014.
- Gedichte in „DATT IS IRRE !“, Ausgabe 62, 08/2014.
- Kurzgeschichte und Gedicht in „DATT IS IRRE !“, Ausgabe 63, 11/2014.
- Gedichte in „DATT IS IRRE !“, Ausgabe 64, 04/2015.
- Kurzgeschichte und Gedicht in „DATT IS IRRE !“, Ausgabe 67, 04/2016.
Kommentare
Zum letzten Satz "Die gehörnte Hand......."
Probiere es ruhig. Es wird nicht klappen.
Zitat: Eine vollmundige Behauptung, die durch nichts zu belegen ist, genauso wenig, wie ich einem Skeptiker das Gegenteil beweisen könnte.
Ein Naturwissenschaftler glaubt nur, was er sieht. Aber verbaut er sich dadurch nicht den "Blick" auf das, was im Unsichtbaren liegt?