2016 wird Tolino sowas von rocken!
2016 wird Tolino sowas von rocken!
Seit wann ist die Mayersche unabhängig?
Nehmen wir mal den Sarkasmus etwas zurück und schauen mal was diese Woche passiert ist. Da haben die Mayersche - ja, genau, eigentlich die Gegenspieler der unabhängigen Buchhandlungen vor Ort - und die Buchkette Osiander - die kennt man eher im Süden der Republik - beschlossen, dass sie der Tolino-Allianz beitreten möchten. Tolino, das wissen wir ja alle, sind natürlich die Guten, während Amazon ja der Erzfeind an sich ist. Damit, so tönt das Börsenblatt in der Überschrift "trotze der Buchhandel Amazon." Also natürlich im eBook-Bereich. Na ja, eigentlich wollte man ja schon beim Start des Tolino Amazon in die Parade fahren, aber so ganz geklappt hat das nicht. Anlaufschwierigkeiten, so heißt es in den Fachmagazinen, die aber jetzt schon behoben seien und im Übrigen kommen ja auch neue Reader bei der Frankfurter Buchmesse heraus.
Das Problem beim Pathos ist allerdings, dass dieser leicht hinterfragt werden kann. So auch hier. So mag der Tolino jetzt in einem bundesweiten Netz in Buchhandlungen vertreten sein - auf einen Schlag 74 Buchhandlungen insgesamt als Vertriebsstellen zu erhalten, beides auch noch gut ausgebaute Netze in NRW und in Südwestdeutschland, Osiander hat zudem regional auch einige innovative Ideen entwickelt - nun, das ist ja schön und gut. Ob wie geplant in 2016 dann Tolino endgültig die Nase vorn vor Amazon hat ist allerdings fraglich: Mehr Verkaufsstellen heißt noch lange nicht mehr Umsatz. Und ist wirklich jeder zweite Ebook-Reader ein Tolino, wie das behauptet wird?
Das gibt jetzt wieder herrliche Diskussionen um die tatsächliche Höhe der Marktanteile (Amazon und viele Distributoren sehen das sicher anders), aber so lange wir im Land der Dichter, Denker und Lampenzähler keine validen Daten zum Markt haben...
So spöttelt Steffen Meier bei Facebook süffisant und trifft damit den Nagel auf den Kopf. Zwar gibt es immer wieder Zahlen, das Börsenblatt lässt übrigens dezent aus welche Zahlen denn da von der Tolino-Gruppe verwendet werden, alles muss man selber - googlen - aber wie aussagekräftig die GFK-Zahlen letzten Endes wirklich sind? Jedenfalls dürfte in den nächsten Tagen mal wieder das übliche Vorgehen in den Blogs und Kommentarspalten der Fachpresse vonstatten gehen: Immer schön drauf auf Amazon, aber feste! Wie langweilig.
Wohlgemerkt: Ich rede nicht definitiv für oder gegen Amazon. Im Jahr 2014 sollten wir aber längst eine Ebene der Auseinandersetzung gefunden haben, die über das reine Draufhauen hinaus geht. Abgesehen davon hat Amazon nun auch nicht alles richtig gemacht - wie war das noch mit diesem Telefon? - aber vielleicht sollten wir endlich mal in eine differenzierte Auseinandersetzung starten. Etwa: Warum Buchhandel.de mir bei einer Suche nach "Die Offene Gesellschaft und ihre Feinde" zwar drei Treffer ausgibt, die aber NICHT die Bücher darstellen, die ich eigentlich haben möchte? Und kann man wirklich die Anzahl der Buchhandlungen in Deutschland wirklich gegen die Anzahl der Internetanschlüsse in Deutschland - und damit natürlich die potentiellen Besteller bei Amazon oder sonstwo - gegeneinander aufrechnen? Es mag ja toll sein, dass vermeintlich - ja, vermeintlich, denn so genau wissen die Buchhändler an der Spitze das wohl gar nicht siehe Börsenblatt-Artikel - jede dritte Buchhandlung jetzt einen Tolino im Angebot hat. Nur: Das heißt ja erstmal nur, dass jede dritte Buchhandlung einen Tolino - und vermutlich dann eher weniger keinen Kindle, hüstel - im Angebot hat. Ob die Dinger verkauft werden ist dann die andere Frage. Könnte also sein, dass 2016 gar nicht so rockig für den Tolino werden wird. Und selbst wenn: Dass der Buchhandel stolz darauf ist, was Eigenes Nachgebautes zu haben anstatt weiterhin an Innovationen zu arbeiten - ist das nicht der eigentlich Knackpunkt des Ganzen?
Kommentare
Die eBooks (2 Sherlock Holmes-Titel, die Horror-Thrillernovelle "Schmerzensgöttin" und das Kinderbuch "Puck und der Piratenturm") die ich von thrillkult-media ausschließlich via Amazon vertreiben lasse, verkaufen sich - seit einem Jahr - durchschnittlich um 300% besser als die über Amazon und Libreka vertriebenen von RSM, Tendenz steigend.
Interessant ist auch, was in der auch online zu findenden "Selfpublisherbibel" alles zum Thema "Tolino" usw zu finden und nachzulesen ist.
Ich hatte zwar keine allzu großen Erwartungen, wollte mir aber trotzdem die Gelegenheit nicht entgehen lassen, weil die Konditionen (70% Tantieme) genauso gut wie bei Amazon-KDP sind.
Doch es lief viel besser als gedacht.
Inzwischen verkaufen sich meine eBooks in den Tolino-Shops fast ebenso gut wie bei Amazon - Tendenz steigend.
(Von den eBook-Lesern in meinem Bekanntenkreis haben die meisten übrigens keinen Kindle, sondern einen Tolino).
Weder ein Kindle noch ein Tolino ist ein PC.
Es sind Geräte zum Lesen elektronischer Bücher, die mit unterschiedlichen eBook-Formaten arbeiten.
Kindle kann kein EPUB, Tolino kann kein AZW/MOBI.
Abhilfe schafft das kostenlose eBook-Verwaltungsprogramm CALIBRE, mit dem man AZW (und MOBI) ins EPUB-Format umwandeln kann - und umgekehrt. Dadurch kann ich auch bei Amazon gekaufte eBooks auf meinem Tolino lesen. (Geht allerdings legal nur mit eBooks ohne DRM. Deshalb kaufe ich DRM-verseuchte eBooks auch nur in sehr seltenen Ausnahmefällen.)
Ich könnte jetzt damit kontern, dass in beiden Geräten mehr Software steckt als in meinem ersten PC in den Neunzigern, aber nein, strikt im Sinne der Definition ist ein Lesegerät kein PC. (Auch wenn ich mittlerweile mehr auf meinem Kindle Fire lese und arbeite als auf meinem Lesegerät.)
Trotzdem sollte man sich vorher genau ansehen, was so ein Teil leistet und was nicht. Wenn ich richtig gesehen habe, nimmt ein Tolino keine Doc oder Docx an. Damit wäre es für mich unbrauchbar. Für meine Tante, die nur was lesen will, nicht. Und ich habe mit DRM kein Problem.
Und da wundert man sich ehrlich, warum ich kein solches Gerät haben will? Da gibt es für mich scheinbar mehr böhmische Dörfer als in ganz Böhmen. Da bleib ich doch gerne beim Buch, da brauche ich keine Gebrauchsanweisung vor einem Roman zu lesen.
Eigentlich hast du recht!
Ganz ehrlich, das Beste am Kindle (oder was auch immer für ein Gerät man nimmt) ist, dass du den Satz nach belieben vergrößern kannst, was wirklich angenehm sein kann, und dass es Dinge wie die Suchfunktion gibt, was manchmal für die Arbeit praktisch ist. Und dass ausländische Bücher mal eine Weile richtig preiswert waren. Was mittlerweile häufig der Vergangenheit angehört. Und auf dem Tablet lassen sich digital aufgearbeitete Comics nett und praktisch lesen.
Davon abgesehen ist das kein richtiges Buch und wird es auch nie werden.