Verblasste Technologie: Morgen ist heute schon gestern
Verblasste Technologie:
Morgen ist heute schon gestern
Ein moderner Computer oder Laptop hat mittlerweile allenfalls noch ein CD-ROM-Laufwerk, wenn nicht schon ein Blu-Ray-Laufwerk. Wobei: Es hätte ja auch die andere Technologie gewinnen können und etliche Star-Trek-Fans haben wohl noch seinerzeit die verhübschte Version der Original-Serie auf einem Datenträgerformat erworben, das heute auch schon nicht mehr unbedingt abspielbar ist. Erinnert sich noch jemand an HD-DVD? Allerdings kann es auch passieren, dass der Computer an sich überhaupt nur einen Anschluss für USB hat und kein optisches Laufwerk mehr. Vermutlich werden wir in etlichen Jahrzehnten fragen, wie wir eigentlich die ganzen DVDs abspielen sollen, die bei uns im Schrank stehen, wenn dann das nächste Format der Zukunft entwickelt worden sein wird.
Eine 3,4-Zoll-Diskette jedenfalls kann ich in meinem Heim nicht mehr abspielen. Und ich glaube, in dem Fall ist das auch nicht weiter tragisch, da die Diskette keinen Inhalt aufweist, der einen persönlichen Wert für mich besitzt. Allenfalls ist diese ein kurioses Detail einer Entwicklung, die sich mit der eigentlichen Idee eines e-Books Anfang der 2000er zum Rocket e-Book und dann weiterhin zu den Tolinos und Amazons dieser Zeit entwickelte. Geschichtlich also vielleicht durchaus interessant, persönlich aber eher nur eine Kuriosität am Rande.
Was aber, wenn auf der Diskette meine ersten Schreibversuche wären, meine ersten Gedichte, meine ersten Gehversuche auf dem literarischen Feld? Oder wenn ich sie seinerzeit auf einem ZIP-Drive - nicht zu verwechseln mit dem Format, das war eine Hardware-Lösung für PCs mit mehr Speicherplatz auf den Disketten - wenn ich also nun meine gesammelten Werke auf ZIP-Drives archiviert hätte? Die Hardware müsste ich mir wohl auf eBay ersteigern und dann versuchen, einen Rechner zu finden, der einen Parallel-Port besitzt...
Die "Quantum Leap"-Folgen auf der VHS-Kassette werden wohl eher ungeschaut bleiben, weil ich seit Jahren keinen VHS-Recorder mehr habe und ich glaube, ich werde mir auch wegen einer Kassette allein keinen anschaffen. Wäre ich natürlich dagegen Sammler von - sagen wir - Actionfilmen aus den 80gern, die es nie auf DVD geschafft haben, dann hätte ich vermutlich allerdings ein solche Gerät zu Hause. Vielleicht auch sogar noch eine Betamax-Variante. Oder Laserdisk. Vermutlich hätte ich solch ein Gerät zu Hause, hätte die VHS-Version von den drei Teilen "Star Wars" im Haus stehen, die eindeutig beweisen, dass jemand zuerst schoss und Jabbar the Hut definitiv nicht als CGI-Kreatur irgendwo rumschleimte...
Womit wir dann eine weitere Facette berührt hätten: Was bleibt eigentlich von den Inhalten übrig, wenn Technologie verblasst? Nicht jeder B-Film wird von der VHS-Kassette auf eine DVD auf eine Blu-Ray transferiert - eine Menge von Filmen und unentdeckten Schätzen wird uns mit der Zeit verlorengehen, da die analogen Bänder nicht ewig halten. Was wir übrigens von CDs damals auch alle dachten, aber mittlerweile haben wir eingesehen: Eine vernünftige Sicherungspolitik mit dem Überspielen aller Backups von alten auf neuen CDs hat seine Vorteile. Wenn man überhaupt noch auf CDs sichert. Und nicht auf USB. Oder Blu-Ray. Oder komplett in einer Datenwolke, auf die man Zugriff hat. Jedenfalls solange der Server, auf dem die Daten liegen, noch in voller Funktion ist und man wiederum von diesem ein Backup hat. (Woran sich dann die Frage anschließt, ob Bootlegger, die Inhalte von Laserdisk auf CDs transferieren nicht doch eine archivarische Funktion erfüllen. Darüber ließe sich diskutieren.)
Wenn Technologie allmählich zu verblassen droht, bemerken wir das zwar irgendwie. Die Folgen selbst sind uns aber nicht immer klar. Wir nehmen das Neue, das Aktuelle, das Bessere in Kauf und bezahlen dafür mit der Preisgabe der vergangenen Inhalte. Wir sichern uns nur das, was wir im Moment für Wichtig und Wertvoll erachten und bedenken kaum, dass es Dinge gibt, die vielleicht später wichtig und wertvoll werden könnten. Dann aber haben wir schon längst den Zugriff auf die Inhalte verloren. Speicherplatz ist heutzutage zwar kein Problem mehr, aber Hand aufs Herz: Welche digitalen Photos würden aus dem Wust, den wir erstellen, in zehn Jahren noch für uns wichtig sein und auf welche hätten wir dann gerne noch den Zugriff? Das Problem stellte sich früher nicht, da gab es 36 Bilder, es gab ein Album und zack, fertig.
Heutzutage beginnt schon die CD als Speichermedium allmählich zu verblassen, weil die Blu-Ray viel mehr Speicherplatz hat und Brenner dafür nun auch nicht mehr die Welt kosten. Allerdings kenne ich niemanden, der noch direkt auf optischen Speichermedien irgendwas sichert. Die Cloud hat längst alle anderen Alternativen verdrängt und die Vorteile - ebenso wie die Nachteile - liegen für uns auf der Hand. Was speichern wir dort momentan ab? Was ist für uns wichtig? Die beiden Fragen sind einfach zu beantworten. Was wir in der Cloud speichern sollten für die Zukunft, falls die Enkelkinder nach Photos von unserem damaligen Ich fragen - das ist eine Entscheidung, die wir auch jetzt fällen. Allerdings wissen wir nicht, ob die Entscheidung für dieses oder jenes Photo jetzt die richtige ist. Die Alternative Unmengen von Terrabytes auf Festplatten zu sichern, damit wir für alles gewappnet sind ist sicherlich denkbar. Allerdings wohl auch eine, die nur jemand fällen kann, der dann auch irgendwann die Zeit hat, ein definitives Archiv zu erstellen und ein gutes Suchprogramm zu installieren.
Technologie verblasst. Das Alte geht, das Neue kommt. Wie wir damit umgehen hängt von vielen Dingen ab. Bisweilen aber sollten wir daran denken, dass Dinge unwiderruflich verloren gehen können. Und uns bisweilen fragen, was wir eigentlich für die Zukunft bewahren wollen. So bald wie möglich.
Kommentare
Rein optisch wird einem zumindest immer mehr geboten.....Dumm nur, dass die zunehmend bessere Bildqualität für die meisten Betrachter nicht mehr wahrnehmbar ist......
sowie
Soll heißen, dass jemand mit 120% sehstärke und dem besten und größten Fernseher an der Wand nicht wahrnehmen kann, ob Technik "A" eine bessere Auflösung oder Technik "B" eine höhere Farbbrillianz aufweist.......natürlich werden entsprechende Messungen gravierende Unterschiede oder Verbesserungen zeigen, aber das kann uns Rezipienten in den meisten Fällen egal sein.....außer wir machen uns was vor.
So kann man es sehen, Heizer. Nehmen wir z.B. eine Blu-ray-Disc und spielen sie ab, allerdings hat die betreffende Person noch einen alten Fernseher. Was bringt einem dann die gegenüber der DVD nochmals verbesserte Bildqualität wenn das Endgerät dieses nicht für den Betrachter umsetzen kann.
Oder nehmen wir einen Film, sagen wir mal aus den 70er Jahren, der nicht digital aufbereitet wurde. Da nutzt dich selbst der neuste Flachbildschirm nichts, denn die Bildqualität bleibt miserabel.
Ist nun alles optimal aufeinander abgestimmt ... Bravo. Aber was nutzen mich dann zukünftige Verbesserungen, wo ich die "verbesserte" Bildqualität eigentlich nicht mehr wahrnehme? Auch da sind ja Grenzen gesetzt und mit zunehmendem Alter verschlechtert sich da auch gegebenenfalls einiges in Sachen Sehschärfe des Betrachters.
Aber es gibt leider immer Menschen, denen muss man nur ordentlich Honig um den Bart schmieren und schon machen die ihre Finanzen locker um die nächste - eventuell sogar unsinnige - Generation der Technik in die eigenen vier Wände zu ziehen. Was bleibt ist die Möglichkeit, zumindest mit dem Neuen mächtig angeben zu können. Praktisch allerdings ist es eine reine Geldvernichtung innerhalb der persönlichen Kasse.
Und wenn man nun Deine Aspekte mit ins Rennen schickt ist unsere Argumentation wasserdicht......wer anderer Ansicht ist, wird wohl gut dafür bezahlt bzw. Ist Lobbyist.......
Andererseits und relativierend: Wäre der Verbraucher immer nur kritisch und Konsumverzichtend, dann säßen wir heute vorm Grammophon....und würden übers Radio motzen.....
Na ja, eine kritische Sichtweise ist ja nicht verkehrt und ein Konsumverzicht kann ich da auch nicht erkennen. Schließlich gehen solche Player ja irgendwann mal kaputt und müssen ersetzt werden. Und es kommen immer wieder Filme raus, die man als Sammler unbedingt noch haben möchte.
Die Frage hierbei ist ja eher, ob man eine neue Entwicklung benötigt, wo man eigentlich keine sichtbare Verbesserung mehr nachvollziehen kann. Aber auch da gibt es ja noch positives Potential wie z.B. die mögliche Erfindung von DVDs oder Blu-ray-Disc, die nicht mehr zerkratzen können. Das wäre doch schon mal ein Fortschritt.
Und wenn wir da noch einige Zeit drüber nachdenken, fallen uns noch bestimmt einige weitere interessante Möglichkeiten ein, mit denen man uns das Geld aus der Tasche ziehen könnte.