Der Schöne und das Biest: Hotel Del Luna
Der Schöne und das Biest
»Hotel Del Luna«
Und man wird eine Reihe von Wendungen erleben, die einen garantiert an der Stange halten werden.
Die Grundprämisse der Serie schauten sich die Macher aber bei Perraults Märchen von der Schönen und dem Biest ab. Mit ein paar Anreicherungen aus der koreanischen Mythologie. Ein Sohn wünscht sich von seinem Vater zum Geburtstag selbstgepflückte Blumen. Nachdem der Vater einen Laden überfiel und die Treppe hinunterstürzte, flüchtet er vor seinen Verfolgern und landet im Hotel Del Luna. Zwar liegt das Hotel mitten in Seoul, aber verwundert stellt der Vater fest, dass er ein so gigantisches Gebäude eigentlich schon irgendwie bemerkt haben müsste. Normal ist dieses Hotel auch offenbar nicht, es hat einen eigenen Sandstrand und mitten im Garten einen kahlen Baum, an dem gerade drei Blüten aufgegangen sind. Klar, was dann passiert: Der Vater pflückt die Blumen und die Besitzerin des Hotels taucht auf: Jang Man-Wol. Zynisch und unerbittlich teilt sie dem Vater mit, dass er in einem Hotel für Geister sei und je länger er sich hier aufhalte, desto ehe würde er sterben. Natürlich, dass ahnt man als Zuschauer*in dann, ist der Vater nicht glimpflich nach dem Treppensturz davongekommen und liegt im Krankenhaus. Der Vater und Jang gehen einen Handel ein: Sie schenkt ihm das Leben, vorausgesetzt, dass er ein gutes und arbeitsamer führen wird, und wird nach zwanzig Jahren seinen Sohn zu sich ins Hotel holen. Der Vater willigt ein und so wird sein Sohn Gu Chang-Sun von Jang Man-Wol erwartet …
Es wäre vergebene Liebesmüh, die komplette Handlung der Serie nachzuskizzieren, denn dazu ist sie zu überbordend. Es sei nur so viel gesagt: Jang Man-Wol hat vor knapp 1000 Jahren hohe Sünden auf sich geladen. Zur Strafe hat eine der Mago-Gottheiten - es gibt übrigens in der Serie nur weibliche Gottheiten, der Tod ist allein männlich - sie mit dem Mondbaum verbunden. Erst, wenn Jang den eigenen tiefen Groll überwindet, kann sie ins Jenseits und ein neuer Besitzer wird ein neues Hotel del Luna oder Gasthaus des Vollmonds oder wie es auch immer heißen wird errichten. Dies kann aber nur dann passieren, wenn der Mondbaum anfängt zu blühen und die Blüten fallen. Genau, das mit der Rose bei Perrault. Dass sich Gu in Jang verliebt und umgekehrt ist natürlich auch ein durchgehendes Thema. Dass diese romantische Fantasy-Serie ein Remake erhalten wird, ist also nicht verwunderlich. Liebende unter den Vollmond, reichlich Tränen und reichlich genügend fantastische Elemente für den Gelegenheitszuschauer - check.
Stellt sich die Frage: Wie hält die Serie den Zuschauer, die Zuschauerin eigentlich bei der Stange? Denn die koreanische Serie liebt das Mäandern, liebt es wie die Seifen-Oper unerwartete neue Figuren einzuführen - etwa Gus Freundin aus den USA. Das kann dann schon leicht zu einem gewissen Themen-Wirrwar führen und zum Teil auch zu einem gewissen Kitsch. Abgesehen von dem Seufzer, dass dies jetzt doch ein wenig das Aussetzen der Wirklichkeit strapazieren würde. Dabei kann man von koreanischen Serien durchaus eine Menge über das Storytelling lernen.
Natürlich gibt es Immer eine Haupthandlung, die in diesem Fall durch die Handlung des Märchens als Klammer zusammengehalten wird. Die Frage hier: Kriegen die Beiden sich oder nicht? Wird Jang Man-Wol ins Jenseits gehen müssen oder bleiben die Liebenden in letzter Sekunde beisammen? Dieses Thema ist stets präsent, wenn auch nicht immer die Haupthandlung der Folge bestimmend. Dadurch, dass wir die Entwicklung von Jang und Gu mitverfolgen und diese durchaus im gegebenen Rahmen so verläuft wie in einer normalen Beziehung bleiben wir hier zumindest am Ball. Zudem hier noch dazukommt: Jang ist eine starke Frauenfigur, die schnippisch, arrogant und überheblich daherkommen kann. Gu muss im Laufe der Serie lernen, sich ihr entgegenzusetzen und zudem lernt er auch ihre sanfteren Seiten und ihre Vergangenheit kennen.
Womit wir beim Aufbau einer Serienfolge wären, denn es gibt mindestens drei Ebenen, die ineinander verflochten sind: Die Handlung im Hotel, bei dem ein Gast im Mittelpunkt steht oder ein Problem zu lösen ist - ein Blick in die Vergangenheit von Jang Man-Wol oder deren Angestellten - ein Problem, dass Gu in seinem privaten Leben lösen muss. Erinnert das nicht an irgendwas? So funktionieren in der Regel Seifenopern. Wobei Hotel de Luna nicht immer ein Problem in einer Folge löst und ad acta legt, um dann gleichzeitig das Problem für die nächste Folge vorzubereiten. Die Macher nutzen geschickt ab und an eine Hintertür, um Probleme vorzubereiten, die der Zuschauer, die Zuschauerin in diesem Moment noch nicht ahnt.
Nehmen wir als Beispiel mal Gus Freundin Lee Mi-Ra. Bis zu der entsprechenden Folge haben wir noch nie von ihr gehört, erfahren dann aber von Gus Freund Sanchez, dass Lee mit Gu in den USA befreundet war. Was sofort die Frage aufwirft: Wie wird sich Jang, die zu diesem Zeitpunkt schon Gefühle für Gu entwickelt hat, sich verhalten? Die Antwort werden wir erst am Ende der Folge wissen. Ebenso wie Gu zu seiner Ex-Freundin steht. Der Liebesknoten ist geschürzt … Aber gleichzeitig werden noch drei andere Dinge vorbereitet. Zum Einen lädt Lee zu einem Freundes-Essen einen weiteren Bekannten von Gu ein - was Sanchez sichtlich unangenehm ist. Warum? Gute Frage. Offenbar haben er und Gu nicht gute Erinnerungen an den Typen. Zur selben Zeit träumt Gu von der Vergangenheit Jangs und der bösen Prinzessin, die damals für die Hinrichtung von Jangs Bande verantwortlich war. Als am Ende der Folge Jang Lee vorgestellt wird, entpuppt sich Lee als die Inkarnation der Prinzessin. Und das Dritte: Der Bekannte, den Lee zum Essen einlud und den wir später nochmal wiedersehen werden - natürlich - hat eine sehr düstere Vergangenheit. Also nicht nur, was Gu betrifft, sondern auch überhaupt.
Geschickt verweben die Drehbuchautoren hier mehrere kleinere Handlungsbögen miteinander. Das große Thema der Liebesgeschichte ist natürlich vorhanden. Wir als Zuschauer*innen sind gespannt darauf, wie Jang auf die neue Freundin reagieren wird. Umgekehrt wissen wir schon etwas länger als die Protagonisten*innen, dass Lee die Inkarnation der Prinzessin ist, die damals Jang zusetzte. Das Drama ist also ein doppeltes: Gu könnte erneut sich in Lee verlieben und gleichzeitig Jangs Groll erneut aufflammen lassen. Womit für sie keine Rückkehr ins Jenseits gegeben wäre sondern ihre komplette Vernichtung. Falls sie zum Rachegeist mutiert. Allerdings müssen wir auf die Reaktionen bis zur nächsten Folge warten. Was wir noch nicht wissen und was erst einige Folgen später aufgelöst wird: Der Bekannte von Gu und Sanchez ist wirklich ein sehr übler Typ. Dessen Verbindung mit Sanchez wird in der nächsten Folge aufgeklärt, allerdings ist das noch nicht das Ende … Wenn in einer der nächsten Folgen der Bekannte also auftritt, kennen wir als Zuschauer*in ihn schon und wissen, dass nichts Gutes zu erwarten ist.
Und wir wissen wieder etwas mehr über Jangs Vergangenheit und warum sie eigentlich bestraft worden ist. Wobei: Wir wissen nie alle Einzelheiten. Das ist natürlich ein gewohnter Trick und auch deswegen bleiben wir bei der Stange. Jangs Vergangenheit wird in jeder Folge angesprochen und es gibt immer wieder Szenen aus ihrem Leben vor und nach dem sie die Besitzerin des Hotels wird. Es sind fast Immer dieselben. Was auf Dauer durchaus langweilig sein könnte, aber in jeder Folge bekommen wir ein weiteres Puzzlestück und dadurch bekommen die Szenen, die wir schon kennen, einen neuen Fokus. Sie bekommen neue Bedeutungen und wir verstehen, warum die Figuren so gehandelt haben. Was in einer amerikanischen Serie meistens in zwei, drei Folgen abgehandelt wird, das erstreckt sich hier auf fünzehn Folgen.
Wie das amerikanische Remake aussehen wird? Gute Frage. Etliches wird man sicherlich für unseren Kulturraum nicht so übernehmen können. Wir haben kein Problem mit Geistern, aber Inkarnationen und Göttinnen und der Fluss Sambo, der Jenseits und Diesseits trennt … Das wird man sicher überarbeiten. Möglich ist, dass das Hotel als eine Art Fegefeuer gedeutet werden wird. Nur, dass man hier halt nicht die Sünden abbüsst, sondern seinen Groll besänftigt bekommt. Anstelle der Mago-Göttinnen kann man durchaus Engel setzen. Es wäre also nicht unbedingt schwierig. Nur die Sache mit der Inkarnation …
Wie dem auch sei: Ich bin mir sicher, es wird klappen. Die Grundprämisse ist ja immer noch das Märchen vom Biest und - in diesem Fall - vom Schönen, die sich einander näher kommen. Das hat schon immer funktioniert. Also mehr oder weniger. Wenn man von einem gewissen Remake absieht.