Disenchantment: Das Stiefkind von Matt Groening
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Das Stiefkind von Matt Groening
Bei Futurama sieht das etwas anders aus: Zwar kennt man die Serie noch irgendwie immer - Doktor Zoidberg und Bender sind ja sehr einprägsame Figuren. Und dann gibts Disentchantement auf Netflix … Und ja, wenn man mich spontan nach den Namen der Figuren fragt, zucke ich mit den Achseln. Da ist halt diese Prinzessin und dieser Elf und dann ein Dämon und es geht irgendwie um - Bier?
Dabei habe ich alle bisherigen Folgen auf Netflix gesehen. Und es gibt Folgen, die ich wirklich sehr mag. Die letzten Folgen der ersten Staffel. Einige Folgen aus der zweiten Staffel. So zwei oder drei. Also eher zwei. Aber irgendwie ist Disenchantment tatsächlich dem Wortsinn nach eher Entzauberung statt etwas, was ich mir nochmal ansehen werde. Woran liegt das aber? Ich mag die Simpsons, ich mag Futurama noch ein wenig mehr aber Disenchantment ist irgendwie so in der Meh-Variante. Irgendwie so zwischen gut und schlecht, halt mittelmäßig. Nicht, dass man mit mittelmäßigen Serien seinen Spaß haben kann. Man sehe ich nur die Serien an, über die ich kürzlich noch geschrieben haben. Hüstel. Aber was fehlt bei Disenchantment ?
Zunächst: Es ist keine neue Idee Fantasy-Tropen auf den Kopf zu stellen. An Terry Pratchetts Romane muss ich wohl nicht unbedingt erinnern. Shrek hat sicher auch einen Teil zur Entzauberung von Märchen beigetragen. Aber auch Parodien auf den Herrn der Ringe, Harry Potter und andere Fantasy-Reihen gab und gibt es. Disenchantment macht auch von der ersten Minuten der ersten Folge klar, dass wir es hier mit einer Parodie auf die Fantasy-Tropen zu tun haben. Die Prinzessin, die sich nicht verheiraten lassen möchte - Bean ist der Name übrigens. Dann ein Elf, der überhaupt nicht mit dem fröhlichem Gesinge und Gehabe im Elfland klarkommt - ich muss gestehen, die Szene, in der Elfo unter fröhlichem Gesang gehängt werden soll, ist sicherlich mit eine der lustigsten der ersten Staffel. Das klingt jetzt komischer, als es ist. Und der Dämon Luci soll eigentlich Leute zum Bösen verführen, aber so oft wie er gemeinsam mit den anderen Beiden im Pup einen über den Durst trinkt … Von Anfang an ist klar: Diese Drei sind Parodien auf die üblichen Figuren.
Damit haben wir aber auch ein Problem: Parodien leben natürlich davon, dass das Erwartete eben nicht der Erwartung entspricht. Was auch ein Merkmal der Komik ist: Ich erwarte etwas, was dann doch nicht eintritt oder auf anderem Wege. Das macht Komik zu einem Teil aus. Parodien leben auch von einer gewissen Eindimensionalität der Charaktere. Ein strahlender Prinz, der zu einem Schwein wird - das ist lustig und bleibt auch lustig, wenn das Schwein keine weiteren Charakterzüge entwickelt und immer dasselbe Charakter-Schwein bleibt. Wenn ich mir die Figuren der ersten Staffel anschaue und dann die letzten Minuten der zweiten, sehe ich keine Entwicklung. Was aber eigentlich hätte stattfinden müssen, denn die Macher zögern ja keineswegs damit, einen Hauptcharakter über den Jordan zu schicken, der Beginn der zweiten Staffel beschäftigt sich ja damit ihn zu suchen. Das müsste eigentlich in den Figuren Spuren hinterlassen haben. Hat es aber nicht.
Wer jetzt damit ankommt, dass es bei Futurama und den Simpsons auch keine Entwicklung gibt, dass die Figuren auch nur für eine Folge ihre Moral gelernt haben - wenn es denn eine gibt - dann: Ja. Natürlich. Denn im Grunde sind die Simpsons und Futurama Sitcoms. Sitcoms, die noch dem alten Schema verhaftet sind: Die Charaktere haben ein Problem, das in der Folge gelöst wird - es gibt natürlich noch eine Nebenhandlung. Am Ende ist alles in Butter, alle haben was gelernt. Jedenfalls bis zur nächsten Folge, wo alle Figuren wieder auf Anfang gestellt werden mit ihren besonderen Ticks und ihrem Charakter. Die Simpsons und Futurama haben allenfalls mal Zwei- oder Dreiteiler. Disenchantment erzählt aber eine durchgehende Geschichte. Oder?
Teilweise. In der ersten Staffel haben wir ein merkwürdiges Gemisch aus Folgen, die für sich allein stehen und Folgen, die mit einem Handlungsbogen verstrickt sind. Wenn man die Solofolgen allein betrachtet, dann funktioniert das Figurenensemble, das nichts lernt, tatsächlich. <Faster, Princess. Kill. Kill>, <Swamp and Circumstances> und <Love’s Tender Rempage> - alles gute solide Folgen. Sobald es aber in das Final der ersten Staffel geht … wirkt das alles eher uninspiriert. Dass erste Staffeln nicht unbedingt die besten sind, weil man sich in die Figuren einfinden muss, geschenkt. Aber ich habe das Gefühl, dass man sich auf Seiten von Groening auch nicht unbedingt sicher war, was man nun wirklich wollte. Heutzutage sind wir sehr an Handlungsbögen gewöhnt, aber die Simpsons und Futurama hatten auch ohne sie Erfolge. Ob das Netflix-Publikum zudem genau den Humor mochte, den man in der Serie verarbeitete? Offenbar war man sich nicht sicher und setzte auf zwei Pferde. Allerdings kann nur ein Pferd gewinnen.
Eigentlich habe ich dann für Staffel Zwei erwartet, dass man sich auf ein Format einigt: Entweder Einzel- oder Handlungsepisoden. Und wenn zu Beginn der Staffel eher der Handlungsbogen verfolgt wird - auch wenn die Figuren immer noch keinen richtigen Charme entwickelt haben - ist es um so befremdlicher, dass auch danach wieder Einzelfolgen - nun - folgen. Auch diese sind solide und unter ihnen befindet sich eine meine Lieblingsepisoden, aber: Warum? Hatte man Netflix versprochen, ebenfalls zehn Folgen abzuliefern und brauchte Füllstoff, weil man die Handlung nicht so lange strecken konnte? Zeigten die Zugriffszahlen, dass dieses Halbe-Nichts-Ganzes bei den Zuschauern ankam? Irgendwo muss ein Grund liegen. Zudem: Die Handlung der zweiten Staffel ist wirklich, wirklich dünn. Rechnet man die ersten Folgen der zweiten Staffeln noch zu <Wir müssen irgendwie die Probleme der ersten Staffel auflösen>, dann bleibt außer gelegentlichen kargen Hinweisen auf die Prophezeiung und den letzten beiden Folgen nicht viel an großer dramatischer Handlung übrig. Wenn in den letzten Minuten der letzten Folge an den Anfang angeknüpft wird, sieht das stark nach Verlegenheitslösung aus. Irgendwie überzeugt die Handlung um Dagmar und die Prophezeiung nicht. Wie auch, wenn die beiden Handlungsträgerinnen halt flach und unsympathisch bleiben.
Verzeihbar wäre es, wenn de Humor sitzen würde. Er steht aber meistens. Meistens ist er auch noch lange vorher zu sehen, der Gag, der da kommen wird. Wenn bedeutet wird, dass die Schiffsbesatzung leise sein soll, damit keine Monster geweckt werden, was passiert? Richtig: Irgendjemand schreit in der nächsten Sekunde los. Subtil ist der Humor nirgends. Zugegeben: Futurama hatte auch ab and an ein wenig damit zu kämpfen. Ebenso die Simpsons. Aber nicht auf Dauer. Nicht ständig. Ich bekomme als Zuschauer immer signalisiert: Achtung, jetzt kommt ein Karton … und der kommt dann auch. Darüber kann ich nicht mal müde lächeln, geschweige grinsen. Ja, es gibt einige Momente, in denen die Serie den Nagel auf den Kopf tritt. Aber leider sind zu wenig Momente davon da, als dass ich mich amüsiert fühlen würde. Es hält nicht für die ganze Serie vor.
Dabei möchte ich die Serie ja mögen. Es gibt gute Folgen. Es gibt wunderbare Momente. Irgendwo ist da der Zauber ja vorhanden, aber er ist leider begraben unter unsympathischen Figuren, einem merkwürdigen Humor - nein, Sex-Witze machen eine Serie nicht erwachsener. Blut auch nicht, siehe Torchwood. Ich fühle die Anstrengung des Teams und offenbar scheint die Serie ihr Publikum zu finden. Nur: Für mich ist sie dann halt nichts. Isso. Aber dank Disney+ kann man sich ja die ersten Staffeln der Simpsons anschauen. Leider nicht die von Futurama. Vielleicht kommen die noch. Hoffentlich.
Kommentare
Deine Kritikpunkte kann ich aber schon nachvollziehen, für einige reicht sogar der Trailer, den ich gesehen habe.
Naja, vielleicht warte ich dann doch lieber auf diese neue Jurassic World - Serie...