Die unaufgeregteste Quizshow des Vorabends: Gefragt, gejagt
Die unaufgeregteste Quizshow des Vorabends
»Gefragt, gejagt«
Deswegen sind die Krimis um diese Zeit auch eher was für Leute, die irgendwas anderes nebenbei machen, eine hohe Konzentrationsdichte um den Mörder zu finden kann man sich da nicht leisten. Und ebenfalls kein sonstige Quiz-Aufregung. Vielleicht ist das ein Punkt, warum »Gefragt, gejagt« sich einen Platz im Vorabendprogramm der ARD erobert hat.
Dabei ist das Format an sich nicht langweilig, sonst würde es sich nicht seit 2012 in der ARD halten. Und im englischen Fernsehen noch ein Stückchen länger, da startete das Ganze auf ITV 2009. Originaltitel Ist ›The Chase‹ und da man wie immer bei solchen Formaten Studio, Spezialeffekte und Musik übernommen hat, platziert sich auch in Deutschland der Jäger in einem großen roten C. Das Prinzip? Vier Kandidaten treten gegen den Jäger an. Dabei gibt es immer eine Schnellraterunde, mit der man das notwendige Startkapitel erspielt. Dann treten die Kandidaten gegen die Jäger an, die sich abwechseln. Zu Beginn dieser Runde macht der Jäger zwei Angebote: Entweder kann der Kandidat die untere Eurosumme - beträchtlich abgespeckt nehmen - oder er geht auf die Risikovariante. Gekoppelt ist das mit der Anzahl der Freifelder, also dem Abstand der Gegner. Bei der Risikovariante bleibt da nur ein Feld Abstand, das Spiel kann also recht schnell vorbei sein. Bei der untersten Variante hat der Kandidat dann mehr Abstand. Oder er entscheidet sich für die Mitte. Nach dieser Runde dann: Das Finale. Die übriggebliebene Kandidaten beantworten Fragen, für die sie jeweils einen Punkt Vorsprung vor dem Jäger bekommen. Dieser versucht dann natürlich ebenfalls so schnell wie möglich die Fragen zu beantworten. Antwortet er in seiner Runde aber falsch, können die Kandidaten die richtige Antwort nachliefern und den Jäger ein Feld zurückschicken.
Klingt auf dem Bildschirm komplizierter als es eigentlich ist. Natürlich entsteht durch den Aufbau der Show schon eine gewisse Spannung - besonders wenn es im Finale knapp wird und der Jäger in letzter Sekunde doch noch gewinnt. Oder wenn jemand die Risikovariante in der Runde vorher wählt. Es ist also nicht so, dass die Show langweilig wäre. Das kann sie auch nicht sein, weil die Jäger sich permanent abwechseln und jeder Jäger seine Eigenheiten hat. Was die Sendung aber generell auszeichnet: Sie ist wundervoll altmodisch.
Nein, nicht von der Inszenierung her. Da ist natürlich mit Licht, Sound und der Kulisse - und den immerwiederkehrenden Kamerafahrten - alles auf Quiz-Standard. Nur der Vorspann mit dem merkwürdig animiertem - hmm - Mann? Jäger? Gejagtem? - ist halt definitiv nich so toll. Wer auch immer auf die Idee bei ITV kam, da glühende Augen einzusetzen, gehört in den letzten Höllenkreis von Dante verbannt. Brrr. Aber wer sich einige Folgen mal angesehen hat, der wird gemerkt haben: Die Sendung strahlt einen gewissen Geist aus, der aus der Zeit der großen charmanten Showmaster bewahrt wurde.
Das kann man mit einem Satz zusammenfassen: Alle sind nett zueinander. Ja, wird man einwenden, dass sind die bei anderen Quizz-Shows doch auch. Der Moderator macht doch nie die Kandidaten fertig. Nein, das macht er nicht. Er stellt sich aber auch ihnen nicht gleich. Und ich möchte nicht behaupten, dass Moderator Alexander Bommes gut Freund mit allen Kandiaten ist. Die Grandezza eines Kulenkampffs, die Spritzigkeit eines Gottschalks oder die Einfühlsamkeit eines Fliege - oder Lanz: Die fehlt ihm sicherlich. Aber Alexander Bommes ist sympathisch, weil er nicht abgehoben daherkommt. Er wirkt wie der nette Nachbar von Nebenan, der rein zufällig halt jetzt in einer Quizzshow gelandet ist und den Kandidaten eine gute Zeit ermöglichen möchte. Was man an den Gesprächen nach während der zweiten Runde ja auch immer merkt. Und natürlich ist das Ein oder Andere, sind einige Gags wirklich schauderhaft, aber Bommes bringt seine Witze wohl dosiert an und nicht jeder traditionell eingeführte Gag kommt in jeder Sendung vor. Bommes vertraut auf den Moment und das muss er auch. Denn er kennt ebensowenig die Fragen wie Jauch und er lese ja nur ab, wie schon öfters in der Sendung bemerkte.
Es ist natürlich ein schmaler Grad, wenn man sich mit allen vertraut macht. Normalerweise müsste der Moderator auch eine gewisse Distanz zu seinen Mitspielern haben. Was Bommes aber auch bei den Jägern nicht macht. Eingespielte Teamkameraden - so kann man das Ganze am ehesten bezeichnen. Da die Sendung seit etlichen Jahren läuft und die Jäger nicht andauernd ausgetauscht werden, kennt man die Eigenheiten des Anderen und kann dann auch leicht und spielerisch mit denen umgehen. Was natürlich beim Zuschauen einen Heidenspaß macht. Vor allem: Die Jäger sind keine überkandidelten Superhirne. Die Chancen zwischen ihnen und den Kandidaten sind durchaus ausgewogen. Die Jäger sind sympathisch. Man kann sich natürlich seinen Favoriten raussuchen, aber nett sind sie alle.
Ein gewisses Konkurrzenzdenken ist zwar da, sonst würde die Sendung nicht funktionieren. Aber das Verhalten der Beteiligten untereinander ist von einem höflichem Umgang geprägt. Also genau das Richtige, wenn man nach der Arbeit nach Hause kommt. Man kann sich entspannen, die Beteiligten sind sympathisch und wenn man eindöselt, verpasst man nichts wirklich wichtiges. Was wohl auch das Geheimnis der Krimis ist, die immer nach den Quiz-Shows in der ARD gesendet werden. Ja, natürlich ist das eine harmlose, nette und auch eigentlich belanglose Quizshow. Würde man sie heute einstellen, keiner würde ihr großartig nachtrauern. Aber es muss ja nicht immer Action sein.