Das müde Lächeln - Hörspielfans auf ausgetretenen Pfaden
Das müde Lächeln
Hörspielfans auf ausgetretenen Pfaden
Viele sicher mit ernsthaften Ambitionen. Doch ist das Medium Hörspiel und die damit verbundene Kraftanstrengung ständig neue Events ins Leben zu ruden noch gerechtfertigt? Selbst die Hörspielarena auf Tour, der inoffizelle Nachfolger der HÖRSPIEL konnte den Charme und die Größe des Hamburger Events nicht einfangen. Dennoch gibt es sie weiterhin.
Hörspielfans wandeln auf ausgetretenen Pfaden. Denn die HÖRMICH ist kaum ein Anziehungspunkt für echte Fans der drei ???. Auch keiner für Benjamin Blümchen-Hörer. Hier tummeln sich eher die Hörer der Erwachsenen-Hörspiele. Eine Gruppe von Hörern also, die es erst mit Beginn des neuen Jahrtausend so wirklich gab. Ehemalige Jugendliche aus den 80er Jahren, die in den Kleinoden ihrer Erinnerungen kramen. Sei es nun "Die drei ???", die "Fünf Freunde", "Commander Perkins" oder "Larry Brent" und "John Sinclair". Diese Hörspiele haben in den 80er Jahren Jugendliche und junge Erwachsene angesprochen. Sie waren für eine Zielgruppe kreiert, von der man wusste, dass diese schnell keine Zielgruppe mehr sein würde. Entsprechend kurzlebig waren diese Serien. Nichtsdestotrotz übten diese Hörspiele eine Faszination aus und teilweise tun sie es ohne Zweifel heute noch. Doch es gibt heute einen anderen Markt.
Andere Interessen und vor allem andere Möglichkeiten. Auf der HÖRMICH in Hannover, die sich offiziell Messe schimpfte, begegneten mir Hörspielhändler, die einst Flohmärkte unsicher machten. Ich traf Labelvertreter der kleinen Unternehmen wie HörPlanet und R&B Company. Eben jene, die sich erhoffen für eine kleine Präsentation, den einen oder anderen potenziellen Käufer von seinen Produkten zu begeistern. Denn "Lady Bedford", "Faith" oder "Schrei der Angst" sind Hörspieladaptionen die 30 Jahre zu spät das Licht der Welt erblickten. Es sind Hörspiele für Erwachsene und vielleicht auch für Jugendliche. Doch die Erwachsenen sind eben diejenigen, welche schon 1980 Hörspiele hörten. Nur wenige davon begeistern sich noch für dieses Medium. Man macht heute Hörspiele für ein ganz kleines Grüppchen von Leuten. Ausnahmen bleiben "Die drei ???" und noch eine Handvoll andere. Doch diese tummeln sich auf entsprechenden und ehrwürdigen Events. Ich vergleiche die Situation mit der TV-Show "Wetten dass". Die wurde jüngst eingestellt, weil die Kosten nicht mehr im Verhältnis zum Aufwand stehen. Hier schauen auch nur diejenigen zu, die aus Nostalgiegründen und aus einer alten Tradition heraus mit der Sendung verbunden sind.
Das Hörspiel wird aber munter weiter produziert. Es entstehen Geschichten für die sich niemand oder bestenfalls ein kleines Grüppchen interessiert. Und an Tagen wie jüngst in Hannover darf der Nerd so herzlich Nerd sein wie er nur möchte. Da gehen Sammler um die 30 um, die z.B. nach Drei ???-Hörspielen Ausschau halten und zwar in allen Auflagen. Sie haben Listen zur Hand um zu wissen was Ihnen noch fehlt zum Glück. Dabei ist es durchaus von Bedeutung ob die Kassettengehäuse der alten Tapes nun verschraubt oder verschweißt sind. Ob die Kassetten Aufkleber haben oder ob der Titel einfach auf das Plastikgehäuse gedruckt wurde. Ob die Kassette schwarz oder gelb ist und das Tonbandsichtfenster groß oder klein spielt eine ebensolche Rolle. Und auf die Frage was das Sammlerherz nun begehrt hört man die knappe Antwort "Alles".
Ich möchte die HÖRMICH nicht klein reden. Die Macher haben viel Zeit und Energie investiert. Und einige Menschen hatten sichtlich Freude an den Auslagen und Veranstaltungen. Doch jede Lesung, jede Podiumsdiskussion auf der Empore verpuffte bei mir. Ein müdes Lächeln umspielte meine Lippen, als ich den Darbietungen, den Gesprächen und Argumenten lauschte. Ach wie sehr kam mir das doch alles bekannt vor. 2008 hatte ich es schon in Hamburg gehört. Und ich wollte schreien. "Leute" die Zeit ist um. Auch wenn es Unentwegte gab, die den Tod des Hörspiels wegredeten ohne auch nur ein Argument dafür zu haben. Tot. War es jemals lebendig? Es war doch stets ein Nischenprodukt. Die Faszination, die davon ausgeht liegt im Reiz der Nostalgie. Für mich wurde in Sachen Hörspiel alles gesagt und ich kenne doch ziemlich jede Anekdote, jedes Argument für und gegen Hörspiele. Emotional war ich vom Hörspiel nie so weit entfernt wie an jenen Samstag auf der HÖRMICH in Hannover. Diese Veranstaltung war nicht weniger und kaum mehr als ein Flohmarkt. Sammlerpreise von alten Hörspielen, die in die Hunderte Euro gehen sind auch vorbei. Hier wurden Tonträger maximal mit zweistelligen Summen gehandelt.
Ich habe dem physikalischen Datenträgern längst abgeschworen. Aus Platzgründen. Kein CD-Regal soll mir die Wände verschandeln und Staub fangen. Auch diese Zeiten sind vorbei.
Kommentare
Die Hörspielefans sind ein ganz umgängliches Völkchen. Auch wenn die Zuneigung zum veralteten Medium Cassette bei dem einen oder anderen Fan groteske Züge annimmt.