Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Sven Schreivogels Produktionsnotizen - Mai 2009

Gordon Black - Eine Hörspielserie entstehtSven Schreivogels Produktionsnotizen
Mai 2009

Das Melonenmassaker _ Geräusche für Gordon Black 27. Mai 2009:
Je näher der Abgabetermin fürs Presswerk rückt, desto häufiger schwankt unsere Stimmung zwischen Zuversicht und Zweifel, dass die Master rechtzeitig fertig werden. Immer wieder basteln und tüfteln wir an den Szenen; Geräusche und Musik werden angelegt, ein paar Zehntelsekunden verschoben, danach wieder an den vorherigen Punkt zurückgesetzt.

Tja, zwei Perfektionisten sind am Werk ...


Etwa 150 Geräusche haben wir speziell für „Gordon Black“ neu gemacht. Von den Live-Geräuschen, den so genannten „Foleys“ – dazu gehören beispielsweise Schritte, das Klappern einer Kaffeetasse und ein Faustschlag auf den Tisch –, bis zu den Kampfgeräuschen wie Schlägen, Tritten usw. ist viel Material extra aufgenommen worden.

Zwei Arbeitstage waren wir damit beschäftigt, eine lebensechte Klangkulisse herzustellen. Dabei kam mir meine Erfahrung aus der Zeit als Filmemacher zu Gute, wo man nicht immer auf Archivmaterial zurückgreifen konnte.

Schrei Vogel und der Karton Mit den verrücktesten Materialien haben wir jetzt also Geräusche erzeugt. Wenn die Fledermaus in der ersten Folge „Der Spiegel des Grauens“ zu Staub zerfällt, hört man in Wirklichkeit Zucker, der auf ein Holzbrett rieselt. Das Ausgraben des Totenschädels in der dritten Folge „Friedhof der Hexen“ entstand unter Zuhilfenahme von Cornflakes.

Den Höhepunkt bildete das Geräusch, wenn in der zweiten Folge der Dämon die Augen seiner Opfer herausnimmt. Dafür mussten eine Kiwi und eine Orange herhalten, deren Fruchtfleisch mit einem Löffel entfernt wurde. Eigentlich schmeckt so was ja lecker, aber im Hörspiel klingt’s einfach nur ekelhaft – wie auch das Pfählen des Grafen Girolamo in Folge Nummer eins: Hier haben wir einen Holzpflock in eine wehrlose Melone gestoßen.

Dieser Akt der Brutalität war eine sehr klebrige Sache. In weiser Voraussicht hatte Thomas zuvor das Studio mit Plastikfolie ausgelegt. Guten Appetit! Übrigens: Die Fallgeräusche sind bis auf wenige Ausnahmen ebenfalls nicht aus dem Archiv.

Für die Stürze verschiedener Rollen-Charaktere (auch Frauen!) musste sich Herr Schreivogel in mehrere Kartons und in Verpackungsmaterial werfen, was von Herrn Körber einen Tag danach mittels Bass- und Hallzugabe in ein ordentliches Getöse verwandelt wurde. Die magischen Geräusche für das Athame, den Dogu usw. haben wir – als Hommage an die Hörspiele aus den 1970er und 1980er Jahren – mit einem Synthesizer erzeugt. Das ist – natürlich! – eine Frage des Geschmacks, aber wir fanden diese elektronisch klingenden Töne echt kultig.

Der Produzent und die Wumme - Der Wahn kommt Ein weiteres Geräusch, das noch erwähnt werden sollte, haben wir „Holterdipolter“ genannt. Es ist aus mehreren Einzelgeräuschen zusammengesetzt und wird jedes Mal eingesetzt, wenn irgendwas spektakulär zu Bruch geht. Ihr merkt’s, während Ihr diese Notizen lest, oder? In den letzten Tage hatten wir jede Menge Spaß! Das Ergebnis sind drei Hörspiele, die „old school“ produziert wurden und sich vom aktuellen Trend (viel Krach für wenig Inhalt) wohltuend unterscheiden werden.

Bevor wir jetzt weiter an der Mischung arbeiten, möchte ich noch auf eine tolle Aktion im Zuge der Release-Party hinweisen: Horst Nowack wird mit seinem mobilen Studio vor Ort sein, um im Auftrag von Nocturna Entertainment ein Nachwuchs-Casting durchzuführen. Vor dem Hintergrund, dass auch ein paar Produzenten-Kollegen ihr Kommen zugesagt haben, ist’s eine gute Chance für Leute, die immer schon mal vorm Mikrophon stehen wollten. Das Mindestalter für die Teilnahme beträgt 16 Jahre. Also: Bis bald!

14. Mai 2009:
Zugegeben: Die Erschöpfung nimmt zu – aber wir haben immer noch genug kreatives Potenzial! Es ist echt spannend, wie die Szenen wirken, wenn die Dialoge mit Geräuschen und Musik untermalt werden.

Manche Gags entstehen erst während der Mischung. In Folge Nummer drei „Friedhof der Hexen“ gibt’s beispielsweise eine Szene, in der Gordon, Hanako und der Polizist Ranking versuchen, in das Haus des Reeders Mr. Singerman zu gelangen.


Sven Schreivogel und Thomas Körber mit Frank Sauerbrey (Cornamusa)Eigentlich sollte Gordon laut Manuskript ein Fenster öffnen. Aber: Warum ist dieses Fenster nicht verschlossen? Der Logik folgend schlägt der Geisterjäger jetzt also die Scheibe ein, und zwar mit den Worten: „Es ist offen!“ Mit dem Zögern Rankings, der keinen Haussuchungsbefehl hat und in seiner Funktion als Inspektor hier quasi einen Einbruch begeht, ist dieser Spontan-Gag doppelt witzig.

Frank Sauerbrey, Sänger des Gordon Black TitelsongsMitten im Schnitt haben wir eine weitere Rolle aufgenommen: Oliver Clark, ein Göttinger Filmemacher, durfte sich als Mr. Burton in Folge Nummer zwei „Die Augen des Dämonen“ probieren. Er hat seinen Auftritt mit Bravour bestanden. Ein Kenner des Romans von Bryan Danger alias Wolfgang Rahn wird sich fragen, warum die Figur im Hörspiel Burton heißt – im Gegensatz zum Roman, wo ihr Name Barton lautet. Tja, so was passiert in der Hitze des Gefechts. Ein gewisser Regisseur hat’s falsch übertragen, und danach musste er konsequent mit diesem Namen weitermachen.

Heidi Lepies - Ein Hexe in Folge 3Ein echter Höhepunkt war die Gesangsaufnahme zum Gordon-Black-Titelsong „The Breeze“. Es ist Thomas gelungen, den Sänger der Thüringer Kultband Cornamusa, Frank Sauerbrey, für den Song zu verpflichten. Frank zeigte, wie viel Rockpower in ihm steckt und interpretierte den Titel mit dämonischer Stimme. Die Testhörer (die nicht von den Beteiligten bestochen wurden!) sind übrigens der Meinung, dass der Song Hitqualität hat. Warten wir’s ab!  ;-)

Zu guter Letzt eine tolle Nachricht: In Zusammenarbeit mit dem Marktspiegel und dem Zauberspiegel wird Nocturna Entertainment (vormals Nocturna Audio) eine Release-Party zu „Gordon Black“ veranstalten. Diese Party wird am 6. Juni in Neu-Eichenberg stattfinden. Der Veranstaltungsort ist das ehemalige Emil-Zorn-Werk im Ortsteil Eichenberg-Bahnhof. Es soll Live-Musik, Making-of-Video, Talkrunden sowie Verköstigung mit Getränken und Gegrilltem geben. Mehr dazu in meinen nächsten Notizen ...

4. Mai 2009:
Im Moment laufen mehrere Dinge gleichzeitig ab. Thomas Körber und ich sind jeden Tag damit beschäftigt, die einzelnen Szenen zusammen zu setzen.

Neben dem Sprachschnitt, der jetzt immer mehr wie ein Dialog klingt, werden Geräusche und Musik angelegt.

Es gibt viele Geräusche, die wir speziell für „Gordon Black“ erstellen müssen, so zum Beispiel die Dämonenpeitsche, wo einhergehend mit dem Peitschenschlag die Schreie verzweifelter Seelen zu hören sind.


Außerdem ist’s wichtig, daran zu denken, an welchem Ort die jeweilige Szene spielt. Die Einleitung zur ersten Folge „Der Spiegel des Grauens“ erzählt die Hinrichtung des Grafen Girolamo, der von venezianischen Bürgern auf einen Pfahl gespießt wird. Venedig liegt in einer Lagune; folglich ist im Hintergrund das leise Plätschern von Wasser, das gegen eine Kaimauer schlägt, zu hören.

Diese Kleinigkeiten, die vom Hörer meist nur unbewusst wahrgenommen werden, sollen zu der entsprechenden Stimmung in den Szenen beitragen – und nehmen eine Menge Zeit in Anspruch. Dazu gehören auch die so genannten „Spitzen“. Dabei handelt es sich um Kleinstrollen ohne Namen, die direkt auf das Geschehen in der Szene reagieren.

Linda Lüchtrath (eigentlich Toningenieur-Studentin in Graz) und Sven Schreivogel beim Spitzen-Sprechen. Vor kurzem hatten wir lieben Besuch im Studio: Linda Lüchtrath, eine ehemalige Praktikantin von Thomas, die inzwischen ein Toningenieur-Studium in Graz absolviert. Natürlich haben wir die junge Dame sofort fürs Spitzen-Sprechen engagiert. Linda ist jetzt also in den Folgen Nummer zwei und drei zu hören, und zwar in einer Casinoszene und in einer Gerichtsszene. Darüber hinaus durfte sie ihr schauspielerisches Talent als eine der sieben Hexen, die gemeinsam mit ihrem Meister Noah Rush auf dem Scheiterhaufen verbrennen, unter Beweis stellen.

Eigentlich ist’s eher das Talent, möglichst schrill zu schreien ...

Thomas Körber und seine Schwester Andy Pearson, Komponist und Texterin des Gordon-Black-Titelsongs "The Breeze" In der besagten Casinoszene spricht Linda mit österreichischem Akzent (die Wahlheimat lässt grüßen, Teil eins). Ihre Partnerin in dieser Szene ist Andy Pearson, die Schwester von Thomas, die übrigens den Text für den Titelsong „The Breeze“ geschrieben hat; sie spricht mit schweizerischem Akzent (die Wahlheimat lässt grüßen, Teil zwei).

Ihr merkt’s, oder? Den richtigen Schliff erhält der Diamant erst jetzt.

Auch die Zwischenmusik entsteht zum Teil während der Szenenbearbeitung: Oft hat Thomas eine spontane Idee, die er gleich umsetzt. Beispielsweise wurde vor ein paar Tagen nicht nur Monteverdi, sondern auch Bach imitiert – und das so skurril, wie’s sich für die Serie gehört. Ihr dürft gespannt sein...

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Wir verwenden Cookies, um Inhalte zu personalisieren und die Zugriffe auf unsere Webseite zu analysieren. Indem Sie "Akzeptieren" anklicken ohne Ihre Einstellungen zu verändern, geben Sie uns Ihre Einwilligung, Cookies zu verwenden.