#36 Die Kugel aus Bremen
# 36: Die Kugel aus Bremen
Manfreds Club war einer der ersten, die Helmut "Jason Dark" Rellergerd auf der Leserseite verkündete, als die Begeisterung der Leser ungebrochen und die Serie John Sinclair auf dem Weg nach oben war. Er hatte eine ziemlich aggressive Aufnahmepolitik. Wer um Informationsmaterial bat, fand sich auf der Mitgliederliste wieder (so ging es mir) und das Fanzine in seinem Briefkasten (zunächst war ich verärgert, aber das legte sich nach einem kurzen Telefonat mit dem Boss, denn er war ein netter Kerl und wickelte mich zügig ein, so dass ich blieb). So sammelte er schnell Mitglieder, aber da die meisten auch blieben, ging das in Ordnung. Das lag auch daran, dass der Sonnenkönig aus Bremen sich der Unterstützung des Bastei Verlages und des Autors versichert hatte. Informationen erschienen oft exklusiv bei Feuerriegel im Clubmagazin des Sinclair/Zamorra Clubs. Damit hängte er die Konkurrenz ab, ob sie nun Fuchert, Osenberg, Hoven, Conrad, Thronbehrens oder Heck hieß.
Vielleicht hat der Verlag hier eine Chance verpasst, einen großen und in sich geschlossenen Fanclub für ihre Serien, insbesondere John Sinclair zu schaffen, denn Manfred wäre genau der Richtige für diese Aufgabe gewesen. Ein jovialer Lenker, der noch ein paar Leute für die Kleinarbeit brauchte, denn das war nicht sein Ding. Aber er hätte den Laden zusammen gehalten und mit seinem Charisma (man sollte nicht glauben, was die Kampfkugel mit ihrer Piepsstimme für eine Präsenz entwickeln konnte) leiten und weiterentwickeln können.
Wann bin ich Manfred das erste Mal begegnet? Oh ja, es war der erste (bereits mehrfach thematisierte) Con des Horrorfandoms in Dieter Hovens Wohnung, als er mit Frank Nesemann einmarschierte. Bald darauf unterhielten wir uns. Die Idee der Artikelserie wurde geboren, die ich über meine persönliche Sicht der Serien schreiben wollte. Die, die den Zoff mit den Mitgliedern des Bremer Clubs und mir auslöste. Manfred sah erstmal nur die Idee und ließ mich gewähren. So war er.
Andererseits konnte er auch Dinge aussitzen. Das einte ihn mit Helmut Kohl. Manfred brachte (wohl wegen der Kohle vom Bastei Verlag) nur Bastei Verlagsvorschauen (ob im vorauseilenden Gehorsam oder als Bedingung für die Unterstützung weiß ich nicht), obwohl von seinen Mitgliedern ein Blick auf den Tellerrand gewünscht war. Manfred antwortete mit viel heißer Luft und saß das Problem einfach aus, denn er konnte sich sicher sein, dass alsbald neue Säue durchs Dorf getrieben wurden, die die Aufmerksamkeit von ihm ablenkten (ganz so wie es der Oggersheimer hielt). Und meistens hieß der Schweinehirt Dieter Hoven (auf den war Verlass).
Als der Zoff dann lief und Manfred die Artikelreihe aus seinem Magazin nahm, reisten Norbert und ich im Spätsommer nach Bremen. Das muss Mitte/Ende August 1982 gewesen sein. Es war Wespenzeit. Und wie immer nach langen warmen Sommern gab es jede Menge unternehmungslustige und gierige Exemplare dieser Spezies. Zweck des Treffens war: Wir wollten herausfinden, ob wir zusammenarbeiten konnten. Wir saßen zunächst entspannt auf der Feuerriegel'schen Terrasse und unterhielten uns. Aber da waren die Wespen, die sich aufgrund der gereichten zucker- und koffeinhaltigen Erfrischungsgetränke zahlreich einfanden. Sowohl Norbert als auch Manfred fühlten sich unwohl und zuckten oft grotesk. Hinweise meinerseits, die Ruhe zu bewahren und entspannt zu bleiben, verfehlten ihre Wirkung. Volker Sorge blieb meiner Erinnerung nach auch relativ gelassen, aber ich glaube auch, dass Volker auch mitten auf einem ausbrechenden Vulkan sitzen müsste, um hektisch zu werden.
Zwischen den Zuckungen Norberts und Manfreds kam man zu Ergebnissen. Und ich muss gestehen, dass der Bremer uns einwickelte, uns für ihn und seine Zwecke einspannte. Denn wir beschlossen den Zeltcon in Ahnatal-Weimar als gemeinsame Unternehmung, aber alles, was an Arbeit anstand, überließ er sicherheitshalber uns (Einladungen schreiben, Gelände ausloten, Programm vorbereiten). Er war bereit den potentiellen Ruhm demütig in Empfang zu nehmen und sich in den begeisterten Ausrufen zu aalen. Ein großes Talent von ihm: andere für sich und seine Zwecke einzuspannen und den anderen dann auch noch ein gutes Gefühl dabei zu geben. John Maddox Roberts beschrieb in seiner "SPQR"-Serie historischer Krimis aus der Zeit der sich im Todeskampf windenden römischen Republik des Öfteren Julius Cäsar genauso. Wir waren das Opfer des großen Einseifers geworden.
Manfred war auch nicht der große Genreexperte, verstand aber doch einiges vom Horror, so dass er von Sachkenntnis nicht ungetrübt seinen Club führte und das Magazin herausgab. So war er immer offen dafür, das Magazin zu verbessern und es gelang ihm sogar. Florian Schneider, ein toller Zeichner, löste das Dilemma mit den Titelbildern. Sven Beltermann, der Filmpapst, äußerte sich sachkundig über Filme. Immer, wenn sich die Gelegenheit bot, griff Manfred zu, um das Si/Za-Clubmagazin aufzupeppen. War anfangs allein Guido Grandt mit seinen Kurzgeschichten der Star, so musste er sich diese Rolle alsbald teilen. Auch Norbert wurde Kultautor mit der Trilogie "Angriff der Käsezombies", eine Persiflage auf John Sinclair.
Dann aber kam 1983/84 Unmut auf. Die anderen Clubleiter, die sich vorwiegend den Bastei-Serien zugewandt hatten, nagten an der Vormachtstellung Feuerriegels. Sie waren es leid, die neuesten Neuigkeiten zu John Sinclair und Bastei bei Feuerriegel nachlesen zu müssen und versuchten, dem König ans Bein zu pinkeln. Es war auch eine gute Portion Neid dabei. Auch machte das Gerücht die Runde, dass der Si/Za Club finanzielle Unterstützung erhielt, was ja den Tatsachen entsprach. Da waren einige grün vor Neid. Alle wollten, obwohl sie gar nicht die Qualitäten hatten, Feuerriegel anstelle des Feuerriegels sein.
Manfred gab sich locker und stimmte der Gründung einer Informationszentrale zu, deren Leitung zunächst Markus Küppers aus Mönchengladbach übernahm. Diese sollte Infos bei den Verlagen abholen und dann an die Fanclubs verteilen. Später dann übernahm dieses Amt Joachim Otto, der aus dieser Position heraus die Romantruhe gründete, eine der Erfolgsgeschichten des Horrorfandoms, die es auch noch zu erzählen gilt.
Dadurch verlor Manfred einen Teil seines Vorsprungs. Der Wegfall der Exklusivität muss ihm schwer zu schaffen gemacht haben und zog er sich 1984 bereits aus der Clubleitung und dem Fandom zurück. Denn jetzt hätte er auch konzentriert arbeiten müssen. Und das war nicht so Manfreds Ding. Zumal auch Volker Sorge sich nicht so kommandieren ließ.
Manfred übergab seinen Club einer bunt zusammen gewürfelten Truppe, zu der auch Norbert und ich gehörten. Nur zögerten wir fast ein Jahr, bis es weiterging. Zu lang. Und so starb der Si/Za Club, Bremen, der nach Manfreds Rückzug "HFC Pendragon" heißen sollte, eines stillen leisen Todes. Das war äußerst schade. Man hätte den Sonnenkönig noch gut gebrauchen können und alle hätten unter seiner weisen Führung willig und froh gearbeitet, aber der König trat ab, ging ins Exil. Der König hatte seine Schuldigkeit getan. Der König ging.
Ich begegnete Manfred 1993 auf dem von Dieter Hoven organisierten Veteranentreffen des Horrorfandoms wieder und wir hatten einen recht spaßigen Nachmittag mit viel Gelächter. Und da wurden sie ausgetauscht, all diese kleinen Geschichten, die ich jetzt und hier im Zauberspiegel erzähle.
Man erinnerte sich, aber Manfred kam nicht zurück. Schade, dass er gafia ist. Wirklich schade!
Vielleicht hat der Verlag hier eine Chance verpasst, einen großen und in sich geschlossenen Fanclub für ihre Serien, insbesondere John Sinclair zu schaffen, denn Manfred wäre genau der Richtige für diese Aufgabe gewesen. Ein jovialer Lenker, der noch ein paar Leute für die Kleinarbeit brauchte, denn das war nicht sein Ding. Aber er hätte den Laden zusammen gehalten und mit seinem Charisma (man sollte nicht glauben, was die Kampfkugel mit ihrer Piepsstimme für eine Präsenz entwickeln konnte) leiten und weiterentwickeln können.
Wann bin ich Manfred das erste Mal begegnet? Oh ja, es war der erste (bereits mehrfach thematisierte) Con des Horrorfandoms in Dieter Hovens Wohnung, als er mit Frank Nesemann einmarschierte. Bald darauf unterhielten wir uns. Die Idee der Artikelserie wurde geboren, die ich über meine persönliche Sicht der Serien schreiben wollte. Die, die den Zoff mit den Mitgliedern des Bremer Clubs und mir auslöste. Manfred sah erstmal nur die Idee und ließ mich gewähren. So war er.
Andererseits konnte er auch Dinge aussitzen. Das einte ihn mit Helmut Kohl. Manfred brachte (wohl wegen der Kohle vom Bastei Verlag) nur Bastei Verlagsvorschauen (ob im vorauseilenden Gehorsam oder als Bedingung für die Unterstützung weiß ich nicht), obwohl von seinen Mitgliedern ein Blick auf den Tellerrand gewünscht war. Manfred antwortete mit viel heißer Luft und saß das Problem einfach aus, denn er konnte sich sicher sein, dass alsbald neue Säue durchs Dorf getrieben wurden, die die Aufmerksamkeit von ihm ablenkten (ganz so wie es der Oggersheimer hielt). Und meistens hieß der Schweinehirt Dieter Hoven (auf den war Verlass).
Als der Zoff dann lief und Manfred die Artikelreihe aus seinem Magazin nahm, reisten Norbert und ich im Spätsommer nach Bremen. Das muss Mitte/Ende August 1982 gewesen sein. Es war Wespenzeit. Und wie immer nach langen warmen Sommern gab es jede Menge unternehmungslustige und gierige Exemplare dieser Spezies. Zweck des Treffens war: Wir wollten herausfinden, ob wir zusammenarbeiten konnten. Wir saßen zunächst entspannt auf der Feuerriegel'schen Terrasse und unterhielten uns. Aber da waren die Wespen, die sich aufgrund der gereichten zucker- und koffeinhaltigen Erfrischungsgetränke zahlreich einfanden. Sowohl Norbert als auch Manfred fühlten sich unwohl und zuckten oft grotesk. Hinweise meinerseits, die Ruhe zu bewahren und entspannt zu bleiben, verfehlten ihre Wirkung. Volker Sorge blieb meiner Erinnerung nach auch relativ gelassen, aber ich glaube auch, dass Volker auch mitten auf einem ausbrechenden Vulkan sitzen müsste, um hektisch zu werden.
Zwischen den Zuckungen Norberts und Manfreds kam man zu Ergebnissen. Und ich muss gestehen, dass der Bremer uns einwickelte, uns für ihn und seine Zwecke einspannte. Denn wir beschlossen den Zeltcon in Ahnatal-Weimar als gemeinsame Unternehmung, aber alles, was an Arbeit anstand, überließ er sicherheitshalber uns (Einladungen schreiben, Gelände ausloten, Programm vorbereiten). Er war bereit den potentiellen Ruhm demütig in Empfang zu nehmen und sich in den begeisterten Ausrufen zu aalen. Ein großes Talent von ihm: andere für sich und seine Zwecke einzuspannen und den anderen dann auch noch ein gutes Gefühl dabei zu geben. John Maddox Roberts beschrieb in seiner "SPQR"-Serie historischer Krimis aus der Zeit der sich im Todeskampf windenden römischen Republik des Öfteren Julius Cäsar genauso. Wir waren das Opfer des großen Einseifers geworden.
Manfred war auch nicht der große Genreexperte, verstand aber doch einiges vom Horror, so dass er von Sachkenntnis nicht ungetrübt seinen Club führte und das Magazin herausgab. So war er immer offen dafür, das Magazin zu verbessern und es gelang ihm sogar. Florian Schneider, ein toller Zeichner, löste das Dilemma mit den Titelbildern. Sven Beltermann, der Filmpapst, äußerte sich sachkundig über Filme. Immer, wenn sich die Gelegenheit bot, griff Manfred zu, um das Si/Za-Clubmagazin aufzupeppen. War anfangs allein Guido Grandt mit seinen Kurzgeschichten der Star, so musste er sich diese Rolle alsbald teilen. Auch Norbert wurde Kultautor mit der Trilogie "Angriff der Käsezombies", eine Persiflage auf John Sinclair.
Dann aber kam 1983/84 Unmut auf. Die anderen Clubleiter, die sich vorwiegend den Bastei-Serien zugewandt hatten, nagten an der Vormachtstellung Feuerriegels. Sie waren es leid, die neuesten Neuigkeiten zu John Sinclair und Bastei bei Feuerriegel nachlesen zu müssen und versuchten, dem König ans Bein zu pinkeln. Es war auch eine gute Portion Neid dabei. Auch machte das Gerücht die Runde, dass der Si/Za Club finanzielle Unterstützung erhielt, was ja den Tatsachen entsprach. Da waren einige grün vor Neid. Alle wollten, obwohl sie gar nicht die Qualitäten hatten, Feuerriegel anstelle des Feuerriegels sein.
Manfred gab sich locker und stimmte der Gründung einer Informationszentrale zu, deren Leitung zunächst Markus Küppers aus Mönchengladbach übernahm. Diese sollte Infos bei den Verlagen abholen und dann an die Fanclubs verteilen. Später dann übernahm dieses Amt Joachim Otto, der aus dieser Position heraus die Romantruhe gründete, eine der Erfolgsgeschichten des Horrorfandoms, die es auch noch zu erzählen gilt.
Dadurch verlor Manfred einen Teil seines Vorsprungs. Der Wegfall der Exklusivität muss ihm schwer zu schaffen gemacht haben und zog er sich 1984 bereits aus der Clubleitung und dem Fandom zurück. Denn jetzt hätte er auch konzentriert arbeiten müssen. Und das war nicht so Manfreds Ding. Zumal auch Volker Sorge sich nicht so kommandieren ließ.
Manfred übergab seinen Club einer bunt zusammen gewürfelten Truppe, zu der auch Norbert und ich gehörten. Nur zögerten wir fast ein Jahr, bis es weiterging. Zu lang. Und so starb der Si/Za Club, Bremen, der nach Manfreds Rückzug "HFC Pendragon" heißen sollte, eines stillen leisen Todes. Das war äußerst schade. Man hätte den Sonnenkönig noch gut gebrauchen können und alle hätten unter seiner weisen Führung willig und froh gearbeitet, aber der König trat ab, ging ins Exil. Der König hatte seine Schuldigkeit getan. Der König ging.
Ich begegnete Manfred 1993 auf dem von Dieter Hoven organisierten Veteranentreffen des Horrorfandoms wieder und wir hatten einen recht spaßigen Nachmittag mit viel Gelächter. Und da wurden sie ausgetauscht, all diese kleinen Geschichten, die ich jetzt und hier im Zauberspiegel erzähle.
Man erinnerte sich, aber Manfred kam nicht zurück. Schade, dass er gafia ist. Wirklich schade!
Kommentare
Auf Dieter nicht. Worauf auch? Drauf, ständig Leute rauszuwerfen, andere vom ganzen Fandom mit Kontaktsperre zu belegen oder keine Ahnung zu haben, was Vampire mit Erotik zu tun haben... Nee, ernsthaft nicht.
Vielen Dank für den Lobgesang aus alten Zeiten! Habs gern gelesen, geschmunzelt und mich erinnert! Mit Begeisterung! Nur an die Wespen... kann ich mich nicht entsinnen... a time goes by! Liebe Grüsse
Manfred
schön, nach so langer Zeit was von Dir zu hören. Bin kein Internet-User, sondern habe Deinen "Artikel" bei 'nem Bekannten gelesen.
Du hast in Deiner Homepage nur einen Riesen-Fehler gemacht: zum Zeitpunkt des von Dir beschriebenen Treffens war i c h der Leiter des größten Horror- (nicht John-Sinclair-) Fanclubs. Die Namen Fuchert, Haas, Osenberg usw. gab es damals nicht mehr als Clubleiter - das Treffen war anberaumt, um ü b e r h a u p t ein Fandom aufrecht zu erhalten!!!
Es stimmt lediglich, daß Joachim Otto damals als Verantwortlicher der Info-Zentrale bestimmt wurde - diesen Job hat er prima erfüllt.
Meinen Club HORROR-MAGNET gab es noch danach noch ca. zwei Jahre, bis Manfred Gerhard alle Rechten und Pflichten von mir und Lilli TONEV, die Du gar nicht erwähnst, übernommen hatte.
Danach gab es L E I D E R kein Horror-Fandom mehr.
MfG
Dieter HOVEN