Der Mann, der Dan Shocker war
Der Mann, der Dan Shocker war …
… ist nun tot. Gestorben vor wenigen Tagen. Einen Tag vor seinem Tod habe ich noch kurz mit seiner Frau telefoniert und das letzte, das er zu mir sagte, war die Erinnerung daran, dass ich auch mit seiner Frau per Du bin.
Ich habe Jürgen Grasmück in den letzten Jahren noch etwas kennen lernen dürfen, durch zahlreiche Emails, einige Besuche auf der Buchmesse und einem längeren Besuch in seinem Haus. Der Mann, der mich in meinen Teenager-Jahren (und bis heute noch) mit seinen Romanen begeisterte, wurde für mich durch diese Begegnungen zum echten MENSCHEN; und dieser Mensch hat mich noch mehr beeindruckt als der Autor.
Er hatte mehr Kraft und Enthusiasmus, als sein gebeutelter Körper ihm eigentlich zugestand. Aus schierem Willen lebte er so lang, wie er lebte. Er war zu mir stets offen und verfolgte auch meine Karriere als Schriftsteller mit Interesse und Freude – in einem Gespräch meinte er, wir seien uns ähnlich in der Art, wie wir arbeiten und schreiben. Ja, das hoffe ich. Wenn ich etwas so Interessantes schaffen kann wie Jürgen Grasmück, dann bin ich zufrieden.
Seine Macabros-Serie faszinierte mich mehr als alle andere Literatur, und bis heute lese ich die Romane immer wieder … als Sammler seiner Werke war ich freilich fasziniert, als ich durch sein Archiv ging und all die seltenen Sachen aus vielen Ländern sah … doch wenn ich daran zurückdenke, sehe ich ihn selbst vor mir in dem kleinen Archivräumchen, ihn und seine Frau Karin, die ihn stets unterstützte und ohne die er nie soweit gekommen wäre, wie er kam.
In den letzten Tagen habe ich einen Larry-Brent-Band fertiggemacht, der alte unbekannte Aufzeichnungen von Dan Shocker zur Serie enthält – das hat mich neu in seine Welt eintauchen lassen. Dass der Band gerade um sein Todesdatum herum fertig wurde, wird mir wohl immer in Erinnerung bleiben.
Jürgen beeindruckte durch Lebensmut und Kraft, wo eigentlich gar keine Kraft sein konnte. Er schuf Figuren und Welten, die bis heute leben und sich weiterentwickeln. Bis zuletzt wollte er auch, dass seine Serien weiterlaufen, kümmerte sich fast bis zu seinem Tod darum, brachte noch ein letztes Projekt auf den Weg. Das war ihm wichtig.
Und noch etwas ist wichtig: die Erinnerung. Mir und vielen anderen noch viel mehr, das weiß ich. Ich hoffe, er hat nun Frieden. Ich sagte ihm, dass ich dafür bete, und dafür bedankte er sich. Ich hoffe, Karin und ihre Familie haben die Kraft, die sie brauchen.
Christian Montillon