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Zum Teufel mit den Erwartungen!

Perry, Action und ich - Mein Rhodan-TagebuchZum Teufel mit den Erwartungen!
PRA überrascht jede Woche aufs Neue – und diesmal ganz besonders

Cover PRA 5 Lazarus TodSo langsam, sollte man meinen, habe ich alles gesagt, was man zum Thema „PRA und Erwartungen“ nur sagen kann. Ich würde ja auch mal gerne über etwas anderes schreiben, doch was soll ich machen? Manchmal habe ich das Gefühl, die Miniserie sei nur deshalb entwickelt worden, damit Macher und Autoren genüsslich mit den Erwartungen der Fans spielen können, entweder um hohe Erwartungen noch zu übertreffen bzw. Bedenken zu zerstreuen, oder aber um sagen zu können: „Da guckt ihr, was? Damit habt ihr jetzt nicht gerechnet. Ha! Das habt ihr jetzt ganz und gar nicht erwartet

So geschehen in Band fünf der Reihe, Lazarus Tod .

Die ersten vier Hefte der Serie haben ja schon eine Menge vorgegeben. Sie haben die Grundstimmung der Reihe festgelegt, Tempo und Actionanteil bestimmt, die wichtigsten Personen eingeführt, und, und, und. Ein treuer Leser wie ich konnte sich nun natürlich denken, wie es weitergehen würde, ungefähr zumindest. Natürlich nicht in dem Maße, als dass ich jede Storyline und jede Wendung bis zum Finale schon jetzt würde voraussagen können. Aber das Grundlegende, die Stimmung, der Ton der Serie, die ungefähre Richtung, in die sich die Handlung entwickelt, all dies schien in gewissem Rahmen klar erkennbar zu sein.

Dachte ich zumindest. Bis ich Marc A. Herrens Lazarus Tod gelesen habe.

So viel zum Thema „erfüllte Erwartungen“.

PRA 5 ist ein Roman, der vollkommen anders ist als seine Vorgänger. Welche Gedanken auch immer ich mir im Vorfeld über den Band gemacht hatte, sie erwiesen sich allesamt als falsch. Lazarus Tod hat mich immer wieder überrascht, in wirklich jeder Hinsicht.

Ein paar Beispiele gefällig? Bitte sehr.

Achtung: Obwohl ich versuche, den Spoileranteil in den folgenden Abschnitten möglichst gering zu halten, werden die nächsten Absätze eine Menge Infos enthalten, die verschiedene Details der Romanhandlung verraten. Wer sich die Überraschung also nicht entgehen lassen will, der sollte den Rest dieses Artikels erst nach der Lektüre von PRA 5 genießen.

Überraschung 1: Ein neuer Handlungsort
Na gut, wirklich überraschend kam das jetzt nicht. Festung der Regenten, der vierte Band der Serie, hat schließlich damit geendet, dass Rhodan die kollabierende Station in letzter Sekunde durch einen aktivierten Transmitter verlassen konnte. Dass ihn das Portal nicht einfach ein paar Kilometer weiter absetzen, sondern zu einem völlig neuen Schauplatz befördern würde, war eigentlich klar. Dass sich dieser neue Schauplatz allerdings in solchem Maße von Trafalgar unterscheiden würde, damit konnte man im Vorfeld echt nicht rechnen.

Überraschung 2: Die Perry-Rhodan-Ein-Mann-Show
Keine Frage, Perry Rhodan ist der zentrale Charakter der Serie. Doch die Ein-Mann-Show, die Herren den Großadministrator in Lazarus Tod abziehen lässt, war nicht vorherzusehen.

Bisher ist es immer so gewesen, dass neben Rhodan noch eine Menge weiterer Figuren aufgetaucht sind, die alle ihre eigenen Geschichten und Storylines bekommen haben. Auch diesmal gibt es neben Rhodan noch eine Menge weiterer Personen (alles andere wäre auch ziemlich öde), doch der Roman gehört ganz und gar dem unsterblichen Terraner. Fast die komplette Handlung des Hefts wird aus seiner Sichtweise erzählt, Flashbacks im Fieberdelirium und eine in der Ich-Form geschriebene Passage inklusive.

Überraschung 3: Von wegen SF-Action
So verschieden die ersten vier Romane der Reihe auch waren, eines hatten sie alle gemeinsam: Sie waren ganz eindeutig dem Genre der Sci-Fi-Action zuzuordnen. Ganz anders Band 5. Marc A. Herren liefert seinen Lesern zwar auch wieder eine Menge Action- und Kampfsequenzen, doch alles in allem fühlt man sich bei der Lektüre mehr an einen Abenteuerroman erinnert als an ein klassisches SF-Werk. Der grundlegende Tenor, der den ersten Bänden zu eigen war, wurde mit diesem Roman völlig verändert.

Hut ab vor Machern und Autoren. Eine derart tiefgreifende Veränderung der Serie habe ich echt nicht erwartet; mit einer derartigen Entwicklung konnte wohl niemand rechnen.

Überraschung 4: Religiöse Anspielungen
Dies ist ein Punkt, der mir zunächst negativ aufgefallen ist. Anspielungen auf biblische Ereignisse, Menschen, die Rhodan als Erlöser ansehen... Ich war ganz froh, dass diese Thematik bisher in der Serie ausgespart wurde. Viel zu schnell endet das Thema nämlich in klischeebeladenen Streitgesprächen und führt zum Auftauchen einer Vielzahl durchgeknallter, fatalistischer Personen, die der Handlung durch unglaublich dämliche Handlungsweisen und verbohrte Einstellungen eher abträglich sind, als dass sie die Geschichte bereichern.

Und nun kommt dieses Thema doch... Oh je, war mein erster Gedanke.

Ein Glück, dass es da Überraschung Nummero fünf gibt!

Überraschung 5: Der Umgang mit den religiösen Anspielungen
Puh, die Kurve gerade noch mal gekriegt. Die Anspielungen zu Glaube und Religion sind wirklich kaum mehr als das: Anspielungen. Wenn ein religiöses Thema einmal stärker in den Vordergrund kommt (etwa die Sekte, die Rhodan als neuen Messias verehrt), dann zeigt sich schnell, dass der Großadministrator sich in solchen Dingen mindestens ebenso unwohl fühlt wie ich, und die Sache wird rasch zu den Akten gelegt.

Noch mal Glück gehabt: Keine irren Fanatiker in Sicht – zumindest bis jetzt nicht.

Überraschung 6: Rhodans Durchhaltevermögen
Es ist schon der pure Wahnsinn, was der terranische Großadministrator so alles aushalten kann. Schon Robert Feldhoff hat es in Band eins geliebt, Perry wild durch die Gegend fliegen zu lassen, und die nachfolgenden Autoren sind kaum weniger zimperlich mit dem Terraner umgesprungen. Herren steht seinen Kollegen da in nichts nach. Auf Rhodan wird geschossen, er wird geschlagen und gejagt und verliert immer mal wieder das Bewusstsein. Trotzdem hält er unermüdlich durch und hangelt sich von Abenteuer zu Abenteuer.

Ganz ehrlich: Ich bewundere ihn für seine Kondition. Wäre ich die Hauptfigur der Reihe geworden, so hätte sie spätestens mit Band zwei aufgrund totaler Entkräftung des tragenden Charakters eingestellt werden müssen.

Ein Glück, dass Perrys Schmerzensgrenze deutlich über meiner liegt ;-)

Überraschung 7: Ein anderer Stil
Dass zwei Autoren sich, was ihren Schreibstil anbelangt, voneinander unterscheiden, ist logisch. Doch Herrens Stil ist vollkommen anders als der seiner Vorgänger, weshalb sich sein Werk stilistisch so gar nicht mit denen seiner Kollegen vergleichen lässt. Sein Roman ist in einem viel laxeren Tonfall verfasst als die bisherigen Bände der Reihe. Wer mir nicht glaubt, muss sich nur mal den Anfang des Heftes durchlesen, den Kampf zwischen Rhodan und dem Androiden. Was Perry da an trockenen Kommentaren von sich gibt, ist wirklich beeindruckend.

Dieser für die Reihe neue Stil ist zwar zunächst ein wenig gewöhnungsbedürftig, insgesamt schadet er dem Heft allerdings nicht. Herren ist ein klasse Autor, und sein Geschreibsel lässt sich sehr gut lesen. Und dass PRA mal einen Hauch von Humor erfährt, ist der Reihe mit Sicherheit nicht abträglich.

Apropos Humor: Kommen wir zu

Überraschung 8: Ungewöhnliche Protagonisten
Nicht genug, dass außer Rhodan eigentlich keine Person mitspielt, die in einem der Vorgängerromane eine Rolle innehatte. Viele der neu auftretenden Personen sind schlichtweg außergewöhnlich bzw. exzentrisch zu nennen. Ohne zu sehr ins Detail gehen zu wollen: Wer die köstliche Szene mit dem „in seinem Stuhl lümmelnden Arkoniden“ (so viel übrigens zum Thema „laxer Tonfall“) auf Seite 35f gelesen hat, weiß, was ich meine.

Überraschung 9: Die Story
Die Handlung an sich ist die vielleicht größte Überraschung des Romans. Sie ist vollkommen anders als die Storys, die man aus den ersten Bänden kennt. Mit den Abenteuern, die Rhodan auf dem Planten Sepzim erleben darf, habe ich beim besten Willen nicht gerechnet. Hier wurde ein völlig neues Kapitel von PRA aufgeschlagen.

Jede Menge interessanter Wendungen sowie abwechslungsreiche Handlungsstränge (die allesamt von Rhodan getragen werden!) tragen das ihre dazu bei, den Plot ebenso spannend wie unvorhersehbar zu machen. Lazarus Tod ist, handlungstechnisch gesehen, ohne Zweifel der bislang interessanteste PRA-Roman.

Und die Moral von der Geschicht'...
Im Artikel zu PRA, der vor zwei Wochen auf dem Zauberspiegel erschienen ist, habe ich darüber geschrieben, wie abwechslungsreich die Miniserie doch ist. Kein Roman gleicht dem anderen, immer bekommen die Leser etwas Neues geboten.

Lazarus Tod unterstreicht diese These. Das Heft steckt voller Überraschungen, so dass man beim Lesen aus dem Stauen kaum noch herauskommt. Ein solches Abenteuer hätte ich nun echt nicht erwartet.

Marc A. HerrenAch ja, Erwartungen... Langsam sollte ich es aufgeben, irgendwelche Erwartungen an PRA stellen zu wollen. Entweder sie werden mühelos von den Autoren übertroffen, oder aber sie werden konsequent ignoriert, so wie es Marc A. Herren hier tut. Was im Endeffekt allerdings nicht stört. Lazarus Tod ist ein toller Roman geworden, der mich durchweg begeistern konnte und der mir zwei Sachen bewusst gemacht hat:

1)    Herren ist ein fantastischer Autor, von dem ich hoffentlich noch viel mehr lesen werde.

2)    Überraschungen sind etwas Großartiges, insbesondere dann, wenn sie um so vieles schöner und einfallsreicher sind als die eigenen Erwartungen. Daher meine Bitte an die Macher von PRA: Macht unbedingt so weiter! So viel Abwechslung und interessante Ideen auf so engem Raum erlebt man viel zu selten!

So, das ist jetzt meine Meinung zum Thema „Überraschungen in PRA“. Doch was meint der Rest der Welt? Seid ihr von der Handlung des Romans überrascht worden? Wenn ja, positiv oder negativ? Und wenn nein: Bin ich der Einzige, der so gar nicht mit dem gerechnet hat, was da in Lazarus Tod passiert ist?

Ich bin gespannt auf Eure Meinungen und Kommentare!

Ansonsten war es das für heute. Bis in zwei Wochen, wenn es heißt:

Regenten der Energie

Kommentare  

#16 Cartwing 2008-06-05 21:46
danke für den Tipp! die Perrypedia kannte ich noch gar nicht.
Ich seh schon, es hat keinen Zweck...
Werde dann doch lieber da weiterlesen, wo ich aufgehört habe.
Das merkwürdige ist - wenn man die Zusammenfassungen liest, hat man immer den Eindruck, dass da unglaublich viel passiert, wenn man die Hefte liest, denkt man oft, da kommt ein Lückenfüller nach dem Nächsten...
#17 Harantor 2008-06-05 22:24
Jochen hat zugestimmt. Er wird also versuchen in PERRY RHODAN einzusteigen. Jetzt wird er erstmal ein paar Hefte lesen und dann über seine Erfahrungen berichten. Man darf gespannt sein...
#18 Holzi 2008-06-05 23:16
Meiner Ansicht nach hat PR in den letzten Jahren im Vergleich zu früher extrem wenige (bis gar keine) Lückenfüller-Romane, aber das mag Geschmacks- und Ansichtssache sein... :lol:
#19 Olsen 2008-06-06 13:45
Das ist es in der Tat. Ich zitiere aus einem Leserbrief in Band 2442:
"Die Füllromane werden immer mehr. Eure Zyklen werden künstlich aufgeblasen."

So unterschiedlich können die Sichtweisen sein! :lol:
#20 Holzi 2008-06-06 14:46
Jau, der Leserbrief hat bei mir höchst staunendes Stirnrunzeln ausgelöst. Ich hoffe, ich bekomme die Falten wieder weg. Naja, ansonsten kann ich ja immer noch ne Kappe draufschrauben... :D
#21 Cartwing 2008-06-06 18:14
Hat Ellmer darauf geantwortet? Das würde mich noch interessieren.
Peter Griese soll ja sogar mal gesagt haben, es gäbe in der gesamten Serie nicht einen langweiligen Roman... :-*
#22 Holzi 2008-06-06 23:45
Hat er. "Geschmäcker sind halt verschieden." Außerdem wird darauf hingewiesen, dass die Leser-Reaktionen auf der LKS sich proportional zum Feedback verhalten.

Und zur Aussage von Peter Griese: "Geschmäcker sind halt verschieden." ;-)
#23 Marc A. Herren 2008-06-16 13:00
Hallo Jochen
Vielen Herzlichen Dank, dass du dich so intensiv mit PRA5 beschäftigt hast - und über die so wohlwollende Kritik freue ich mich natürlich ebenfalls! :lol:
Ich hoffe, dass ich dich auch mit meinem 9er überraschen kann. Ich habe mich darin etwas in "Diplomaten-Action" versucht. :-*
Noch eine Bitte: Ich überarbeite derzeit meine Website und möchte gerne unter der Rubrik "Leserstimmen" Teile deiner Romanbesprechung abdrucken; inkl Link auf deine Kolumne/Besprechung.
Wäre dies aus deiner Sicht okay?
Herzliche Grüße aus der Schweiz
Marc
#24 Gabriel Adams 2008-06-16 20:43
@ Marc A. Herren

Tja, was sollte ich machen? Ich wollte ja eigentlich einen bitterbösen Verriss schreiben, aber der Roman war ärgerlicherweise viel zu gut dafür... ;-)
Auf Band 9 freue ich mich schon, und nach deinem Erstling bei PRA bin ich sicher, auch allen Grund dazu zu haben (nicht, dass ich hier irgendwen unter Druc setzen möchte... :D )
Was die Romanbesprechung angeht: Klar, sehr gerne! Gib nur Bescheid, wenn die Besprechung auf deiner Seite erscheint (das ist für mich 'ne Premiere, von einem Autor auf seiner Homepage zitiert zu werden, und das möchte ich keinem meiner Freunde und meiner Familie vorenthalten).

Bye the Way: Wie siehts mit zukünftigen Romanen/Romanheften aus? Tut sich da im Moment was? Ich hätte nämlich nix dagegen, neues Lesefutter aus deiner Federzu finden, auch außerhalb von PRA.
#25 Marc A. Herren 2008-06-17 18:31
Easy, fühle mich überhaupt nicht unter Druck - der Roman ist es nämlich bereits seit gestern (im Druck 8) ). Werde es dich gerne wissen lassen, sobald die Website online geht.
Was die nächsten Projekte anbelangt, kann ich leider noch nichts Offizielles sagen. Derzeit bin ich aber guter Dinge, dass es bei PRA weitergeht. :) Zudem habe ich die mündliche Zusage eines anderen Verlages, dass eine Zusammenarbeit noch in diesem Sommer zustande kommen wird. :)
Langsam wird's noch enger mit meiner Freizeit als bis anhin - aber das ist ja auch schön so.

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