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Schriftstellerischer Einheitsbrei (Perry Rhodan, Bände 2529 - 2530)

Perry Rhodan ... das Universum und ichSchriftstellerischer Einheitsbrei
Sind die aktuellen PR-Romane stilistisch tatsächlich nicht voneinander zu unterscheiden?
Perry Rhodan, Bände 2529 - 2530

Ein interessanter Leserbrief findet sich auf der LKS von PR Band 2530. Ein langjähriger Perry-Fan meldet sich in diesem zu Wort und beschwert sich darüber, dass die Mitglieder des heutigen Autorenteams zu wenig Freiheit hätten, ihre eigenen Schreibstile in die Serie einzubringen. Früher, so heißt es weiter, habe man klar und deutlich erkennen können, welcher Autor welchen Roman geschrieben habe. Heute sei das anders; einzig die Romane von Rainer Castor stächen noch aus dem schriftstellerischen bzw. sprachlichen Einheitsbrei der aktuellen PR-Romane hervor.

 

Zugegeben: Ganz so drastisch, wie ich das hier formuliert habe, drückt sich besagter Leserbriefschreiber nicht aus. Das Wort „Einheitsbrei“ fällt in seinem Kommentar an keiner Stelle. Das ändert allerdings nichts daran, dass man den entsprechenden Vorwurf mühelos aus dem Brief herauslesen kann.

PR-Romane als schriftstellerischer Einheitsbrei? Diesem Statement kann ich mich ganz und gar nicht anschließen!

Eines vorweg: Ich kenne die alten PR-Romane nicht, ich weiß nicht, wie ein Scheer oder ein Darlton geschrieben haben und inwiefern und in welchem Ausmaß sich diese Romane sprachlich voneinander abgrenzten. Von daher mag es tatsächlich sein, dass die sprachliche Bandbreite in den Anfangsjahren der SF-Serie tatsächlich größer war, als dies heutzutage der Fall ist. Sollte dem so sein, so ist der Wunsch des Leserbriefverfassers, der die alten Romane wegen ihrer hohen Variation bzgl. des Schreibstils geliebt hat, voll und ganz verständlich.

Dem Vorwurf, ein moderner PR-Roman ließe sich sprachlich oder stilistisch kaum noch von einem anderen unterscheiden, muss ich dennoch entschieden entgegentreten.

Was ihren Erzählstil angeht, so könnten die verschiedenen Autoren des gegenwärtigen Autorenteams von PR kaum unterschiedlicher sein. Das auffälligste Beispiel sind natürlich die Romane von Rainer Castor, die, wie ich vor Kurzem selbst erleben durfte, fast schon idealtypische Vertreter des Hard-SF-Genres darstellen. Kein anderer Autor bringt so viel Technik und so viele Hintergründe auf gerade einmal 60 Seiten unter wie Castor.

Doch auch die Beiträge der übrigen Autoren lassen sich meiner Meinung nach gut voneinander unterscheiden. Die Hefte von Leo Lukas etwa strotzen im Allgemeinen nur so vor ausgefallenen Ideen. Seine Romane leben von überdrehten Charakteren und außergewöhnlichen Settings. Zudem sind sie reich an humorvollen Einfällen. In dieser Hinsicht ähneln sie allenfalls den Beiträgen von Wim Vandemaan, die aber weitaus hintergründiger, eigenwilliger und dadurch bei Weitem nicht so gut und schnell zu genießen sind wie jede von Leo Lukas.

Dann wäre da noch Marc A, Herren, der Neue im Team. Seine Stärke liegt in der Zeichnung lebensechter, durch und durch überzeugender Charaktere – eine Stärke, die er in PRA voll ausgespielt hat und bei PR hoffentlich auch weiterhin ausspielen wird.

Oder man betrachtet sich einmal die Romane von Christian Montillon. Auch er versteht sich auf die Schilderung glaubhafter Charaktere, doch wenn es etwas gibt, wobei ihm keiner der übrigen PR-Autoren das Wasser reichen kann, dann ist es die Ausgestaltung packender Actionszenen. Und was die Romane eines Michael Marcus Thurner angeht: Die oftmals recht fatalistischen Einstellungen der von ihm selbst geschaffenen Protagonisten, der mitunter etwas makabere Humor sowie eine Vorliebe für mehr oder weniger subtile Anspielungen auf Sex sprechen ihre eigene Sprache.

Wenn es bei PR einen Autoren gibt, bei dessen Beiträgen mir eine eindeutige Zuordnung mitunter ein wenig schwer fällt, dann ist es Hubert Haensel. Mal sind seine Romane actionreich, dann wieder ruhig und eher charakterbetont, und dann wieder gibt es Beiträge, die sich ganz auf die Handlung als solche konzentrieren und bei denen Action und Charaktermomente nur eine Nebenrolle spielen. Einige seiner Hefte sind zäh und langweilig, wieder andere packende Highlights, von denen man gern mehr lesen würde. Einen eindeutigen Stil habe ich bei Hubert bislang noch nicht herauslesen können.

Wie dem aber auch sei, ich bin nicht der Meinung, dass die heutigen PR-Romane sich gleichen wie ein Ei dem anderen. Meiner Ansicht nach darf man sich über reichlich sprachliche und stilistische Abwechslung freuen, wenn man PR liest. Mal humorvoll, mal actionbetont, mal charakterorientiert und mal ganz auf technische Details bezogen – jeder Teamautor hat seine eigenen Vorlieben und Stärken. Und diese finden regelmäßig Eingang in die Romane der SF-Serie. Einheitsbrei sieht anders aus – den bekomme ich geboten, wenn ich eine Popwelle im Radio einschalte, nicht aber, wenn ich »Perry Rhodan« lese!

Die Romane im Überblick
Band 2529, »Der Weg des Vatrox«, von Frank BorschBand 2529, »Der Weg des Vatrox«, von Frank Borsch
Frequenzfolger Sinnafoch, seit einiger Zeit in Gefangenschaft der LFT, findet sich unversehens auf dem Planeten Oxtorne wieder, wo er unfreiwillig Teil einer beschwerlichen Pilgerprozession wird. Dem Vatrox ist unklar, was die Galaktiker mit diesem Spiel bezwecken, doch im Grunde kümmert es ihn nicht weiter. Für Sinnafoch zählt einzig und allein die Suche nach einer Fluchtmöglichkeit von der Höllenwelt.

Nach einem hervorragenden PR-Extra und dem spannenden Zyklusauftakt mit Band 2500 waren die Erwartungen an den neuen Roman von Frank Borsch hoch. Zu hoch, wie es scheint. »Der Weg des Vatrox« ist ein bestenfalls mittelprächtiges und mäßig interessantes Heft geworden, dessen Story über weite Teile einfach nicht in Fahrt kommen will. Der Leser begleitet Sinnafoch in einer Mischung aus Abenteuer- und Selbstfindungsgeschichte auf seinem Weg quer durch die Wildnis von Oxtorne. Da leider nichts wirklich Bemerkenswertes geschieht, gestaltet sich die Reise als ziemlich eintönige Angelegenheit. Auch, dass die innere Entwicklung Sinnafochs in allzu vorhersehbaren Bahnen verläuft und letzten Endes zu oberflächlich bleibt, um wirklich zu fesseln, macht die Sache nicht gerade besser. Einziges Highlight des Romans sind die spärlichen Informationen, die man zur Frequenz-Monarchie, ihren Zielen und Beweggründen erhält.

Alles in allem ein gut zu lesendes, leider aber vollkommen unspektakuläres, mitunter gar zähes Romanheft. Deutlich zu wenig für den Auftakt zu einem packenden Zweiteiler.

Band 2530, »Der Oxtorner und die Mehandor«, von Frank BorschBand 2530, »Der Oxtorner und die Mehandor«, von Frank Borsch
Nachdem es Sinnafoch gelungen ist, seinen Häschern zu entkommen und von Oxtorne zu fliehen, sucht er einen Weg zurück ins Herrschaftsgebiet der Frequenz-Monarchie. Um sein Ziel zu erreichen, kapert er ein Schiff der Springer.

Auch der zweite Teil des Doppelbands von Frank Borsch weiß nur bedingt zu überzeugen. Nach einem interessanten Auftakt verliert die Handlung rasch an Tempo. Schon die Geschichte um den inneren Kampf von Sinnafochs Begleiter Steelion Hartok zieht sich, doch was die Freude an der Lektüre wirklich trübt, ist die weinerlich-rührselige Storyline um die missgebildete Springerin Kithara. Je weiter die Geschichte voranschreitet, je mehr sie sich vom Fluchtplan Sinnafochs entfernt und auf die Handlungsbögen rund um Steelion und Kithara konzentriert, umso langatmiger wird das Ganze. Da hilft auch die beste Schreibe nichts (zumindest in dieser Hinsicht gibt es nicht das Geringste auszusetzen): »Der Oxtorner und die Mehandor« bleibt, ganz wie sein Vorgänger, weit hinter den vorherigen PR-Romanen Borschs zurück.

 

Kommentare  

#1 Hermes 2010-02-13 02:16
Also mal ganz weit zurück. K.H.Scheer, William Voltz und Clark Darlton konnte man damals beim besten Willen nicht miteinander verwechseln. Das gilt auch für Kurt Brand, H.G.Ewers und Hans Kneifel. Und auch bei Ernst Vleck, Marianne Sydow, Peter Terrid Und H.G. Francis war eigentlich immer zu erkennen, welcher Autor da gerade am Werke war.
#2 Pisanelli 2010-02-13 08:06
Also, ich lese gerade die alten Hefte (stehe gerade bei Band 700). Aber ernsthaft, ich kann gerade drei Autoren am Schreibstil unterscheiden: William Voltz, H.G. Ewers und H.G. Francis. Letztere fallen mir vor allem negativ auf. Vor allem Ewers hat(te) einen Stil, der an manchen Stellen vollkommen hahnebüchen war und wo die Verknüpfungen der einzelnen Teile des Romans einfach nicht geklappt hat. Der hat sich irgendeine Action-Szene aus den Fingern gesaugt, obwohl die überhaupt nicht ins Restsetting passte, nur damit endlich mal was passierte, nur um mal ein Beispiel zu nennen. Immer wenn mir der "Fluß" eines Heftes unangenehm auffällt und ich den Autoren nachsehe, stoße ich regelmäßig auf Ewers.
Auch Francis halte ich nicht gerade für einen brillianten Könner unter den PR-Autoren. Fast immer gelungen fand ich aber bisher Hefte von Voltz oder Scheer. Die haben einfach in PR-Dimensionen geschrieben: episch!
Allerdings - das sei meiner Kritik hinzugefügt, sind das auch Hefte aus den Siebziger Jahren, da schrieben sie insgesamt anders. Viele Szenen würde man heute GAR nicht mehr schreiben. Ich kneif da immer die Augen zu und lese weiter.
#3 Laurin 2010-02-13 10:30
Ja die alten Romane unter der 1000er Grenze, fragt mich jetzt nicht was ich lieber gelesen habe (damals oder heute), die Antwort würde verblüffen!

Aber das sich die heutigen Autoren nicht voneinander in der Schreibe unterscheiden würden kann ich auch nicht nachvollziehen :-| ! Da muß ich Jochen absolut recht geben. Und was die Popwelle angeht, Jochen, solange es nicht irgendwelche Heimatmelodien ala Heino sind, halten sich meine Mord-Absichten in überschaubaren Grenzen :lol: .
#4 Larandil 2010-02-13 10:33
Es ist möglicherweise Einbildung, aber von den alten Autoren hätte ich einen Scheer (technikverliebt und Helden von homerisch-übermenschlichem Format), einen Brand (Massenschlachten), einen Darlton (völliges Ignorieren technischer Beschränkungen) oder einen Mahr (technisch orientiert mit Helden von Normalformat) ziemlich sicher erkannt. Von den später dazugestossenen Ewers (ab PR 198 ) wahrscheinlich an der mal mehr, mal weniger deutlichen moralischen Keule, Kneifel (ab PR 352) an seinen sarkastischen einzelgängerischen Helden, Francis (seit PR 518 ) an hanebüchenen Actioneinlagen, bloß damit was passiert.
Die neueren machen es mir schwerer. Da würde ich wohl nur Lukas und Vandemaan auf Anhieb herausfinden.
#5 Ivo Remarque 2010-02-13 13:36
Mmmh, ich weiß nicht, warum, aber ich meine , da fehlt jemand in der Auflistung, nur wer? :o
#6 Larandil 2010-02-13 17:23
zitiere Dongu Gok:
Mmmh, ich weiß nicht, warum, aber ich meine , da fehlt jemand in der Auflistung, nur wer? :o

Falls es um meine Liste geht: William Voltz ergäbe sich aus dem Eliminationsverfahren - kein Scheer, kein Mahr, kein Darlton, kein Brand. Freilich, damit bleibt Ernst Vlcek im Rennen, aber der kam ja auch erst mit PR 500 ...
#7 Dark Knight 2010-02-13 17:43
Also ich kenne die neuen Hefte nicht, habe aber in letzter Zeit den M87 und den Cappin Zyklus (Baende 300-499) gelesen. Meiner Meinung nach Unterschieden sich die Stile der damaligen Autoren wie Tag und Nacht. Und genau das ist (war) für mich auch immer einer der positiven Seiten dieser Serie. Obwohl ich mich beispielsweise mit Kneifels Stil immer etwas schwer tue, weiß ich mit dem nächsten Voltz ist alles wieder im Lot ;-)
Ich kenne wie gesagt die heutigen Romane nicht, kann mir aber nicht vorstellen dass die Serie zum Einheitsbrei verkommen ist, weil halt die Stärke schon immer die Vielseitigkeit der Autoren war.
Eine Frage an Pisanelli: Mich würde interessieren welche Stellen so in heutiger Zeit deiner Meinung nach nicht mehr geschrieben würden.
#8 Larandil 2010-02-13 19:04
zitiere Dark Knight:

Eine Frage an Pisanelli: Mich würde interessieren welche Stellen so in heutiger Zeit deiner Meinung nach nicht mehr geschrieben würden.

Wenn ich mich dazu kurz einbringen darf: früher durften Helden (und Schurken auch) rauchen und/oder trinken, wenn ihnen der Sinn danach stand. Heute gibt's das nicht mehr, und auch aus den Silberbänden sind solche Abschnitte verschwunden.
Noch so ein Fall: im Originalroman 177 sind die Kapitulationsbedingungen für die Gataser härter als man sie im überarbeiteten Silberband findet.
#9 Pisanelli 2010-02-13 19:49
zitiere Dark Knight:

Eine Frage an Pisanelli: Mich würde interessieren welche Stellen so in heutiger Zeit deiner Meinung nach nicht mehr geschrieben würden.

Na, bestimmt ein Viertel der Dialoge nicht mehr! Die unterhalten sich über Whiskey, Tabak und Frauen und machen Scherze in irgendwelchen Vakuum-Bädern, die so lahm sind, dass einem die Augen einschlafen. Vor allem die geschlechtsspezifischen Kommentare sind teilweise zum Haareraufen. Nun ja, die Frauen sind sowieso zumeist Staffage. Ich habe vor kurzem einen Roman gelesen, wo einer mit einer Frau für einige Wochen in der Wildnis überleben musste, bis sie jemand abholt. Mein Gott, wie wurde die Frau, die übrigens angeblich ausgebildete Astronautin war, gelobt für ihr Durchhaltevermögen und ihre Tatkraft. Dabei war das Ganze nicht mehr als ein mittelschwerer Campingurlaub. Ich habe das Heft schließlich an die Wand geworfen, weil es mich so aufgeregt hat. Das waren schon noch andere Zeiten. Und in dem Zyklus (irgendwo im 700er-Zyklus) fingen sie gerade an, den Frauen mehr Raum zu geben und ihnen mehr Stärke zuzugestehen. Da kann man sich vorstellen, wie die Hefte davor waren.
Also, ich könnte seitenweise Dialoge zitieren, die es heute so nicht mehr geben würde. Nicht nur wegen der inzwischen erfolgten Emanzipation, sondern auch wegen anderer, zumeist sehr seichter oder absolut dämlicher Inhalte. Womit ich nicht sagen will, dass ich die Serie schlecht finde. Ich lese sie sehr gerne und dieser Trip in die literarischen Frühzeiten des Heftromans sind überwiegend außerordentlich interessant.
#10 Laurin 2010-02-14 00:24
#8 Larandil:

Tja, als Romanautoren hat man es mit den menschlichen Schwächen heute schwer, oder mit realitätsnahen Sanktionen (Kapitulationsbedingungen für die Gataser). Und genau das sind die Kürzungen und Veränderungen die ich in Neuauflagen oder Überarbeitungen so hasse! Will (oder muß) man doch hier so "politisch Korrekt" sein das sich die Balken biegen. Wenn ich da drüber nachdenke könnt ich rasend werden (weil es keine maßvolle Überarbeitung ist sondern Pfusch am Originaltext) das ich mir erst mal eine Zigarette anmachen und ein Bier aus der Küche holen muß um mich ein zu kriegen.
#11 Cartwing 2010-02-15 08:11
Jochen: Kann bei deinen Rezis nur zustimmend nicken.
In meiner Zamorra - Rezi (Doppelband von Krämer) hatte ich ja schon geschrieben, dass mir die Doppelbände bei PR oft nicht gefallen.
Das hier ist wieder ein schönes (oder besser gesagt abschreckendes) Beispiel dafür.
Warum ein Doppelband, wenn man nicht über ausreichend Stoff verfügt, um sie vollzukriegen?
Aber das Problem gab es bei PR schon immer. Und ändern wird es sich wohl nicht mehr.
#12 Laurin 2010-02-15 16:52
Das Problem bei Doppelbänden ist einfach: Der Mann (Autor) hat zuviel Platz, kann sich richtig austoben (auf zwei Hefte) und kommt dabei nicht wirklich in fahrt! :lol:

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