Beamten-Dämonen, Höllenfürsten und die ›Bayreuther Puppenkiste‹
Beamten-Dämonen, Höllenfürsten und die ›Bayreuther Puppenkiste‹
Und das ist eben - Luzifer und die Hölle innerhalb der Serie Professor Zamorra.
Wobei bei dieser Thematik im ›Zamorra‹ der Dreh- und Angelpunkt immer die Figur des Asmodis war. Und es sei noch einmal drauf hingewiesen, das sich meine Betrachtungen nur auf die Zeit zwischen 1980 und 1986 beziehen können, weil Werner danach die Höllenstrukturen in seinem Sinn vereinfachte - oder besser gesagt, die dem Stil eines Heftromans anpasste. Und die große Kulisse einer gigantischen Bühne, die ich noch bauen wollte (die Höllenstadt ›Dis‹), wurde eben auf das Maß zurück gebaut, dass sie für den Leser überschaubar wurde.
Ich habe schon mal erzählt, das ich Werner, als er mich wegen der Mitarbeit im 666er Zyklus ansprach, eigentlich mit der Begründung ablehnen wollte, dass er meine ›Bühne des Bayreuther Festspielhauses‹ zur ›Augsburger Puppenkiste‹ gemacht habe. Worauf die Antwort kam: »Dann nimm als Kulisse die Bayreuther Puppenkiste!« So war W.K. eben - immer den passenden Spruch drauf.
Und als ich im Schlusskapitel der Romane, weil ich annahm, dass ich wieder im Zamorra drin war, einen größeren Ausblick gab, was den damaligen Horizont mit der Hölle und den Namenlosen Alten wieder erweitern sollte, da hat Werner die Sache mit wenigen Sätzen umgeschrieben - und so den Weg für seine neuen Co-Autoren frei gemacht, von denen ich damals keine Ahnung hatte. Aber darüber habe ich schon genug erzählt. Und gelegentlich werde ich das von Werner in seinem Sinn gekürzte und umgeschriebene Kapitel mal im Original bringen.
Am Anfang war Werner auch gar nicht so erbaut darüber, dass ich schon mit den ersten Bänden anfing, die Hölle über das Niveau einer Mafia- Familie zu erheben - denn die ›Schwarze Familie‹ war nichts anderes in ihrer Struktur als ein Gangster-Syndikat. Zwar war auch in W.K. Giesas Romanen zu erkennen, das Asmodis in der Hölle nicht das alleinige Sagen hatte - und der ›Kaiser Luzifer‹ wurde immer mal angedeutet, aber eine gewisse Struktur bekam die Hölle erst, als ich die Dinge in die Serie mit einbrachte, die ich in dem in der letzten Teestunde vorgestellten Buch »Der Hexenmeister« gelesen hatte.
In einem hatten W.K. und ich, was die Hölle angeht, immer zwei Ansichten. Während ich gerne viel verschleiere und im mystischen Dunkel halte, brachte Werner alle ›Geheimnisse‹ so logisch rüber wie in einem SF-Roman. Schon bei seiner »Straße der Götter« war von vorn herein der ›Sieger‹ erkennbar - weil man wusste, dass die Dhyarra-Kristalle verschiedene Werte hatten - und eben die nächsthöhere Stufe bei einer direkten Konfrontation auf jeden Fall gewinnen musste.
Das war genau so, wie das ›unbesiegbare Amulett‹, das spätestens auf Seite 63 zuschlug ... auf Kommando oder von selbst - und damit auch die unlogischsten und haarsträubendsten Situationen ›verlagskonform‹ löste - also dass keine Zeile mehr geschrieben wurde, als nötig war, das Heft mit Werbung problemlos zu drucken.
Deswegen war Werner auch erst mal richtig knurrig, als bereits in meinem zweiten Roman das Amulett nicht mehr so funktionierte, wie es sollte. Dazu kamen in diesem Roman - als Zeichen, das sich in der Hölle was tat - zwei ganz niedrige Dämonen, die sich beim ›Chef‹ profilieren wollten.
Nach Hermanns Prinzip »Es ist doch alles ganz einfach« ließen sie einfach ein Flugzeug mit Zamorra und Nicole abstürzen, indem sie die Piloten übernahmen. So einfach ist das, einen Feind zu töten, meine Herren Dämonen, und das ganze sieht noch wie ein Unfall aus. Konnte man als ›Fürst der Finsternis‹ da nicht vorher drauf kommen.
Ja, sicher hätte Lucifuge Rofocale so etwas Ähnliches gesagt. Wenn - ja wenn dieser Plan geklappt hätte. Aber weil ich ja erst die ersten Seiten geschrieben hatte und außerdem die Serie weiter laufen sollte, konnte dieser Plan nicht klappen. Die Dämonen wurden vom Amulett vernichtet und wenn man genügend Katastrophen-Filme gesehen hat, dann weiß man auch, wie man mit Hilfe der ›Heftroman-Logik‹ ein großes Flugzeug landet, obwohl keine Piste vorhanden ist.
Diese dem Roman entnommene ›Höllenszene‹ aus den Anfängen, als ich begann, den ›Höllenkreis‹ zu erweitern, möchte ich euch nicht vorenthalten. Also kommt jetzt ein kurzer Ausschnitt aus meinem zweiten Roman, in dem ich weitere Weichen stellte (»Herr der Grünen Hölle« - PZ 204). Vermutlich sind auch Szenen dieser Art gewesen, die den Lesern dann besonders gut gefallen haben, so dass ich trotz dieser für Heftromane völlig neue ›Behörde in der Hölle‹ in der Serie drin bleiben konnte.
Dann los - Kamera ab... Action:
Natürlich fand Zamorra eine Lösung, den Vogel einigermaßen heil runter zubringen. Auch wenn das Amulett, mit dem er die Dämonen vernichtete, das Leben der Piloten nicht wieder zurück bringen konnte. Aber dieser Roman war ja das erste Zusammentreffen Zamorras mit meinem halben Alter ego ›Michael Ullich‹ - und so landete der Flieger auf dem Rio Negro mitten im brasilianischen Regenwald. Leider konnte ich auch die ›Elementar-Geister‹, die hier das erste Mal auftauchten, nicht weiter ausbauen. Ich hatte sie später für eine Hauptrolle vorgesehen - doch dieses ›später‹ kam dann nicht mehr.
Aber in diesem meinem zweiten Roman gab es noch eine Variante der Höllenstruktur, die ich erstmals einbaute.
Und zwar, dass es sich bei den Ur-Völkern als Götter verehrte Wesen eigentlich um Dämonen der Hölle handelte, die im Auftrage ihrer Vorgesetzten - die vom Rang her noch weit unter Asmodis lagen- einen Bezirk oder ein Volk zu verwalten hatten.
In diesem Fall war es der Dämon Huitzilopochtli, der von den Spaniern des Cortez vertrieben wurde. Auch das sollte mal ein PZ-Vergangenheits-Abenteuer werden, wie die Dämonen-Götter von Montezumas Volk vertrieben wurden.
Ich habe es ja sehr gern gemacht, dass Zamorra in einem Roman auf Erlebnisse in der Vergangenheit angesprochen wurde. Beispiel das Gespräch mit der ›schönen Helena‹ am Hofe von Pharao Ramses II (»Der Fluch des Ägypter-Grabes«), die Zamorra an die Ereignisse beim Kampf um Troja erinnert, die dieser noch gar nicht erlebt hatte. Helena war bei diesem Zusammentreffen schon eine alte Frau, die am Hof des Pharao ihr Dasein fristete.
All das waren Versuche, die Leser an die Serie zu binden. Denn nach Helenas Worten war den Stamm-Lesern ja klar, dass sie bald erfahren würden, wie sich der Kampf um Troja wirklich abgespielt hatte.
Ein Zamorra-Roman um Hernando Cortez, die ›Noche triste‹ und die Erstürmung von Tenochtitlan ist also nie geschrieben worden. Doch was aus einem der von Zamorra und nicht von dem ›Kreuz-Priestern‹ vertriebenen Dämonen wurde, das schilderte schon mein zweiter Roman.
Huitzilopochtli, der schreckliche Kriegsgott der Azteken, war nämlich eine ganz andere Dämonen-Figur als ihn sich die Gläubigen vorgestellt hatten. Ein durchaus friedlicher Höllensohn, der eigentlich nur seine Ruhe haben wollte und nicht mal ganz ungerne Zamorras Höllenzwang wich, mit dem er die Dämonen aus Mexico vertrieb, damit die Spanier ihre Kirchen bauen konnten.
Der Dämon Huitzilopochtli wanderte weit nach Süden, um ein Volk zu finden, wo man in Ruhe die Rolle eines Gottes spielen kann, sich anbeten und opfern lässt - und ansonsten den lieben Gott - oder Luzifer - einen guten Mann sein lässt. Und er fand ein Plätzchen mitten in dichtesten Regenwald Basiliens bei einem Stamm von Eingeborenen, die auch Kannibalen waren und die Blutopfer auf dem Altar brachten, an die sich Huitzilopochtli bei den Azteken richtig dran gewöhnt hatte. Das Blut gab es zu Ehren des Gottes und das Fleisch aßen die Menschen. Nahrung war also vorhanden und ansonsten gab es für den Dämon in der Rolle eines Gottes nicht viel zu tun.
Das Dämonen-Leben wie ›Gott in Frankreich‹ ging über Jahrhunderte gut. Huitzilopochtli hatte sich in seinem ›Tempel‹ hübsch eingerichtet - auch wenn es keine gigantische Pyramide war wie in Tenochtitlan. Klein aber fein - und mein.
In der Hölle war Huitzilopochtli eine ›Karteileiche‹ geworden. Der hatte einen Job wie früher ein alternder Beamter im heran nahenden Ruhestand, den man auf eine Aktenkammer abschob, wo er seine letzten Dienstjahre in Ruhe rum bringen kann, während neue junge, dynamische Kräfte die Arbeit machen.
So ähnlich war die Situation des Hitzilopochli bei diesem Indio-Stamm mitten im brasilianischen Dschungel. Und dann kam der Tag, als ausgerechnet in der Nähe durch den tückischen Einfall zweier Unter-Dämonen ein Flugzeug abschmierte, an dessen Bord Professor Zamorra und Nicole Duval war.
Nun wurde in der Hölle die Zuständigkeit für diesen Landstrich überprüft. Korrekt hätte Astaroth hier übernehmen müssen, weil die meisten alten Grimorien ihn zum Herren der Neuen Welt machen. Also hat vermutlich Astaroth seine Finger in all dem finanziellen und militärischen Unfug, der jenseits des großen Teiches getrieben wird und den wir hier in Europa auch mit ausbaden müssen. Aber von Astaroth war damals beim Zamorra noch nicht viel die Rede gewesen. Und so musste eben im Roman der ›Assi‹ ran, einen in seliger ›Beamten-Ruhe‹ dahin dämmernden Dämonen wieder in Bewegung zu bringen.
Doch die beiden anderen Szenen, in denen Asmodis diesen ›Mitarbeiter‹ aktiviert, heben wir und wegen der Länge für das nächste Mal auf. Denn gerade jetzt, wo wir uns in unseren eigentlichen Betrachtungen über die Anfänge Werners als Schriftsteller und die meinen dazu unterhalten wollen, ist es sicher ganz nett, diese alten Texte, an die man sonst kaum dran kommt, noch einmal zu lesen. Und um festzustellen - wer was in den Zamorra eingebracht hat.
Also, freut euch drauf. Denn diese Unterredung zwischen Asmodis und Huitilopochtli ist auch recht lustig - weil ich ja auch immer versuch habe, in die ›bier - ernsten‹ Horror-Romane etwas zum Lachen hinein zu bauen. Was Werner dann - auf seine Art - weiter geführt hat.
Bis in einer Woche also... und eine genüssliche Lesestunde beim neuen Kapitel aus ›Visionia -Welt der Träume‹, in dem Sabrina tatsächlich nach Visionia gelangt ...