Luzifer, ›Hexenmeister‹ und Ministerpräsidenten
Luzifer, ›Hexenmeister‹ und Ministerpräsidenten
Und hier ist sie nun... der Tee ist serviert.... Milch, Zucker und Honig stehen bereit...
In seinem Artikel hat Rudi ja schön Quellenforschung über die verschiedenen Interpretationen der Herkunft Luzifers als herrlichster Engel, der gegen Gott rebellierte - oder auch der von Gott dazu ausersehene Engel, die Menschen zur Sünde zu verführen. Über all diese Dinge geben die kanonischen Texte der uns bekannten Bibel wenig Auskunft. Man muss einige apokryphe Bücher des Alten wie des Neuen Testaments kennen. Wer sich damit beschäftigen will - es gibt inzwischen genug Hintergrundmaterial jeder Art.
Nicht nur in Buchform. Das Zeitalter der modernen Informatik und des Internet gibt und die Möglichkeit, mit wenigen Suchbegriffen zu finden, was wir wissen wollen und erspart und damit die Arbeit und die Kosten, in einer Bibliothek oder Buchhandlung zu suchen. Google und Wikipedia machen es möglich, wenn man auch nur ›Teufel‹, ›Luzifer‹ oder ›Hölle‹ eingibt eine Fülle von Informationen einschließlich Querverweise zu erhalten.
Das sind Dinge, die Werner und ich damals noch nicht zur Verfügung hatten und die man selbst damals in dieser Form nicht voraus sehen konnte. Wir waren auf die damals noch sehr spärlich zu findenden Bücher angewiesen, in denen Hintergrundmaterial zu finden war. Das Interesse an Esoterik kam erst nach dem Erscheinen von Halleys Komet Mitte der 80er Jahre, womit , esoterisch gesehen, die Zeitenwende stattfand und die Ära des Wassermannes begann - »the Age of Aquarius«, wie es im Musical »Hair« heißt.
Heute also findet man jede Menge Information über die Hölle in allen ihren Schattierungen, ihre Bewohner und ihre Herrscher. Wir wollen uns aber hier nur mit der ›Hölle‹ als eigentlicher großer Gegner Zamorras beschäftigen.
Eine Hölle, wie sie in den ersten 110 Bänden immer so geschildert wurde, wie sie der Pfarrer von der Kanzel predigt. Am Ende jedes Romans räumte Zamorra mit dem Amulett selbst Macht-Dämonen wie Astaroth beiseite - vielleicht auch Luzifer selbst.
Ich habe damals eine ganze Menge PZ-Bände aus der ›Prä-Werner-Zeit‹ gelesen, weil ich sie von einem Freund bekam, der fast von den Zeugen Jehovas übernommen worden wäre - aber es dann zu schade fand, dieses ›Teufelswerk‹ zu verbrennen, sondern es mir gab. Denn die Zeugen Jehovas waren auch einige Male bei mir gewesen und in religiöses Sperrfeuer geraten, weil ich die Bibel auch ganz gut kenne.
Jedenfalls war man bei diesen bibeltreuen Heiligen der Meinung, dass ich nicht zu denen gehöre, die ›gerettet werden‹ und deshalb konnte ich das ›Teufelszeug‹ auch lesen. Dass jener hier ungenannte Freund dann doch kein Zeuge Jehovas wurde, lag daran, dass er die ›sündige Tanzmusik‹ mit diesem ›gotteslästerlichen Texten‹ aufgeben sollte. Allerdings - dann wäre ein Berufsmusiker brotlos geworden und so weit ging die Religiösität dann nicht. Ein Abend, ein sündhaftes Gespräch mit mir - mit dem teuflischen Getränk Bier, was ein Gräuel ist in den Augen des Herren - danach warf er die Zeugen Jevohas raus aus der Wohnung - nun ja, wieder einer der nicht gerettet wird ...
So bin ich also damals, vor Werners Zeiten, an einige Zamorra-Romane gekommen und deshalb kam dann irgendwann mal bei mir ein Anruf aus Lippstadt: »Kennst du eine Serie Professor Zamorra? Da soll ich einen Roman zu schreiben.«
Doch, genau war der Satz. Wenn ich mich recht erinnere, habe ich W.K. dann bei seinem nächsten Besuch einen Teil der Hefte gegeben - und er war gar nicht erbaut von der ›primitiven Handlung‹ - auch Original-Text W.K.G. Und dann auch ein: »Wenn ich die Serie in die Hand kriege, mache ich was draus!« Was Werner ja dann auch getan hat.
Auf jeden Fall hat Werner vorher den ›Dämonenkiller‹ gelesen, woher er wahrscheinlich den Begriff die »Schwarze Familie« für die Hölle übernommen hat. Und in diese ›Schwarze Familie‹, vergleichbar mir der Mafia, bracht Werner schon mal eine gewisse Ordnung und Grundstruktur, die ich als Fundament für den weiteren Ausbau nahm, als ich mit in die Serie einstieg.
Der ›Boss‹ war der Kaiser Luzifer - wenn auch nicht hinter einer Flammenwand. Es gab ihn nur. Der hatte einige Dämonenfürsten von denen Professor Zamorra als direkten Gegner einen gewissen ›Asmodeus‹ bekam, wie er in den Grimorien genannt wird. Ich vermute, der Name ›Asmodis‹ ist auch aus dem »Dämonenkiller« übernommen - Uwe Schnabel als Welt-Experte für Dorian Hunter & Co. kann dazu sicher mehr sagen. Jedenfalls lässt sich auch der Name ›Asmodis‹ leichter sagen und lesen als ›Asmodeus‹.
Also, der ›Assi‹ bekam von Werner den Rang eines Fürsten der Finsternis und verpulverte immer neues dämonische Kanonenfutter gegen Zamorras Amulett. Meist war der Dämonen-Fürst zwar im Hintergrund, während das ›Fußvolk‹ für das Amulett ›Kanonenfutter‹ wurde. Allerdings griff Asmodis in Werners Romanen zwischen 111 bis ich mich etwas etabliert hatte, oft auch direkt ein. Und zwar erschien Asmodis in einer Gestalt, wie sich klein Fritzchen eben den Teufel vorstellt.
Der Zamorra war eben eine Grusel-Serie - also musste die Hölle dem entsprechen, was der Herr Pfarrer von der Kanzel predigt. Aber das Werner schon vor mir beginnen wollte, eine Struktur in die Hölle zu bauen, zeigt sich an seinem Roman »Nocturno - Herrscher der Nacht«. (PZ 165). Und zwar ganz ohne mein Zutun. Nur verfolgte er dann die Idee nicht weiter.
Ich hatte mich schon vorher mit der ›Hölle‹ und auch ihren nicht-christlichen Spielarten beschäftigt. Leider gab es damals sehr wenig Bücher darüber. Aus theologischen Werken wusste ich nur, dass es im Himmel eine Rangordnung gibt - und in den Büchern erwähnt war, dass die Hölle die gleiche Hierarchie in negativem Sinne hat. Die sogenannte ›falsche Hierarchie‹.
Aber dann kam 1974 bei Heyne ein Roman raus - dem später eine Fortsetzung folgte. Und als mir dieser Roman »Der Hexenmeister« (Black Easter - Heyne Buch 5059)) von James Blish in die Hände fiel, das war so ungefähr ein Jahr, bevor ich anfing, die ersten Seiten einen PZ-Romans zu schreiben. Der Folgeband heißt übrigens: »Der Tag nach dem Jüngsten Gericht«.
Hier wurden nicht nur ›echte Dämonen-Beschwörungen‹ beschrieben, sondern auch das Aussehen einiger Dämonen, wie ich sie dann später in der Goetia und anderen ›Zauberbüchern‹ wieder fand. Im ›Hexenmeister‹ finden sich dann auch Höllenstrukturen, die sich in leicht veränderter Form auch im 6. und 7. Buch Moses wieder finden oder in der »Magia Naturalis«, die angeblich Dr. Faust zugeschrieben wird.
Wie der Himmel von der ›Heiligen Dreifaltigkeit‹ (lat. Trinitatis), d.h. Vater, Sohn und Heiliger Geist, regiert wird, die zusammen den Begriff ›Gott‹ bilden, so gibt es auch in der Hölle die ›Falsche Trinitatis‹. Das sind, wie Zamorra-Leser von ›damals‹ wissen, »Satanas Merkratik«, der Vater der Lüge, »Beelzebub«, der Herr der Fliegen und »Put Satanachia«, auch »Baphomet« genannt - die Sabbath-Ziege. Sie zusammen bilden den ›Kaiser Luzifer‹ - de facto also den Teufel.
Jeder dieser drei obersten ›Geister‹, die nicht beschworen werden können, hat zwei Ministerpräsidenten, denen wieder jeweils ca. 50 Dämonenfürsten unterstehen. Diese wiederum haben Legionen von unteren Dämonen, verdammten Seelen und sonstige Schreckensgestalten, die sie beherrschen. Die »Goetia«, das geht aber wieder aus anderen Büchern hervor und nicht aus der »Goetia« selbst, enthält die Namen der Dämonen, die einem der Ministerpräsidenten von ›Satanas Merkratik‹ unterstehen. Und in dem Buch »Der Hexenmeister« spielt er eine herausragende Rolle.
Richtig geraten. Eben das ist unser Lucifuge Rofocale.
Mit einem dieser Ministerpräsidenten, egal wen er beschwört, kann ein Magier einen Pakt eingehen. Denn wenn er dann einen Dämon beschwört und der sich widerspenstig zeigt, dann wird der Ministerpräsident beschworen, seinen Vasallen zur Arbeit anzutreiben. Über Beschwörungen dieser Art machen wir vielleicht mal eine gesonderte Teestunde. Ich hätte all diese Sache mit Beschwörungen etc. und auch die Höllenstruktur am liebsten viel mehr ins Konzept übernommen. Aber Werner vereinfachte das - übernahm aber »Lucifuge Rofocale«, wenn auch nicht das Aussehen - und schon gar nicht den Charakter - den dieser Macht-Dämon in den alten Überlieferungen hat.
Hier muss ich noch etwas sagen, falls sich jemand ›Zauberbücher‹ beschafft und sich wundert, dass werde Beschwörungen noch Namen überein passen - und auch Rangordnungen etc. anders geschildert oder verdreht werden. Ich wüsste nicht, dass der Ursprung dieser Bücher wissenschaftlich festgelegt werden kann.
Die bei mir immer wieder genannte »Goetia« lässt sich lt. Wikipedia von den Ursprüngen her bis ins 14. Jahrhundert verfolgen, um 16 Jahrhundert scheinen sich Strukturen gefestigt zu haben und der berühmt-berüchtigte Alistair Crowley hat hier ›den letzten Schliff‹ gegeben. Wer interessiert ist, sollte bei Wikipedia unter dem Begriff »Goetia« mal rein sehen. Selbst die Dämonenfürsten und teilweise ihre Erscheinung und welche Macht sie haben sind dort aufgeführt.
Das 6. und 7. Buch Moses als eins der Großen Grimorien lässt sich mit seinen Beschwörungen bis zu apokryphen Texten aus dem 4. Jahrhundert n.Chr. verfolgen. Ab 1797 konnte man es dann kaufen. Auch hier empfehle ich Wikipedia. Wer will findet dort sicher noch mehr, doch wir kommen hier vom Thema ab. Das wäre mal eine oder mehr Teestunden.
Schon in meinem ersten Zamorra ließ ich Asmodis völlig anders auftreten, als es Werner bisher gemacht hatte. Den Grund gab mir Altmeister Goethe im »Faust«. Goethe war bekanntlich Freimaurer-Meister und hatte durch seine Studien auch in diesen esoterischen Dingen tiefen Einblick. Wir lässt er dort dem Mephisto in der "Hexen-Szene" sagen:
"Auch die Kultur, die alle Welt beleckt
hat auf den Teufel sich erstreckt.
Das nordische Phantom, ist nun nicht mehr zu schauen.
Wo siehst du Hörner, Schweif und Klauen?
Als ich Asmodis das erste Mal im ›Krakengötzen‹ erscheinen ließ, war es der Stil, wie eben die Dämonen in der Goetia geschildert werden - und so schilderte ich später auch Lucifuge Rofocale.
Bei meiner Begegnung zwischen Asmodis und Zamorra erscheint der ›Assi‹ natürlich auch erst mal so, wie bei Werner - als richtiger Teufel. Aber Dämonen können sich ja in alle Gestalten verwandeln. Und so bekam Asmodis dann von mir mit gewissen Abwandlungen der »Goetia« seine ›menschliche Gestalt‹ in der ich ihn auch später immer erscheinen ließ. Am einfachsten, ich schreibe die Passage hier noch mal.
"Wandle dich! Wandle dich!" rief der Meister des Übersinnlichen noch einmal seinem Erzrivalen zu. "Zeige dich in der Gestalt, wie du am Throne das Kaisers Luzifer erscheinst. Gib dich zu erkennen als mächtiger Großprinz der falschen Hierarchie und Erzkanzler vom Orden des Feuermolchs.
Ich befehle es dir im Namen dessen, dessen wahren Namen zu nennen den Sterblichen auf ewig verboten ist. Gleichermaßen auch im Namen der Mächtigen, die da auf Gad zueilen und auch auf Lllahore!"
Die Antwort war ein Blitz, jäh entflammt und von einem rollenden Donnerschlag begleitet. Aus sich kräuselndem, verflüchtigendem Rauch bot sich den drei Betrachtern die Gestalt eines Mannes, der die sechzig Jahre gerade überschritten hatte.
Graues Haar kräuselte sich um ein Angesicht, aus dem die Weisheit des Sokrates, die Machtgier des Dschingis Khan und der Wahnsinn des römischen Kaisers Caligula zu sprechen schien. Das Haar war gehalten von einem roten Stirnband, in das unverständliche, goldblitzende Zeichen und Symbole eingestickt waren.
Umhüllt war die Gestalt mit einem langen, faltigen Gewand, das vom hellen Grau bis zum finstersten Schwarz alle Farben der Düsternis wiederspiegelte. Diese Farben waren aber nicht konstant, sondern schienen ineinander zu zerfließen. In der Hand hielt Asmodis einen silbernen, mattschimmernden Krummstab. Das höllische Wesen glich in seiner Urgestalt eher einem Götzenpriester der grauen Vorzeit als einem höllischen Machthaber.
"Können wir jetzt vernünftig reden?" sprach Asmodis den Meister des Übersinnlichen an....
In der Goetia wird die Erscheinung des "Asmodeus" - also unser "Assi" so beschreiben:
"Er erscheint mit drei Häuptern, deren erstes wie ein Stier, das zweite menschlich und das dritte wie ein Widder ist. Er hat den Schwanz einer Schlange und aus seinem Mund strömen feurige Schlangen. Seine Füße sind wie die einer Gans mit Schwimmhäuten versehen. Er sitzt auf einem höllischen Drachen und trägt in der Hand eine Lanze mit einem Banner"
Das ist also die ›offizielle Beschreibung‹ - und in dieser Form beschreibt ihn auch James Blish in seinem »Hexenmeister«. Dieses Buch muss bei der Höllen-Interpretation als Grundlage genommen werden - denn alle andren Bücher hatte ich noch nicht. Die »Goetia« ist bei mir ein Anhang des »Necronomicon«, was ich auch gern mit als Hintergrund für die ›Namenlosen Alten‹ in den Zamorra genommen hätte - damals auch mit Werners Genehmigung - aber die oft erwähnten Ereignisse von 1986 machten all das zunichte. Allerdings - Werner hat das Necronomicon auch - mit der Goetia. Wir bestellten uns damals jeder ein solches Buch - mit Quittung fürs Finanzamt.
Aber unter der ›offiziellen Beschreibung‹ war Asmodis so im Heftroman nicht darzustellen - jedenfalls nicht all immer wieder kehrende Erscheinung. Also ließ ich mich von einer anderen Beschreibung eines Macht-Dämonen aus dem »Hexenmeister« leiten. Und das war niemand andres als Lucifuge Rofocale selbst. Hier ist - aus dem »Hexenmeister« - die Beschreibung:
"Kein Geräusch war zu hören. Und doch stand plötzlich in dem für die Erscheinung bestimmten Kreis eine matt leuchtende, dampfende Gestalt, etwas zweieinhalb bis drei Meter groß. Es war schwer, sie deutlich auszumachen, wohl zum Teil auch, weil man durch sie hindurch immer noch einen Teil des Altares sehen konnte.
Baines erschien sie wie ein Mann mit kahl geschorenem Haupt , das drei lange, gewundene Hörner trug. Die Augen waren wie die eines Lemurenaffen, der Rachen war geöffnet, das Kinn lief spitz zu.
Die Gestalt war in eine kupferfarbene, eng anliegende, ärmellose Jacke mit schleissiger Halskrause gekleidet, zu der sie einen Fransenrock trug. Zwei krumme, behufte Beine und ein fetter, haariger Schwanz sahen unter dem Rock hervor . Der Schwanz war in rastloser Bewegung".
Das also ist die ›offizielle Beschreibung‹ von Satans Ministerpräsident, die ich dann in einem der letzten Bände vom ›Dynastie-Zyklus‹ auch in etwa übernommen habe, wo Lucifuge Rofocale das erste Mal selbst mitspielt und Zamorra daran erinnert, dass er an in der Vergangenheit an der Seite des Doktor Faust der Hölle viel Schaden zugefügt habe, weil Mephistopheles durch den Pakt gezwungen war, die Hölle selbst zu bekämpfen.
Das hatte ich immer mal als Vergangenheits-Abenteuer über mehrere Bände geplant - durch das Jahr 1986 kam es nicht mehr dazu. Ich habe Werner das Thema auch für ein Hard-Cover vorgeschlagen, weil er da ja seinen eigenen Worten zufolge die Einsatzplanung machte. Doch er hat das rundweg abgelehnt. Die Leser heute wollten so etwas nicht mehr lesen. Nun ja, inzwischen kann ich drüber reden und der Herausgeber der PZ-Hard-Cover weiß jetzt, was ihm entgangen ist.
Die Beschreibung Lucifuge Rofocales habe ich mir dann zum Vorbild genommen - wollte aber Asmodis nicht als wirkliche Dämonen-Erscheinung haben, sondern als einen fast menschlichen Gegner - mehr als eine Art ›dunklen Merlin‹. Denn damals war ja schon im Zamorra bekannt, dass Merlin und Asmodis Brüder sind.
Das Thema ist noch lange nicht beendet - aber unsere Teestunde. Besonders zum Verhältnis Asmodis - Lucifuge Rofocale und Luzifer selbst - wie sie im Professor Zamorra gebracht und wie es weiter geplant war, ist noch Einiges zu sagen. Doch das müssen wir nächste Woche machen.
Bis in einer Woche also...