Mehr Stabilität für Halbvampire?


In Der Moloch war es Liliths Kleid. Es war klar, dass es über besondere Fähigkeiten verfügt. Schließlich ist es schon etwas ungewöhnlich, wenn ein Kleid regelmäßig das Aussehen verändert. Dass es in einer Kampfsituation jedoch in der Lage ist, einen alten und mächtigen Vampir zu töten, ist dann doch überraschend. Denn dadurch wirken die australischen Gegner Liliths etwas schwach, wenn es einer gerade erst erweckten Halbvampirin mithilfe eines Kleides sofort gelingt, den Anführer zu töten. Eine Flucht wäre hier vielleicht die bessere Lösung gewesen, um die Drohkulisse aufrecht zu erhalten.

Lilith ist zu früh aufgewacht. Daher war es von Anfang an klar, dass sie erhebliche Schwierigkeiten haben würde sich durchzusetzen. Im bisherigen Verlauf der Serie hat sie es allerdings noch nicht einmal zustande gebracht, etwas aus eigenem Antrieb zu erreichen. Das Haus und das Kleid, von dem sie zunächst beschützt wurde, wurden ihr von ihrer Mutter gegeben. Die Rettung aus der Kirche erfolgte, wie bereits erwähnt, von einem Pristernovizen, der zudem von Liliths Gegnern aus Versehen mit einer mächtigen Waffe ausgestattet wurde. Dass Lilith nicht durch eigene Kraft Fortschritte erzielt, ist realistisch. Es ist eigentlich schon ein Wunder, dass sie nicht noch immer desorientiert durch eine ihre fremde Welt läuft. Aber nach nun mehr sechs Wochen ist es im nächsten Roman langsam Zeit, dass Lilith selbst etwas erreicht.
Im nächsten Roman, der den Titel Landrus Ankunft trägt, harren einige Fragen einer Antwort. Erst einmal wird es interessant sein, wie Landru vorgeht. Er wurde als böser, mächtiger und kluger Vampir geschildert. Es ist daher nun an ihm, das bisherige Bild der echten Vampire zu korrigieren. Die wirkten bisher nämlich eher tollpatschig und willkürlich als planend und gefährlich. Für Lilith wird entscheidend sein, ob Luther ihr in Zukunft zur Seite steht. Mit einem Vampirjäger an ihrer Seite hätte sie eine realistische Chance, gegen die (bisher eher trotteligen) Vampire vorzugehen. Interessant und in diesem Artikel vermutlich zu unrecht nicht beachtet werden auch die Nachforschungen des Polizisten Warner sein. Er untersucht die Morde der Vampire und hat sich mittlerweile zusammengereimt, dass da ein Zusammenhang dahinter steht. Die Reaktionen des Polizeipräsidenten und verschiedene Mordanschläge auf ihn machen jedoch deutlich, dass die Polizei von den Vampiren unterwandert ist. Warner wurde jetzt auf eine Mission zu Liliths altem Haus geschickt. Bisher endeten solche Erkundungen für Menschen tödlich. Es bleibt zu hoffen, dass der Polizist Warner jetzt nicht auf so unnötige Weise (relativ) aussortiert wird wie der Parapsychologe Brian Secada im zweiten Roman. Denn gerade diese Storyline hat bisher am meisten überzeugt und bietet noch einiges an Potential.
Warner könnte dem Leser in den nächsten Romanen mehr Informationen über die Unterwanderung menschlicher Institutionen durch Vampire bringen. Luther könnte an Liliths Seite dafür sorgen, dass ihr zukünftiger Weg durch etwas mehr Stabilität geprägt ist und sie somit die Möglichkeit bekommt, selbst etwas zu erreichen und sich somit auch zu profilieren. Denn bisher ist sie die ahnungslose, sexbedürftige Halbvampirin, die eher als Typ denn als Charakter bezeichnet werden kann. Natürlich lebt der Heftroman von Typen, dennoch wird meist mindestens die Hauptfigur zu einem Charakter ausgebaut. Bei Lilith würde sich das durchaus lohnen.
Anmerkung: Wie im ersten Teil der Kolumne erwähnt, habe ich die Serie bisher nicht verfolgt. Die Kolumne ist also absichtlich so aufgebaut, dass über die zukünftige Handlung spekuliert wird, obwohl die Hefte bereits einmal erschienen sind.