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LITTLE SHOPPE OF HORROR - Das Filmfanzine (nicht nur) für Hammer-Filme

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Das Filmfanzine (nicht nur) für Hammer-Filme

Seit mittlerweile 40 Jahren gibt der Amerikaner Richard Klemensen sein Fanzine LITTLE SHOPPE OF HORROR heraus, das sich um die bunte Welt des britischen Horrorfilms kümmert, insbesondere um die Filme der Hammer Studios. Aus den bescheidenen Anfängen in schwarz/weiß ist ein hundert Seiten starkes Hochglanzmagazin im Illustriertenformat geworden, von dem meistens zwei Ausgaben im Jahr erscheinen.


Little Shoppe of HorrorsKlemensen hat eine Schar talentierter Autoren um sich versammelt. Das gilt auch die beteiligten Künstler, die für die Cover und Innenillustrationen sorgen; der bekannteste dürfte sicher der Amerikaner Bruce Timm sein, der unter anderem für den Erfolg von Batman-The Animated Series verantwortlich zeichnete.

Ursprünglich ein bunter Reigen von Artikeln und Interviews mit dem Schwerpunkt Hammer konzentriert sich der Herausgeber in den letzten Jahren auf Themenausgaben. In ausführlicher Weise sind hier Filme wie BRIDES OF DRACULA, die Karnstein-Trilogie und die Mumien-Filme vorgestellt, die Artikel sind jeweils ein minutiöses "Making of" mit oft auch älteren Schauspielerinterviews, zahllosen Standfotos, Illustrationen und Filmpostern. In letzter Zeit ist das Themenspektrum erweitert worden, jeweils eine Ausgabe stellte beispielsweise Hammers Konkurrenz Amicus (ASYLUM; AND NOW THE SCREAMING STARTS (Embryo des Bösen)), Tigon (BLOOD ON SATAN'S CLAW (In den Krallen des Hexenjägers)) und Roman Polanskis TANZ DER VAMPIRE vor.

LSoH erblickte 1972 das Licht der Welt. Vietnamveteran Klemensen interessierte sich klassische Horrorfilme und war Fan von Fanzines wie GORE CREATURES und CINEFANTASTIQE. Vor allem der britische Horrorfilm hatte es ihm angetan. Die erste Ausgabe erschien im Juni 1972 und hatte einen Umfang von immerhin siebzig Seiten. Es gab vierzig Filmfotos und Artikel wie "Ein Besuch bei den Bray Studios". Dazu kamen Rezensionen über damals aktuelle Hammer-Filme und dergleichen mehr.

Little Shoppe of HorrorsDa es in erster Linie ein Hobby war und Hammer so viele Filme nun auch nicht produzierte, beschränkte sich die Erscheinungsweise auf eine jährliche Ausgabe. Aber der Inhalt war immer durchaus ambitioniert. Nr.4 von 1978 war mit hundertdreißig Seiten ein informativer Überblick über die Filme und das Studio. Zu dieser Zeit war ja noch keine Rede davon, dass Hammer seinem Niedergang entgegensah.

1984 gab es dann die erste Themenausgabe, in der die "Karnstein"-Filme näher vorgestellt wurden. Von Anfang an legte der Herausgeber viel Wert auf Interviews. Aber nicht nur die Stars kommen zu Wort, hier findet man auch Interviews mit den Schauspielern aus der zweiten Reihe oder mit Kameraleuten oder der Requisite. Natürlich hat Klemensen sie nicht alle selbst geführt, aber er hat sie für sein Magazin aufgetrieben.

Nun im vierzigsten Jahr seines Bestehens ist das Magazin noch immer ein Familienunternehmen. Trotz Hochglanzpapier und über hundert Seiten Umfang gibt es noch immer ein sehr persönliches Editorial, in dem der mittlerweile fünfundsechzigjährige Herausgeber über seine Familie und sein Leben erzählt. Das mag zwar nicht besonders interessant sein – auch wenn sich darunter manchmal interessante Informationen verbergen, pflegt Klemensen doch einen regen Kontakt zur leider ständig kleiner werdenden Hammerfamilie aus Schauspielern und Mitwirkenden – aber es gibt dem Magazin eine sehr persönliche Note. Außerdem schwingt da immer noch eine Begeisterung für die alten Filme mit, die durchaus ansteckend sein kann.

Little Shoppe of HorrorsDie Ausgabe Nr. 29 ist den beiden großartigen Filmen THE ABOMINABLE DR. PHIBES und DR. PHIBES RISES AGAIN mit dem unvergessenen Vincent Price gewidmet.

Der Inhalt präsentiert sich wie folgt:
Nach ein paar Seiten Leserbriefen gibt es Rezensionen von aktuellen Fanzines und neuen Filmbüchern. Da finden sich gelegentlich erstaunlich obskure Neuerscheinungen. Man muss sich schon sehr für die Materie interessieren, um Bücher wie "Stop Yellin' – Ben Pivar and the Horror, Mystery and Action-Adventure Films of his Universal B-Unit" von Thomas Reeder oder "American Silent Horror, Science Fiction and Fantasy Feature Films, 1913-1929" von John T. Soister u.a. normalerweise zu registrieren. Natürlich geht dieses Angebot oft schon ins Filmakademische hinein, aber es ist immer wieder erstaunlich, dass solche Bücher noch immer veröffentlicht werden. Wenn auch zu oft exorbitanten Preisen.

Little Shoppe of HorrorsEs folgt eine regelmäßige Kolumne, in der Fanzines vorgestellt werden. Dieses Mal dreht sich alles um FantaScene, einem Fanzine aus den Mittsiebzigern. Der Artikel ist im typischen LSoH-Stil gehalten, Interviews mit den damaligen Machern, aufgelockert durch viele Schnappschüsse und Coverreproduktionen. 

(Normalerweise folgen sonst in LSoH regelmäßige Kolumnen wie die Hammer News und Viewable Hammer, wo Neuveröffentlichungen der alten Filme vorgestellt werden, von DVDs bis zur Filmmusik. Wegen Platzgründen ist das in dieser Ausgabe entfallen.)

Dann kommt der Hauptteil, wo die beiden Phibes-Filme in der gewohnten minutiösen Weise vorgestellt werden. Diesmal hat Klemensen sehr prominente Mitarbeiter versammelt. Es gibt einen Auszug aus einem bald erscheinenden Buch über Vincent Price von Frank Darabont, dem bekannten Regisseur (THE GREEN MILE) und Produzenten (THE WALKING DEAD). Er erzählt unterhaltsam, was ihm der Film bedeutet und was das Besondere an ihm ausmacht. Dann folgt ein kurzes Interview mit Tim Burton, der ebenfalls ein paar Erinnerungen an Vincent Price zum Besten gibt.

Little Shoppe of HorrorsEs folgen diverse Artikel über die Filme. Sämtliche Aspekte werden abgehandelt, vom Drehbuch bis zur Filmmusik und dem Marketing. Hier handelt es sich nicht nur um aus Filmbüchern zusammengesuchte Zitate, sondern es gibt Interviews mit allen möglichen Mitwirkenden, eine Unzahl Standfotos, einen Artikel über den Production Designer Brian Eatwell – die surreale Art Deco-Kulisse des Films macht ja hier einen großen Teil des Reizes aus – und über nie realisierte Dr. Phibes-Projekte (Ursprünglich sollten es mehr als nur zwei Filme werden.) Das alles durchgehend in einer zehn-Punkt-Schrift, die für einen beachtlichen Textumfang sorgt. Es ist der Kontrast, der hier oft so interessant ist, wenn beispielsweise Regisseur und Drehbuchautor völlig gegensätzliche Erinnerungen daran haben, wer was wann gemacht hat.

Über den Fanzinestatus ist LSoH im Grunde schon längst hinaus. Wenn  man sich für die britischen Horrorfilme dieser Ära interessiert, ist das Magazin eine echte Fundgrube, eine Mischung aus Nostalgie und einem Blick hinter die Kulissen.

Little Shoppe of HorrorsBeziehen lässt sich das Magazin – auch die älteren Ausgaben, die es bis jetzt allerdings nur auf CD-Rom gibt – einmal vom Herausgeber selbst. Allerdings ist das dank der explodierenden Portokosten im Ausland ein teures Vergnügen. Eine Alternative ist der Magazinversand Hemlock Books in England. Hemlock vertreibt eine Vielzahl von Filmmagazinen und Filmbüchern, von Starburst bis zu VideoWatchdog. Bezahlen kann man mit Paypal. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass der Service erstklassig ist. Ob das Magazin in Deutschland zu bekommen ist, war nicht zu recherchieren. Möglich, dass es der eine oder andere Comicladen führt.

Wer sich näher über LSoH informieren möchte, hier sind die Internetadressen:

Littleshoppeofhorrors.com
Hemlockbooks.co.uk

Mit einem Preis von USD 9.95 kann man da eigentlich nichts falsch machen. Für das nächste Jahr ist bereits eine Ausgabe über VAMPIRE CIRCUS angekündigt, eine der Trashjuwelen des britischen Horrorfilms. Man darf gespannt sein.

Kommentare  

#1 Toni 2016-09-09 16:05
Hammer war schon Hammer. :-)
Es gibt so viele Fachmagazine wo man sich fragt wer die liest. Warum nicht eins über die alten Gruselstreifen (die ich immer noch gerne sehe).
Von so einen Hochglanzmagazin hat wohl jeder Fanzine Herausgeber, zumindest früher, mal geträumt (Gelle Horst). Klemensen ist dran geblieben und ums Geld (?) ist es ihm wohl auch nicht gegangen. Die Seite kommt immer noch sehr Fanisch daher und das finde ich gut.
Ein Lob an den Artikelschreiber... :-)
#2 Andreas Decker 2016-09-10 13:05
Danke.

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