Die Marsmond-Stories (1) Robos auf Phobos - Die LION auf dem Mars - Eine Dan-Picot-Story
Die Marsmond-Stories (1)
Robos auf Phobos
Die LION auf dem Mars - Eine Dan-Picot-Story
Dan Picot mußte an Tschato denken, den Kommandanten des Schiffes. Das Schiff, die LION, war wie er, auch er ragte wuchtig und gewaltig empor und füllte jeden Raum aus, den er betrat, dachte Picot. Doch nun war die LION für einige Tage stillgelegt, weil wichtige Reparaturen am Triebwerkssektor vorgenommen werden mussten. Damit war auch Picot stillgelegt, der erste Offizier des Raumschiffes. Tschato war nach Terrania-City gegangen, eine Besprechung mit der Stabsführung. Picot hütete das Schiff, als IO war das seine Aufgabe, aber er begann, sich zu langweilen. Die Reparatur ging routinemäßig voran, einige wichtige Ersatzteile mussten allerdings erst von Luna aus eingeflogen werden, hauptsächlich Howalgonium-Hyperschwingquarze für Geschütze, Funk- und Steuerelemente. Transmittertransport würde diesen Elementen nicht gut bekommen, deshalb mussten sie darauf warten, dass einige Beiboote sie herbrachten. Picot dachte an Tschato, den Löwen. Sein Magen grummelte, aber er war froh, dass nichts los war, keine Aktion angesagt. So konnte er seine Nerven schonen. Er hob das Glas, das halbvoll vor ihm stand, und prostete dem Schiff da draußen zu. „Die LION, das sind Sie und ich, Dan!“ hatte Tschato einmal gesagt, damit hatte er den Nagel auf den Kopf getroffen, denn was sollte Picot tun ohne das Schiff? Er wäre nur ein weiterer müder alter Mann gewesen, der die Raumhafenkneipen unsicher machte und ein weiterer halbgarer Schwafler, der Raumfahrergarn gegen einen kostenlosen, spendierten Drink erzählte und die Raumfahrer langweilen würde, eine komische Figur, die zu jedem Raumhafen als Randambiente zu gehören schien..Picot dachte an Rhysling, einen Mann, den er einmal gekannt hatte, und dem es so ergangen war, er hatte lange nichts mehr von ihm gehört...
Ja, Picot war mit dem Schiff, mit der LION untrennbar verbunden.Dennoch beschloss Picot, das Schiff eine Weile allein zu lassen. Die funkelnden Sprühregen der Schweißrobotergeräte, die an den Düsen des Schiffes arbeiteten, konnte Picot bis hier oben sehen. Die Terkonitdüsen des Triebwerkes wurden neu gebrannt und ausgekleidet. Für diese Routinearbeit konnte er sich auf die Besatzung verlassen; sie würde den Robotern schon auf die Metallklauen sehen. Auf Captain Walt Heintman war da Verlass. Dieser würde Leutnant Vertrigg und den Rest der Mannschaft schon anzutreiben wissen. Er beschloss, sich ein wenig selbstständig zu machen, und draußen auf der Oberfläche des Marsmondes Phobos ein wenig herumzuspazieren. Also trank er das Glas aus und stellte es auf einer Bildplatte des kybernetischen Turmes in Terrania ab, die in den Tisch eingelassen war.. Eigentlich vertrug sein Magen keine scharfen Drinks, aber was war ein Mann schon wert, wenn er sich nicht ab und zu gegen die Unwägbarkeiten des Schicksals auflehnen konnte.. Er rutschte von dem Barhocker, musterte kurz den fast leeren Raum, nur in einer Ecke saß ein trinkender Raumfahrer der Handelsflotte, was an den Farben und Abzeichen seiner Uniform erkennbar war, dann gähnte er kurz, wobei er das flimmernde Geplärre des Trivideo hinter der Bar ignorierte, griff nach seinem Waffengurt, der neben ihm auf der Theke lag und wollte den Raum bereits verlassen, als der andere Raumfahrer ihn mit einer Geste aufforderte, näherzukommen...Picot blieb kurz stehen, zwischen Tür und Tisch schien er zu schwanken, welchen Kurs er nehmen wollte. Dann trat er doch an den Tisch des Raumfahrers heran. Vielleicht war er ja neugierig geworden.
„Es ist immer nur ein Schritt, der uns zu Veränderungen führt“ dachte Picot, als er sich gegenüber von dem Anderen niederließ und ihn aufmerksam musterte.
Der Raumfahrer wirkte müde, sein Gesicht war zerknittert, er trug scharfe Falten um Mund und die eher knollige Nase, die Raummütze des Lademeisters saß ihm schief auf dem Kopf, unter dem blonde Locken hervorlugten. Er war von der Raumstrahlung so braun gebrannt wie Picot, Muskeln waren unter dem Uniformstoff zu erahnen. „Schutzschirme und Terkonitwände konnten nicht alles abhalten, was das Leben so brachte“, dachte Dan, als der Handelsschiffer ihn nickend zum Sitzen einlud. Er hob eine Hand und der Barroboter setzte sich in Bewegung. Picot wollte schon protestieren, er hatte seinen Level schon erreicht, aber dann ließ er zu, dass der Raumfahrer ihm noch einen Drink bestellte.
Der Raumfahrer prostete ihm zu und eröffnete das Gespräch: „Daargoss Aniel“ stellte er sich vor. „Sie sind von dem Schiff da draußen!“sagte er, seitlich an Picot vorbeistarrend: „Flottenschiff. Gut in Schuss!“ Picot nickte schweigend
„Wird noch besser! Reparatur!“ Picot nickte erneut. „Ich bin in der Handelsflotte., die SCHRAUBE, gutes Schiff, etwas langsam und behäbig wie ich! Aber sie ist okay. Liegt drüben auf Deimos! Wir laden neu auf dem Mars, in Marsport-City, deshalb sind wir hier!“ Picot nickte wieder freundlich, er hatte Geduld und brachte Zeit mit, der Mann würde schon auf den Punkt kommen, er brauchte eben etwas Anlaufzeit. Picot war sich sicher, dass er keine der üblichen Raumfahrer-Garn-Geschichten zu hören bekommen würde. Dem Mann schien etwas Dringenderes auf der Leber zu liegen, als altes Gedöns wiederzukauen. Der Raumfahrer hob das Glas, trank es schlürfend aus, wischte sich mit dem Unterärmel über den Mund und begann erneut, konzentriert diesmal, als hätte der Drink seine Nerven geschärft.. Jetzt kam es, erkannte Picot. Und richtig, der Raumfahrer erzählte:
„Sie sind doch ein Flottenheini!“ Das war nicht abwertend gemeint, sondern nur eine Bezeichnung der Handelsschiffer für die Solare Flotte. „Ihnen muss doch alles verdächtig vorkommen, noch dazu in diesen Zeiten...“ Picot dachte nach: Rhodan war mit der Flotte in Andromeda, gegen Tamanium unterwegs, den großen Hauptplaneten der MDI. Er nickte deshalb erneut, noch immer, ohne dabei zu reden. Der Raumfahrer fuhr fort:“Gehn Sie doch mal auf die andere Seite von Phobos. Da, wo die großen Bergbaustollen sind. Da ist's nicht ganz geheuer. Mehr weiß ich aber auch nicht.!“ Auffordernd starrte er Picot aus seinen dunklen Augen an. Picot sah zurück, wieder nickte er. Das zerfurchte Gesicht des Schiffers hellte sich auf, er stand auf, klopfte kurz auf den Tisch und war dann wie der Blitz mit langen Schritten durch den Ausgang verschwunden, ehe Picot ihn zurückhalten konnte, um eventuell doch noch mehr zu erfahren. Dan Picot seufzte. Er zuckte mit den Schultern.Dann stand er selbst auf, trank noch das vor ihm stehendes Glas aus, das der Robotkellner vorhin gebracht hatte und verließ mit bedächtigen Schritten den Raum des Sternfahrer-Lokals. Jetzt hatte er etwas zu tun. Der erste Offizier der LION war auf Jagd...sein Magen begann erneut zu schmerzen, doch der krummbeinige, drahtige Philosoph des Weltraums hatte Witterung aufgenommen...
***
Picot stampfte im Kampfanzug durch die Wüste des Phobos. Er hatte die schwere Ausführung genommen, damit er den Mikrogravitator nicht so hoch schalten musste, denn die Gravitation war natürlich sehr niedrig außerhalb des Stützpunktes. Die Masse des Anzugs drückte ihn nieder. Er setzte Schritt vor Schritt, dabei dachte er nach.Hinter sich ließ er eine Spur von Schrittabdrücken im rotbraunen Sand, als er mit festen Schritten durch das Geröllfeld ging. Felsen ragten graubraun vor ihm auf, einige waren rot gesprenkelt mit Eisenoxid. Am Himmel hing groß der rotgrüne Mars, die Naturschutzgebiete waren ebenso zu sehen wie die terrageformten Lebensorte der Terraner. Diese Farbmischung gefiel dem Captain. Sie war ein vorzüglicher Kompromiss für die Integration des Neuen in das Alte, ohne eines davon zu bevorzugen oder das andere dabei abzuwürgen.Das erschien Picot irgendwie weise. Er schritt weiter, zunächst ohne Ziel, denn er wollte erst einmal ein Gefühl für diese Gegend des Marsmondes entwickeln. Er befand sich etwa auf der entgegengesetzten Seite des Stützpunktes. Hier lag nur ein kleines Bergwerk, das Molybdän, Chrom, Vanadium und andere Metalle der Veredelung förderte. Obwohl die terranische Menschheit die Technologie der Elementeumwandlung von den Posbis erhalten hatte, ließen sich doch nicht immer alle Elemente überall umformen. Deshalb mussten einige von ihnen eben noch immer auf herkömmlichem Wege durch Bergbau gefördert werden.
Dan Picot war auf dem Weg zu dem kleinen Bergwerk,, zu Fuß natürlich. Er schritt dahin, mitunter verlangsamt mühsam über Gestein kletternd. Braunroter Staub klebte an seinem Anzug, den auch das beste Antistatikfeld nicht abwehren konnte. Bis jetzt konnte er nichts Ungewöhnliches entdecken, nur Geröll, Felsgestein und Sandbrocken, wie ja auch zu erwarten war. Die Sonne warf bizarre Schatten zwischen die Felsen, der schnelle Wechsel zwischen grell und dunkel verwirrte Picots Sinne leicht beim Gehen.Er begann zu keuchen und schnaufte, als er unwillkürlich schneller atmen mußte. Er sah nur noch Kreise vor den Augen beim Voranschreiten, also verhielt er erst einmal, um durchzuatmen und den Mars anzusehen. Sein Blick klärte sich wieder, der Raumkoller schien vorbei, als er wieder langsamer zu atmen begann.Sein Alter begann doch, Tribut zu fordern, obwohl die LION mit Tschato, ihm und der ganzen Mannschaft 50 Jahre lang in einer Zeitstasis konserviert gewesen war, die sie auf der Eastside der Galaxis in einem Hypersturm nahe dem galaktischen Zentrum erwischt hatte. Aber seit ihrer früheren Einsatzzeit im Jahre 2340-50 waren doch sechzig bis siebzig Jahre vergangen. Auch wenn Picot die fünfzig Jahre der Zeitstasis abzog, war er er ein alter müder Mann. Doch er blieb unverdrossen und stampfte weiter. Was sonst sollte man machen? Es blieb nur weitergehen. Also stapfte er stur voran, bis er das Bergbaugebiet erreichte.
Picots Wanderung führte ihn um einsame Bergspitzen herum, die zerrissen in den Himmel ragten, u und um kleinere Krater, die er durchquerte, um größere machte er einen Bogen, bis er endlich um einen Hügelbrocken bog und den Eingang zu den Bergwerken aus der Ferne sah, der am Ende eines längeren Canyons auftauchte. Aber auch am Rand des Canyons der in die Hügelllandschaft führte, war bereits ein metallenes Merkzeichen aufgestellt. Ein spitzer Metallzacken war hier am Rand der Steilwand aufgestellt, der ein Schild trug mit der Bezeichnung „MABAMCO - Martian-Build-And Mining-Company“. Ein roter Pfeil prangte darunter, der die Richtung wies. Picot nahm also den Weg in den Canyon. Er ging vorsichtig und langsam, dennoch erwartete er eigentlich keine Gefahren, trotz der Hinweise des Handelsschiffers. Aber er hielt die Hand in der Nähe des Blasters am Gürtel und er trug seinen Strahlenkarabiner über der Schulter. Vorsichtig näherte er sich den fünf gelben Baracken, die metallisch vor ihm schimmerten. Es war keine Bewegung zwischen ihnen zu erkennen. Nur ein kleiner, kastenförmiger Räumrobot surrte zwischen zweien der Gebäude hin und her und schien Abfälle aufzusammeln. Picot betrat der Reihe nach die Baracken. Sie schienen leer zu sein. Die erste enthielt die Kraftstation, wie Dan erkannte, denn als er das Schott öffnete erkannte er die Reaktoren und hörte die summenden Generatoren, die Energie lieferten. Die technischen Anlagen waren also in Ordnung. Picot betrat die Baracke und untersuchte den Maschinenpark sorgfältig, doch dieser war sauber gewartet und funktionierte einwandfrei. Hier konnte er nichts mehr lernen, also verließ Dan Picot diese Baracke wieder und wandte sich der nächsten zu.Die zweite war wohl die Transport-und Abfertigungsstelle des kleinen Bergwerks gewesen, denn sie war hinten halboffen, eine Lore war hinter der Rückwand zu erkennen. Regale an den Wänden enthielten Ausrüstungsgegenstände.für den Bergbau, von der kleinen Desintegratorfräse bis zum mobilen Antigravstützheber erkannte Picot die Maschinen.Hier war auch nichts zu holen. Er untersuchte noch schnell den Schreibtisch, aber es gab nur die üblichen Unterlagen wie Lageberichte zur Fördermenge und ähnliches Zeug, das ihn nicht weiter interessierte. Also ging er weiter zur dritten Baracke. Hier fand er die Unterkunft der Arbeiter und eine kleine Krankenstation aber auch hier war alles leer. Er zählte die Betten: vier Mann müssten anwesend sein. Vielleicht waren sie ja im Stollen, aber der sollte eigentlich vollautomatisch bearbeitet werden, wozu gab es denn Roboter. Darum wollte Picot sich gleich kümmern, wenn er die Baracken vollständig abgesucht hatte.
Der große Kampfanzug schlackerte etwas um Picots hagere Gestalt, als er die nächste Baracke betrat, denn auch die Wohn-und Schlafbaracke war leer gewesen und er hatte nichts Besonderes darin gefunden, jedenfalls nicht mehr,als hastig aufbrechende Männer hinterlassen: Kaugummiabfall, Zigarettenreste und ähnliche nutzlose Dinge sowie ein zerknittertes Leuchtbild von Perry Rhodan unter einem Tisch. Eine Vurguzzflasche lag einsam und verloren leer und umgeworfen auf einem der beiden kleinen Tische.Der fest eingebaute Medorob an der Wand summte leise, besaß aber noch volle Energiekapazität, war also in jüngerer Zeit auch nicht verwendet worden. Deshalb hatte der Raumfahrer diesen Raum auch wieder verlassen und begann, die nächste Baracke zu untersuchen. Diese war der Funkraum: ein großen Hyperfunkgerät befand sich auf einem Tisch an der Rückwand des kleinen Raumes, ein breiter Stuhl für den Sparks stand davor, Kapazitätsbatterien waren nebeneinander aufgereiht, um die Stärke durch variables Zuschalten erhöhen zu können, ein Normalfunkgerät stand an der Seite auf einem Nebentisch. Doch auch dieser Raum war leer. Picot kontrollierte die Eingabe des Gerätes. Der letzte ausgehende Funkspruch war drei Tage alt und betraf nur die Lieferkapazität für eine Anforderung von einigen Tonnen Chrom. Eine eigentlich harmlose Angelegenheit. Picot wurde immer misstrauischer, aber ehe er den Stollen untersuchen wollte, hatte er noch die letzte Baracke vor sich. Er betrat sie vorsichtig. Es war der Zentralraum mit den technischen Steuereinrichtungen...und einer Arrestzelle, die an einer Seitenwand durch zwei Energiegatter abgeteilt war. Ein Grinsen erschien auf seinem faltigen Gesicht, denn er kannte die Einrichtungen dieser Bergwerksrandbezirke zur Genüge. Lagen sie zwar mitten im Imperium, so doch oft am Rande der Gesellschaft, mehr oder weniger unbeachtet von der terranischen Öffentlichkeit. Deshalb regelten solche Bergwerksgruppen ihre Angelegenheiten fast immer selbst, auch in kleineren Gruppen. Daher die Arrestzelle. Meist genügte sie, wenn einer der Bergarbeiter einen Schluck über den Durst getrunken hatte, damit er seinen Rausch hier ausschlafen konnte – und die anderen Ingenieure den Randalierer nicht in betrunkenem Zustand in ihrem Schlafraum haben wollten. Der Oberingenieur hatte sicher dann die rechtliche Befugnis, den Störer hier einzuschließen, bis der sich beruhigt und ausgenüchtert hatte. Picot kannte das und wusste, das diese Methoden im allgemeinen toleriert wurden, denn die Arbeit war schwer, obwohl sie vollautomatisiert war. Aber es war eben Bergwerksschmutz und die Lager waren meist weitab vom Schuss der Zivilisation, so war diese Arbeit zwar notwendig aber von den wenigsten Männern auf Dauer wirklich ertragbar, selbst wenn diese sie eigentlich mochten und meist seelisch stark selbstkontrollierte Akademiker waren, so mußten sie doch ab und zu ausrasten und ein wenig Dampf ablassen.
Picot checkte die technischen Einrichtungen der Zentrale. Alles schien in Ordnung zu sein, doch halt. Eine der Kontrollampen am Pult glühte rot, alle anderen waren im Grünbereich. Er untersuchte, für welchen Bereich sie verantwortlich war.Es handelte sich um die Zuführungs- Steuerung des robotischen Kontrollmechanismus, der die Desintegratorfräse im Tiefstollen lenkte. Hier schien eine Havarie vorzuliegen oder zumindest ein kleiner Schaden, der nur vor Ort zu beheben war. Deshalb waren die Männer wahrscheinlich doch in den Schacht eingefahren. Er seufzte. Jetzt musste er hinterher – und selbst in den Stollen einfahren. Picot mochte dunkle, beengte Orte nicht. Er litt an einer leichten Phobie, die als „Voltazsche Furcht“ bekannt war, nach dem Ara-Arzt, benannt, der sie entdeckt und klassifiziert hatte. Immerhin keine Zentrumspest...man musste zufrieden sein, mit dem, was man hatte, und damit arbeiten. Picot wurde durch ein Stöhnen aus seinen Überlegungen gerissen, dass sein Unterbewusstsein wohl schon einige Minuten lang gehört hatte, das aber bisher. durch seine Gedankengänge blockiert, nicht bis an die Oberfläche seiner Wahrnehmung gelangt war. Er richtete seinen hageren Körper auf, verließ das Kontrolpaneel und trat zu dem Energievorhang der Arrestzelle. Hier schaltete er das auf undurchsichtig polarisierte Energiefeld an einer Wandkonsole um. Tatsächlich! Einer der Bergarbeiter lag hinter der Energiewand und hielt sich stöhnend den Kopf. Es war ein großer, breitschultriger Bursche, der nur Hose und Unterhemd trug. Sein Hemd hatte er als Kopfkissen auf der schmalen Pritsche benutzt. Er hatte eine Glatze und riesige Pranken, die jetzt seinen voluminösen Kopf umklammert hielten. „Au, mein Kopf! Machen Sie das Licht aus!“ sagte er mit rauher Stimme zu Picot. Dieser öffnete mit einem Hebeldruck die flimmernde Energiewand und verpasste dem wohl noch Halbbetrunkenen mit einer blitzschnellen Armbewegung ein Ausnüchterungspflaster aus Flottenbeständen auf den Oberarm, das er aus einer Seitentasche des Kampfanzuges gezogen hatte. Ehe der große Mann den Arm wegziehen konnte, wirkte das Pflaster bereits und war er schon halbwegs nüchtern. Der Mann nahm die Hände vom Kopf, als dieser wieder klar wurde und er in der Realität ankam. Er schüttelte den Schädel, um ihn noch weiter zu klären und begann, Picot aus rot unterlaufenen Augen zu mustern. “Zcozzic „ stellte er sich vor. „Aber sie können mich Pettarr nennen, das tun alle hier! Wo sind sie nur? Oh, mein Kopf! Warten Sie einen Moment. Bin gleich wieder da! Danke für das Pflaster, so was haben wir hier leider nicht, das wäre nützlich!“ Picot grinste. “Flottenbestände!“ erwiderte er nur lakonisch:“Hier blinkt ein rotes Licht. Können Sie sich das mal ansehen...und mir sagen, was da los ist...?“
Der Riese schlurfte aus der Energiezelle, wobei er sein Hemd mit einer Hand an sich nahm und es im Gehen anzog. Er musterte die blinkende Kontrollampe und nickte dann sachverständig. „Die große Desintegratorfräse streikt, unten am Schachtboden. Das tut sie nur, wenn sie dort etwas Außergewöhnliches gefunden hat. Dann muss man persönlich nachsehen gehen. Die minderwertige Steuerpositronik ist nur auf den Abbau der Chrom-Vanadiumlager kalibriert. Trifft sie auf etwas Ungewöhnliches, stellt sie die Fräs-und Bohrtätigkeit ein, bis man sich darum gekümmert hat. Also“ , er kratzte sich nnachdenklich am Kopf,es hörte sich an wie ein Schmirgelpapier, „bis wir uns darum gekümmert haben, heißt das. Die anderen Drei müssen also da unten sein, wenn Sie niemanden oben gefunden haben, denn die Vergasungs-Fräse muss manuell, also mit der Hand, neu eingestellt werden, ehe sie ihre Tätigkeit fortsetzen kann, aus Sicherheitsgründen, Sie verstehen?“
Picot nickte:“Ich verstehe!“ Er wirkte entschlossen:“ Ich gehe nachsehen, Sie bleiben hier oben, Petarr, und überprüfen die allgemeine Lage. Checken Sie vor allem das Funkgerät.“ Der Hüne nickteund begab sich mit langen Schritten zur Funkbaracke, Er schien jetzt wieder vollkommen nüchtern zu sein.
Nachdem er aus seinem Blickfeld verschwunden war, begab Picot sich seufzend zum Tunneleingang des Stollens. Dieser begann etwas seitlich, einige Meter hinter den Baracken. Eine Energieschiene führte hinein, die als schmaler Fahrträger für die Loren diente, doch Picot ging lieber zu Fuß, als in eine solche Lore klettern zu müssen, denn er misstraute instinktiv allen anderen Technologien außer der LION.
Hinter dem eher kleinen, leicht ovalen Eingang befand sich eine größere, geräumige Höhle, die sauber aufgeräumt wirkte. In einer Ecke links waren fein geordnet ein paar Terkonitstützen gestapelt, die zum Abteufen des Stollens dienten. Rechts befanden sich einige technische Ausrüstungsgeräte an die Wand gelehnt, von der Sauerstofflasche bis zum Schweißgerät war alles vertreten. Links vorn stand eine ausrangierte Lore, deren Energieschwebemechanismus wohl defekt war, denn sie war an der Unterseite geöffnet und müsste wohl repariert werden.. Der eigentliche Stollen begann halbrechts vorn, wo ein großes, schweres Schutzschott die Öffnung in den Berg verbarg. Picot öffnete das Schott mit einem Schalterdruck. Leise glitt das Tor zur Seite. Picot betrat den Stollen, die Hand an der Waffe, aber diese ließ er im Gürtel stecken. Er schritt den Plastahlboden entlang, seine Schritte hallten dumpf in dem langen Gang, der an den Seiten hell ausgeleuchtet war und alle paar Meter von Terkonitstreben abgestützt war, die ihrerseits den Druck des Gesteins durch eingebaute Stützfelder abpufferten.
Picot folgte den Lichtern. Sie führten ihn durch den Hauptstollen eine Strecke lang, bis links und rechts zwei kurze Nebenstollen abzweigten. Der alte Dan ging vorsichtig den linken Stollen entlang und traf nach etwa zehn Metern auf eine kleine Kammer, die nur Reste einer abgebauten Erzader enthielt. An der Wand schimmerten noch einige Brocken an der Oberfläche des Felsens. Picot ging zurück und erkundete den rechten Stollen.. Hier hörte er metallische Geräusche und als er vorsichtig um die Ecke lugte, erkannte er einen kleinen Bergbaurobot, der gezielt eine mindere Ader in der linken Wand der Kammer bearbeitete. Picot trat näher und der Robot unterbrach seine Arbeit und wandte sich ihm zu. Er identifizierte ihn wohl mit seiner minderen Positronikwohl als eine Art Vorarbeiter. „MAGARA-KK-R-7“schnarrte er. Picot nickte. „Das ist also dein Name? Na, dann mach' mal weiter!“ Minen-Arbeits und Geröll-Abfall-Räumrobot der Korinthklasse Nummer R7 entschlüsselte Picot die Bezeichnung des leicht kegelförmigen Roboter. In der Flotte wurde diese Robot-Ausführung immer als Korinthenkacker bezeichnet, da sie kleinere Erzbrocken aufnahmen, vom Gestein befreiten und die Edelsteine oder das Metall darin hinter sich in eine Wanne warfen. Diese Sorte Robs wurde für kleinere Randfunde eines Bergwerks eingesetzt, wenn sich große Maschinen vom Aufwand her für die Erzader nicht lohnten. Der Roboter fuhrwerkte inzwischen weiter mit seinen Werkzeugen in der Erzader der Wand herum, wobei er einen leichten Desintegrator einsetzte, mit dem er festere Einschlüsse herausmeißelte, die er dann mit dem rechten Greifarm in eine neben ihm stehende Klein-Lore ablegte.
Picot beobachtete ihn einige Minuten, doch der MAGARA-KK kümmerte sich nicht weiter um ihn, er folgte stur seinem Programm. Der Mann grinste: „Gut!Du haust mich dann heraus, wenn es brenzlig wird! Der alte Dan braucht jede Hilfe. Selbst Robothilfe ist willkommen!“, Der Robot reagierte nicht, womit Picot auch nicht gerechnet hatte, er wollte nur einen Witz machen.. Picot wandte sich um, verließ die Kammer und ging zum Hauptstollen zurück, dem er weiter in die Tiefe folgte. Nach einiger Zeit kam er erneut an zwei Seitenstollen vorbei die zu zwei weiteren Nebenkammern führten., doch die eine enthielt nichts außer einen einsam auf dem Boden liegenden Geologenhammer der Marke a Hainu, den Picot dort liegen ließ, weil er ihn nicht benötigte..Die andere Kammer enthielt einen kleinen Schreibtisch mit chemischen Analysegeräten, wohl um an unklaren Funden hier bereits eine erste Untersuchung zur Klassifizierung vornehmen zu können. Außerdem sah Picot noch einen halbleeren Kaffeebecher und ein angebissenes Sandwich auf der Kante des Tisches. Picot berührte den Becher.Der Kaffee war kalt. Der Raumfahrer ging weiter. Die Umgebung änderte sich, was ihm erst nach einer Weile bewusst wurde. Die Lampen wurden seltener und waren weniger hell, die Schatten am Boden wurden stärker und verschmolzen manchmal miteinander. Der Plastahl des Bodens verschwand, um einer geglätteten Geröllschicht Platz zu machen. Mitunter knirschte Gesteinsstaub unter seinen Stiefeln. Doch Dan Picot ging weiter. Den Stollen hinunter, folgte er der leicht am Boden leuchtenden Energieschiene, welche die Loren führte. Der Gang wurde noch dunkler, doch endlich war ein Licht am Ende des Tunnels zu sehen.Bis jetzt war Picot den Minenarbeitern nicht begegnet. Vielleicht würde er jetzt endlich auf diese treffen. Vorsichtig ging er näher heran. Er hörte, wie der Desintegratorbohrer im Leerlauf surrte. Picot erreichte die Hauptendhöhle. Sie war recht groß, aber schlecht ausgeleuchtet. Doch er erkannte den großen Fräsbohrer am Ende der Kammer. Er ging hin und schaltete ihn aus. Das Surren erstarb. Da bemerkte er die Öffnung in der Wand. genau gegenüber von dem Bohrer, frontal vor diesem. Das war nicht irgendeine Bohrung oder nur ein Loch in der Felswand,, das war ein richtiger Durchbruch. Picot bückte sich vorsichtig und starrte hindurch. Das gezackte Loch war noch recht klein, niedrig, doch ein Mann würde hindurchpassen, auch im Kampfanzug. Picot sah ein Licht am anderen Ende. War die Besatzung der Mine hier hindurchgegangen?Er suchte den Boden ab. Direkt hinter dem Durchbruch erkannte er eine kleine Energiezelle für Handlampen, die in eine Wandritze gerollt war.. Diese konnte man schon einmal beim Durchsteigen dieses Lochs aus dem Gürtel verlieren, vielleicht war sie einem der Männer beim Durchklettern aus der Tasche gerutscht Sie waren also hier gewesen. Wahrscheinlich. Doch warum meldeten sie sich nicht, tauchten nicht wieder auf? Picot wurde misstrauisch. Diesmal nahm er deshalb die Waffe zur Hand und stieg mühsam einhändig durch das niedrige, gezackte Loch. Das ging jedoch nur ohne den eher sperrigen Schutzschirm. Also schaltete er ihn erst einmal aus.
Picot ging geduckt durch den kurzen Tunnel, die Waffe in der Hand. Das Licht schimmerte stark hinter dem Ausgang. Vorsichtig trat er hinaus und sah sich um. Eine mittelgroße Höhle erstreckte sich vor ihm, sie schien irgendwo anders einen Eingang zu besitzen, denn Frischluft strömte von vorn heran. Fremdartige,ringförmige Lampen hingen an Decke und Wänden. Nun wusste er, woher das Licht kam, das er vorher im Tunnel gesehen hatte. Rings um ihn standen schweigend seltsame Maschinen, die er nach kurzer Untersuchung als stillliegende Fusionsreaktoren im Kompaktformat erkannte. Er ging weiter. Dabei überlegte er, wofür die Energie dieser Reaktoren verwendet werden sollte. Plötzlich geriet er im Habdunkel ins Straucheln und stolperte über ein Hindernis. Er kam wieder ins Gleichgewicht und erkannte einen betäubten Terraner im Overall und einfachem Schutzanzug. Picot bückte sich und erkannte das Namensschild: Haju Erg, es handelte sich um den Chefingenieur und Kommandanten der kleinen Bergwerksbasis. Picot untersuchte ihn genau, aber er schien nicht verletzt zu sein, nur geschockt oder paralysiert. Dan seufzte, als er sich wieder aufrichtete. Dann aktivierte er vorsichtshalber erneut seinen Individualschirm, denn natürlich hatte er eine bessere Ausrüstung als die halbzivilen Ingenieure und Bergarbeiter. Vorsichtig ging er weiter, unheimlich kamen ihm dabei die hohen Maschinen vor, während er leise an ihnen vorbeiging. ihre Schatten warfen sich auf den Boden und überlappten sich in bizarren, irritierenden Mustern von hell und dunkel. Doch Picot ging weiter. Dann fand er die anderen. Beide. Sie lagen seitlich hinter einer Maschine, und beinahe wäre er daran vorbeigegangen, doch ein Minikom an einem Ärmel blitzte auf, als er an dem schmalen Gang vorbeigehen wollte und reflektierte in seinem Auge.. Sie waren alle beide da. Jeder war betäubt worden, doch Beide waren unverletzt. Er las ein Namensschild: Megare Xant. Offensichtlich war ein Mitglied des Grabungsteams weiblich. Das andere Schild war verschmort, als hätte ein überstarker Paralysestrahl den Schutzanzug getroffen, so dass niemand mehr den Namen darauf lesen konnte. Er erkannte nur ein Curt B oder N durch die verschmorte Schicht. Der dunkelhäutige Mann war durch den Helm nur undeutlich zu erkennen, doch alle Anzugsysteme arbeiteten einwandfrei. Picot atmete auf, dann reckte er seinen schmalen, dürren Körper und schritt weiter den Hauptgang hinunter. Bald fand der Gang sein Ende, als ein Schott im Lichtwinkel erschien. Picot stoppte. Vorsichtig öffnete er das Tor, um zu sehen, was dahinter war...
***
MAGARA-KK-R-7 hob surrend den Kopf. Seine Positronik arbeitete fieberhaft. War da nicht ein Befehl gewesen? Von diesem großen Terraner, der ihn kurz beim Schürfvorgang belästigt hatte. Das Schürfen hatte natürlich Vorrang, doch irgendwo hinten in seiner Positronik erkannte er einen Überrang-Prioritätsbefehl, der allerdings weit verborgen lag unter den gewöhnlichen Schichten der positronischen Erinnerung. R-7 musste weit in sein Gedächtnis vorbohren, um diesen Befehl zu erkennen, doch dann handelte er nach dem ersten Robotgesetz, das in seiner Software grundsätzlich unlöschbar einprogrammiert war: ein Mensch war vielleicht in Gefahr und er musste hier helfen. Der Mann hatte ihn dazu aufgefordert. Surrend drehte er sich auf seinem Antigravkissen um und schwebte aus der kleinen Höhle des Nebengelasses,um dem Terraner die benötigte Hilfe zu leisten. Seine Brustklappe fuhr auf, ein Desintegratorbohrer klappte heraus und er hob diejenigen beiden seiner vier Arme, die mit den Impulsstrahlhilfspenetratoren gekoppelt waren. So fuhr er in den Hauptgang hinein, aus dem er eine sehr seltsame, unbekannte Streustrahlung ortete, die er deshalb nicht einordnen konnte. Da er über kein eingebautes Funkgerät verfügte, musste er auch aus diesem Grunde nachsehen, denn ungewöhnliche Ereignisse mussten untersucht werden, das verlangte ein weiterer versteckter, untergeordneter Positronikbefehl...
***
Picot fuhr blitzschnell zurück, doch das Malheur war bereits dadurch geschehen. Die Bewegung hatte drei große, kastenförmige Kampfroboter unbekannter Bauart auf ihn aufmerksam gemacht, die hinter der Schottwand im benachbarten Raum lauerten, der offensichtlich ein Durchgang zu weiteren Stationspunkten war.Hier hatten sie wohl in Ruhe gewartet, in Leerlauf geschaltet. Picot schaltete den Schutzschirm seines Anzuges mit einem Handgriff von Kontur auf Maximum, als er zurückwich und griff nach dem Kombistrahler über der Schulter. Er warf das Schott mit dem Oberarm zu und wich vorsichtig zurück ins Dunkle zwischen den Maschinen. Hier erwartete er den Angriff der feindlichen Kampfroboter. Das zwar schwere Schott aus einer unbekannten Stahlsorte hielt diese auch nicht lange auf. Konzentriertem Strahlbeschuss hielt es nicht stand und wirbelte in einer Explosion in den raum hinein. Unwillkürlich duckte Picot sich aufgrund der Sprengwucht, doch konnte diese ihm zwischen den Maschinen nichts anhaben, da sie in den Zwischengängen gebrochen wurde. Mit dem Rest der Trümmerwolke und der Druckwelle wurde sein persönlicher Schutzschirm spielend fertig. Doch erkannte er im Infrarotmodus seiner Helmwahrnehmung, dass die Robots bereits in den Maschinenraum vorgedrungen waren. Die Abwehrkapazität seines Schutzschirmes fuhr hoch, als er mit Paralysestrahlen überschüttet wurde, wie er an ein Meßgerät am Handgelenk des Kampfanzuges ablesen konnte. Offensichtlich folgten diese Kampfroboter zwar demselben Abwehr-Programm, das auch die Besatzung des Bergwerkes ausgeschaltet hatte, doch waren sie wohl variabel in den Anwendungsmöglichkeiten und konnten im Notfall auch auf rohe Gewalt zurückgreifen, wie der Angriff gegen das Schott bewies
Picot legte den Strahlenkarabiner über ein Seitenpult einer Maschine, das in Schulterhöhe hervorragte und zielte durch den Dunst und die flackernde Dunkelheit. Das Ziel war in seiner Helmoptik deutlich als heller Punkt erkennbar. Der Strahl schoß aus der Mündung, als Picot abzog und brach sich am Schutzschirm des Roboters, der rötlich leuchtete und Picot unbekannt war. Dennoch begann er bereits, ein wenig zu flackern. Picot schöpfte Hoffnung, denn drei großen, feindlichen Kampfrobotern war er allein hoffnungslos unterlegen, noch dazu, wenn diese gegner über Nachschub an Angriffsmöglichkeiten verfügten. Aber Picot glaubte, dass es sich um Wachroboter handelte, und ihre Zahl in dieser sehr kleinen Geheimstation daher stark begrenzt war. Jetzt kam es darauf an, ob er mit ihnen fertig werden würde oder nicht. Er hielt also weiter erbarmungslos drauf. Der Impulstrahl erzeugte ein rötliches Glühen entlang seiner Bahn und einen feurigen Fleck heller Strahlung auf dem gegnerischen Schutzschirm. Picot feuerte weiter. Sein Dauerfeuer brachte den Schutzschirm des Gegners endlich zum Zusammenbruch und Picot gelang es, den Robot mit einem Impulsstrahl im oberen Bereich der Brustplatte schwer zu beschädigen, so dass dieser jetzt nutzlos sein sollte. Doch das Strahlengewehr hatte sich überhitzt, verursacht durch das eigentlich unsachgemäße Dauerfeuer.zu dem Picot gezwungen gewesen war, um den Schutzschirm des Feindes zu überlasten. Der Karabiner war jetzt nutzlos, denn das Strahlrohr war geschmolzen und die Stabilisierungs- und Bündelungsfelder im Vorlauf des Gewehres waren zusammengebrochen. Als alter Soldat wusste Picot, dass kein Gewehr wirklich für Dauerfeuer ausgelegt war. Nur ahnungslose Zivilisten glaubte, eine Waffe sei in jeder Lage anwendbar.
Picot legte den jetzt nutzlosen Strahlenkarabiner auf die fremde Maschine aus rötlichem Metall und zog den Handblaster. Immerhin musste er jetzt weniger Gewicht mit herumschleppen. Aber ob die Strahlkapazität des Handblasters genügen würde, um die feindlichen Schirme zu knacken, wusste er nicht. Doch plötzlich hatte er eine idee. Er griff nach dem nutzlosen Karabiner vor ihm, aktivierte die batterie und warf das gewehr über die maschine hinweg schräg nach vorn.Dort flog es in hohem Bogen durch die raucherfüllte Luft und schlug mit einem Klappern zu Boden. Picot hob den Handstrahler und blickte durch die Zielvorrichtung.
Durch das Infrarotvisier des Helms erkannte er den zweiten Robot als orange glühenden Punkt. Dieser näherte sich dem Karabiner, dessen aktivierte Batteriezelle er wohl als Energiequelle geortet hatte. Der Robot feuerte auf die erkannte Ortung.
Während der Robot den Karabiner mit einem scharfen Schuss aus einer impulsstrahlähnlichen Waffe zum Verglühen brachte, hatte auch Picot Druckpunkt genommen und schoss. Sein Strahl allein reichte, wie er gedacht hatte, eigentlich nicht aus, den gegnerischen Schutzschirm zu überlasten, doch die Explosion des Strahlenkarabiners zusammen mit seinem Schuss erzeugte offensichtlich genug Wucht, um den Schirm des leichtsinnigen Robots zu brechen, der wohl zu nahe an den Explosionsort der Waffe herangefahren war..Picot nahm ihn nun unter Dauerbeschuss, achtete diesmal aber auf Feuerpausen, um seine Waffe nicht zu überhitzen. Nach einigen gezielten Strahlschüssen war auch der zweite Rob erledigt. Doch wo war der Dritte geblieben? Picot ahnte schon etwas, als aus dem Halbdunkel um ihn herum eine große, bedrohliche Silhouette auftauchte und er einen harten Schlag gegen die Seite bekam, der ihn herumwirbelte und zu Boden schleuderte. Seine Schirmkontrolle schrillte warnend auf: der Schirm war überlastet. Als er sich eben aufrichten wollte, schmetterte ihn ein zweiter Schlag zu Boden. Der Schirm fiel endgültig aus. Er war geschlagen. Der feindliche Robot kam als dunkler Umriss heran und baute sich dumpf drohend vor ihm auf. Seine Waffe ragte aus seinem Chassis heraus. Picot erkannte den glühenden Abschusspol im Inneren. Die Waffe hob sich. Aus! Es war aus! Er erwartete den Schuss und schloss die Augen...
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MAGARA-KK-R-7 erkannte den Terraner, der ihn vorhin angesprochen hatte. Er lag am Boden und wurde von einem fremden Kampfroboter bedroht. R-7 musste ihm helfen, das befahl seine Programmierung. Außerdem hatte ihn der Mann vorhin um Hilfe ersucht, das war ein direkter Befehl eines Rangbefugten mit Befehlsbevollmächtigung. Er aktivierte seine Bohrwerkzeuge: zwei Desintegratorschneider, die er in der Brust trug und zwei Impulsbohrer in den Armen. Dann stellte er alles, was als Waffenersatz dienen konnte, auf Maximum, ortete und feuerte. Blitzschnell hatte er einen Schwachpunkt im Aufbau des gegnerischen Robots erkannt. Der rote Schutzschirm besaß im Übergang zwischen dem eckigen Kopf und dem kastenförmigen Hauptrumpf eine geringfügig kleinere Abwehrkapazität.Dorthin zielte R-7 den Strahl. Er wusste, er hatte nur einen Schuss, um den Terraner zu retten. Und sich selbst, denn auch das befahl ihm seine Programmierung, wenn möglich. Der kombinierte Strahl aus Desintegrator und Impulsmodus besaß nur etwa einen Meter Reichweite, doch er war stark genug, um den feindlichen Schutzschirm an der Schwachstelle zu durchbrechen. Eine Explosion zuckte am Hals des Kampfroboters auf und die Verbindungsmodule zwischen der Steuer-Positronik und der hydraulischen Kybernetik fielen aus. Der Robot erstarrte, sein Schirm fiel aus. Vorsichtshalber feuerte R-7 erneut und verdampfte die Steuereinheit im Kopf des Roboters. Eine weitere kleine Explosion erfolgte oberhalb des Rumpfes. Damit war dieser endgültig zerstört. R-7 rollte vor.
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Picot hörte eine dumpf klingende Explosion. Er öffnete die Augen und sah, wie der Kopfteil des Roboters brannte. Dieser war in Bewegungsstille erstarrt. Der Abstrahlpol der Waffenmündung war erloschen. Der Kampfrobot war tot, außer Funktion. Irgendjemand oder irgend etwas hatte ihn ausgeschaltet, und ihn, Dan Picot, den alten Dan, gerettet. Er atmete auf, ein Gewicht fiel von seiner Brust. Er griff nach seiner Waffe, rappelte sich auf, schüttelte den Kopf , um Klarheit zu gewinnen und sah sich um. Dann musste er grinsen. Der kleine Berbaurobot, dem er vorhin oben im Bergwerk begegnet war der Korinthenkacker mit der Bezeichnung R-7,schwebte auf ihn zu. „Auftrag erfüllt. Einsatz erfolgreich!“ schnarrte er und wandte sich ab. Dann schien er wieder nach oben zum Bergwerk zurück zu schweben, denn er entfernte sich von Picot in Richtung Tunnelausgang. Der hatte ihn also gerettet! Ja, man sollte nie ein Gespräch mit einem Robot vergessen. Und war es noch so einseitig. Picot sah dem kleinen Rob hinterher, der sich wieder zurückzog, um seiner Routine, seiner Arbeit weiter nachzugehen. Er, Dan Picot, der erste Offizier der LION, konnte das noch nicht. Erst musste er herausfinden, was diese unbekannte, feindliche Station hier für ein Geheimnis enthielt. Also ging er weiter, durch das zerschossene Schott hinein in den Raum, den die feindlichen Kampfroboter vorhin versperrt hatten. Der Raum war beinahe leer. Es befand sich nur eine große Maschine darin, sie ragte in der Mitte der Kammer hoch auf und war mit einer Steuerkonsole verbunden, die in ihrer Nähe stand. Picot trat näher. Er begann, das große Gerät zu untersuchen und erkundete auch die Funktion des Kontrollregelmechanismus. Dann erbleichte er und unterbrach mit einem blitzschnellen Schuss das Kabel zwischen Maschine und Steuergerät. Vorsichtshalber zerstörte er auch die Konsole mit einigen Schüssen vollständig, die in einem Funkenregen zusammenschmolz. Die große Maschine im Zentrum des Raumes konnte ohne Steuerung nicht aktiviert werden. Es war ein Gravitationsgenerator.
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Tschato hob das Glas und prostete Picot zu: „Auf den alten Dan“ sagt er und ein Lächeln glitt über sein dunkles Gesicht. „ Im Alleingang hat er eine große Gefahr beseitigt!Da wäre ich gern dabei gewesen. Aber ich musste ja auf Terra Stabsbefehle einholen, und die Reparatur der LION forcieren, indem ich etwas nachdrücklicher die von uns benötigten Lieferungen anforderte. Da habe ich in manchen Bürokratenarsch treten müssen. Irgendwann wird Terra an Bürokratie ersticken. Aber das ist nichts für Männer wie sie und mich, Dan. Wir müssen ins Weltall hinaus! Große Taten tun. Das Geschwätz den anderen überlassen! Na, wenigstens ist die LION jetzt fast wieder flugbereit. Aber erzählen Sie mal weiter!“ Seine große, schlanke Gestalt ragte wie ein Löwe über dem Kneipentisch auf, als er Picot zuhörte.
Picot nickte. „Offensichtlich hatte es sich um ein weiteres Geheimprojekt vom Faktor I der MDI, Mirona Thetin, gehandelt, Sir!“ erklärte er Tschato zwischen zwei Schlucken:“ Eines der Störmanöver, die sie initiiert hatte, um Terra nachhaltig zu bremsen oder sogar zu zerstören. Der Gravitationsgenerator sollte Phobos aus seiner Bahn lenken und entweder mit Unterlichtgeschwindigkeit gegen Terra steuern, der Mond war nämlich auf Terrania-City gezielt, das konnten Mercants Leute aus den Resten der Steuerkonsole entnehmen, die ich zerstört hatte. Er hätte zwischen vier und zwölf Minuten dazu gebraucht. Ein Überlichttriebwerk konnte nämlich nicht gefunden werden in dieser Höhle, aber vielleicht war sogar geplant, eines einzubauen. Das weiß die Sol-Ab noch nicht, Sir. Jedenfalls konnte keins gefunden werden. Aber nun, da alle MDI getötet wurden, Tamanium zerstört ist...Rhodan wieder auf Terra...ob wir je alle Waffen der Meister finden werden...“ Er zuckte mit den Schultern. Tschato nickte und trank sein Glas leer. Er sah aus dem Fenster der Raumhafenbar. Da stand ein großes Kugelschiff auf dem Startplatz, gegen den noch halbhellen Abendhimmel war sein Umriss gut zu erkennen. Es war bereit zum Start. Tschato wendete den Kopf und sah Picot an.
„Kommen Sie, Dan! Die LION wartet auf uns!“
Die beiden standen auf und verließen die Bar, Tschato,der große breitschultrige Mann und sein dürrer, schlaksiger erster Offizier mit dem faltigen Gesicht: Dan Picot.
© by Holger Döring
Kommentare
die Story hat mir sehr gut gefallen,
Freue mich schon auf mehr
Super
Manfred