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Wenn sich der Frosch mit der Maske und die Flussratten paaren - Das irische Halstuch von Kuegler

Wenn der Wallace hilftWenn sich der Frosch mit der Maske
und die Flussratten paaren

Das irische Halstuch von Kuegler

Wir erinnern uns an den »unheimlichen Pfeiffer von Blending Castle« und an die Frage ob die Welt noch eine Wallace-Serie braucht.

Dietmar Kuegler, dessen Fachgebiet eigentlich der Western ist, beweist jedoch, dass er sich auch mit Wallace auskennt und seine Adaption eine eindeutige Berechtigung hat.


Das irische HalstuchEr nennt die Serie "Edgar Wallace Wallace löst den Fall" und sein Protagonist ist Inspektor Bliss. Über all das habe ich im ersten Teil schon berichtet. Doch dieses Hörspiel hatte ein paar Tücken. Genau diese Tücken finde ich nicht im zweiten Teil.
 
Klappentext
EDGAR WALLACE löst jedes Rätsel!
Das glaubt zumindest Chefinspektor Bliss von Scotland Yard. Immer wieder sind es die Romane des englischen Kriminalschriftstellers, die ihm wertvolle Tipps bei der Aufklärung seiner Fälle liefern. So auch im Fall der Bruderschaft der Raben. Niemand glaubt an die Existenz des irischen Geheimbundes. Doch der Inspektor ist davon überzeugt, dass die Mitglieder der Gemeinschaft im Untergrund operieren und alles daransetzen, das Empire zu Fall zu bringen.
Gemeinsam mit seinem skeptischen Assistenten Sergeant Mander begibt er sich auf eine scheinbar aussichtslose Jagd. Und steht schließlich dem geheimnisvollen Anführer der Bande gegenüber. Der „Rabe“ selbst hat es sich zur Aufgabe gemacht, Bliss auszuschalten. (Winterzeit-Audio)
 
Meinung:
Wer den Titel dieses Hörspiels liest und sich bei Wallace auch nur etwas auskennt, der denkt gleich an "Das indische Tuch". Der Roman von Wallace wurde zweimal vertont. 1982 von Maritim und 2003 von Titania-Medien. Beide Umsetzungen sind gut, doch die von Titania ist tiefer-gehend, wenn auch nicht so spannend wie die eher flache Handlung von Maritim. "Das irische Halstuch" hat nichts mit dem "indischen Tuch" zu tun. Es sei denn Kuegler hat sich von dem Titel inspirieren lassen. Wohl zu tun hat der Inhalt aber etwas mit zwei anderen Geschichten von Wallace. Nämlich "Der Frosch mit der Maske" und "Das Gasthaus an der Themse". In beiden Werken geht es um eine Geheimorganisation, wobei die Frösche wesentlich geheimer operieren als die Flussratten aus dem "Gasthaus". Kuegler aber greift die Kameradschaft dieser Banden auf und macht sie im "irischen Halstuch" zum Hauptthema. Dabei bleibt der uralte Konflikt der irischen Bevölkerung gegen die ehemaligen britischen Unterdrücker nicht unerwähnt. Aber es ist nur ein Thema am Rande, was man eher zwischen den Zeilen heraushört.

Von der inhaltlichen Qualität ist das "irische Tuch"  ein typisches "Gasthaus an der Themse". Auch hier spielen eine Spelunke, ein hübsches Mädchen und zwei nicht ganz astreine Clubbesitzer eine große Rolle. Die Anlehnung an die Namen aus dem "Gasthaus-Roman" sind ebenfalls verblüffend. Zum Beispiel Roy und Bess Tully. Bei Wallace heißen sie Onkel Golly und Tante Molly. Wie im "Gasthaus" gibt es hier auch einen Kapitän, mit dem die hübsche Wirtstochter verkuppelt werden soll. Bliss (aka Pommery), die Hauptfigur bei Kuegler, findet die Parallelen natürlich auch in den beiden besagten Wallace-Romanen. Vom "Frosch" ist eigentlich nur die Kameradschaft der Bande in sich übernommen. Auch das man auf Bliss einen Anschlag verübt, stammt aus dem "Frosch"-Roman. Hier wird Dick Gordon vom "Frosch" attackiert. Aber nicht, weil er der Bande so nahe kam, wie Bliss irrtümlich in Kueglers Version untermauert, sondern weil er sich dem Mädchen nähert, welches auch der "Frosch" liebt: Ella. Im Grunde kann man das aber trotzdem übertragen, denn hier kommt Bliss der Bande zu nahe.

Mir gefällt dieses Hörspiel sehr, sehr gut. Es lebt von Tempo und Spannung. Die Dialoge sind kurz und knackig. Wirkte der erste Teil noch wie in einer einzigen Szene aufgenommen, ist hier Bewegung drin. Vieles erinnert an den Stil und die Produktionsweise der damaligen Maritim-Reihe. Obwohl das reiner Zufall sein mag. Winterzeit weiß schon wie man Hörspiele macht. Dort sind sehr begabte Handwerker dabei. Und ich mag die Hörspiele des Labels, weil sie zumeist wissen worauf es ankommt: kurze und knackige Handlungen mit dramaturgisch flott inszenierten Spitzen. Auch wenn ich die Öffentlichkeitsarbeit der Remscheider eher verfluche - Hörspiele machen können sie. Auch wenn nicht alle Ergebnisse stimmen und die Auswahl der Serien Geschmackssache sein mag.

Bei der Musik hat man sich noch nicht gebessert, was aber in Anbetracht der verbesserten Inszenierung nicht mehr so stark ins Gewicht fällt. Die Anfangsmusik erinnert stark an die alte EUROPA-Serie. Das mag freilich auch reiner Zufall sein, doch der Verdacht einer gewollten Parallele drängt sich unweigerlich auf.
 
Sprecher
Neben Rainer Gerlach, den ich für einen Erzähler als zu rau in der Stimme empfinde sind Peter Flechtner (etwas spitzbübisch und humorig) sowie Jürgen Kluckert als väterlicher Allwisser Bliss gut besetzt. Kaya Maria Möller ist zwar nicht farblos, aber sie ist in einer ihrer typischen Darstellungen zu hören. Außerdem hatte sie schon im ersten Teil den weiblichen Hauptpart inne. Alle Sprecher machen eine sehr gute Arbeit und leben die Geschichte was zum positiven Gesamtbild beiträgt.
 
Mander und Bliss
Mander ist ebenfalls wie Bliss ein Inspektor, den Wallace tatsächlich erfunden hat. Im Band "Neues vom Hexer" liest man über Mander folgendes:

Er (Bliss) konnte Mander nicht ausstehen, aber der Mann hatte gute Manieren, sprach ein tadelloses Englisch und verstand, sich in guter Gesellschaft zu bewegen. In Scotland Yard sagte man ihm nach, daß er diesen Eigenschaften sein schnelles Avancement verdanke. Er hatte ein paar weniger wichtige Fälle gelöst und einen Mordfall bearbeitet. Aber der Täter meldete sich bereits bei der Polizei und legte ein Geständnis ab, bevor Mander auf der Bildfläche erschienen war. Trotzdem verstand er es, sich im geeigneten Augenblick bei seinen  Vorgesetzten ins rechte Licht zu setzen. Bliss gehörte allerdings nicht zu ihnen, denn er hatte Mander noch nie für klug oder begabt gehalten und sprach gewöhnlich in wenig schmeichelhaften Ausdrücken über ihn. (1)

Frank Sky übernimmt das im Edgar Wallace Hörspiel "Neues vom Hexer" (EUROPA 1983) ähnlich:

Chefinspektor Bliss konnte Inspektor Mander nicht ausstehen. Er war ihm zu eitel und er war ihm zu schnell befördert worden, obwohl er bishe rnur wenig geleistet hatte. (2)

Einzig in den vier Maritim-Hörspielen von 1982 werden Bliss und Mander als Freunde beschrieben und gleichwertige Partner. Hier ist es ebenso, auch wenn Mander eher Tippgeber als Partner ist.
 
Das irische HalstuchDas irische Halstuch
Edgar Wallace löst das Rätsel (2)
Sprecher
ERZÄHLER Rainer Gerlach
CHEFINSPEKTOR BLISS Jürgen Kluckert
SERGEANT MANDER Peter Flechtner
KAPITÄN Gerald Schaale
HAFENPOLIZIST Bodo Wolf
BENJAMIN HART Michael Pan
ROY TULLY Reinhard Kuhnert
JENNY Kaya Marie Möller
BESS TULLY Andrea Aust
MOSES LARNE Johannes Berenz
CHEFBUCHHALTER Tom Jacobs
HUNTER Hans-Eckart Eckhard
TÜRSTEHER Markus Raab
O’FLAHERTY Dirk Hardegen u.a.

Hörspiel nach dem gleichnamigen Roman von Dietmar Kuegler

Erschienen im BLITZ-Verlag – blitz-verlag.de
© und Redaktion der Buchvorlage: Jörg Kaegelmann
Hörspielskript: Markus Duschek
Lektorat, Dialogpolishing, zusätzliche Texte, Produktion und Regie: Markus Winter
Co-Regie: Johannes Wronka, David Riedel
Sprachaufnahmen: Markus Winter, WinterZeit Studios, Remscheid
David Riedel, 2DAY Productions, Berlin, Johannes Wronka, mediapaten, Berlin
Sounddesign, Schnitt, Mix und Montage: Markus Winter, WinterZeit Studios, Remscheid
Mastering: Michael Schwabe, monoposto, Düsseldorf
Musik: Alexander Schiborr, Michael Donner, Manuela Trutte, WinterZeit Studios
Titelsong: Markus Winter, WinterZeit Studios
Logo, Coverillustration: Mark Freier – © Mark Freier
Bookletgestaltung: Peter Eisenbarth
Eine WinterZeit Produktion 2017
 
(1)= Wallace, Edgar. Edgar Wallace - Gesammelte Werke (German Edition) (Kindle-Positionen6562-6564). Ideenbrücke Verlag. Kindle-Version.
(2)= Edgar Wallace (7) Neues vom Hexer (EUROPA-Verlag, Hörspiel) Autor: Frank Sky

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