In den Fängen eines Polizeistaates - »Staatsgeheimnis«
In den Fängen eines Polizeistaates
»Staatsgeheimnis«
Frank Launder (1906-1997) und Sidney Gilliat (1908-1994) legten sich bei ihren Produktionen auf kein Genre fest, wenngleich ihr Output an sehenswerten Komödien überdurchschnittlich groß ist. So haben sie u.a. die spleenige Schulkomödie „Das doppelte College“, den Peter-Sellers-Ulk „Lieben kann man nur zu zweit“ oder die Politsatire „Der Wahlk(r)ampf“ in die Kinos gebracht. Mit „Die Schönen von St. Trinians“ trat Frank Launder 1954 sogar eine ganze Serie an Schulmädchenkomödien nach den Cartoons von Ronald Searle los, die es bis heute auf sechs Kinofortsetzungen gebracht hat. Aber die beiden reüssierten auch im dramatischen Bereich, drehten 1949 eine Neuverfilmung des Henry De Vere Stacpoole-Romans „Die blaue Lagune“ (nicht die Version mit Brooke Shields!) oder bereits 1946 den hierzulande nicht aufgeführten Noir-Thriller „I See a Dark Stranger“. Ganz ähnlich ist nun auch „Staatsgeheimnis“ gelagert, der in der Tradition der besten Alfred-Hitchcock-Klassiker einen Unschuldigen ins Zentrum stellt, der in tödliche Gefahr gerät und bis zum Filmende um sein Leben bangen muss.
Dr. John Marlowe (Douglas Fairbanks jr.) ist ein renommierter amerikanischer Arzt, der eine innovative Operationsmethode erfunden hat, die ihm weltweite Anerkennung einbrachte. So verwundert es ihn nicht allzu sehr, als er eine Einladung ins osteuropäische Vosnien erhält, wo er mit der Goldenen Keppler-Medaille ausgezeichnet werden soll. Nach einer entspannten Zeremonie, bei der ihm von Oberst Galcon (Jack Hawkins), dem Minister für Öffentliche Dienste, der Preis verliehen wird, sieht er sich tags darauf mit Nachdruck darum gebeten, seine berühmte Operation an einem vosnischen Patienten durchzuführen. Erst kurz vor Vollendung des Eingriffes entlarvt Marlowe das Täuschungsmanöver und erkennt, dass er General Niva (Walter Rilla), den diktatorischen Herrscher Vosniens, auf seinem Operationstisch hatte. Der Eingriff ist zwar ein Erfolg, doch eine Thrombose führt kurz darauf doch zum Tod des Diktators. Kurz vor der Wiederwahl des Landesführers können es sich dessen Schergen nicht erlauben, das Volk über diese Tatsache in Kenntnis zu setzen. Marlowe ist der einzige, der außerhalb der Partei von diesem Staatsgeheimnis weiß und schwebt deswegen nun in höchster Lebensgefahr …
Sidney Gilliat hat die packende Geschichte allzeit fest im Griff. Wie in den besten Hitchcock-Filmen wird die Spannungsschraube kontinuierlich angezogen, während sich das Netz des Polizeistaates immer dichter um den humanistischen Helden zusammenzieht. Mit den von Glynis Johns und Herbert Lom verkörperten Nebenfiguren kommen alsbald noch zwei interessante weitere Aspekte zur Geschichte hinzu, die dem Geschehen keinen Raum für Leerlauf bieten. Gegen Ende sorgt eine teilweise an Originalschauplätzen gedrehte Flucht durchs Gebirge für zusätzlichen Nervenkitzel. Ein leider etwas in Vergessenheit geratener Filmklassiker, dessen Wiederentdeckung nur wärmstens empfohlen werden kann! Die DVD-Erstveröffentlichung wartet mit einem sehr guten Schwarz-Weiß-Bild (im Vollbildformat 1,33:1) und einem stets gut verständlichen Ton (Deutsch und Englisch in Dolby Digital 2.0) auf. Einige kurze rekonstruierte Szenen liegen im englischen Original mit deutschen Untertiteln vor. Als Extras enthält die Scheibe eine kleine animierte Bildergalerie sowie einen verkleinerten Nachdruck des „Neuen Filmprogramms“ (Nr. 18) als vierseitiges Booklet, das etliche Fotos, eine ausführliche Inhaltsangabe und eine Besetzungsliste inklusive der deutschen Synchronsprecher enthält.