Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Konflikte in den Herzen der Menschen - »Ausgestoßen«

AusgestoßenKonflikte in den Herzen der Menschen
»Ausgestoßen«

In Deutschland nicht ganz so bekannt wie in seinem Herkunftsland Großbritannien, zählt die von Sir Carol Reed inszenierte Romanadaption „Ausgestoßen“ dennoch zu den großen britischen Film-Noir-Klassikern und kann fast in einem Atemzug genannt werden mit Reeds kurz danach entstandenem Film „Der dritte Mann“. Nun ist der Film wieder auf DVD erschienen, remastered und erstmals hierzulande auch mit Bonusmaterial versehen.

AusgestoßenSir Carol Reed (1906-1976), Onkel des berühmt-berüchtigten Schauspielers und Lebemannes Oliver Reed, zählte in Großbritannien in den 1940er und 1950er Jahre sicherlich zu den bedeutendsten und angesehensten Filmregisseuren. Innerhalb nur weniger Jahre drehte er mit „Ausgestoßen“ (Odd Man Out), „Kleines Herz in Not“ (The Fallen Idol) und „Der dritte Mann“ (The Third Man) drei Filme in Folge, die allesamt zu Klassikern geworden sind und auch rund 75 Jahre nach ihrer Entstehung noch zu fesseln verstehen. Für „Ausgestoßen“ verfilmte Reed einen seinerzeit populären Roman von F.L. Green (1902-1953), dem sich später auch noch Hollywood annehmen sollte. Denn 1969 inszenierte dort Robert Alan Aurthur unter dem Titel „Es führt kein Weg zurück“ ein Remake, das die Handlung von Nordirland in die USA verlagerte, wo die kriminelle Vereinigung nun nicht aus irischen Freiheitskämpfern, sondern aus dunkelhäutigen Amerikanern besteht, die ebenfalls auf militante Weise für ihre Rechte in den Kampf zieht. Als Hauptdarsteller konnte man hierfür das damalige Aushängeschild unter den afroamerikanischen Hollywoodstars gewinnen, Sidney Poitier.

AusgestoßenJohnny McQueen (James Mason) wurde wegen illegalen Waffenschmuggels zu 17 Jahren Haft verurteilt. Nach wenigen Monaten im Gefängnis ist es ihm allerdings gelungen, zu fliehen. Seit etlichen Monaten hält er sich nun schon bei Grannie (Kitty Kirwan) und der jungen Kathleen Sullivan (Kathleen Ryan) versteckt, die auch Gefühle für Johnny hegt. Der junge Mann hat mit Gewalt eigentlich nichts am Hut und möchte für seine Ideale nun auf politischem Wege eintreten. Doch dafür benötigen er und seine Gruppe Geld, das sie sich bei einem Überfall auf eine Leinenweberei erbeuten wollen. Gemeinsam mit Pat (Cyril Cusack), Dennis (Robert Beatty), Nolan (Dan O’Herlihy) und Murphy (Roy Irving) macht sich Johnny auf den Weg. Als sie das Geld schon in Händen halten, wird doch noch der Alarm ausgelöst, und es kommt vor dem Gebäude zu einem Handgemenge. Johnny wird von einem Mitarbeiter der Weberei angeschossen und erschießt den Mann daraufhin in Notwehr. An dem rasant anfahrenden Fluchtwagen seiner Komplizen kann er sich aufgrund seiner Verletzung nicht halten und fällt auf die Straße. Ganz auf sich alleine gestellt, muss er sich nun ins Hauptquartier durchschlagen, wird aber schon fieberhaft wegen Mordes von der Polizei gesucht. Die Bevölkerung reagiert auf ihn ganz unterschiedlich – einige mit Mitleid, andere mit Hass. Der clevere Shell (F.J. McCormick) wittert ein Geschäft, als er zufällig herausfindet, wo sich Johnny gerade befindet. Und auch Shells Freund Lukey (Robert Newton) handelt ganz eigennützig, als er den schwer verletzten Mann in sein Atelier schleppt, wo er ein Porträt von ihm malen will…

AusgestoßenCarol Reed hat hier in bestechenden Schwarz-Weiß-Bildern schon einen ganz ähnlichen Flucht-Thriller inszeniert wie zwei Jahre später dann mit „Der dritte Mann“. Zu Beginn weist eine Einblendung darauf hin, dass es hier nicht um die Auseinandersetzungen zwischen kriminellen Organisationen und dem Gesetz geht, sondern um „die Konflikte in den Herzen der Menschen“. In der Tat sollte der Nordirland-Konflikt Europa danach noch etliche Jahrzehnte in Atem halten. Die politischen Hintergründe weichen im Laufe der Geschichte aber immer mehr einer packenden Krimihandlung, die sich auf die hervorragend besetzten Hauptfiguren konzentriert. Neben James Mason und Robert Newton finden sich auf der Besetzungsliste auch einige ansonsten in Filmen selten eingesetzte, hervorragende irische Darsteller, wie beispielsweise F.J. McCormick, der nur wenige Monate nach der Uraufführung des Films verstarb.

AusgestoßenDie DVD-Wiederveröffentlichung in der Reihe „Pidax Film-Klassiker“ bietet ein gutes Bild (im Vollbildformat 1,37:1) und einen stets gut verständlichen Ton (Deutsch und Englisch in Dolby Digital 2.0). Die deutsche Synchronfassung stammt aus dem Jahr 1965 und wurde seinerzeit für die Fernseherstausstrahlung erstellt. Die deutsche Kinosynchronfassung aus dem Jahr 1947 gilt als verschollen.

Zu den Extras gehören der verkleinerte Nachdruck der vierseitigen „Film-Bühne“ (Nr. 174) als Booklet, das neben Fotos und Stabangaben auch eine ausführliche Inhaltsangabe enthält, die zweiteilige Dokumentation „Home James“ über Hauptdarsteller James Mason aus dem Jahr 1972 (zusammen 52 Minuten), die Rohfassung eines Interviews mit Mason für die Reihe „All Our Yesterdays“ (13 Minuten), eine größere animierte Bildergalerie sowie internationales Werbematerial (15 Seiten) und das Drehbuch (378 Seiten) im DVD-Rom-Teil der Scheibe.

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles