Stunde des Bösen: Vierteilige Thriller-Reihe im Kleinen Fernsehspiel des ZDF
Sendetermine und -Titel
Winterjagd
Inhalt
Die 25-jährige Lena verschafft sich bewaffnet Zutritt zu dem einsam gelegenen Haus des über 90-jährigen Unternehmers Anselm Rossberg, dessen Auschwitz-Vergangenheit gerade Thema in den Medien ist.
Anselms 60-jährige Tochter Maria leugnet die Anwesenheit ihres Vaters und versucht, die junge Frau abzuwimmeln. Als Lena ihn dennoch im Haus aufspürt, mit ihrer Waffe bedroht und eine schreckliche Anklage erhebt, stehen alle drei vor einer großen moralischen Entscheidung.
Nach einem Kampf, den Lena verliert, will Maria – die Jahrzehnte im Schatten ihres übermächtigen Vaters und seiner kontroversen Vergangenheit stand – die wahren Motive der jungen Frau herausfinden. So entbrennt ein schonungsloses Familiengericht, in dem ein alter Patriarch um sein Leben argumentiert, eine gequälte Tochter sich aus den Fängen ihres Vaters zu befreien versucht und eine junge Frau bereit ist, bis zum Äußersten zu gehen.
Statement der Filmemacherin Astrid Schult
Während der Recherche zu meinem zweiteiligen Dokumentarfilm "Das letzte Kapitel", der sich mit den aktuellen Ermittlungen zu noch lebenden SS-Wachleuten aus Auschwitz beschäftigt, habe ich einen ehemaligen SS-Wachmann von der sogenannten "Auschwitzliste" aufspüren können. Es gibt kaum noch lebende Zeitzeugen, die aus dieser Epoche berichten können. Die Zahl der Täter, welche unmittelbar "dabei" waren in der Todesfabrik Auschwitz und in anderen Vernichtungslagern, ist verschwindend gering. Zirka 30 SS-Wachleute sind von deutschen LKAs ermittelt und von den Staatsanwaltschaften angeklagt worden. Einige sind inzwischen medienwirksam vor Gericht verurteilt worden, die meisten Verfahren wurden inzwischen jedoch wegen Verhandlungsunfähigkeit der mutmaßlichen, meist über 90-jährigen, Täter oder wegen mangelnder Beweise eingestellt. Ein Justizversäumnis und ein Dilemma: Wer möchte schon alte Männer und Frauen, die kurz vor dem Tod stehen, noch zur Verantwortung ziehen? Ist das späte Gerechtigkeit?
Die Begegnung mit einem Täter war ein düsterer Blick in die Abgründe der deutschen Seele, welcher mich auch danach noch lange beschäftigt hat. Mir war klar, dass ich hier bei einem Film mit dokumentarischen Mitteln an bestimmte Grenzen komme. Welche Traumata sitzen bis heute tief in deutschen Familien, und was bedeutet es, Kind eines Auschwitz-Täters zu sein? Kann es überhaupt bei der juristischen Aufarbeitung eine Form der Gerechtigkeit geben, die den Opfern noch etwas bedeutet?
Es entstand nach abgeschlossener Arbeit an dem Film bei mir der Wunsch, mich mit dem Thema auf fiktionale Weise auseinanderzusetzen und tief in die Abgründe der Figuren einzutauchen, die mir begegnet sind.
Ohne dass es ursprünglich so geplant war, entstand bei dem langen Casting-Prozess eine Begegnung, die für das Projekt von großer Wichtigkeit war: die Begegnung mit dem jüdischen Schauspieler Michael Degen. Dies war für mich ein sehr bedeutendes Treffen, und mit ihm als Besetzung für die Rolle des Anselm Rossberg hatte ich das Gefühl, dass er die Figur viel mehr verstehen konnte, als jeder andere es je hätte können. Nicht nur, dass Michael Degen aufgrund seiner persönlichen Lebensgeschichte betroffen war, er verstand auch aufgrund seines hohen Alters, als noch lebender "Zeitzeuge", welche Energien und welcher Geist damals geherrscht hat. Noch bevor Michael Degen sich für die Rolle entschieden hatte, war seine Tochter Elisabeth Degen für die Rolle der Maria im Casting. Sie wollte die Rolle unbedingt spielen. Ich hatte anfangs große Sorge, wie denn eine jüdische Schauspielerin das Drehbuch empfinden würde und hoffte, in der Zusammenarbeit mit Drehbuchautor und Redaktion den richtigen Ton gefunden zu haben.
Und tatsächlich war es so, dass auch sie viel mehr von dem verstand, was mir wichtig war. Und dies nicht nur vom Kopf, sondern aus dem Bauch heraus.
Auch mit Carolyn Genzkow habe ich eine tolle Schauspielerin finden können, die sich der schwierigen Aufgabe eines sprachintensiven Kammerspiels stellen wollte.
Ich bin sehr froh, dass ich diese drei Darsteller für "Winterjagd" gewinnen konnte. So konnte ich den Film und die Geschichte erzählen, die mir wichtig war. Es war nicht nur ein Privileg mit ihnen arbeiten zu können, sondern ein großes Geschenk.
Biografie von Astrid Schult (Buch und Regie)
Astrid Schult wurde 1979 in Bad Nauheim geboren. Ab 2003 studierte sie Kamera an der Filmakademie Baden-Württemberg, 2005 folgte ein Dokumentarfilm-Studium. Für "Zirkus is nich" und der ZDF-Koproduktion "Der innere Krieg" erhielt Astrid Schult zahlreiche Auszeichnungen auf nationalen und internationalen Filmfestivals. Seit 2009 ist sie als freie Autorin und Regisseurin tätig. 2010 erhielt Astrid Schult eine Nominierung für den Grimme-Preis sowie das Eberhard-Fechner-Förderstipendium für "Der innere Krieg". 2015 wurde Astrid Schult MFG-Stipendiatin der Akademie Schloss Solitude. Sie ist Gastdozentin an der Filmakademie Baden-Württemberg. "Winterjagd" ist ihr Spielfilmdebüt.