Buchmarkt.de: Amazon: Mehr E-Books als Taschenbücher verkauft
Ein Beitrag von Horst Hermann von Allwörden
Buchmarkt.de meldet:
Amazon.com gab bei der Veröffentlichung der Quartalszahlen jetzt bekannt, dass in den letzten drei Monaten des Jahres 2010 erstmals mehr E-Books als Taschenbücher bei dem Internethändler verkauft wurden. Auf 100 verkaufte Taschenbücher kämen nun 115 E-Books. Das Verhältnis von E-Books zu gebundenen Büchern liege bei 3:1.
Das Unternehmen selbst hatte erst zum zweiten Quartal 2011 damit gerechnet, dass E-Books die Taschenbücher beim Verkauf überholen würden. Dies passierte nun schneller als erwartet. Obwohl gleichzeitig die Verkaufszahlen von Taschenbüchern stiegen.
Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.
Bitte registriert Euch.
Kommentare
Aber ernsthaft:
Diese Aussagen stammen aus folgender Pressemeldung des Unternehmens:
phx.corporate-ir.net/phoenix.zhtml?c=97664&p=irol-newsArticle_Print&ID=1521089&highlight=
Sie beziehen sich ausschließlich auf den Nord-Amerika-Markt.
Und der ist sehr eigen und andersartig als der Rest der Welt, speziell Europa. (Nämlich auch infrastrukturell und ländlich/urban gewichtungstechnisch mit der damit einher gehenden Frage der Erreichbarkeit der nächsten Buchhandlung)
Scrollt man in dieser Pressemeldung weiter runter und sieht sich die Geschäftsbereichs-Statistiken genauer an, stellt man wiedermal fest, wie unterschiedlich North-America-Customer und internationale Kunden Amazon und dessen vermeintliches "Kerngeschäft" begreifen:
In den USA (Kanadas Beitrag ist vernachlässigbar) wird Amazon als Allgemeinwaren- (und primär Elektronik-)Kaufhaus betrachtet.
Nord Amerika 2010er Ganzjahres-Umsatz:
Medien: 6,9 Mrd. (38,5%)
Elektronik & sonstige Waren: 11 Mrd. (61,5%)
Im Rest der Welt ergibt sich ein ganz anderes Bild:
Internationaler 2010er Ganzjahres-Umsatz:
Medien: 8 Mrd. (52%)
Elektronik & sonstige Waren: 7,4 Mrd. (48%)
Man erkennt:
1) Dass der Anteil an verkauften Medien im NA-Raum geringer ist als im INT-Raum. Anders formuliert: Amazon ist in NA nicht ansatzweise so "dominant" im Medienbereich wie im INT-Bereich. Es gibt in NA prozentuell weniger Leute, die Bücher (analoge!) als "ersten Impuls" bei Amazon suchen und kaufen, als etwa hierzulande (nämlich ich zum Beispiel).
Das wiederum bedeutet, dass Amazon im NA-Markt (marktanteilstechnisch) gar nicht sooo viele (analoge) Bücher verkauft, wie die das im INT-Markt tun.
2) Aufgrund der NA-Kunden-Betrachtung von Amazon als das dominante Elektronik-Kaufhaus und aufgrund der noch größeren Unkenntnis der Materie an möglichen Readern und deren Unterschieden unter den NA-Kunden, als dies selbst bei INT-Kunden leider der Fall ist, verkauft Amazon in NA überproportional viele Kindles. (Der Elektronik-Platzhirsch verkauft seinen gepushten Reader.)
Leute dort drüben suchen nicht "einen Reader", die Suchen "einen Kindle", weil sie Spasste sind.
Der Kindle hat in den USA das Reader-Format-Rennen vor mindestens einem halben Jahr gemacht gehabt. Die YE-Zahlen sind bloße offizielle Bestätigung dafür.
Aufgrund des exklusiven "aus der Luft"-Kaufens des Kindle-Systems exklusiv bei Amazon, verkaufen sie ergo auch überproportional viele E-Books zum Kindle. Auch hierbei sind die NA-Käufer Spasste. Sie haben halt "ein Kindle" und "vihle Büchaz, wo in eee sind".
Hierzulande ist das Teil immer noch bloß als Import zu bekommen, und hierzulande wird der Kindle niemals diese Reader-HW-Format-Dominanz bekommen wie in den USA.
Folglich werden die Leute auch nie ansatzweise so verrückt bei Amazon ihre Kindle-getrimmten eBooks erwerben.
Die Amazon'schen E-Book-Verkaufszahlen erklären sich durch diese 3/4-Monopol-Stellung. Kompatibilitäts-Probleme zwischen proprietären File-Formaten und Reader-Weichwaren sind also marktförderlich nahezu abwesend, bedingt durch dieses Quasi-Monopol.
Hierzulande wird dieses Problem nicht abwesend sein!
Und außer Amazon gibt es keine Firma am Markt (diesseits von Apple vielleicht, die mit ihrem iPad den Rest des Marktes in NA gekrallt haben), die Verlage so sehr nötigen könnten, mit den "unter 10 USD" Verkaufspreisen der E-Books einverstanden zu sein.
Hier bei uns werden E-Books also wesentlich mehr kosten. Und auch das unterbindet einen übertriebenen Erfolg der Sache.
Als Geschäftsmodell von Amazon ohne Neid beeindruckend gelungen. Repräsentative Aussagekraft (speziell hierzulande:) Null.
Warten wir doch mal ab, wohin der Weg geht. Es gibt positive Zeichen und Trends. Wohin das genau führt werden wir erleben...