Wie ein Leonard Hofstadter zu einer Penny kommt 3. Matthias Pöhm oder »Ficken für den Weltfrieden« - 3. 1.) Einstieg
Wie ein Leonard Hofstadter zu einer Penny kommt
3. Matthias Pöhm oder »Ficken für den Weltfrieden«
3. 1.) Einstieg
„Es wird Nacht, Señorita,
und ich liege auf dir.
Wie du vielleicht schon bemerkt hast,
will ich gar nichts von Dir.“
(Otto Waalkes: „Es wird Nacht, Señorita“)
„Ich kann euch alle haben“, steht es im Buchtitel, und man fühlt sich schon unangenehm an Julien Blanc erinnert. Doch Matthias Pöhm, der diesen Satz als Titel eines seiner Bücher gewählt hat, rudert bereits zu Beginn seiner Einleitung zurück, daß es „ausgeschlossen“ sei, „alle“ zu haben. Allerdings wäre es immerhin möglich, „so eine Ausstrahlung zu bekommen“, daß man seinen Erfolg beim anderen Geschlecht verdoppeln könne. Wie selbstverständlich geht er davon aus, daß seine Leser Männer sind, denen es schwer fällt, mit dem anderen Geschlecht in Kontakt zu treten. Was er vermitteln möchte, ist „große Routine und Erfahrung“ „im Erobern von Frauen“.
Wenn man ihm Gehör schenkt, so scheint es sich bei just diesen „Frauen“ um eine etwas merkwürdige Alien- Rasse zu handeln. Gewiß, er hält sie nach eigener Aussage für „absolut faszinierende Geschöpfe“ (interessanterweise redet er nicht von „Menschen“), aber dann wiederum beschreibt er sie als „von Natur (aus) zwiespältig, unschlüssig, unsicher und (sie) handeln anders, als sie denken“. Sie würden „ausgehen, um Spaß zu haben“, aber das würde „immer auch“ beinhalten: „Hoffentlich lerne ich jemand Interessantes kennen. Werde ich heute Abend angesprochen?“ – Wörtlich ergänzt Pöhm: „Schnatter, schnatter, schnatter“! „Ihr Amüsierbedürfnis und ihre Launenhaftigkeit“ würden sich überlappen „mit dem alles dominierenden, zwanghaften Gedanken, daß niemand anderes sie als ‚leicht zu haben‘ ansehen darf“. Gäben sie sich unnahbar, wären sie später ganz unglücklich, nicht angequatscht worden zu sein.
Also mögen es diese possierlichen Kreaturen offenbar, „angequatscht“ zu werden? Nun, wenn das alles so einfach wäre, wären Herr Blanc und Herr Pöhm vielleicht arbeitslos. Alle Nase lang werden Frauen von Männern angeschnackt. Die Verkäuferin an der Kasse, die Bedienung im Restaurant, die Lehrerin am Pult… Da sollte man eigentlich davon ausgehen, daß das kein größeres Problem darstellen sollte! Aber schon machen wir die Backofen- Luke auf und holen einen großen Pustekuchen heraus! Denn an die Verkäuferin wendet man sich als Verkäuferin, und an die Bedienung als Bedienung: Man kommuniziert nicht mit ihnen als Menschen, sondern als eigenschaftslosen Repräsentanten von etwas Größerem (dem Geschäft, dem Lokal, der Schule, der Firma o. ä.). Wenn es aber um Zwischenmenschliches geht, dann geht es nicht um den Funktionsträger, dann geht es um die Person und Persönlichkeit selbst. Um Herzen und Seelen, und alles, was in einem verletzlich ist. Wer angesichts dessen immer noch keine Probleme hat, mit jemandem ein Tête- à- Tête anzubahnen, verfügt vielleicht über nichts, das Schaden nehmen könnte. Oder aber er hält seinen Gegenüber auch nur für eine eigenschaftslose Repräsentantin von etwas Größerem, nämlich ihrem Geschlecht. Und wenn er sich schon beim Kennenlernen nur für das interessiert, was sie „anzubieten“ hat, aber nicht, was sie „ist“, wird sich das auch im Lauf der Zeit nicht groß wandeln. Und nein, liebe Damen, den Partner „ändern“ zu wollen, geht in der Regel auch nach hinten los – Erst recht, wenn es ein Charakter ist, der tatsächlich der „Änderung“ bedarf!
Aber was rede ich denn da! Ist die Welt nicht voll von blendend hübschen Thronfolgern auf ihren ebenso hübschen Schimmeln? Die voll der reinsten Liebe die Hand herabreichen zum Aschenputtel, unerschütterlich in ihren Gefühlen, um mit ihm in den Sonnenuntergang zu reiten? Nun, leider sind die meisten Kerle eher abgehalfterte Kreuzritter, die in ihrem Leben schon einiges auf Helm und Schild bekommen haben. Wer da noch als stolzer Königssohn ohne Blessuren daherkommt, tut dies meist, weil er selbst es gewesen ist, der anderen die Wunden zugefügt hat. Es ist ein Irrglaube, daß jemand, der über andere Männer triumphiert und Gewalt ausübt, sich ausgerechnet Frauen gegenüber anders verhalten würde. Gewinner brauchen immer Verlierer – und sei es in der eigenen Familie oder Partnerschaft!
Gehen wir also mal davon aus, daß es den meisten Männern (und Frauen) eher schwer fällt, sich selbst angreifbar zu machen, in dem sie einer anderen Person das Herz öffnen. Wie also geht man vor in einem solchen Fall?
Pöhm auf jeden Fall warnt davor, die Ladys selbst zu fragen, „wie man sich ihnen gegenüber nähern soll und welche Strategie(n) bei ihnen erfolgreich sind“, denn: „Frauen leben immer noch in der Fantasiewelt der Märchenbücher, der Fernseh- Hochzeit- Shows, der Liebesromane und des Prinzen auf dem weißen Pferd. Sie verstehen sich selber nicht.“
Nicht nur, daß Herr Pöhm hier pauschalisiert, er läßt auch ein zynisches Menschenbild erkennen, daß ich mich frage, was wohl passieren würde, wenn man ihn für ein paar Tage mit Jutta Ditfurth in eine Zelle sperren würde. Vielleicht hat es ja einen Grund, daß er zumeist über „Frauenflüsterer“ schreibt, und nur ganz selten über „Frauenversteher“?
Weiter schreibt er, daß man von den Mädels solche Tips erhalten würde wie „bleib‘ natürlich“ oder „sei einfach du selbst“ – Aber genau das ist ja eben das Problem! Diese Art von Ratschlägen würde einen nicht weiterhelfen. Eher schon diejenigen, die ein „Casanova“ gibt: „Sie dürfen nie einen Baum fragen, wie man ihn fällen soll. Sie müssen einen erfahrenen Holzfäller fragen.“
Gut, eine Diskussion mit einer Rotbuche oder Eberesche dürfte sich ziemlich bald zu einem langweiligen Monolog entwickeln, aber es ist die Peitsche, die man nach Nietzsche nicht vergessen sollte, wenn man „zum Weibe geht“, und nicht die Axt. Soll der Mann also mit einem freudigen „Timber!“ auf die Dame seiner Wahl zuspringen?
Wenn man Pöhm weiter glauben schenkt, würden die Mädels davon ausgehen, daß „ein normaler Mann … keine Probleme“ habe, „Frauen anzusprechen“ und die, die er haben wolle, zu erobern. Dem jedoch setzt er entgegen: „Männer nehmen die Frau, die sie kriegen können und nicht die, die sie haben wollen“, „und das betrifft fast ALLE Männer“. Sie haben nämlich allesamt „Narben auf der Seele. Narben von Erfolglosigkeit, Minderwertigkeitsgefühlen und Zurückweisung von Frauen“. Dadurch wären sie „vorsichtig und angstvoll“, und würden ihre „für alle sichtbare Unfähigkeit“ hinter einer Fassade von „Treue- Gelübden, aufgebauschten Frauenerfolgsgeschichten und angeblich erstrebenswerten Beziehungen“ verbergen. Die Mehrzahl würde sich nur deswegen in „stabile Beziehungen“ flüchten, die für sie machbar sind, um sich nicht mehr der eigenen Inkompetenz stellen zu müssen.
Ja, auch der Herr Pöhm scheint es nicht leicht gehabt zu haben!
Aber dann wiederum möchte er „niemanden zwingen, seine Träume von der einzigen wahren Seelenverwandten und der ‚ewigen Liebe‘ und der Vorstellung vom ‚Es- passiert- einfach‘ aufzugeben“, doch Verführung sei „in Wahrheit ein Spiel“, bei dem man „strategisch und planmäßig“ vorgehen solle, um den Damen Glauben zu machen, die Welt sei wirklich so wie in Frauenzeitschriften und Seifenopern. Sie wären „meist nicht in der Lage zu sehen, daß diese romantische Beziehungs- Welt gar nicht existiert“. Erfolgreiche Casanovas wüßten, sich das zunutze zu machen, indem sie den Glauben an dieses „Märchen“ aufrecht erhalten, und selbst darin den „starken Prinzen auf dem Pferd“ spielen.
Wenn es aber nicht um den „einzigen wahren Seelenverwandten“ geht, wem soll man sich dann zuwenden? Nun, offenbar jeder Person des begehrten Geschlechts, die einem rein optisch halbwegs zusagt. Der Buchautor empfiehlt dem Leser, „durch die Stadt“ zu laufen, und sich bei jeder Passantin zu sagen: „Dich kann ich auch haben“! „Das Universum“ würde „hunderte wunderbare potentielle Freundinnen für Sie bereit“ halten… Mit anderen Worten: Die Kandidatinnen sind austauschbar, und charakterliche Besonderheiten (inklusive „Seelenverwandtschaft“) ohne Bedeutung. Eventuell ist es aber auch diese Beliebigkeit, diese fehlende Wertschätzung für den (unbekannten) Gegenüber, die einem dabei hilft, nicht den Mut zu verlieren.
Und genau dabei, „nicht den Mut zu verlieren“, sondern erfolgreich Frauen anzusprechen, möchte Herr Pöhm seinen Lesern helfen. Ein psychologischer Trick, der von Verkäufern aus aller Welt gerne angewandt wird, ist es, sich mit dem Kunden zu verbrüdern. Ihm Glauben zu machen, man wäre eigentlich genau wie er, und habe unter dem selben Problem gelitten, aber dann – „Töröö! Töröö!“ – habe ihn genau die Ware, die er verkaufen möchte, aller Behinderungen entledigt. Mit so einer Geschichte wartet auch Pöhm auf, und selbstverständlich findet sie sich gleich zu Anfang seines Buches. Darin schildert er seine Beweggründe und die Anfänge seines Daseins als „Pick Up Artist“ (Aufreißer).
Schon aus dieser Retrospektive klingt heraus, daß es ein wichtiger Faktor ist, die „eigene Komfortzone“ zu verlassen. Solange man Kumpel mit dabei hat, in deren Gesellschaft man sich stets flüchten könne, würde man die Hemmungen nicht los werden. Dabei sei es gerade in der Anfangszeit enorm wichtig, überhaupt den Mut zu finden, eine fremde Lady anzusprechen. Von entscheidender Bedeutung sei dabei der „innere Zustand“ des Mannes. Ein und derselbe Spruch kann zur automatischen Abfuhr führen, wenn man Unsicherheit ausstrahlt, oder aber zum Flirt, wenn man locker und gut gelaunt rüberkommt.
Pöhm erläutert diesbezüglich – ganz im Stile eines Seminarleiters, der er ist – „das fünfstufige Launenmodell“:
Der Autor vergleicht die Situation mit einem Sprung in ein ungeheiztes Schwimmbad: Egal, wie warm sich das Wasser nach eine Weile auch anfühlen mag, an jedem neuen Morgen kommt es einem zuerst einmal eiskalt vor. So müsse man sich auch, was das Ansprechen von Mädchen angeht, jeden Tag aufs Neue „aufwärmen“, bis man aus dem bloßen Erfolgserlebnis, sich getraut zu haben, zu einer besseren emotionalen Verfassung findet. Der Verfasser rät dazu, erst einmal klein anzufangen: Man schnackt zwar fremde Damen an, aber scheinbar nicht aus romantischem Interesse, sondern wegen etwas vollkommen Belanglosem. Beispielsweise könnte man sich bei den ersten fünf Kontaktaufnahmen einfach nur nach dem Weg zum Bahnhof erkundigen (oder einer vergleichbaren Örtlichkeit, wie z. B. einem Imbiß, einer Sehenswürdigkeit oder einem Kaufhaus). Wenn erst mal ein Wortwechsel in Gang gekommen ist, kann man allmählich ein sogenanntes „Follow- up" (Gesprächsfortsetzung) anschließen, etwa, indem man sich nach besonderen Eigenschaften der Lokalität erkundigt. Der Verfasser meint: „Ein guter Verführungskünstler zu werden, heißt, immer eine Stufe mehr zu wagen, als man sich gerade zutraut“.
Nach einiger Routine könne man einen Durchschnittswert ermitteln, wie viele Versuche man benötigt, um in Flirtlaune zu kommen: Das Hirn wäre dann „mit einem klaren Ziel beschäftigt, das verhindert, daß man sich selbst fertigmacht“.
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Gratulation und Liebe Grüsse
Matthias Pöhm (Autor von "Ich kann euch alle haben")