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Eiszeit im Kino

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Also, ohne Übertreibung kann man sagen, dass ICE AGE 3 der beste Film der Welt ist. Jeder auf dieser Welt Welt sollte sich bemühen, diesen Film so schnell wie möglich, und auch so oft wie möglich zu besuchen. Wer in der glücklichen Lage ist zu wählen, sollte sich erst die zweidimensionale Version zu Gemüte führen, dann zu der 3-D-Brille greifen und das Spektakel in einer neuen Dimension bewundern. Dann muss unbedingt noch die englische Sprachfassung konsumiert werden.

Das kann überhaupt nicht langweilig werden, weil ICE AGE 3 so gut ist, dass jedermann sich bei Veröffentlichung umgehend die Blue-ray kaufen wird, auch wenn er keinen Player hat. Wenn man diesen Film gesehen hat, weiß man, dass man am Ziel angekommen ist, man spürt, dass es niemals besser werden kann.

Ähnlich euphorische Besprechungen hat auch TRANSFORMERS 2 erhalten. Diese dürfen selbstverständlich unter der Rubrik "absoluter Quatsch" abgelegt werden. Doch Lobpreis ist trotz allem allgegenwärtig und himmelhochjauchzend. Man kann getrost die negativen Kritiken vergessen, da die Einspielergebnisse ihre eigenen Argumente sprechen. Ein absurdes Rennen war für kurze Zeit am Laufen, das jetzt mit dem Einschreiten von HARRY POTTER neue Züge bekommen wird. Mit unvorstellbaren Vergleichen präsentieren Branchenblätter Zahlen und Ergebnisse, die von den Massenmedien nicht nur dankbar aufgenommen, sondern auch unkritisch weitergegeben werden.

Dass sich ICE AGE 3 inhaltlich und qualitativ nicht mit TRANSFORMERS 2 messen kann, wird schon während des Besuchs des Ersteren sehr deutlich. Regisseur Saldanha schaltet bei ICE AGE gegen jede Regeln eines dritten Teils merklich zurück. Das ist nicht nur überraschend, sondern auch erfrischend. Man hat fleißig abgespeckt in Sachen Kulturreferenzen, und scheint dabei SHREK 3 im Auge behalten zu haben, dessen Holzhammermethodik an Zitaten ihm auch das Genick gebrochen hat. Als Familienfilm nimmt ICE AGE diesmal die Familie in den Mittelpunkt. Die Mammuts erwarten Nachwuchs, der Säbelzahntiger glaubt alt und zahm zu werden, zwischen dem Rattenhörnchen und der Eichel tritt die Liebe, und das Faultier macht drei Dinosaurier-Eier zur eigenen Familie. Anstatt die Formel "höher, schneller, weiter" anzuwenden, konzentriert sich das Drehbuch auf die Gründe des Erfolgs und kehrt zu den Wurzeln zurück. Dass dabei die vielen Köche eben nicht den Brei verderben, mag verwundern, doch es funktioniert. Durchweg witzig und mit gekonnt ausgespielten Spannungsbögen lässt ICE AGE seine gesamte Laufzeit hindurch das Publikum nicht los und macht den Film extrem kurzweilig. Kein frenetisches Feuerwerk, dafür ein stimmungsvolles Beispiel, dass ein diesmal hauptsächlich auf Kinder zugeschnittenes Drehbuch auch für Erwachsene das richtige und zündende Humorpotenzial besitzt. Eine Schlittenfahrt und die Rettungsaktion auf einem Flugsaurier sind zwei Action-Sequenzen, von denen so mancher Blockbuster in diesem Kinosommer einiges lernen könnte.

TRANSFORMERS 2 setzt auf Nonstop-Action. Das muss auch irgendjemandem gefallen, denn was sonst sprechen denn die Zahlen. Kopf-an-Kopf-Rennen betitelten die Nachrichten das Ringen zwischen TRANSFORMERS und ICE AGE. Rekord um Rekord wurde gebrochen. Was mag da noch kommen? Das erinnert stark an Paramounts Kampagne von MISSION IMPOSSIBLE, bei der es plötzlich ein noch nie zuvor gehörtes "bestes Einspielergebnis der ersten sechs Tage für einen Paramountfilm" gab. Fast stündlich wurden die eigentümlichsten Ergebnisse zwischen TRANSFORMERS und ICE AGE nebeneinander gestellt. Und niemand störte sich daran, das TRANSFORMERS eigentlich eine volle Woche früher gestartet war.

Dabei gibt es doch die Rezession. Hollywood in seiner Gesamtheit als Industrie verkündete noch im Januar, dass die weltweite Krise nun auch das Filmgeschäft erreicht habe. Das mag durchaus sein, denn die finanziellen Strukturen dieses Systems sind vielschichtiger als das Innere des Bankensystems. Das liegt ganz einfach darin begründet, dass unter anderem die meisten Studios multinationalen Konzernen gehören. Dann sind da noch die unzähligen studioübergreifenden Produktionen in Finanzierung und Herstellung sowie wiederum veränderte Konstellationen bei Verleih und Auswertung. So ist das aber im richtigen Leben, nichts ist wirklich einfach. Und doch zeigt die Halbjahresbilanz bei Einspielergebnissen einen Zuwachs von elf Prozent gegenüber dem sehr guten Vorjahr. Da ist bisher weder POTTER dabei noch Tarantino und erst recht kein AVATAR.

Nun muss man das Augenmerk unbedingt auf zwei Faktoren richten. Da ist zum einen die 3-D Optik von ICE AGE, welche übrigens hervorragend umgesetzt wurde. Kein Ausschlachten von plumpen Effekten, die ins Gesicht des Zuschauers geschleudert werden. Wenngleich die Grafiken eher als schlicht gelten, erreichen die räumliche Tiefe und die Umgebungen tatsächlich eine natürliche Darstellung. Anstelle des puren Effekts wirkt das Bild für die Dramaturgie stets unaufdringlich unterstützend.
Zum anderen gibt es 150 Minuten von TRANSFORMERS 2. Viele Theater verlangen ab 120 oder 130 Minuten Überlängenzuschlag. Mit nur 93 Minuten kann von ICE AGE eine Vorstellung pro Tag mehr gespielt werden. Damit längst nicht genug, denn während bei einem Film Zuschlag für 3-D auf den Eintrittspreis kommt, werden in entsprechend ausgestatteten Kinos beide Streifen digital projiziert. Und digital, man ahnt es, bedeutet erneut einen separaten Aufschlag.

Jede Menge an Taten, Fakten, Zahlen, und doch dieser schale Nachgeschmack. Es bleibt einzig nüchternen Analysten überlassen, damit für das interessierte Publikum brauchbare Werte zu ermitteln. Man könnte es sich natürlich einfacher machen. Zumindest ein klein wenig einfacher. Wie viele Zuschauer hatten eigentlich die Filme in vergleichbaren Zeiträumen? Das ist natürlich profan, denn gerade aus den heiligen Hallen der Glitzerwelt dringen selten und äußerst ungern die vergleichenden Werte von Zuschauern. Denn während hollywood.com bei den Halbjahreszahlen eine Steigerung von 11 Prozent bei den Einspielergebnissen bekannt gibt, gibt es nur 9 Prozent Zuwachs an Zuschauern.

Es wird also vermittelt, dass der Zuschauer nicht nur motiviert ins Kino gegangen ist, sondern bei diesen Ergebnissen auch absolut zufrieden gewesen sein muss. Schall und Rauch? Lug und Trug? Wie man es nimmt, jeder wird wohl irgendwo seine eigene Wahrheit finden. Dann wirft bloomberg.com kürzlich auch noch vollkommen unmotiviert die altbekannte Liste von inflationsbereinigten Einspielergebnissen unters Volk. Da bleibt in Amerika VOM WINDE VERWEHT gefolgt von STAR WARS unangefochten an der Spitze. Gott bewahre, inflationsbereinigt steht da TRANSFORMERS 2 noch auf Platz 100. Aber vielleicht ist da ja noch was zu machen, man sollte die Hoffnung nicht aufgeben. Inflationsbereinigung ist schon eine hervorragende Sache, sie verdeutlicht, dass die Welt doch nicht so schlecht ist. Aber diese Liste verrät wiederum nichts über Zuschauerzahlen. Es ist zum Haareraufen.

Dafür gibt es im Überangebot von teuren Filmen, neuester Technik, Fortsetzungen und Neuinterpretationen das ein oder andere Lichtlein am Ende des Tunnels. Ein spannender, durchweg lustiger und wundervoll Inszenierter dritter Teil von ICE AGE zum Beispiel. Es mag verstörend klingen, wenn man behauptet, dass dieser Film hält was er verspricht. Sicher hat er seine kleinen Macken, die sind aber nicht nur überschaubar, sondern auch leicht zu vertreten. Das er gegenüber seinen Vorgängern sogar einen kleinen Schritt zurück macht, wirkt sich letztlich auch positiv auf das Erlebnis aus. Ein in sich stimmiger Film, der besonders in 3-D seinen wundervollen kindlichen Zauber zu einem altersübergreifenden Abenteuer macht. Und mit all den Zuschlägen ist das doch ein sinnvoller Kampf gegen diese fürchterliche Rezession.



Ice Age: Dawn of the Dinosaurs - Die Dinosaurier sind los
Sprecher: Ray Romano, Denis Leary, John Leguizamo, Queen Latifah, Simon Pegg, Seann William Scott, Chris Wedge u.a.
Regie: Carlos Saldanha, Mike Thurmeier – Drehbuch: Michael Berg, Peter Ackerman, Mike Reiss, Yoni Brenner – Szenenbild: Mike Knapp - Bildschnitt: Harry Hitner – Musik: John Powell – Character-Design: Peter De Seve
USA / 2009 – ca. 93 Minuten

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