Die Sauberfrau - »Mrs. Harris – Die Abenteuer einer Londoner Putzfrau«
Die Sauberfrau
»Mrs. Harris – Die Abenteuer einer Londoner Putzfrau«
Der New Yorker Schriftsteller Paul Gallico (1897-1976) hat es im Laufe seines Lebens auf über 50 Veröffentlichungen gebracht. Viele seiner auch hierzulande veröffentlichten Romane sind allerdings mittlerweile in Vergessenheit geraten. Am bekanntesten dürfte sicherlich noch immer „The Poseidon Adventure“ aus dem Jahr 1969 sein, der u.a. als „Die Höllenfahrt der Poseidon“ mit Charlton Heston und als „Poseidon“ 2006 von Wolfgang Petersen verfilmt wurde. Auf Rang zwei rangieren dann Gallicos Bücher über die Londoner Putzfrau Ada Harris, von denen das erste 1958 erschien. Bis kurz vor seinem Tod ließ Gallico noch einige Fortsetzungsromane folgen, deren Popularität noch einmal immens zulegte, als die Geschichten 1982 fürs deutsche Fernsehen entdeckt und mit der „Mutter der Nation“, Inge Meysel, in der Titelrolle verfilmt wurden. Von 1982 bis 1991 entstanden insgesamt sechs abendfüllende Fernsehfilme, in denen die Vollblutmimin abermals sämtliche Register ziehen konnte.
Dabei sind die Geschichten um Ada Harris (Inge Meysel) eigentlich denkbar simpel gestrickt. Die Titelheldin ist keine Möchtegern-Detektivin wie Agatha Christies Miss Marple, die von einem Kriminalfall in den nächsten schliddert, sondern erlebt stets Abenteuer, die tief in der Alltagsrealität verwurzelt sind. In „Ein Kleid von Dior“ beginnt die Putzfrau nach ihren Einsätzen bei der vermögenden Eileen Matthews (Christiane Hörbiger) von einem maßgeschneiderten Dior-Kleid zu träumen. Nachdem sie sich mühsam das Geld zusammengespart hat, begibt sie sich auf die Reise nach Paris, um es dort nach einer Modenschau direkt vor Ort zu erstehen. Bei Dior macht Mrs. Harris die Bekanntschaft mit dem englischen Earl of Wereford (Wolfgang Preiss), der ihr hier nicht zum letzten Mal aus der Patsche helfen und zu einem treuen Freund werden wird. Auch in „Freund mit Rolls Royce“ kommt der Harris die Bekanntschaft mit dem Adligen gelegen, als sie von Sir Wilmot (Ernst Schröder) als Kandidatin für einen Sitz im britischen Unterhaus vorgeschlagen, aber hinterrücks für dessen eigene Politspielchen ausgenutzt werden soll. In „Der geschmuggelte Henry“ macht sich die kleine Frau für den Nachbarsjungen Henry (Gerrit Schmidt-Foß) stark, der von seinem Stiefvater misshandelt wird. Als einer von Mrs. Harris‘ Kunden, Joel Schreiber (Peter Bongartz), nach Amerika versetzt wird und seine Putzfrau bittet, ihn und seine Frau (Gila von Weitershausen) dorthin zu begleiten, schmuggelt die clevere Ada auch Henry mit an Bord des Schiffes, um sich in New York auf die Suche nach dessen leiblichen Vater zu begeben. Etwas konstruierter sind die Vorkommnisse in „Mrs. Harris fährt nach Moskau“ geraten, in dem die Titelheldin für Hugh Lockwood (Krystian Martinek) einen Liebesbrief hinter den Eisernen Vorhang schmuggelt. In Russland gerät die harmlose Seniorin daraufhin in die Krallen des Geheimdienstes, da dieser in ihr eine britische Spionin vermutet. Die beiden abschließenden Teile der Filmreihe, „Mrs. Harris fährt nach Monte Carlo“ und „Mrs. Harris und der Heiratsschwindler“, beruhen dann nicht mehr auf Gallico-Romanen, sondern schreiben die Geschichten um die von ihm erfundene Figur nach Ideen von Ted Willis und Franz Josef Gottlieb fort.
Fans von Inge Meysel kann man die aus sechs DVDs bestehende „Mrs. Harris“-Box bedenkenlos empfehlen. Die temperamentvolle kleine Frau macht alle sechs hier versammelte Filme im Handumdrehen zu ihren One-Woman-Shows, auch wenn die Nebenrollen durchweg ebenfalls exzellent (Ivan Desny, Ferdy Mayne, Eberhard Feik, Edith Volkmann, Hellmut Lange, Daliah Lavi, Siegfried Rauch) besetzt sind. Dass alle Filme an Originallocations in London, Paris, New York, Moskau oder Monte Carlo gedreht wurden, macht sie darüber hinaus auch heute noch interessant. Die Details stimmen durchweg, seien es die liebevoll zusammengestellten Requisiten oder auch nur die kleinen Gesten und Ticks der Titelheldin, die von Inge Meysel formidabel transportiert werden. Zwar muten einige der Filme mittlerweile doch ein wenig altmodisch und unspektakulär an, als Klassiker der deutschen Fernsehgeschichte sind sie aber nach wie vor einen Blick wert. Die DVD-Wiederveröffentlichung bei „Pidax Serien-Klassiker“ bietet ein recht grobkörniges Bild (im Vollbildformat 1,33:1) und einen allzeit gut verständlichen deutschen Originalton (in Dolby Digital 2.0 Mono), der dem Ausgangsmaterial gerecht wird. Bonusmaterial ist keines vorhanden.