Homo Faber - Eine Kette von Zufällen
Homo Faber
Eine Kette von Zufällen
Für Volker Schlöndorff (Jahrgang 1939) ist „Homo Faber“ eine von einer Vielzahl an Romanadaptionen, die er in seiner mehr als 60 Jahre umspannenden Regiekarriere realisiert hat. Schon sein Langfilmdebüt im Jahr 1966, „Der junge Törless“, war die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Robert Musil. Vielen weiteren der großen deutschsprachigen Literaten hat Schlöndorff dann in den folgenden Jahrzehnten ebenfalls zu filmischen Ehren verholfen. Am bekanntesten sind hierbei sicherlich die Heinrich-Böll-Verfilmung „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ (zusammen mit Margarethe von Trotta inszeniert) und die Günter-Grass-Adaption „Die Blechtrommel“, mit der erstmals ein deutscher Film als beste fremdsprachige Produktion mit einem Oscar ausgezeichnet wurde. Seiner Liebe zur Literatur huldigte Schlöndorff aber auch mit Verfilmungen fremdsprachiger Autoren, man denke nur an „Die Geschichte der Dienerin“ nach Margaret Atwood oder die beiden überaus gelungenen US-Fernsehfilme „Der Tod eines Handlungsreisenden“ nach Arthur Miller oder „Ein Aufstand alter Männer“, der auf einem Roman von Ernest J. Gaines basierte. In dieses illustre Portfolio passt „Homo Faber“ ganz ausgezeichnet, der im Jahr 1991 schließlich nicht nur den Bayerischen Filmpreis als bester Film des Jahres, sondern auch den Silbernen Gilde-Preis für die beste Regie und das Silberne Filmband als bester Film gewinnen konnte.
Im Jahr 1957 ist der Ingenieur Walter Faber (Sam Shepard) mal wieder geschäftlich in Südamerika unterwegs. Im Wartebereich eines Flughafens trifft er auf den recht penetranten Herbert Hencke (Dieter Kirchlechner), der sich als Bruder eines alten Jugendfreundes von Walter, Joachim Hencke (August Zirner), entpuppt. Der Zufall oder das Schicksal scheint die beiden Männer zusammengeführt zu haben, denn das Flugzeug ist nach einem doppelten Triebwerksausfall zu einer Notlandung gezwungen. Da Faber den Absturz unverletzt überlebt, entschließt er sich zu einer Planänderung und begleitet Hencke auf eine Tabakfarm, wo dieser Joachim treffen möchte. Kurze Zeit später in New York kommt es zu einem weiteren Zufall, der das Leben Fabers auf schicksalhafte Weise verändern wird. Um seiner uneinsichtigen Ex-Geliebten zu entgehen, reist er mit einem Schiff vom Big Apple nach Frankreich. An Bord begegnet er der kessen Elisabeth (Julie Delpy), in die er sich Hals über Kopf verliebt, da sie ihn so sehr an seine erste große Liebe Hannah Landsberg (Barbara Sukowa) erinnert. Die hatte ihn kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs verlassen, um eben jenen gemeinsamen Freund Joachim Hencke zu heiraten. Da Faber nicht zulassen will, dass Elisabeth von Paris per Anhalter weiter zu ihrer Mutter nach Athen reist, mietet er sich ein Auto und bietet sich selbst als Chauffeur für die abenteuerliche Reise an…
Volker Schlöndorff beweist mit „Homo Faber“ erneut, dass er die Atmosphäre großer Romanvorlagen bis ins letzte Detail vorzüglich einzufangen versteht. Die Charaktere sind durchweg mit erstklassigen Darstellern besetzt. Die unterschiedlichen Aufnahmetechniken (Schwarz-Weiß zu Beginn, grobkörnige Schmalfilmaufnahmen zwischendurch, unterschiedliche Farbspektren) kommen dem Werk ebenfalls zugute. Der Film ist ein herausragendes Beispiel für eine kongeniale Literaturverfilmung, insbesondere hinsichtlich der Kameratechniken, der Schauspielerinterpretationen und in Bezug auf den Geist der Regie, der die Intentionen des geschriebenen Wortes in passende filmische Entsprechungen transferieren konnte. Die Wiederveröffentlichung des Films bei StudioCanal auf BluRay basiert auf einer im letzten Jahr durchgeführten 4K-Restaurierung anhand des Original-Filmnegativs. Dementsprechend makellos ist das Ergebnis ausgefallen, das von bestechender Schärfe ist und das Original-Farbkonzept Schlöndorffs sehr gut einfängt (im Widescreen-Format 1,85:1). Der Ton (Deutsch und Englisch im DTS HD Master Audio 5.1, optional mit deutschen Untertiteln und deutschen Untertiteln für Hörgeschädigte, wahlweise gibt es auch eine Audiodeskriptionsfassung für Sehbehinderte) ist gleichfalls exzellent ausgefallen. Die üppigen Extras umfassen ein neues Interview mit Volker Schlöndorff (52 Minuten), die Features „Volker Schlöndorff über ‚Homo Faber‘“ (56 Minuten), „Interview mit Produzent Eberhard Junkersdorf“ (21 Minuten), „Interview mit Barbara Sukowa“ (8 Minuten), „Erinnerungen von Production Designer Nicos Perakis“ (15 Minuten), eine kleine, aber spannende Bildergalerie sowie den Original-Trailer und einen neuen BluRay-Trailer zum Film.