Facetten des Königs: Maine Different Seasons
Maine Different Seasons
Zu dieser Zeit fallen nur sehr wenige Touristen nach Neu-England ein, weil der Begriff des Indian-Summers sich auf einen nicht vorhersagbaren, sehr warmen Herbst bezieht und nicht etwa die verspielte, leuchtende Pracht der sich verfärbenden Blätter meint. Es wäre also Glückssache, diesen sogenannten Sommer zu erleben, und manchmal auch zu überleben. Ansonsten wird es mit den kühleren Jahreszeiten schon mal sehr unangenehm in der Region. Dies aber nicht nur Wetter bedingt.
Der Staat Maine, als eines der bevorzugten Urlaubsziele, ist somit eher im Sommer von Urlaubern, Durchreisenden und Ferienhausbesitzern überflutet, die dann im September nach und nach wieder abziehen. In Maine wie in den anderen fünf Staaten sind diese Landflüchtlinge gerne gesehen, werden schmunzelnd im Visier gehalten und man ist letztlich sehr erleichtert, wenn mit Einsetzen des Spätsommers wieder die gemächliche Ruhe einkehrt.
Der Staat Maine, als eines der bevorzugten Urlaubsziele, ist somit eher im Sommer von Urlaubern, Durchreisenden und Ferienhausbesitzern überflutet, die dann im September nach und nach wieder abziehen. In Maine wie in den anderen fünf Staaten sind diese Landflüchtlinge gerne gesehen, werden schmunzelnd im Visier gehalten und man ist letztlich sehr erleichtert, wenn mit Einsetzen des Spätsommers wieder die gemächliche Ruhe einkehrt.
Wenn Sie schon einmal in Neu-England waren, dann kennen sie die atemberaubende Landschaft, die oberflächlich freundlichen Menschen und die wunderbaren verträumten Städtchen. Wenn Sie auf ihrer Reise dann auch noch durch Castle Rock gekommen sind, sollten Sie sich glücklich schätzen, noch am Leben zu sein. Oder nicht vom Teufel verfolgt zu werden. Oder keine beständigen Alpträume bekommen zu haben.
Die Stadt Castle Rock kam selbst in die Schlagzeilen, als sie aus heute noch nicht komplett geklärten Umständen fast völlig zerstört wurde. Ein Großbrand hätte eine einfache Erklärung geboten, wenn damals nicht nachweislich an vielen verschiedenen Stellen im Ort Feuer ausgebrochen wäre. Brandstiftung ist bewiesen, allerdings müssen die Bewohner Castle Rocks unter dem Einfluss einer Massenpsychose gelitten haben, weil offizielle Behörden festgestellt haben, dass die vielen verschiedenen Brandherde auch von ebenso vielen verschiedenen Menschen verursacht wurden.
1991, als in Castle Rock gerade erst ein neuer Laden eröffnet hatte, zählte es 1500 Einwohner. Ruhig und bescheiden, könnte man sagen. Von den großen Bränden und den anderweitigen, schweren Verwüstungen in diesem Jahr erholte sich Castle Rock nie wirklich. Man könnte sagen, es wurde noch ruhiger und noch bescheidener. Familien leben so gut wie keine mehr in Castle Rock, vereinzelt gibt es noch Bewohner, die es sich nicht leisten können, wegzuziehen.
Wer aufmerksamer die Archive der lokalen Presse durchforstet, der wird vielleicht etwas Verständnis für den merklichen Niedergang dieses nach außen hin so rühmlichen Städtchens haben. Die Ereignisse von 1991 könnten für die meisten Bewohner der ,letzte große Knall' gewesen sein, die hinter vorgehaltener Hand erzählten Geschichten ernst zu nehmen und einen Schlussstrich zu ziehen.
Ein Farmer hatte 1911 seine Frau und die drei Kinder getötet und zerstückelt, weil es ihm angeblich Geister befohlen hatten. Das sind Geschichten, die einen unendlichen Mythos hinter sich herziehen und die schöne Stadt mit den netten Sehenswürdigkeiten mit ein wenig mit Unbehagen unterwandern. Der idyllische Dark Score Lake lädt ein zum Bootfahren und Schwimmen. Der Blick über die Wipfel von Castle County vom überwältigenden Castle View Aussichtspunkt aus auf den Castle Hill ist legendär. Und zum Knutschen geht man an zu den Castle Falls, diesem winzigen aber wild-romantischen Wasserfall. Und in Patricia Chalmers bescheidenem Restaurant bekommt man dann das beste Essen in der Stadt.
Aber es ist immer noch die Stadt, in der der kleine Tad Trenton verdurstete, weil er wegen eines Hundes nicht aus dem Auto konnte. Wo dort draußen auf der Old Town Road 3 weitere drei Menschen starben, weil Joe Chamber die Tollwutimpfung vergessen hatte. George Stark beendete hier seine 15fache Mordserie, die eine extrem gewalttätige Spur durch Maine zog. Das sind natürlich Vorkommnisse, die sich nicht unbedingt jede kleine Stadt auf die Chronologie schreiben kann und sicherlich auch nicht will. Trotz aller Beschaulichkeit lockt so etwas Spinner, Mystiker, Autoren und dergleichen Gesocks an.
Nicht zu vergessen der Selbstmörder Frank Dodd, der sich sehr unschön das Leben nahm, weil er als Serienmörder von mehreren Frauen identifiziert wurde. Was zu Frank Dodds Demaskierung führte, darüber hüllt sich die Polizei nach wie vor in Schweigen. Jedenfalls genug Stoff für Legendenbildung, was der Schriftsteller Stephen King wiederum als Grundlage für einen seiner Romane hernahm. Genauso wie das seltsame Verschwinden von Ophelia Todd, die mit ihrer Leidenschaft für schnelle Autos und kurze Wege das letzte Mal in Castle Rock gesehen wurde, bevor sie spurlos verschwand, was dem bekannten Autor ebenfalls die Idee für eine Geschichte gab.
Der renommierte Schriftsteller Gordie Lachance schilderte mit einem biografisch angehauchten Roman Erlebnisse aus seiner Jugend und setzte dem Ort Castle Rock ein in Wort verfasstes Denkmal. Dies allerdings führte zu großem Unmut innerhalb der Gemeinde, weil Lachance trotz sorgfältiger Schreibweise noch viel zu viel bekannte und lebende Personen aus Castle County erwähnte und nicht gerade im besten Licht erscheinen ließ. Die Geschichte ,The Body' wurde sogar verfilmt und der Regisseur benannte seine Produktionsfirma nach der Stadt Castle Rock.
All die wenngleich zweifelhaften Geschichten halfen dem Ort Castle Rock nicht im Geringsten. Trotz tadelloser Infrastruktur ereilte diese Stadt das Schicksal vieler ähnlicher amerikanischer Gemeinden, die sich wegen zweifelhafter Politik und offensichtlicher Misswirtschaft den Großmetropolen unterordnen mussten. Die traurigen, unheimlichen und kaum geklärten Geschichten und Ereignisse taten ihr Übriges, für den verheißungsvollen und bei Touristen mehr als beliebten Ort eine aus vielen anderen Staaten bekannte Stadtflucht zu initiieren.
Rücksichtslose Sensationsreporter und gewissenlose Autoren nutzten ohne Rückhalt von Fakten und in schamloser, ausbeuterischer Absicht die traurige Vergangenheit einer Stadt, die sowieso nicht vom Glück verfolgt war. Als Beispiel für viele andere Orte, Menschen oder Ereignisse ist es für Menschen wie Stephen King wohl eine Selbstverständlichkeit, einer unbedarften Stadt wie Castle Rock den Todesstoß zu versetzen, wenn es nur dem eigenen Interesse gilt.
Wenn Sie also eine Reise durch die Neu-England Staaten machen, dann vergessen sie nicht die vielen kleinen Geschichten, die sich hinter jeder noch so anheimelnden Haustür verbergen können. Sehen Sie zu, dass Sie einen Indian-Summer erleben und genießen Sie die allgemeine Gastfreundschaft, die immerhin einen Sommer lang hält. Und gehen Sie nicht mit Orten zu hart ins Gericht, die etwas verloren, verschmutzt und heruntergekommen aussehen. Diese Gemeinden können meist wirklich nichts dafür. Und Hand aufs Herz, es tut Ihrer persönlichen Erholung auch keinen Abbruch. Sollten Sie sich hingegen überlegen, irgendwo jenseits der Ballungsräume ansässig zu werden, sollten Sie versuchen, genauer hinter die Fassaden blicken. Orte wie Castle Rock gibt es überall.
Nur an Joe Newells Haus - Joe ist schon seit Jahrzehnten tot, aber im Ort wird es immer noch als sein Haus bezeichnet - da wird fleißig angebaut. Niemand weiß, wer das Anwesen mittlerweile besitzt, laut Unterlagen und Stadtverwaltung gibt es keine Eigentümer mehr. Aber wann immer etwas Schreckliches in Castle Rock geschieht, gibt es neue Anbauten und Erweiterungen. Das könnte einem unheimlich werden.
Der Artikel entstand mit Unterstützung von Gary Berringer, der 20 Jahre in Castle Rock bei der lokalen Zeitung Call arbeitete.
Und der in jungen Jahren dem leibhaftigen Teufel begegnet war.
Die Stadt Castle Rock kam selbst in die Schlagzeilen, als sie aus heute noch nicht komplett geklärten Umständen fast völlig zerstört wurde. Ein Großbrand hätte eine einfache Erklärung geboten, wenn damals nicht nachweislich an vielen verschiedenen Stellen im Ort Feuer ausgebrochen wäre. Brandstiftung ist bewiesen, allerdings müssen die Bewohner Castle Rocks unter dem Einfluss einer Massenpsychose gelitten haben, weil offizielle Behörden festgestellt haben, dass die vielen verschiedenen Brandherde auch von ebenso vielen verschiedenen Menschen verursacht wurden.
1991, als in Castle Rock gerade erst ein neuer Laden eröffnet hatte, zählte es 1500 Einwohner. Ruhig und bescheiden, könnte man sagen. Von den großen Bränden und den anderweitigen, schweren Verwüstungen in diesem Jahr erholte sich Castle Rock nie wirklich. Man könnte sagen, es wurde noch ruhiger und noch bescheidener. Familien leben so gut wie keine mehr in Castle Rock, vereinzelt gibt es noch Bewohner, die es sich nicht leisten können, wegzuziehen.
Wer aufmerksamer die Archive der lokalen Presse durchforstet, der wird vielleicht etwas Verständnis für den merklichen Niedergang dieses nach außen hin so rühmlichen Städtchens haben. Die Ereignisse von 1991 könnten für die meisten Bewohner der ,letzte große Knall' gewesen sein, die hinter vorgehaltener Hand erzählten Geschichten ernst zu nehmen und einen Schlussstrich zu ziehen.
Ein Farmer hatte 1911 seine Frau und die drei Kinder getötet und zerstückelt, weil es ihm angeblich Geister befohlen hatten. Das sind Geschichten, die einen unendlichen Mythos hinter sich herziehen und die schöne Stadt mit den netten Sehenswürdigkeiten mit ein wenig mit Unbehagen unterwandern. Der idyllische Dark Score Lake lädt ein zum Bootfahren und Schwimmen. Der Blick über die Wipfel von Castle County vom überwältigenden Castle View Aussichtspunkt aus auf den Castle Hill ist legendär. Und zum Knutschen geht man an zu den Castle Falls, diesem winzigen aber wild-romantischen Wasserfall. Und in Patricia Chalmers bescheidenem Restaurant bekommt man dann das beste Essen in der Stadt.
Aber es ist immer noch die Stadt, in der der kleine Tad Trenton verdurstete, weil er wegen eines Hundes nicht aus dem Auto konnte. Wo dort draußen auf der Old Town Road 3 weitere drei Menschen starben, weil Joe Chamber die Tollwutimpfung vergessen hatte. George Stark beendete hier seine 15fache Mordserie, die eine extrem gewalttätige Spur durch Maine zog. Das sind natürlich Vorkommnisse, die sich nicht unbedingt jede kleine Stadt auf die Chronologie schreiben kann und sicherlich auch nicht will. Trotz aller Beschaulichkeit lockt so etwas Spinner, Mystiker, Autoren und dergleichen Gesocks an.
Nicht zu vergessen der Selbstmörder Frank Dodd, der sich sehr unschön das Leben nahm, weil er als Serienmörder von mehreren Frauen identifiziert wurde. Was zu Frank Dodds Demaskierung führte, darüber hüllt sich die Polizei nach wie vor in Schweigen. Jedenfalls genug Stoff für Legendenbildung, was der Schriftsteller Stephen King wiederum als Grundlage für einen seiner Romane hernahm. Genauso wie das seltsame Verschwinden von Ophelia Todd, die mit ihrer Leidenschaft für schnelle Autos und kurze Wege das letzte Mal in Castle Rock gesehen wurde, bevor sie spurlos verschwand, was dem bekannten Autor ebenfalls die Idee für eine Geschichte gab.
Der renommierte Schriftsteller Gordie Lachance schilderte mit einem biografisch angehauchten Roman Erlebnisse aus seiner Jugend und setzte dem Ort Castle Rock ein in Wort verfasstes Denkmal. Dies allerdings führte zu großem Unmut innerhalb der Gemeinde, weil Lachance trotz sorgfältiger Schreibweise noch viel zu viel bekannte und lebende Personen aus Castle County erwähnte und nicht gerade im besten Licht erscheinen ließ. Die Geschichte ,The Body' wurde sogar verfilmt und der Regisseur benannte seine Produktionsfirma nach der Stadt Castle Rock.
All die wenngleich zweifelhaften Geschichten halfen dem Ort Castle Rock nicht im Geringsten. Trotz tadelloser Infrastruktur ereilte diese Stadt das Schicksal vieler ähnlicher amerikanischer Gemeinden, die sich wegen zweifelhafter Politik und offensichtlicher Misswirtschaft den Großmetropolen unterordnen mussten. Die traurigen, unheimlichen und kaum geklärten Geschichten und Ereignisse taten ihr Übriges, für den verheißungsvollen und bei Touristen mehr als beliebten Ort eine aus vielen anderen Staaten bekannte Stadtflucht zu initiieren.
Rücksichtslose Sensationsreporter und gewissenlose Autoren nutzten ohne Rückhalt von Fakten und in schamloser, ausbeuterischer Absicht die traurige Vergangenheit einer Stadt, die sowieso nicht vom Glück verfolgt war. Als Beispiel für viele andere Orte, Menschen oder Ereignisse ist es für Menschen wie Stephen King wohl eine Selbstverständlichkeit, einer unbedarften Stadt wie Castle Rock den Todesstoß zu versetzen, wenn es nur dem eigenen Interesse gilt.
Wenn Sie also eine Reise durch die Neu-England Staaten machen, dann vergessen sie nicht die vielen kleinen Geschichten, die sich hinter jeder noch so anheimelnden Haustür verbergen können. Sehen Sie zu, dass Sie einen Indian-Summer erleben und genießen Sie die allgemeine Gastfreundschaft, die immerhin einen Sommer lang hält. Und gehen Sie nicht mit Orten zu hart ins Gericht, die etwas verloren, verschmutzt und heruntergekommen aussehen. Diese Gemeinden können meist wirklich nichts dafür. Und Hand aufs Herz, es tut Ihrer persönlichen Erholung auch keinen Abbruch. Sollten Sie sich hingegen überlegen, irgendwo jenseits der Ballungsräume ansässig zu werden, sollten Sie versuchen, genauer hinter die Fassaden blicken. Orte wie Castle Rock gibt es überall.
Nur an Joe Newells Haus - Joe ist schon seit Jahrzehnten tot, aber im Ort wird es immer noch als sein Haus bezeichnet - da wird fleißig angebaut. Niemand weiß, wer das Anwesen mittlerweile besitzt, laut Unterlagen und Stadtverwaltung gibt es keine Eigentümer mehr. Aber wann immer etwas Schreckliches in Castle Rock geschieht, gibt es neue Anbauten und Erweiterungen. Das könnte einem unheimlich werden.
Der Artikel entstand mit Unterstützung von Gary Berringer, der 20 Jahre in Castle Rock bei der lokalen Zeitung Call arbeitete.
Und der in jungen Jahren dem leibhaftigen Teufel begegnet war.
Bildquelle: iten-online
Die Artikel
Eine andere Facette: DARSTELLER - THE DARK HALF
Noch eine Facette: Mr. WRIGHTSON - THE SHINING
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Kommentare
Ehrt mich. Vielen Dank.
Wie wäre es denn einmal mit Fortsetzungen?