Napoleonischer Geisterjäger - Froebius! Im Bannkreis des Unheimlichen
Napoleonischer Geisterjäger
Froebius! Im Bannkreis des Unheimlichen
Auch der alternde Bonvivant Baron Eitel von Wallerfels hat aus reiner Neugier den Todestagverkäufer konsultiert. Um so größer sein Erschrecken, als er hören muss, dass er nur noch drei Tage zu leben hat. Verzweifelt fleht er seinen Arzt Professor Froebius um Hilfe an. Obwohl der kritische Medicus die Todesprophezeiungen für lächerliche Quacksalbereien hält, beginnt er daraufhin das Umfeld Mortemers zu durchleuchten. Dabei stößt Froebius schnell auf eine Kette logisch nicht erklärbarer Ereignisse. Sie führen ihn direkt in das grauenvolle Finale einer dämonischen Seelenjagd, die in den mörderischen Zeiten des Dreißigjährigen Krieges mit einer tragischen Liebe begonnen hatte.
Professor Dr. Johann Jakob Fürchtegott Froebius (48) ist ein praktischer Arzt, der um 1818 im postnapoleonischen Deutschland in einer zum Herzogtum Nassau gehörenden Kleinstadt am Main eine geschäftlich nur mittelmäßig erfolgreiche Praxis betreibt. So bringt ihm seine ärztliche Kunst zwar keinen Reichtum, aber immer wieder in Kontakt mit Geistern, Dämonen, Vampiren und allem, was sonst noch die Nächte unsicher macht.
Zuvor hatte der examinierte Doktor der Medizin während der Befreiungskriege gegen Napoleon als Feldscher im Dienste des preußischen Jägerregimentes Nr. 23 ebenso unruhige wie gefährliche Jahre durchlebt. Als dann die Preußen gemeinsam mit ihren britischen und niederländischen Alliierten bei Waterloo die imperialen Visionen des größenwahnsinnigen Korsen endgültigen zerschlagen hatten, war für Froebius die Zeit des Abschieds vom Militär gekommen.
Weil er im Feldlazarett das Leben Hunderter Soldaten durch das fachmännische Abtrennen ihrer zerschossenen Gliedmaße gerettet hatte, erhielt der Ex-Feldscher vom preußischen Kriegsministerium nicht nur einen der spartanischen Staatsphilosophie entsprechenden kargen Ehrensold zugesprochen. Ganz besonders stolz war Froebius auf eine von König Friedrich Wilhelm III. persönlich unterzeichnete Urkunde, die ihn zum Professor der medizinischen Wissenschaft adelte. Als dann aber der ersehnte Ruf an den Lehrstuhl einer renommierten Universität ausblieb, kehrte er in seine Heimatstadt zurück, um dort unter der Adresse Marktplatz Nr. 5 das Leben eines ehrbaren Provinzdoktors zu führen.
Von seiner Lebensphilosophie her ist der überzeugte Junggeselle weder altruistischer Samariter noch raffgieriger Halbgott in Weiß. Froebius legt zwar großen Wert auf ein standesgemäßes Einkommen, behandelt seine Patienten aber sorgfältig nach bestem Wissen und Gewissen sowie dem medizinischen Kenntnisstand seiner Zeit. So kommt es vor, dass er auch mal aus heutiger Sicht obskure Therapievorschläge ausprobiert, wie sie beispielsweise ein Königsberger Kollege in dem Buch „Die heilsame Wirkung des Tabakrauchs bei Erkrankungen der Lunge und der Atemwege“ publiziert hat.
In die Parallelwelt des Übersinnlichen gerät Professor Froebius regelmäßig nicht nur ohne es zu wollen, sie wiederspricht auch seinen tiefsten Überzeugungen. Alles andere als ein passionierter „Geisterjäger“, sieht er sich selbst als kritischen Wissenschaftler, der nur das akzeptiert, was man mit Formeln berechnen und in Experimenten nachweisen kann. Vor allem die nüchterne Vernunft jenes radikal säkularisierten Weltbildes, das seine Wurzeln in der französischen Revolution hat und im Tross der siegreichen Armeen Napoleons durch ganz Europa gezogen ist, hat es ihm angetan.
So passt es ganz und gar nicht in sein sorgfältig gepflegtes Weltbild, dass ihn der Bannkreis des Unheimlichen nicht mehr aus den Klauen lässt...
Mit Professor Froebius möchte ich dem Fundus der verlagsunabhängigen deutschsprachigen Spannungsliteratur einen ebenso schillernden wie unterhaltsamen Charakterkopf hinzufügen. Besonders gereizt hat mich die Kombination von Historie und Grusel, auch fügt sich das postnapoleonische Zeitalter exzellent in das Konzept ein: Auf der einen Seite schreibt Mary Shelley ihren "Frankenstein", was der zeitgenössischen Horrorliteratur einen dramatischen Auftrieb verschafft, auf der anderen emanzipieren sich die Naturwissenschaften von den letzten magischen Vorstellungen des Mittelalters und werden erwachsen. Dieses Spannungsfeld gibt einer Figur wie Froebius zusätzliche Dynamik.
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