Und es ward ›Legende‹ - Dan Shocker’s Kurzgeschichten
... und es ward ›Legende‹
Dan Shocker’s Kurzgeschichten
Die zwei zusätzlichen Geschichten aus der Taschenbuchausgabe von »Schreckensmahl« finden sich in der zweiten Kurzgeschichtensammlung Shocker’s wieder, die unter dem Titel »Leichengeflüster« als »Larry Brent« Nummer 100 im September 1982 erschien.
Über den Ursprung der vier ersten Geschichten scheint nun eine Legende zu entstehen. Alle Geschichten, die in »Schreckensmahl« (Heft und Taschenbuch) und »Leichengeflüster« erschienen sind, stammen aus der Feder Jürgen Grasmücks (wenngleich auch vier bzw. wohl eher fünf Geschichten nicht zuerst unter dem Pseudonym ›Dan Shocker‹ erschienen sind, was wohl zur der beginnenden Legendenbildung beiträgt).
Nun denn. Im Geisterspiegel (und bereits vor einem dreiviertel Jahr in der El Mundo Fantastico) gibt Geisterspiegel-Rezensent und Betreiber der El Mundo Fantastico Elmar Huber in einer Rezension eines Larry Brent-Romans des Blitz Verlages, in denen die Kurzgeschichten Dan Shockers als ›Bonus‹ erscheinen, einige Zeilen dazu zum Besten (weiter unten als Zitat und Screenshot zum Nachlesen).
Ob Huber der Urheber dieser Legende ist oder diese aus dem Umfeld des Verlages stammt, vermag ich nicht zu sagen … Aber ich wurde gefragt, was denn an dieser Geschichte so dran ist.
First things first: Folgendes gab Elmar Huber dem geneigten Leser zu kund und zu wissen.
(...) Als Bonus ist wieder eine Geschichte aus »Dan Shockers Gruselmagazin« – hier Die Hexe im Haus erspart den Babysitter – enthalten. Diese Geschichte – wie einige weitere, die nach und nach an dieser Stelle erscheinen werden – ist amerikanischer Herkunft und wurde unter dem Pseudonym J. A. Grouft zuerst im Chance International Magazin unter der Redaktion von Jürgen »Dan Shocker« Grasmück veröffentlicht. Dieser sammelte später die J.A. Grouft-Gruselgeschichten aus Chance International und spann darum eine Rahmenhandlung mit Larry Brent. Der so entstandene Episodenroman erschien als Schreckensmahl komplett unter dem Pseudonym Dan Shocker und erlebte diverse Auflagen im Zauberkreis Verlag (u.a. auch innerhalb der Larry Brent Serie als Band 57). Die jüngste Auflage erschien als Dämonenland 146 (Bastei Verlag). (...)
Wie sich nun zeigt ist dieser Unsinn nicht auf dem Mist des Rezensenten gewachsen, sondern wie sich in der Diskussion (ab Kommentar #5 wirds interesant) unter diesem Artikel zeigt von dem Herrn, der sich hier »Grobbel« nennt. Er hat den Nonsense in einem im Blitz Larry Brent Taschenbuch 1 in einem Artikel aufgebracht. Er ist dabei einem Fehler des Zauberkreis Verlages aufgesessen, der im Impressum der Taschenbuchausgabe »Schreckensmahl« auf die Übersetzung des Buches »Massacre Creek« hinwiesen (wobei es sich um einen Bürgerkriegswestern von Gordon T. Shirreffs handelte, der in Deutsch bei Zauberkreis auch 1981 auch als (Western-)Taschenbuch (304) unter dem Titel »Unter dem Rebellen-Wimpel« erschien).
So, denn wollen wir mal …
Inzwischen haben mich Informationen von Andreas Decker erreicht, dass im Text angesprochene »Chance International Magazin« möglicherweise nicht amerikanischen, sondern australischen Ursprungs ist. Es erschienen dort zwischen 1968 und 1972 42 Ausgaben. Es gab auch einen englischen Ableger, der von 1968 bis 1973 lief (1973 dann aber »New Chance« betitelt war). Weder von der deutschen (von der wir über Jürgen Grasmück wissen) noch von einer US-Ausgabe gibt es (nach ersten Recherchen) irgendwelche Spuren.
Wie in jeder Legende gibt es ein Körnchen Wahrheit in dieser Geschichte, aber die Unterstellung Jürgen Grasmück hätte gesammelte Geschichten eines US-Autors namens ›J. A. Grouft‹ als Dan-Shocker-Geschichten ausgeben und gesammelt als »Silber Krimi« 942 unter dem Titel »Schreckensmahl« herausgegeben, stimmt so natürlich nicht, obschon es natürlich wahr ist, dass diese Geschichten nicht unter dem Pseudonym Dan Shocker entstanden und sie zunächst tatsächlich unter dem Pseudonym ›J. A. Grouft‹ erschienen sind.
Es gibt nur einen, der das erklären kann. Und ich bin glücklich, dass wir uns seit Jahrzehnten kennen und er zu den Zauberspiegel-Mitarbeitern gehört ...
Also: Ich habe das mal mit dem führenden Kenner der Grasmück'schen Bibliographie Uwe Schnabel erörtert und ja, die Geschichten haben was mit dem Magazin »Chance« zu tun, aber nicht mit einer US-Ausgabe oder sonstwie internationalen Edition, sondern mit der (wohl) kurzlebigen deutschen Ausgabe des Magazins.
In der Tat ...
Jürgen Grasmück betreute nach eigenen Angaben in einem nicht genau verifizierten Zeitraum die deutsche Ausgabe des (Erotik-)Magazin »Chance«. Er nutzte diese Verantwortung, um sich selbst den Auftrag für vier Grusel-Kurzgeschichten zu erteilen, die er unter dem Pseudonym ›J. A. Grouft‹ veröffentlichte. Das ist die Geschichte und hat nichts mit gesammelten Geschichten eines US-Autoren in einem US-Magazin zu tun.
Grasmücktypisch brachte Jürgen (wenn er Einfluss auf das Pseudonym hatte) seine Initialen ›J‹ und ›G‹ darin unter (ein Prinzip mit dem er bei dem wohl wichtigsten Pseudonym seiner Karriere, eben ›Dan Shocker‹, brach).
Das ›J‹ und das ›G‹ findet sich unter anderem in ›Jay Grams‹, ›Jürgen Grasse‹. Auch das ›J.A.‹ in Zusammenhang mit ›G‹ findet sich in der Grasmück'schen Pseudonymhistorie. Man beachte ›J. A. Gorman‹ oder ›J. A. Garrett‹.
Jedenfalls verbirgt sich hinter dem Pseudonym ›J. A. Grouft‹ (wenn man das ›o‹ streicht, steht da das deutsche Wort ›Gruft‹) kein US-Amerikaner, sondern der gebürtige Süd-Hesse Grasmück. Immerhin ist das Pseudonym sogar in der Wikipedia korrekt Jürgen Grasmück und nicht einem geheimnisvollen US-Autoren zugeordnet
Zudem sind von Stil her jede dieser Geschichten so typisch für Jürgen Grasmück, dass an einen US-Autor kein Gedanke verschwendet werden muss.
Daher wird hier künstlich eine Legende aufgebaut, die durch ein paar umfangreichere Recherchen und Nachfragen hätte vermieden werden können.
Aber es ist auch interessant und erstaunlich, dass es selbst bei einem so gut dokumentierten Autor wie Jürgen Grasmück sieben Jahre nach dessen Tod (sein Todestag jährte sich am 7. August zum siebten Mal) immer noch neue (bzw. weniger bekannte) Seiten entdeckt werden kann.
Man darf gespannt sein, ob man noch herausfinden kann wann und für wie viele Ausgaben des (Erotik-)Magazin »Chance« Grasmück als deutscher Redakteur verantwortlich zeichnete.
Kommentare
"Später hat er fürs Taschenbuch noch zwei Geschichten dazu geschrieben," ist falsch, denn "Um Mitternacht im Geisterhaus" erschien bereits in den Chance Magazinen.
Da ich jemand bin, der zu seinen Fehlern steht, werde ich im nächsten Larry Brent Taschenbuch, wenn es mit den Schreckensmahl-KGs weitergeht, einen Widerruf drucken lassen, um die Angelegenheit zu berichtigen
Nicht? Massacre Creek geprüft? Die Familie Grasmück gefragt (über den Verleger wäre doch wohl dergleichen möglich)? Uwe gefragt (was zumindest die Geschichte um die Bäume geklärt hätte)? Das sind deutliche Lücken in der Recherche. Stattdessen wird da eine wirre These geboren, die einer Überprüfung nicht standhält, Und dann lässt Du Dir keine Rcherche-Fehler vorwerfen? Toll...
(Falsche) Schlüsse ziehen ist keine Recherche.
zitiere Grobbel:
Da werde ich mich korrigieren müssen, werde aber da noch mal mit Uwe genauer nachforschen
zitiere Grobbel:
Das ist wohl das Mindeste ...
Allerdings sind mir hier die Wortgefechte doch ein wenig zu "laut" geführt worden: Seien wir ehrlich, kein Artikelschreiber wird jede Info, die schwarz auf weiß irgendwo steht, hinterfragen (können) ...
Das recherchieren gehört auch nicht zu den Hauptaufgaben eines Rezensenten (Geisterspiegelrezension).
Ich persönlich finde es immer wieder spannend, wenn sich neue Fakten ergeben. Aber nicht jeder hat die Chance, diese neuen Fakten grundsätzlich zu kennen. Sonst gäbe es ja nie neue Fakten ...
Harantor sagt: Habe mir das eben durchgelesen. Das ist acht Jahre her. Wenn die Herrschaften sich immer noch nicht vom Jahr 2006 lösen können ist das deren Problem und wenn Wolfgang Brandt 1984 spielen will, ist das nicht mein Problem. Das soll er halten wie ein Dachdecker. Ich danke und werde mich dazu nicht weiter auslassen.
Weder El Mundo Fantastico noch der Geisterspiegel haben den Unsinn korrigiert. Da glaubt man offensichtlich noch an den von Blitz verbreiteten Unsinn. Soviel zur Kompetenz in Sachen Shocker bei Blitz, Fantastico und Geisterspiegel ...