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Halt stand, Perry!

Manfred Roth über Perry Rhodan - Das rote ImperiumHalt stand, Perry!
Verquere Gedanken über Band 2 der Trilogie
DAS ROTE IMPERIUM

Die Trilogie „Das Rote Imperium“ geht in ihren zweiten Band, und der Autor Christian Montillon sorgt dafür, dass es nur ein „Requiem für Druufon“ statt eines Requiems für Rhodan-Taschenbücher wird...


Die Titelbildgestaltung ist einheitlich:

Der ausgeritzte Ausschnitt im knallroten Vordergrund, durch das ein Raumschiff zur inneren Szene fliegt. Hier sieht man diesmal nicht München, sondern eine Art Vulkan (?) und einen spitzen Turm. Dafür hat das angreifende Raumschiff den nostalgisch-schönen Charme eines Bügeleisens (wie damals die Utensilien der ORION-Deko...wurde ja auch in München gedreht), was ja nett anzusehen ist, aber da es nicht das geringste mit der Handlung zu tun hat, übergehen wir das auch sofort.

Den Drei-Sätze-Dialog auf der ersten Seite zwischen Mensch und Maschine kann man auch nach dem Lesen des zweiten Bands nicht recht einordnen.

Beim Roman selbst geht das: Er ist sogar viel, besser als der Vorgänger (was nun wahrlich nicht so schwer war...), aber....

Ein paar ärgerliche und anzumerkende Dinge gibt es immer noch.
 
Beginnen wir, ungleich zur Bibel, mit dem sauren Wein (eher schon Essig), dem kürzesten und auch schlimmsten Stückchen: dem Prolog.
 .
„Das Rote Universum holte tief Luft.
Alles strebte diesem einen Augenblick entgegen, der so intensiv war, dass er das Zentrum allen bildete. Er verschlang sämtliche Zeit und inhalierte jedes Atom, das sich seit Anbeginn des Lebens ausdehnte und durch die unendliche Leere reiste.
Es knackte, geisterhaft und hoh


Dann vermeint Perry auch noch 2 Würfel aus einer Hand fallen zu sehen (immerhin keine gewöhnlichen, sondern neunseitige, aus Knochen geschnitzte...) und hört Wortfetzen:
„’Rien ne va plus’, als säße er in einem Kasino aus dem Terra seiner Jugendzeit. Er sah den näselnden Croupier in einem korrekt sitzenden Nadelstreifenanzug und mit perfekt gebundener Krawatte direkt vor sich. ‚Aleae iacunt’, als wolle ihm jemand unbedingt beweisen, wie gebildet er war. Höre-Rhodan-ich-kann-das–Allerwelts-Lateinische-Zitat-grammatikalisch-korrekt-umwandeln.“

Ich gebe dem Leser bewusst Zeit, sich von den Zitaten zu erholen. Geh an die frische Luft und/oder trinke einstweilen ein Bier. Das hilft meistens.

Danke fürs Wiederkommen.

Selbst meine verbliebenden Rudimentär-Reste eines „Grossen Latinums“ reichen aus, um noch zu wissen, dass das a) grammatikalisch nun doch recht daneben ist, b) Caesar das damals auch ganz anders meinte (nämlich seinen griechischen Lieblingsdichter zitierte) und c) nicht mal historisch abgesichert ist, dass er es überhaupt tat. .

Vielleicht soll dem humanistischen Prinzip und einem wie auch immer gearteten „Bildungsauftrag“ Rechnung getragen werden; im ersten wie auch diesem Band schwirren ja weitere latinisierte Wortschöpfungen wie „Präfidatin“ und „Ovum“ herum. Das mag löblich sein, aber.. „Pisa!“ könnte man nun mit erhobenem Zeigefinger rufen (und, dem Beispiel des Autors folgend, sogleich erklären, dass das grammatikalisch korrekt der Vocativ von „pisere“ sei...wenn es solch ein Wort gibt? Ich weiß es nicht mehr)
Nach einem alten, ganz bösartigen Scherz ist der Gradmesser für Bildung das Wissen darum, dass das Wort aus zwei Silben besteht, von denen eine „Dung“ ist.

Unser Perry ist zumindest dahingehend entschuldigt, als dass er damals in seiner Jugend bestimmt a) keinen Lateinunterricht hatte, b) das auch nicht durch arkonidische Hypnobänder erlernte und c) wohl auch Kumpel Atlan es nicht nötig fand, die Bildungslücken zu schließen...ganz abgesehen davon, dass auch ein Kasinobesuch Perrys arg unwahrscheinlich erscheint.

Der Einstieg in das Buch ist (mir) leider pseudo- in jeder Beziehung: -lyrisch, -mystisch, --humanistisch und auch –perryversisch.

Zum Glück ist damit aber schon nach den ersten vier, abschreckenden Seiten (Bitte: Weiterlesen!) der Rubicon literarischer Schrecknisse überschritten.
Die Würfelszene wiederholt sich zwar später noch einmal; man erfährt, dass die Zahlen „Null“ und „Drei“ ergaben, wobei letztere die Zahl der Personen sei, die vom Einstein- ins Druuf-Universum gewechselt wären. Dafür werden Perry, sein Begleiter „Wiesel“ und der Oberschurke Bavo Velines hergenommen (obwohl der Leser vom ersten Teil auch noch von Ernst Ellert weiß; der aber im gesamten zweiten Band durch schon unheilschwangere Abwesenheit glänzt).

Beim etwas älteren Rhodan-Leser kommen ungute Assoziationen an die, damals auch nicht besonders goutierte, Hintergrundkonstellation im „GEHIRN-Zyklus (Hefte 600-649) auf, als sich ES und ANTI-Es auch ständig in ihren Sphären so etwas zuraunten. Und dabei waren das doch schon Super-Intelligenzen; was man vielleicht auch dadurch erkennen kann, dass sie ihr „Spiel“ als Schach austrugen und nicht mit simplen Würfeln.....
Perry sieht das nach eigenen Worten als eine Art Vision im Angesicht des Todes, seine derzeitigen Gefährten als Reaktion des (schon  wieder..) Unterbewusstseins.

Aber was immer es zu bedeuten hat, es findet (noch) keine Auflösung.

Die Handlung setzt schon im Prolog derart abrupt ein, dass man den zweiten Band nicht ohne Kenntnis des ersten lesen kann, daher hier ein gedrängtes Update:
:
November 1344 NGZ: Die Terminale Kolonne TRAITOR hat die Galaxis überrannt, nur wenige Orte, darunter das vom „Terranova“-Schirm geschützte Solsystem halten noch aus. Als Perry Rhodan Nachricht von einem mysteriösen „Fenster“ erhält, das sich im früheren Deutschen Museum der Freizeitpark/Stadt München aktiviert hat und nach ihm persönlich ruft, eilt er hin und geht, zusammen mit einem vorher nicht eingeplanten Begleiter, dem Kleinganoven „Wiesel“, auch hindurch. Nach einer (als absolut lächerlich empfundenen...) Odyssee durch bizarre Vorspiegelungen des Unterbewusstseins gelangen sie ins „Rote Universum“, mit dem die Terraner zu Anfang des Solaren Imperiums (im Jahr 2040 alter Zeitrechnung = vor 2891 Jahren) konfrontiert wurden, als selbiges sich für einige Zeit mit dem Einsteinuniversum überschnitt, wie dies bereits vorher schon einmal (ca. 8000 Jahre vor Christus) geschehen war. Beide Male versuchte die vorherrschende Rasse, die großen, recht ungeschlacht wirkenden, aber technisch doch versierten Druuf, ins Normaluniversum einzudringen, wurden aber von den Arkoniden und zuletzt auch den Terranern wieder zurückgedrängt. Die lange Zeit zwischen den Geschehnissen erklärt sich durch den unterschiedlich Zeitablauf: im Roten Universum vergeht die Zeit um den Faktor 1 zu 72000 langsamer, was von den Druuf durch „Übernehmen von Vitalenergie“ (jegliches Leben von überschnittenen Planeten wurde ins andere Universum versetzt) ausgeglichen wurde.
In diesem Universum, das Rhodan nun betritt, ist jedoch die Menschheit vorherrschend und hat die Druuf bis auf wenige Ausnahmen auf dem ehemaligen Heimatplaneten (die in abgeschlossenen fliegenden Stadtreservaten, den Intropolen) und versteckte Planeten in der hiesigen Galaxis ausgerottet, sich technisch innerhalb von 2000 Jahren extrem weit und anders als die Normal-Terraner entwickelt und eine Art von Utopia geschaffen, in der die Menschen ziemlich glücklich zu leben scheinen. Zumindest ist das die Version, die Bavo Velines, der „Generalgouverneur“ an der Spitze des Staates, Rhodan zu vermitteln versucht. Dieser und „Wiesel“ sind auch noch von den sogenannten „Anjumisten“  bedroht und letztlich am Ende von Band 1 entführt worden, Rebellen, die ihm nun ihre, glaubwürdigere Version der Dinge vorführen: einer menschen- wie wesenverachtenden Diktatur, die sie mit Hilfe der Exildruuf und nun auch Rhodans bekämpfen und abschaffen wollen. Wichtig ist auch noch zu wissen, dass die Menschen vor etwa 2000 Jahren Druuf-Zeit hierher kamen, aber selbst erst 8 Monate vor Perry, im März 1344 NGZ,. auf gebrochen sind, auf der Flucht vor TRAITOR und mit dem ursprünglichen Vorsatz, hier im „langsamen“ Universum sich soweit fortzuentwickeln, dass man dem verbliebenen Terra dann wieder Hilfe gegen TRAITOR zurückschicken könnte.

Christian MontillonChristian Montillon setzt in einem Teil die laufende Handlung um Perry fort, blendet aber zwischendurch immer wieder Kapitel des anderen, über die Entwicklung des Roten Imperiums und seiner Hauptperson Bavo Velines, ein .  

Dieser erste, aktuelle Teil ist zwar nicht so ärgerlich wie M.M.Thurners Darstellung im ersten Band, aber auf die Dauer eher zäh und langwierig, um nicht zu sagen langweilig.
Ich verrate mal nicht zuviel, wenn Perry am Ende des Romans erneut in den Fängen des Imperiums ist („Im Korridor vor dem Wohlfühlzentrum hörte Farashuu Rhodan schreien, und zum erstenmal seit Langem war sie wieder richtig zufrieden“), nachdem besagte, eine Präfidatin, ihm vorher ständig durchs All hinterher gejagt ist und dabei ziemlich auf die Pauke gehauen hat – sogar wortwörtlich, denn das Anjumistenschiff trägt den Namen PAUKE VOR MITTERNACHT...eine Art von Humor, die der Autor vom ersten Teil übernommen hat, der aber nicht besser geworden ist, ebenso wie etwa „Suleima Laurentia III., die Erzbischöfin von Pum“ oder die unsägliche Bezeichnung von Psychologen als „Wonnepfropfen“.

Gegen diese Waffe der „Kindersoldatinnen“ ist kaum ein Kraut gewachsen, sind sie doch zäher als die Wesen von „Alien“, ausdauernder als Roboter, nicht-moralischer als der Terminator. Schiffe, gar Monde werden zertrümmert, als sie nach Rhodan sucht, nicht einmal zweihundert extra erschaffenen Double von diesem (inklusive Zellaktivatorstrahlung!) verwirren sie, eine Explosion mit 800 Grad Hitzeentwicklung sengt allenfalls die obersten Hautschichten an, die sich sofort zu regenerieren beginnen und so weiter und so fort. Selbst als sie doch einmal „ausgeschaltet“ wird im wahrsten Sinne des Wortes (die implantierte Quantronik fällt wegen so etwas wie Befehlskonflikten aus), ist das kein Problem.

Irgendetwas Menschliches wird ziemlich mühsam konstruiert (dass der Anjumistenchef, mit dem Rhodan auf der Flucht ist, ihr eigener Vater ist, bekümmert diesen wie sie selbst nur ansatzweise), eine „Tragik“ insofern sie auch nur erschaffenes, manipuliertes Werkzeug des Oberschurken darstellt, ist allenfalls oberflächlich und verschwindet hinter den zahllosen Kampfkunststückchen.
Ob sie sich durch die Luft wirbelt (ich sagte ja schon im ersten Teil: Emilia Eberle lässt grüßen! Wer damit nichts anfangen kann: eine rumänische Kunstturnerin aus dem Siebzigern, deren Wachstum man künstlich hemmte, um sie kindlich und agil zu halten) und zwei Soldaten mit den Füßen die Köpfe zertrümmert oder einen anderen so wegschleudert, dass der zehn Meter weiter oben von Baumästen aufgespießt wird und dort hängt, um Rhodan noch etwas zuröcheln zu können und diesen die Abscheulichkeit der Präfidatin klarzumachen. Es berührt alles ebenso wenig wie das Schicksal von Leuten in den Hochhäusern, die Godzilla auf seinen Märschen die Ginza entlang zertrümmert. So sind diese Kampfmaschinen nun einmal.
Lobenswert immerhin, dass Perry es bereits in Gedanken zurückweist, eine Armee solcher gegen TRAITOR einzusetzen, und will Leser hoffen, dass dem auch so bleiben mag....

Die einzige wirklich emotionale Szene, das Schicksal einer Figur (vor allem gerade deshalb, weil sie kurz, knapp, grausam, tragisch und doch logisch ist), möchte ich hier nicht verraten.

Bei der Darstellung der aktuellen wie historischen Druuf profitiert man davon, dass in dem frühen Heftzyklus sehr wenig über sie beschrieben wurde; da kann man viel ändern. Zum Beispiel drauflos fabulieren, dass das Rote Universum ein „recht kleines“ seiner Sorte ist, ein eben mal sieben Milliarden Lichtjahre umfassendes Ding in der Form eines Schlauchs, die „Knospung eines Universums“ mit der Ausgangsstelle eben in dieser Verbindung zwischen Normal- und Rotem Universum, wo Terraner und Druuf sich treffen.

Ein Grundproblem der SF, die Darstellung außerirdischer Rassen und ihrer Eigenarten, besteht darin, dass man, eigentlich logisch
Laughing, die Fremdartigkeit anderer Logik nicht recht vermitteln kann. Gerade das Perryversum hat da erheblichen Nachholbedarf. So richtig „fremd“ ist dort kaum etwas, allenfalls noch nicht bekannt.
Die Druuf agierten früher, wenigstens soweit ich das noch in Erinnerung habe, tatsächlich
Mensch-logisch, als sie versuchten, ins Normaluniversum einzudringen, nämlich zunächst wirklich auf der Suche nach neuen, äh, „Lebensraum“, dann später auch aus „Rachsucht“ wegen des ersten Fehlschlags. Oder habe ich das ebenso falsch wahrgenommen wie die geringe Größe des Roten Imperiums? Jetzt hört man, dass das, siehe oben, wesentlich größer ist, die Galaxien allerdings auch weiter voneinander entfernt sind; das mag ja noch angehen, aber die Druuf sind gar nicht die Beherrscher dieses nun größeren Universums, sondern halten sich nur dafür....schon wieder wird’s psychologisch. Logisch wäre nun, dass sämtliche eingewanderten terranische Wonnepfropfen sich dieser ganz und gar verkorksten Rasse widmen; aber das läuft anders.

Der „historische“ Abschnitt ist im übrigen der weitaus bessere; obwohl nichts Unerwartetes geschieht. Thurner brachte im ersten Band den aktuellen Zustand, Montillon erklärt, wie es dazu kommen konnte.

Leider bezieht sich das meist nur auf die technologischen Entwicklungen, halbwegs sogar glaubwürdig: Quantroniken aus sogenannter „Denkmaterie“ (so was ist ja wirklich Science Fiction...), gewonnen aus dem besonderen Material eines einzelnen Berges, das Flüssigkeit aufsaugen und speziell durch Blutplasma umgewandelt wird; die Erklärung, warum der Bavo Velines, der vor 2000 Jahren „Innenzeit“ hierher kam, immer noch (nun ja: fast...), der Alte ist, Probleme, die er quasi mit sich selbst hat (kann man hier nicht  erklären, ohne zuviel zu verraten), dass und warum es sog. „Design-Terraner“ gibt (mit winzigen Teilen von Druuf-Genmaterial versehen), die Präfidatinnen und warum es zum Krieg gegen die Druuf kommt.  

Alles ganz nett, in einigen Passagen sogar faszinierend und auch, das sollte nicht unerwähnt bleiben, in wohltuendem Gegensatz zu Thurners Stil im ersten Band  - aber auch mit vielen Lücken und Widersprüchen. Einmal geht’s holterdiepolter schnell mit den wissenschaftlichen Entdeckungen und Entwicklungen, aber auch sehr unglaubwürdig geheimnisvoll, dann braucht derselbe Bavo wieder mal Jahrhunderte, bis er den Rest der Menschen so manipuliert hat, dass sie in den Krieg gegen die Druuf ziehen. Und überhaupt: treten die kaum in Erscheinung, weder in der „innenhistorischen Entwicklung“ noch der aktuellen Handlung, außer als aufrechte unterlegene Rebellengruppe.

Es ist vielleicht angedacht gewesen, Perry ein Spiegelbild vorzuhalten und ihm ein schlechtes Gewissen zu machen, was Menschen tun können.

„Mein“ Perry braucht das nicht, er weiß das.

Und einen bösen seiner Sorte hatten wir doch auch schon mal, was wieder zu einem Rückgriff auf den Gehirn-Zyklus führt , als Rhodan gleich zweimal mit einem „schwarzen Hut“ herumgeisterte: als von Anti-ES gesandter Androide und zähnefletschend-finsterer Anti-Rhodan im Parallel-Universum. Dort hielt er sich nicht lange (gerade mal 9 Hefte lang), das ganze war eher eine Art Karikatur – und doch, schlimm zu sagen, immer noch glaubwürdiger als der Bavo-Bösewicht hier, der weder sympathisch noch finster, sondern einfach nur blass ist. Wo ist da die Motivation, die, wie es den Anschein hat, darin bestehen soll, dass er mal als Ultra-Menschheits-Retter, den Rhodan-Mythos übertreffend, zurückkommen will ins TRAITOR-geplagte Solsystem?

In typisch (um den Wortunsinn zurückzuspielen) wonnepfropfischer Art versucht man es mit der Kindheit:

Schon am zehnten Geburtstag leidet er unter dem ständigen Streit seiner Eltern „Die Velines waren eine von nur wenigen Familien im Dorf, die in ihrem Privathaus einen Antigravschacht besaßen, aber darauf hätte er gern verzichtet, um eine echte Familie zu haben wie tausend andere“. Mit zwölf entführt er eine Schulkameradin in der virtuellen Tarnmaske eines Blue, um sie dann als er selbst zu „retten“ und sich ihre Freundschaft zu verschaffen, was einige Jahre später zu einem scheuen Kuss und einer Tracht Prügel durch den dahinterkommenden Vater führt, der auch noch einige seiner Datenkristalle zerstört. Sofort läuft er weg, braucht aber, obwohl schlau, einige Jahre, um vom Planeten wegzukommen.

Ist das die Botschaft: es liegt an der Kindheit, ob man zum bösen Diktator oder guten Perrymenschen wird? Das könnte man daraus schließen. Im ersten Band brachte Thurner  diese unsägliche Textstelle, die ich mir in der dortigen Rezension noch verkniffen hatte (ich hoffe, man merkt, warum...): „...sagte Perrys Mum und streichelte ihm zärtlich das verschwitzte Haar aus der Stirn.... "Es gibt keine Monster. Und schon gar nicht ihn!".  "Sicher nicht?" Perry kuschelte sich an ihren weichen, warmen und gut duftenden Körper“   

Also, liebe terranische Eltern in spe und aktuelle Rhodanleser mit Nachwuchs: Kuscheleinheiten contra Antigravschacht? Das ist hier die Frage, und es bringt was, ob’s edler im Gemüt. Abgesehen davon, dass, Finanzkrise und so, Kuscheln billiger ist.

Schnitt nach 1342 NGZ: Bavo ist auf Kopernikus, dem Planeten der Wissenschaftler, angelangt. „Seit er vom Projekt ‚Rotes Universum’ gehört hatte, war er davon fasziniert. Er wollte den Wechsel miterleben., ..., nicht mehr ständig der Angst ausgesetzt sein, dass die Terminale Kolonne TRAITOR die gesamte Milchstrasse ins Chaos stürzte und früher oder später auch seinen Planeten zerstörte und als Ressource ausbeutete.“

(Wer, Rhodanleser, gerade etwas merkte, ist gut)

Diese Motivation ist vielleicht erklärbar, wenn auch der Rückzug gleich in ein anderes Universum, das man zudem von früher in schlechter Erinnerung hat, ziemlich waghalsig erscheint, selbst für genialische Wissenschaftler, wie sie auf Kopernikus im Newtonsystem überall sich tummeln.
Bavos leicht freakig, weil strahlungsgeschädigt, angehauchte Bettgenossin als Beispiel: „...doch wo ihr Geist alle Grenzen sprengte und sie über bahnbrechende Differenz-Theorien zwischen Standard- und Rotem Universum leichter referieren konnte als andere über das gestrige Abendessen.. .wo sie die Hyperphysik jeden Morgen mit ihrem Rohkost-Müsli in sich hineinschlang...“.
Schließlich hat man damals hier den Nullzeitdeformator (für Nichtrhodanleser: Zeitmaschine) erfunden, aber seit 1300 Jahren hörte man dann rein gar nichts mehr von ihnen.

Ich füge noch mal, weil’s so schön ist (Band 2 bietet ja diese Steilvorlagen leider nicht) eine große Unwahrscheinlichkeit aus dem ersten Band ein: Da hatte Autor und „Wissenschafts-Supervisor“ Rainer Castor sich in Heft 2126 mal einen quasi-erotischen Techniktraum erfüllt und in den Tiefen von Quinto Center ein vergessenes Ultraschlachtschiff alter Scheer-Schule auffinden lassen, die fortan als TRAJAN und absolutes Einzelstück eingesetzt wird. Dann evakuieren Thurners Kopernikaner, unbehelligt von TRAITORS in die Hunderttausend gehenden Traicon-Raumschiffen, die sonst jedes winzige Schiffchen in der Galaxis am Planetenboden halten, in aller Seelenruhe die 380.000 Systembewohner, und womit? "Ultraschlachtschiffe, 20 Stück, gewaltige Raumriesen mit 2500 m Durchmesser und jeweils 19000 Menschen besetzt“.
Wenn sie die wenigstens später gegen die Druuf gebraucht hätten.... Einstweilen waren die aber gut versteckt. Liegt da irgendwo noch der nächste Nullzeitdeformator herum?

Das muss eigentlich so sein.
Ich hoffte, Christian macht solche handwerklichen Schnitzer nicht, aber ach, er leistet sich nur einen einzigen, aber gewaltigen (und zittere ich nun schon förmlich in fingernagelknabbernder Ungewissheit, ob nicht doch auch dafür eine Erklärung angeboten werden könnte. Schließlich geistert auch irgendwo noch Ellert mit einer Sanduhr herum, und wenn schon ein andersartiger, deformierter? Würfel mit einer NULL fällt
Laughing) .

Einer der, äh, „Nachfahren“, die Bavo hat, ist ja auch eine Art von Mutant mit cognitiver Fähigkeit. Hatte Bavo die auch? Immerhin, siehe Zitat oben, ist er schon im Jahr 1342 verängstigt wegen der bösen Terminalen Kolonne...die sich (Heft 2300) im Februar 1344 sich zum erstenmal bemerkbar machte.....

Mit der Zeit ist das sowieso eine unsichere Sache. Zwischen zwei Universen kann sie schon mal arg durcheinandergeraten.
Die Kopernikaner fliegen im März 1344 NGZ-Normalzeit ins Rote Universum ein; ohne Zeitanpassungsprobleme im übrigen; und vorher hat man schon durch Messungen (!!!) festgestellt, dass das andere Universum kaum „Strangeness“ hat, aber wo 380000 Leute einfach so „aufploppen“ können, musste Einzelfigur Perry ein Drittel des ersten Bandes damit zubringen, diese „ungeheuren Strangeness-Effekte“ mühselig zu bewältigen.  Ach ja....

Etwa 220 Tage Normalzeit, zwischen März (Kopernikaner wandern aus) und November 1344 (Perry kommt), entsprechen 2000 Jahre im Roten Universum...in dem die Zeit  ja
l a n g s a m e r  voranschreitet, nämlich um den bekannten Faktor 72000, was ja auch ungefähr so hinkommt. Nachdem nun, siehe oben, 2891 Jahre seit dem terranischen Erstkontakt vergangen sind, sagt uns der einfache mathematische Dreisatz, wie viel inzwischen im Roten Universum vergangen ist.
Oder sollte es zumindest.

Wenn die Kopernikaner kommen: Ist es nun ein Wunder, dass es überhaupt noch Druuf gibt (26981 Jahre...) oder rauchen noch die Trümmer der von den Solaren Terranern im Kampf beschädigten Einheiten (14,6 Tage) auf Druufon?   (Hier in Band 2 sagt ein Druuf mit „Rassegedächtnis“, dass man die Menschen von „vor langer Zeit“ her kennt)

Aber ich (präquantronische Einheit ohne Denkmaterie) verstehe das einfach nicht. Möge der heilige Castor doch über mich kommen oder St. Mahr herabsteigen. Und Sato Ambush ist auch weg.

Einstweilen halte ich es mit Albert: Zeit ist wohl doch ziemlich relativ.

Geschmäcker auch.
Ich habe versucht, diesen zweiten Band so neutral wie möglich zu beurteilen und konzentriert zu lesen (deshalb dauerte es auch länger mit diesem Rezensionsversuch), aber es schwingt vielleicht doch noch zuviel von der Enttäuschung des ersten mit.
Entschuldigung, wenn es etwas negativer klingen mag als es ist; ich sagte ja schon am Anfang: viel besser als der erste Teil! Wenn auch „nur“ Normalniveau.

Inzwischen glaube ich wenigstens nicht mehr an ein einfaches „Bobby Ewing kommt aus Dusche“-Szenario und hoffe weiterhin, dass da keine Verknüpfungen zur Hauptserie hergestellt werden; der Aufschrei der Leser könnte beide Universen erschüttern- oder, weitaus schlimmer?,  es gibt keinen. Ich befürchte allerdings irgendeine, wie ich immer sage, „deus-ex-machina“-, oder, und damit hätten wir den Kreis wieder geschlossen, eine Pseudo-Lösung....

Requiem für Druufon - Das rote Universum 2 von Christian MontillonAls Fazit also, den Umständen angepasst: im ersten Teil hat M.M.Thurner das Raumschiff „Rotes Imperium“ blindlings ins Asteroidenfeld gesteuert, wo es zwischen den Kleinplaneten „Satire“ und „Unfähigkeit“ havarierte. Christian Montillon hat es übernommen, die Schäden zu reparieren, ist dabei recht solide vorgegangen und hat den Antrieb wieder so hergestellt, dass der nächste Kommandant, Wim Vandemar, es noch wieder zurück in die Heimatwerft bringen kann, wo es ausgeschlachtet werden könnte und die Einzelteile einem neuen Schiff zugeführt werden können..

Das ursprüngliche Ziel allerdings wird das Schiff (die Trilogie) meiner Meinung nach nicht mehr erreichen können – und sei es nur, weil ich nie erkennen konnte, wo es dann hin sollte.

Und du, Perry, auch wenn du schreist...Halt stand! Du wirst noch gebraucht; Erben des Universums und so (aber bloss nicht des Roten Laughing)


Die Daten zum Buch
Perry Rhodan - „Das Rote Imperium“-Trilogie
2. Band: Requiem für Druufon
von Christian Montillon

Heyne-Taschenbuch 52498; deutsche Erstausgabe 2009
ISBN: 978-3-453-52498-9
411 Seiten; 7,95 Euro

Titelbild: Oliver Scholl


Random House (Heyne Verlag)

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