»Schön war die Jugend?« - Ausflüge in die Romanheftvergangenheit: Occu - die Stimme aus dem Jenseits Nr. 54: »Die Teufelsfratze«
Ausflüge in die Romanheftvergangenheit:
»Die Teufelsfratze«
Occu - die Stimme aus dem Jenseits Nr. 54
Es ist damit sicher nicht alles eitel Sonnenschein im Heftromanland, aber falls mir mal wieder ein Beitrag dieser Serie zufliegt (und 55 gäbe es ja noch zu erkunden), dann würde ich vermutlich wieder zugreifen, auch wenn die dritte Begegnung mit Joe Baxter und seinem Team den gängigen Standards der Zeit noch am Nächsten kommt, samt und sonders mit allen typischen Ingredienzien und Nickligkeiten.
Die dritte Runde kommt wieder von Chefautor und Schöpfer Hademar Bankhofer und ist das fünftletzte Heft der Serie – da würde es durchaus von Interesse sein, die frühen Exemplare der Serie mal zu sichten, die hatten sicher noch einen leicht anderen Stil, wenn man bedenkt, dass sich der Autor über fünf Jahre vermutlich weiterentwickelt hat...
...aber wenn sonst so originell, dann fragt man sich bei der „Teufelsfratze“ schon ein wenig, warum die Klischees hier so munter durch die Gegend purzeln...
Zum Inhalt:
Alles beginnt in diesem Fall auf einer sturmgepeitschten Karibikinsel (offenbar Trinidad), als des Nächtens ein „liebeshungriger Mulatte“ (Boah...) namens Morro Torquero sich auf einer als verflucht geltenden Waldlichtung in die Überreste einer Mission begibt und dort im Kellergewölbe eine Art Teufelsmaske aufstöbert, die er sich flugs aufs Gesicht presst (mit leichtem magischen Nachdruck motiviert). Kurz darauf taucht auch das Objekt seiner Begierde, Verena Corti auf (die Gute ist natürlich weiß und hat sich den jungen Mann als künftigen Gatten ausgesucht, weil er hübsch und nicht zu dunkelhäutig ist) und geht dem jetzigen Dämonendiener auf den Leim. Auch sie nimmt eine ungewollte Schönheitsmaske...
Jahre später begegnen wir Morro in Washington DC wieder, wo er mit Verena einen Vergnügungstempel (cum Restaurant cum Bar cum Disco cum Bordell) führt und reichlich gutverdienendes Klientel anlockt. Einer seiner Gäste ist der schon bejahrte (und beleibte) Sir Loremont Peakborrody (Aaargghh....) vom MI6, der sich just von einer Geheimdienstkonferenz erholen will. Allerdings geht dabei wohl etwas schief und Sir Loremont nimmt seinen Hut bzw. wird kurz darauf aus dem Fluss gefischt, noch dazu hilfreich beschwert, was auf Fremdeinwirkung schließen lässt.
Sein Leibwächter Jeff Roller (ich brech ab...) läuft alsbald zu Dr. Leon Duvaleux, dem Chef des „Parapsychologic Department“ von Interpol, der auch an der Konferenz teilgenommen hat und äußert den Verdacht des Offensichtlichen, womit die Disko „Between“ (für eine Serie, die oft im Zwischenreich spielt, ein sehr offensichtlicher Name) in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rückt.
Was die dämonische Präsenz denn nun eigentlich von den hohen Herren will, ist für den weiteren Verlauf nicht allzu wichtig, denn die Finsterlinge sind meistens nur damit beschäftigt, junge Frauen gefügig zu machen, indem sie sie unter dämonische Kontrolle bringen und hie und da jemand einem Vorrat Piranhas vorzuwerfen.
Da ist Duvaleux praktischer veranlagt, denn er beordert die ohnehin mitgereisten Joe Baxter, Viola Oggi und Olga Dussova zu sich und gemeinsam beschließt man, der Sache auf den Grund zu gehen.
Ausnahmsweise beschließt Duvaleux für sich etwas eigene Feldforschung und gibt sich als snobistischer Vielfraß mit Leibwächter (Baxter) aus, der im „Between“ mal gepflegt tafeln möchte. Weil sie jedoch keine Reservierung haben und aus gänzlich ungeklärten Gründen auch keine eingeholten, muss Baxter an der Pforte erst mal einen bärigen Leibwächter platt kloppen, ohne dass das etwas für den weiteren Verlauf bringen würde.
Während Duvaleux anschließend mit Torquero ein paar Gänge bestellt, darf Baxter im Dienstbotenzimmer die eigentliche Masken-Backstory erfahren – und zwar von einem anderen Leibwächter, einem „Neger“ namens Ben Redlow (Ach, ich gebs auf...).
Derweil passiert das, was immer passiert, wenn man so agile Mitarbeiter hat – obwohl anderweitig instruiert, machen sich Olga und Viola in den hautengsten Disco-Outfits auf die Socken, um unbemerkt auch ein bißchen herum zu stöbern. Dabei folgen sie dem Beispiel einer gewissen Lilian, der Freundin des im „Between“ als Kellner beschäftigten Deutschen Klaus Thalmayer (offenbar erfordert diese Beschäftigung dort keine dämonische Besessenheit).
Es kommt, wie es kommen muss: Klaus, der um die sinistren Umtriebe weiß oder zumindest die charakterlichen Veränderungen der beschäftigten Mädchen registriert hat, will Lilian dort rausholen und verliert prompt seinen Job. Lilian geht Verena auf den Leim und die beiden Agentinnen werden mittels einer Flasche Raki betäubt.
Während Jeff Roller in unbeschäftigtem Zustand den guten Klaus vor den Gorillas aus dem „Between“ rettet, wissen Duvaleux und Baxter bald, wie der Hase läuft und lassen eine Rettungsaktion anlaufen...
Eindrücke:
Man soll immer mit einem Kompliment anfangen, also behaupte ich mal frechweg, dass das der zugänglichste und am leichtesten zu genießende der drei „Occu“-Romane war. Er liest sich wie geschnitten Brot, vorzugsweise weil er nicht an einem Übermaß an Plot, Figuren und dem Legen ausschweifender Fährten leidet.
Leider ist die altbekannte und bewährte Struktur auch der größte Ballast, wenn man nicht immer das Gleiche lesen möchte und da kann „Die Teufelsfratze“ leider nicht mit Originalität punkten.
Wieso, weshalb, warum – wer das fragt, hat offenbar nicht den größten Respekt vor dem Abgabetermin gehabt, denn das Manuskript musste wohl raus, wie die letzten 20 Seiten beweisen, die nur aus einer überlangen Rettungsaktion für Viola und Olga bestehen. Die laufen Gefahr, in einer Badewanne voll rauchender, gelber Säure (das kommt da aus der Leitung!) zu enden, während Baxter und Duvaleux, seltsamerweise jetzt mal immer brav auf die Verkehrsregeln achten, durch die amerikanische Hauptstadt cruisen.
Dabei sind die Damen in Not natürlich dienstbeflissen beide nackt (und sehr ansehnlich, wie uns ja der lustige Infokasten am Romanbeginn immer wieder informiert), was den nötigen Trashfaktor steigert.
Besonders ärgerlich sind dabei die kleinen Verzögerungen, die wohl die Spannung steigern sollten, die sich aber wie ein bemühter Klotz am Bein lesen, wenn die Damen betäubt werden, insgeheim aufwachen, bemerkt werden, wieder betäubt werden undsoweiterundsofort...
Am Ende gibt’s dann den zu erwartenden Säurebadplumps und der Dämon Nbora hat seinen Auftritt, bis er fünf Sekunden vor Schluss in einem Schnellschuss von Schluss abgefertigt wird, den Bankhofer thematisch scheinbar wieder einem Film entliehen haben könnte, nämlich dem Quatermass-Klassiker „Das Grüne Blut der Dämonen“, nur eben noch ein bisschen einfallsloser.
Dennoch: der Roman lässt die Augenbrauen in die Höhe wandern, wenn man aus heutiger Sicht den Umgang mit Exoten und Menschen anderer Hautfarbe betrachtet. Da konnte man schwarze Leibwächter noch als Neger titulieren und da diskutierte man schon mal Themen wie Schwarzen- und Weißenhasser(innen) ohne Netz und doppelten Boden.
Zwischendurch veranstaltet man dann noch unmotiviert irgendwelche überflüssigen Prügeleien, wobei die Beschreibung von Kampfszenen für Bankhofer offenbar auch ein gewisses Mühsal war, der er sich mit flotten Umschreibungen entledigte.
Dass Baxter im Fall der Fälle auch auf telekinetische Kräfte zurückgreifen kann, war da schon die größte Erkenntnis neben der Tatsache, dass man sich vereinzelt doch mal einen Namen aus einem Telefonbuch suchen kann, ohne kreativ Schaden zu nehmen.
Als Fazit dieser drei Blindgriffe in den Serienfundus bleibt der Reiz, den die Romane offenbar ausüben sollten: ein bisschen weltweite Exotik, ein bisschen abstrusere Themen und das alles rund um mediale Fähigkeiten herum gebaut und wieder eingerissen, wobei das handelnde Team meistens nicht besonders viel Charaktertiefe gewinnt, sondern eher dazu da ist, die sonstigen Erwartungen an so eine Eingreiftruppe zu erfüllen.
Schick, schlank und sexy sollen sie dann doch sein, die Kämpfer des Guten und romanübergreifende Themen schneidet man lieber gar nicht erst an – das haben andere Subserien im Grusel- oder Gespensterkrimi dann doch noch etwas besser hinbekommen.
Und die reizvollen medialen Fähigkeiten – Telepathie und Telekinese – bleiben meist auf die Begriffe beschränkt, die Faszination dieser Künster kann Bankhofer leider nicht recht transportieren, sondern bleibt platt an der Oberfläche.
Knuffig sind auch die Magazinseiten, die sich in den Tiefen des Romans verstecken (meist so um Seite 20 herum, nicht am Anfang, am Ende oder in der Mitte, wie gewohnt), die sich modernen Mythen, esoterischen Bezügen und medialen Geistergeschmeiss aus der zwielichtigen Ecke beschäftigen (leider nicht mit Leserbriefen) und die von Bankhofer offenbar zur Eigenwerbung benutzt werden, denn er schreibt die Chose nicht nur selbst, sondern weist im Vorwort als Henry Ghost auch noch ausdrücklich auf sich als Schriftsteller der folgenden Texte hin. In diesem Fall geht es um T-aj Chi Ch'uan, das die Leser bei regelmäßiger Anwendung „einem parapsychologischen Leben näher sein“ lassen sollen. Ich musste bei diesem Schluss zwar schmunzeln, aber sonst immerhin ein ordentlicher Infotext.
Bereut habe ich diesen Ausflug aber nicht - „Occu“ war diesen Hauch neben der Spur, den man zwischen den Standards immer mal gern genießt und obwohl Bankhofer nicht immer perfekt war, wenn es um Plots und Strukturen ging, machte die Lektüre Spaß – und die Unfertigkeit und das leichte Anbiedern an damals aktuellen Themen, die Mode oder den allgemeinen Geschmack lädt zum leisen Auflachen ein.
Daher mal eine vorsichtige Empfehlung von mir!
Als nächstes rekapituliere ich mal meine (teilweise gar schrecklichen) Erfahrungen mit drei Griffen in die Vielzahl der Veröffentlichungen aus dem Silber-Grusel-Krimi und danach dann ggf. mal drei Vampir-Horrorroman-Tests...und warte noch auf einen Glücksgriff, bei dem es mich wirklich mal umhaut.