Phänomen Zeitkugel - Das Comeback
Das Comeback
Eher durch Zufall erfuhr ich dann davon, dass sich im Jahre 2004 der Mohlberg-Verlag an eine Neuauflage der Serie Erde 2000 machte. Und es sollte nicht einfach eine Neuauflage sein, nein, es sollten auch neue Romane erscheinen! Neue Abenteuer mit Lintberg, Forster und Hammer? Klarer Fall, da musste ich natürlich mal reinschnuppern. Und ein Jahr später wurde dann auch die Zeitkugel wieder bei Mohlberg aufgelegt.
Nun eine Neuauflage der Serie Zeitkugel/Erde 2000 war ja gar nicht so einfach. Sollte man beides als eine Serie neu auflegen? Was war dann aber mit den Widersprüchen zwischen den Zukunftsreisen innerhalb der Zeitkugelserie und denen bei Erde 2000? Sollte/konnte man die einfach weglassen? Ich war gespannt, welche Ideen die Herausgeber und Bearbeiter wohl hatten.
Zuerst wurde im Jahre 2004 die Serie Erde 2000 neu aufgelegt. Aber eben nicht einfach nur nachgedruckt, sondern auch um neue Romane ergänzt. Es waren zwar keine Hefte mehr, aber jeder Originalroman erschien einzeln in einem Taschenbuch. Die alten nicht so tollen Titelbilder verschwanden und wurden durch neue, weniger farbenfrohe ersetzt (die mir allerdings auch nicht so besonders zusagten). Als Bearbeiter trat Dirk van den Boom auf, der auch den ersten Roman der Reihe selbst verfasste. Es sollte ein Einstiegsroman zur Serie sein, etwas, das es weder bei Zeitkugel noch bei Erde 2000 gegeben hatte. Danach sollten die Originalromane folgen, mit in loser Reihenfolge eingestreuten neuen Romanen. Van den Boom versprach zwar, dass die Bearbeitung "eine behutsame" sein würde, kündigte aber sofort an, dass die ursprüngliche Reihenfolge der Romane geändert werden würde, um die Zyklen und Einzelromane gewissermaßen zu entflechten.
Der Einstiegsroman war gewissermaßen ein Prequell zur Serie. Für meinen Geschmack lag er weit entfernt von der Art wie Hübner seine Geschichten erzählt hatte, aber man war ja schon erfreut, überhaupt etwas neues von den Zeitspringern zu lesen. Das bedeutete aber, der neue Roman hatte die Nummer 1, die ursprüngliche Nummer eins erhielt deshalb jetzt die Nummer 2 usw.. Nachdem mit der Nummer fünf ein weiterer neuer Roman erschien, erhielt dann die alte Nummer vier die Nummer sechs. Wenn man die alten Romane und ihre Nummerierung noch im Kopf hatte, war das alles irgendwie eher verwirrend. Hinzu kam, auch der Roman von Sylke Brandt wies nur wenig von der alten Atmosphäre auf, war stattdessen inhaltlich eng mit dem neuen Einstiegsband verknüpft. Ein weiterer neuer Roman von Martin Kay ist dagegen nie erschienen. Trotzdem wurde die Reihenfolge der Bände weiter scheinbar willkürlich geändert. So erschien die alte Nummer neun noch vor der alten Nummer sechs, obwohl beide Einzelromane ohne jeden Zyklusbezug waren.
Und dann kam mit der Nummer elf die nächste Umstellung. Nunmehr wurden jeweils zwei alte Romane in einem Band zusammengefasst. Dabei wurden die alten Titel weggelassen und durch neue Titel wie "Dunkle Zukunft-Die Energiekriege" ersetzt. Und wieder wurde die Reihenfolge der Romane geändert. So fasste man beispielsweise die alten Nummern 12 und 15 in einem Band zusammen. Inzwischen hatte auch der Bearbeiter gewechselt, Dirk von den Boom war zu neuen Ufern aufgebrochen und Udo Mörsch und Jörg Bielefeld waren an seine Stelle getreten. Beide firmieren mittlerweile als Herausgeber, haben dort Heinz Mohlberg abgelöst. Und Udo Mörsch hat auch bereits einen neuen Roman vorgelegt. Aber leider muss man wieder feststellen, mit der alten Serie und ihren Intentionen hat das nichts zu tun. Anstatt aktuelle Probleme und Entwicklungen in die Zukunft zu extrapolieren, spielt der Roman in einer nicht näher bestimmten beliebigen Fantasiewelt. Und das von Hübner so meisterhaft beherrschte Zusammenspiel der drei unterschiedlichen Charaktere wurde auch verändert, die Figuren neu interpretiert.
Zuletzt hat man dann bei Erde 2000 zwar noch den ersten Doppelband aus dem Atlantiszyklus vorgelegt, aber die Anzeichen dafür, dass die Neuauflage ins Stocken geriet, verdichteten sich mehr und mehr. Die Verkaufszahlen sanken, der ursprüngliche Erscheinungsmodus wurde längst nicht mehr eingehalten und wann (und ob?) der nächste Band kommen würde, war ungewiss. Jörg Bielefeld stand nicht mehr als Bearbeiter zur Verfügung. Am 8. Mai wurde dann offiziell die Einstellung der Serie verkündet. Nach fünf Jahren ist die Neuauflage damit beendet. Insgesamt erschienen 18 (von 40) alte Romane und drei Neue.
Im Jahre 2005 war es inzwischen zur Neuauflage der Zeitkugel gekommen. Hier erschienen von Beginn an immer zwei Romane in einem Band. Und die alte Nummerierung spielte überhaupt keine Rolle (was hier aber auch nicht wirklich stört). Stattdessen fassten die Bearbeiter und Herausgeber Udo Mörsch und Jörg Bielefeld entweder zwei alte Romane in einem Band zusammen, verdoppelten den Umfang eines alten Romans durch neue Passagen, ergänzten einen alten Roman durch eine neue Geschichte drum herum oder brachten einen alten und einen neuen Roman in einem Band. Dabei bemühte man sich um eine inhaltliche Verknüpfung der Romane. So wurden etwa die vier alten Zeitreisen ins Ägypten der Pharaonen zusammen mit zwei neuen Romanen innerhalb einer Ägypten-Trilogie gebracht, die Zeitreise nach Atlantis mit der Suche nach möglichen Überlebenden der untergegangenen Zivilisation vereint. Manchmal ist die Verbindung aber auch eher lose, etwa wenn man den Katharger Hannibal und den Makedonier Alexander den Großen unter große Feldherren packt, oder aber den Kampf von Francis Drake gegen die spanische Armada mit einem Abenteuer auf den Spuren des "Fliegenden Holländers" unter dem Motto Seefahrtsgeschichten vereint. Und doch hat man damit im Grunde die Probleme, die sich aus der Seriengeschichte der Zeitkugel ergeben haben, elegant gelöst. Die neuen Romane schließen inhaltlich eng an die alten an, haben den "Geist" der Serie also erfaßt, wenn sie auch stilistisch durchaus abweichen.
Aus meiner Sicht sehr gelungen sind auch die neue Aufmachung der Zeitkugel und die Titelbilder. Die Bearbeitung der alten Romane dagegen ist sehr tiefgreifend. Man strebt gewissermaßen eine zeitgemäße Zeitkugel an, die all die Fehler der ursprünglichen Serie vermeidet. Nun wird niemand den alten Silberanzügen eine Träne nachweinen. Auch gegen die Anpassung der Realzeit der Zeitspringer an die Jetztzeit (in den alten Romanen 1997/98) wird man kaum etwas sagen. Doch die Bearbeiter haben sich zum Beispiel ebenfalls entschieden, dass respektvolle "Sie" zwischen Hammer/Forster einerseits und Lintberg andererseits durchgehend durch ein "du" zu ersetzen. Die Charaktere und ihre Beziehungen zueinander wurden überhaupt verändert. Dahinter steht das Konzept, zu modernisieren und den Kunden auf dem Buchmarkt anzusprechen. Zielgruppe der Neuauflage sind also eher Erwachsene als Jugendliche. Für mich, als jemand, der die alten Hefte noch im Hinterkopf hat, ist das (gerade was die Charaktere angeht) nicht unproblematisch. Ich denke, ein Neuleser kann damit viel entspannter umgehen und wird vieles überhaupt nicht bemerken, geschweige denn problematisieren, was mir auffällt und zum Teil eben auch nicht gefällt.
Auch bei der Zeitkugel läuft anscheinend nicht alles so, wie ursprünglich geplant. Die letzten Bände wurden mehrfach verschoben und der Turnus von vier Bänden im Jahr konnte auch nicht gehalten werden. Jörg Bielefeld wird wohl erst mal nicht mehr zur Verfügung stehen und bei nur noch einem Bearbeiter dürfte die Zahl der Veröffentlichungen pro Jahr geringer ausfallen. Über die Ziele für weitere Reisen entscheidet gewissermaßen der Leser/Käufer. Bestimmte Themen laufen gut, andere dagegen weniger.
Fazit
Das neue Konzept der beiden Serien, weg vom Heft und der Ausrichtung auf ein jugendliches Publikum, hin zum Buchmarkt und und einer erwachseneren Klientel, hat durchaus etwas für sich. Trotzdem konnte mich Erde 2000 in der Neuauflage nicht so recht überzeugen. Die Wechsel im Erscheinungsmodus und bei der Bearbeitung haben sicher auch nicht dazu beigetragen, die Leserschaft dauerhaft zu binden. Dazu kommt eine gewisse "Veraltung" der Themen und auch der in den Romanen beschriebenen Technik.
Anders sieht das bei der Zeitkugel aus. Hier sind die Themen gewissermaßen "zeitlos". Das Team Mohlberg/Mörsch/Bielefeld war/ist hochmotiviert bei der Sache. Auch wenn mir nicht alle Neuerungen gefallen, überwiegen aus meiner Sicht die positiven Veränderungen bei weitem die negativen. Letztlich stellt sich aber auch hier die Frage, ist es sinnvoll einen alte Serie zu "modernisieren"? Viele Leser wären sicher auch damit zufrieden gewesen, die alten Texte in neuer schicker Aufmachung zu erwerben. Und wer mit der Lektüre alte Erinnerungen auffrischen will, ist nicht unbedingt an Neuerungen interessiert. Trotzdem ist das Konzept der Macher in sich logisch, gut durchdacht und macht auch neugierig darauf, was da wohl noch kommen wird. Die Frage ist, ob es gelingt, für die Serie in einem Umfeld, das sich auf "Nostalgie" spezialisiert hat, genügend neue unbefangene Leser zu gewinnen. Ich wünsche der ZEITKUGEL jedenfalls alles Gute und hoffe, dass sie noch lange auf dem Markt bleibt und dass es auch noch viele neue Romane mit den drei Zeitspringern geben wird.