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Mythologie, Schicksal und Ehrgeiz - Hammerharte Horror Schocker Extra Album 1

Hammerharte Horror SchockerMythologie, Schicksal und Ehrgeiz
Hammerharte Horror Schocker Extra Album 1

Im Jahr 2006 versuchten Weissblech mit der Reihe Horror Schocker Extra Album ein neues Format zu etablieren. Neben den regulären Heften wurde diese Reihe im A4-Format herausgebracht, die es auf insgesamt drei Ausgaben brachte.

Die ersten beiden Alben sind im Stil der Horror Schocker konzipiert, im dritten hatte die Urwaldamazone Kala einen albumlangen Auftritt.

Hammerharte Horror Schocker Extra Album 1Das Geschenk des schwarzen Flusses
Peleus ist der König von Thessalien. Ein Orakel hat ihm offenbart, dass er die Nymphe Thetis zu Frau nehmen wird und dass er durch sie große Macht erlangen wird.

Auf einer Insel findet er die Halbgöttin, die ihm zuerst in Form  mehrerer Gestalten Widerstand leistet. Er ruft die Götter um Hilfe an und sie geben ihm einen Strick, mit dem er Thetis im Schlaf fesseln und sie dann entführen kann.

Die Nymphe ist erzürnt, dass die Götter den König bei seiner Tat unterstützt haben. Sie vermutet ein Komplott, wonach die Götter sie aus dem Wege schaffen wollen, denn Nymphe wird einen Sohn gebären, der mächtiger als ihr Vater sein wird.

Die Halbgöttin fügt sich in ihr Schicksal und folgt Peleus an seinen Hof. Sie wird seine Frau und gebärt ihm einen Sohn, den sie Achilles nennen. Es besteht Uneinigkeit, wie der Junge erzogen werden soll. Thetis möchte ihn zu einem Gelehrten erziehen und Peleus will einen Krieger aus ihm machen.

Die Nymphe trägt ihren Jungen an die Ufer des Styx. Dort bittet sie den Fährmann Charon, Achilles in das Wasser des Flusses tauchen zu dürfen. Das Wasser verleiht Unverwundbarkeit und so fasst die Mutter den Sohn bei der Ferse und taucht ihn in die Fluten.

Achilles wächst zu einem stattlichen Krieger heran. Er ist auf der Suche nach Ruhm und zieht mit den Griechen gegen Troja in den Krieg. Es kommt zum Streit mit dem griechischen König Agamemnon und Achilles weigert sich, weiter für ihn zu kämpfen. Sein Freund Patroklos kleidet sich in seine Rüstung und wird von dem trojanischen Helden Hector im Kampf getötet. Hector brüstet sich daraufhin, Achilles im Kampf getötet zu haben. Das kann Achilles nicht auf sich beruhen lassen und fordert Hector zum Zweikampf. Thetis übergibt ihrem Sohn eine von den Göttern geschmiedete Rüstung, mit der ist er schier unbesiegbar. Er tötet Hector und führt die griechischen Truppen zum Angriff auf die Stadt.

Ein Pfeilhagel geht auf die Angreifer nieder. Achilles wähnt sich in Schutz, wird aber von einem Geschoss in die Ferse getroffen und stirbt. An der Ferse hatte seine Mutter ihn festgehalten, als sie ihn in den Styx tauchte.

Der tote Achilles wird von Charon bereits am Styx erwartet. Der Fährmann setzt ihn in das Totenreich über und Achilles ergötzt sich an dem Gedanken, dass die Nachwelt seinen Ruhm festhalten wird. In der Hoffnung, als ein Held im Totenreich empfangen zu werden, erkennt er dort sein Schicksal. Er wird von den Seelen all derer erwartet, die er in seinem Leben getötet hat. Den Ruhm wird er im Totenreich nicht genießen können, denn die Welt der Lebenden ist für ihn unerreichbar.

Hammerharte Horror Schocker Extra Album 1Fazit
Die erste Geschichte in diesem Sonderband des Horrorschocker steuern Levin Kurio und Roman Turowski bei. Die beiden bilden mittlerweile ein erfahrenes Gespann und liefern eine Geschichte ab, in der der Tod des Achilles vor Troja in Horror Schocker üblicher Manier in einem anderen Licht erscheint.

Die beiden lassen einige Gestalten aus der griechischen Mythologie aufmarschieren und erzählen Ausschnitte aus der Lebensgeschichte des Achilles. Das besondere an der Geschichte besteht darin, dass der Fährmann Charon als aktiver Part an der Handlung beteiligt ist. Er erteilt Thetis die Erlaubnis, ihren Sohn in den Styx zu tauchen, um ihn unverwundbar zu machen. Er hadert bereits während des Eintauchens, ob die Entscheidung die richtige sei, denn die Gabe erfordere ein hohes Maß an Verantwortung, um angemessen mit ihr umgehen zu können. Thetis versichert, dass sie ihren Sohn zu einem Gelehrten erziehen wolle, aber trotzdem kommen dem Fährmann Zweifel auf. In einem Moment der Schwäche gesteht er der Halbgöttin zu, den Jungen in die Fluten zu tauchen.

Achilles wächst zu einem beeindruckenden Krieger heran und erweist sich der Gabe als nicht würdig. Die Bedenken des Fährmanns waren angebracht. Achilles tötet nicht nur aus Vergnügen. Er möchte als großer Krieger in die Geschichte eingehen und dass er in Liedern und Gedichten bewundert wird.
Beim Kampf um Troja wird er genau an der Stelle getroffen, an der seine Mutter ihn festgehalten hatte, als sie ihn in den Styx tauchte. Sein ganzer Körper wurde aufgrund des Wassers mit einem Schutz Versehen. Nur diese eine Stelle bleibt ungeschützt und wird ihm zum Verhängnis, wie Siegried, dem sich beim Bad im Drachenblut ein Blatt auf die Schulter legte.

Achilles suhlt sich noch in seinen Fantasien, dass er nach seinem Tode als Held gefeiert wird. Seine Bestrafung erhält er auf dem Fuße, als er das Totenreich betritt und dort von den Seelen seiner Opfer bereits sehnsüchtig erwartet wird. Den Ruhm der Welt wird er nicht mehr genießen können, denn der Zugang dorthin wird ihm versperrt bleiben.

Charon hat um die Ereignisse um Achilles gelernt. Nie wieder wird er einem Sterblichen die Gabe des schwarzen Flusses zukommen lassen.

Mit den Zeichnungen haben sich Kuri und Turowski besonders viel Mühe gegeben. Sie nutzen das A4-Format gut aus und legen eine visuell vielschichtige Geschichte vor.

Hammerharte Horror Schocker Extra Album 1Der Schmutz der Gassen
Im viktorianischen England liegt die Sommerhitze über der Industriestadt Manchester. Im Arbeiterviertel  steigt der Geruch der Exkremente hoch, die im veralteten Kanalisationssystem vor sich hin faulen.

Der junge Arzt Dr. Livesley möchte die hygienischen Zustände der Bevölkerung verbessern, denn die marode Kanalisation hat bereits ernstzunehmende Auswirkungen auf den Gesundheitszustand der Einwohner. Er schlägt dem Stadtrat den Bau einer neuen Kanalisation vor und möchte zu deren Finanzierung eine Grundsteuer einführen. Das weckt den Widerstand der meisten Ratsmitglieder, denn sie sind die Wohlhabenden, bei denen die Steuer anschlagen wird. Der Antrag wird abgelehnt.

Der Ratsherr Tucker befürchtet, dass Livesley vielleicht doch noch Mehrheiten für eine Grundsteuer organisieren könnte und lässt den jungen Arzt ermorden. Seine Leiche wird in die marode Kanalisation geworfen.

Am Abend ergießt sich ein Unwetter mit starken Regenfällen über die Stadt. Die Wassermassen bringen die Leiche des Arztes in Bewegung und der Korpus verstopft den Abfluss. Es kommt zu einem Rückstau und die Wassermassen dringen in die Häuser der Stadt ein. Das Haus von Tucker ist ebenfalls betroffen. Der ist ziemlich angetrunken und hat den Tod des Arztes ausgiebig gefeiert. Nun dringt das Wasser in seinen Keller ein mit ihm viele Ratten, die sich auf den Ratsherren stürzen. Elendig kommt er zu Tode.

Nach dem Unwetter ist man in der Stadt erleichtert. Das Wasser hat den Schmutz der Stadt hinweg gespült. Bei Aufräumarbeiten wird das Skelett von Livesley gefunden. Bei ihm liegt ein weiteres Skelett, dass nicht identifiziert werden kann. Die Gebeine des Unbekannten werden auf dem Armenfriedhof beigesetzt.

Fazit
Bei der vorliegenden Geschichte von Autor Levin Kurio und Zeichner Carsten Dörr handelt es sich um eine Geschichte in bester Horror Schocker Tradition.

Dr. Livesley kann seinem grausamen Schicksal nicht entkommen. Er wird getötet, weil er sich für das Wohl der Menschen einsetzt. Auch er wird am Ende als Skelett aufgefunden und offensichtlich haben die Ratten auch seine Leiche angeknabbert. In seiner Tasche befindet sich ein Zettel, so dass er zumindest noch identifiziert werden kann und ein anständiges Begräbnis auf dem Friedhof erhält.

Der Ratsherr Tucker organisiert schon im Stadtrat den Widerstand gegen die Pläne des Arztes. Er würde von der Einführung der Steuer betroffen sein und will kein Geld zur Modernisierung der Kanalisation beisteuern. Er ist zwar ein wohlhabender Mann, das Schicksal der Arbeiter aber ist ihm gleich. Sein Haus steht außerdem auf einem Berg, so dass er von den Auswirkungen der maroden Kanalisation sowieso nicht betroffen ist. Er geht sogar so weit, dass er zum Schutz seines Geldes vor einem Mord nicht zurückschreckt.

Das eindringende Wasser und die über ihn herfallenden Ratten kommen dadurch zustande, dass die Leiche des Arztes den Abfluss des Wassers verhindert. Er kommt durch den von ihm selbst initiierten Mord ums Leben. Sein Skelett wird direkt neben dem des jungen Arztes gefunden. Die Gebeine des Tucker können allerdings nicht identifiziert werden, so dass der wohlhabende Ratsherr als unbekannte Person auf dem Armenfriedhof der Stadt beigesetzt wird. Neben der Strafe, dass er ebenfalls den Tod findet, wird er jetzt noch auf dem Armenfriedhof beigesetzt. Er wird in der Weise begraben, wie die Menschen, über deren Bedürfnisse er sich im Leben hinweggesetzt hat.

Die Zeichnungen von Carsten Dörr bilden den visuellen Höhepunkt dieses Bandes, der das England des 19. Jahrhunderts sehr schön einfängt. Der Schmutz der Städte aus dem Zeitalter der Industriealisierung ist förmlich zu spüren. Die Zeichnungen sind in weiten Teilen ziemlich düster gehalten und mit vielen Details versehen. Die Hintergründe sind sehr schön ausgezeichnet und die Gesichtsausdrücke der Akteure sehr ausdrucksstark. Das A4-Format wird von Dörr ziemlich gut ausgenutzt. Ein kleineres Format würde den Zeichnungen ziemlich abträglich werden, denn der Leser könnte die vielen kleinen Details nicht mehr erkennen. Sollte die Geschichte einmal nachgedruckt werden, wäre ein A4-Format zu empfehlen.

Hammerharte Horror Schocker Extra Album 1Das Fragment
Die Bibliothekare Myron und Alan sichten die Bestände eines alten Klosters und finden darunter ein Kästchen mit alten Pergamentresten. Alan will die Kiste nicht an die Universität geben, da er den Ruhm der Entdeckung für sich selbst reklamieren möchte. Alan setzt die Fetzen zusammen und sie erfahren, dass Mönche des Klosters in vergangener Zeit an eine Abschrift des Necronomicons gelangt sind. Mit dessen Hilfe haben sie den Zugang zu einer anderen Welt gefunden.

Alan will den Spuren unbedingt nachgehen, denn das Tor ist nach den Hinweisen aus dem Text noch immer geöffnet. Myron hält die ganze Angelegenheit für ausgemachten Blödsinn, folgt Alan dennoch aus freundschaftlichen Gründen und die beiden legen den Zugang zum Tor frei.

Alan steigt in die Katakomben hinab, die direkt zum Tor führen. Myron bleibt vorerst genervt zurück, folgt Alan aber doch. Er will den Freund überreden endlich nach Hause zu fahren.

Myron betritt eine große Höhle, in der ein großes Monster sitzt, das den Übergang zur anderen Welt bewacht. Es hat Alan mit einem großen Stachel aufgespießt. Er wird sterben.

Myron flieht aus den Katakomben  und verschließt den Eingang. Er nimmt die Pergamente, die auf das Tor hinweisen und verbrennt sie. Niemand soll jemals wieder zu dem Tor gelangen.

Fazit
Alan ist von Ehrgeiz zerfressen und will dem Geheimnis des Tores unbedingt auf die Spur kommen. Im Pergament wird durch die Mönche bereits vor dem Wächter gewarnt. Sie konnten das Tor finden und es öffnen. Nur verschließen konnten sie es nicht mehr. Alan schlägt die Warnungen in den Wind und geht den Hinweisen nach. Er ist nicht dazu bereit, weitere Personen in die Suche einzubinden, denn er befürchtet, dass andere das Pergament übernehmen und den Ruhm für sich beanspruchen würden. Er dringt in die Katakomben ein und trifft auf den Wächter, der den Übergang zu der anderen Welt überwacht. Alan bezahlt seinen Ehrgeiz und die Gier nach Ruhm mit dem Leben. Er wird von dem Monster an einem Stachel aufgespießt. Die Szene, wie Alan halbtot an dem Stachel hängt, erinnert ein wenig an den Film Hellraiser 2. Darin erlag einer der Akteure ebenfalls seiner Gier und endete aufgespießt auf den Stacheln einer Kreatur in einer anderen Dimension.

Myron ist von Beginn an nicht an der Suche interessiert. Die Warnungen in dem Pergament sind nicht die Gründe für seine Passivität. Er hält die ganze Angelegenheit für ausgemachten Unsinn. Als er Alan in den Klauen des Wächters vorfindet, muss er doch die Wahrhaftigkeit des Pergamentes anerkennen. Er erkennt, dass Alan nicht mehr zu retten ist und tritt die Flucht an. Ihm wird aber auch bewusst, dass kein Mensch mehr an das Tor gelangen sollte. Er kommt erst gar nicht in Versuchung, der Öffentlichkeit die Existenz des Tores mitzuteilen. Es würde ihn zwar berühmt machen, er erkennt aber die gefährlichen Folgen. Er zerstört das Pergament und verschließt den Eingang zu den Katakomben, in der Hoffnung, dass niemals wieder jemand an das Tor gelangen wird, denn es ist nach wie vor geöffnet.

Hammerharte Horror Schocker Extra Album 1Horror Schocker Extra Album 1
Erscheinungsdatum: Mai 2006
Cover: Carsten Dörr

Preis: 10.00

Das Geschenk des schwarzen Flusses
Text, Bleistift: Levin Kurio
Tusche: Roman Turowski

Der Schmutz der Gassen
Text: Levin Kurio
Artwork: Carsten Dörr

Das Fragment
Text: Rainer F. Engel, Levin Kurio
Artwork: Rainer F. Engel

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