Schneewittchen - A Tale of Terror - Blutiges Märchen
Schneewittchen – A Tale of Terror
Blutiges Märchen
Man kann sich darüber streiten, welches der von Jacob und Wilhelm Grimm zu Papier gebrachten Kinder- und Hausmärchen das brutalste oder gewalttätigste sein mag. Die meisten von ihnen haben es aber in sich, und diese dunkle Pädagogik wird in der heutigen Zeit nicht mehr von allen Kinderpsychologen gutgeheißen. Da werden Kinder in Wäldern in tödliche Fallen gelockt, die Hexe aus „Hänsel und Gretel“ ist beispielsweise eine Kannibalin, der Wolf aus „Rotkäppchen“ Sinnbild für männliche Unholde im Wald. In der Originalfassung des Märchens zerteilt der Wolf die Großmutter, kocht ihr Fleisch und serviert es Rotkäppchen als Speise – zusammen mit Großmutters Blut im Weinkelch! Auch „Schneewittchen“ ist ein Beispiel für große Grausamkeiten, denn die böse Stiefmutter wird hier am Ende der Geschichte gezwungen, in Pantoffeln aus glühendem Eisen zu tanzen, bis sie tot umfällt. Eigentlich erstaunlich, dass dieses Detail in Michael Cohns Variante des Grimm’schen Märchens, „Schneewittchen – A Tale of Terror“, ausgespart bleibt. Aber auch ohne diese finale Bestrafung ist seine Variante blutig und grausam genug, um nicht mehr als Kinderfilm durchgehen zu können. Sie entstand 1996 und sollte ursprünglich im Kino ausgewertet werden, was wohl der Disney-Konzern erfolgreich zu verhindern wusste. Stattdessen fand die Uraufführung bei Showtime statt, was dem Film drei Emmy-Nominierungen im Fernsehbereich bescherte, für Sigourney Weaver, das beste Make-up und die besten Kostüme.
Die schwangere Ehefrau von Lord Frederick Hoffman (Sam Neill) kommt bei einem Unfall ums Leben, ihr Mann schneidet ihr die gemeinsame Tochter Lilli aus dem Leib, damit zumindest diese noch überlebt. Sieben Jahre später hat Hoffman in Claudia (Sigourney Weaver) eine neue Lebensgefährtin gefunden. Die kleine Lilli ist nicht sonderlich glücklich über die neuerliche Heirat ihres Vaters, und das Verhältnis zu ihrer Stiefmutter steht von Anfang an unter keinem guten Stern. Nochmals sieben Jahre später ist Lilli (Monica Keena) zu einer hübschen jungen Frau geworden, die sich in Dr. Peter Gutenberg (David Conrad), einen Freund des Hauses, verliebt hat. Ihr Verhältnis zu Stiefmutter Claudia ist noch schlimmer geworden, diese trachtet ihr mittlerweile sogar nach dem Leben. Sie beauftragt ihren stummen Bruder Gustav (Miroslav Táborský), Lilli zu töten und ihr deren Herz darzubringen. Lilli gelingt allerdings die Flucht in den Wald, wo sie in einer verlassenen Burg auf sieben Männer trifft, die gemeinsam in einem Bergwerk nach Gold graben. Als Claudia bemerkt, dass Lilli noch immer am Leben ist, sucht sie in der Verkleidung einer alten Hexe mit einem vergifteten Apfel im Wald nach der jungen Frau.
Michael Cohns Film kann formal auf der ganzen Linie überzeugen. Der mit herrlichen Kostümen und in wunderbaren Locations (in der Tschechei) realisierte Film entführt sein Publikum in eine sehr naturalistisch anmutende Märchenwelt, in der es neben kitschig-bunten Hofszenen auch den Dreck und die Mühsal der armen Bevölkerung zu erleben gibt. Die Zwerge sind hier (bis auf einen) normal groß gewachsene Männer, auch ihre Funktion im Märchen wurde von den Drehbuchautoren verändert. Dadurch, dass man die düsteren und unheilvollen Elemente der Vorlage betont hat, kann diese Variante noch einmal ein ganz anderes Publikum ansprechen und gut unterhalten. Die BluRay-Wiederveröffentlichung bei One Gate bietet ein sehr scharfes Bild (im Widescreen-Format 16:9), bei dem noch Filmrauschen auszumachen ist. Die übersättigten Farben unterstreichen die märchenhaft-unrealistische Atmosphäre der Geschichte. Der Ton (Deutsch und Englisch im DTS HD Master Audio 2.0, optional mit deutschen und englischen Untertiteln) ist weitgehend in Ordnung, allerdings scheint man auch hier wieder die automatische Tonniveau-Kontrolle (ALC) angelegt zu haben, was einigen Szenen des Films nicht besonders gut tut. Auch Bonusmaterial, das bei der Erstveröffentlichung noch integriert war, hat man hier nun komplett weggelassen.