Fantasy Filmfest 2010 - Zurück in die Vergangenheit
Fantasy Filmfest 2010
Zurück in die Vergangenheit
Zurück in die Vergangenheit
Aus Kanada kommt noch eine besondere Mixtur, wo Live-Rollenspieler mit ihren selbst erschaffenen Charakteren gegen die wirkliche Welt ankommen müssen. Das Ganze nennt sich dann THE WILD HUNT, und verspricht ein turbulenter Spaß mit der Gewalt eines Psychothrillers zu werden. Doch dieses Jahr werden Zeitreisen hauptsächlich von Großbritannien gesponsert und nennen sich CENTURION, SOLOMON KANE und, ganz heiß erwartet, BLACK DEATH.
Neil Marshall hat bisher nicht nur gute Filme gemacht, sondern mit dem letzten FFF-Beitrag DOOMSDAY bewiesen, mit sehr wenig Mitteln mächtig die Erde beben zu lassen. Seine Gedanken kreisten beim Drehbuchschreiben von CENTURION um die Legende der neunten römischen Legion, die angeblich an der äußersten Grenze des Reiches spurlos verschwunden sein soll. Historiker möchten diese Legende längst wiederlegt wissen, doch was interessiert das einen Filmemacher. Wer Geschichte unverfälscht dargestellt sehen will, soll sich den Historie-Channel abonnieren. Gerade was bei anderen Produktionen wünschenswert und angebracht wäre, wollte Neil Marshall überhaupt nicht auf die Leinwand bringen.
Das Römische Reich ist mächtig. Nur an den nördlichen Rändern Britanniens tun sich die Legionäre schwer. Bezeichnend sinniert Zenturio Quintus Dias (Fassbender) dann auch über die Region, sogar das Land möchte uns töten. Aber zuerst sind einmal die Picts dran, ein Volksstamm, dem die Okkupation gar nicht behagt und der gleich in den ersten Minuten den Ton für den gesamten Film setzt. Der Guerilla-Überfall auf die Garnison ist blutig und brutal. Und so geht es auch munter weiter. Quintus Dias überlebt mit gerade mal sechs Kameraden. Die Flucht durch das feindliche Land wird zu einem Lehrstück von schottischer Beharrlichkeit, und da nützt auch keine römische Finesse. Egal, wie tapfer sich die Legionäre mühen, kämpfen, schlachten, brüllen oder bluten, die Picts dezimieren mit Hartnäckigkeit.
Marshall, als kreativer Übervater dieses Produktes, hat seine Vorbilder ganz genau studiert. Und in den immer und immer wieder demonstrierten Landschaftsüberflügen spiegelt sich der HERR DER RINGE aber auch sehr gut wieder. Sam McCurdys Cinemascope-Aufnahmen sind brillant und ziehen wirklich in die Leinwand hinein. So was kommt eben dabei heraus, wenn man seine Vorbilder kennt. Doch erfüllen die gut kopierten Kameraspielereien durchaus einen ganz individuellen Zweck in der Dynamik des Filmtempos. Und dass der GLADIATOR hier wieder auflebt, tut auch nicht wirklich weh. Mit Schnitt-Tempo, Shutter-Aufnahmen und Farbstimmungen huldigt Marshall seinem Regiekollegen Ridley Scott auf besondere Weise, allerdings ohne die grimmige Verbissenheit. CENTURION wirkt dabei in keiner Sekunde aufgesetzt oder peinlich, gerade weil Marshall sein Vorbild genau studiert hat.
Die Geschichte, soweit man von einer sprechen kann, ist kaum existent. Doch es geht ja auch nicht um eine Geschichte, erst recht nicht um die historische Geschichte. Als Drehbuchautor hat Neil Marshall einfach seine Phantasie mit der Legende spielen lassen. Als Regisseur hat er sich dann auf die Essenz des Mediums konzentriert. Wie er schon mit DESCENT den Horrorfilm auf das Nötigste heruntergebrochen hat, ist CENTURION reinstes, unverfälschtes und ohne Ballast ausstaffiertes Actionkino. Und wer es gerne rau möchte, wird seine helle Freude daran haben. Jeder Hieb und jeder Schlag ist in den Kampfszenen auch ein Treffer, und jeder Treffer ist sehr blutig. Ganze Sequenzfolgen lang wird dann auch jeder Schnitt im Film ein Schnitt durch Körperteile des Gegners. Oder Schlag. Oder Riss. Was man eben einem Körper alles so antun kann.
Mit Michael Fassbender hat sich ein guter, charismatischer Hauptdarsteller gefunden. Doch so ein kleines bisschen läuft ihm Dominic West als General Flavius Virilus den Rang als geballte Männlichkeit ab. Aber nur ein bisschen. Ansonsten ist CENTURION ein wirklicher Kracher, der zu unterhalten versteht und weiß, worauf es ankommt.
Nur zu dem Ende äußert sich Marshall etwas unzufrieden, weil ihn das Studio zu einem anderen Ende genötigt hatte, als er wollte. CENTURION funktioniert aber auch so zur besten Unterhaltung. Im Nachhinein wären Spekulationen über das Was-wäre-wenn eh nur mühsam und am Ende vergebens. Da hat SOLOMON KANE weniger Schwierigkeiten, weil sein Ende ziemlich festgeschrieben stand, will man doch aus Robert E. Howards Romanvorlage einen Dreiteiler zaubern.
Ich bin noch nicht bereit für die Hölle. Mit diesen Worten springt der kaltblütige Söldner Solomon Kane dem Sensenmann sprichwörtlich von der Schippe. Sein bisheriger Lebenswandel hat ihn schon zu einem festen Kandidaten für die Hölle gemacht, und der Teufel wollte diese Seele endlich kochen. Doch der gerade in Nordafrika marodierende Kapitän kann fliehen, wenngleich seine gesamte Besatzung ins Fegefeuer gesetzt wird. Das macht selbst den hartherzigsten Söldner nachdenklich. Solomon Kane zieht sich ins Kloster zurück und gibt sich ganz Gott hin. Doch es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenns dem Teufel nicht gefällt.
Es gibt viele Wege zur Erlösung, aber nicht alle sind friedfertig, bekommt der mit seiner Vergangenheit hadernde Kane mit auf dem Weg, als er sich unvermittelt auf einer Mission befindet, die ihn endgültig mit seinem Schicksal konfrontieren wird. Und dafür hat man mit James Purefoy einen mehr als idealen Darsteller gefunden. Nicht, dass sich Purefoy als einer der begnadetsten Schauspieler entpuppt, wenngleich er seine Rolle tadellos beherrscht. Aber es ist offensichtlich, dass die Produzenten bei der Besetzung die frappierende Ähnlichkeit mit Hugh Jackman im Sinn hatten. Nicht nur Make-up und Frisur, sondern auch Beleuchtung und Kameraführung sind stets darauf ausgelegt, Purefoys Ähnlichkeit zu Wolverine auszunutzen. Die Beweggründe liegen auf der Hand, tun dem eigentlichen Darsteller aber Unrecht.
Was zuerst auffällt bei diesem sehr straff inszenierten SOLOMON KANE, sind die langen Kameraeinstellungen in der ersten Hälfte, die dem Betrachter wirklich Zeit geben, die Atmosphäre aufzunehmen. Dafür erzählen die Bilder auch sehr viel über die eingerahmten Charaktere. Erst als Kane bei der 45-Minuten-Marke seine Berufung gefunden hat, zieht das Tempo an und der Ton sowie die Gewalt werden härter. Die Kampfszenen sind wohl keine Offenbarung, aber doch spannend und sehenswert. Ein paar Anachronismen tun sich im Film auf, da kann man drüber streiten, muss man aber nicht. Bei der Gestaltung der Bösewichter hätte man weniger auf Klischee setzen müssen. Doch SOLOMON KANE ist ohnehin ganz allein James Purefoys Film, den er ohne weiteres ausfüllen kann. Da ist kein Hugh Jackman von Nöten.
Freunde von Robert E. Howard müssen selbst entscheiden, ob und wie getreu sich die filmische Umsetzung des von Gott und dem Teufel gleichermaßen getriebenen Solomon Kane an die Vorlage hält. Als Film ist er überzeugendes Action-Kino mit angenehm unaufdringlichen Fantasy-Elementen. Vielleicht hätten die Figur und die Ereignisse etwas radikaler sein können. Ein bisschen grafisch brutaler vielleicht. Doch wer will wirklich meckern, wie heißt es so schön: Es kann kein Regisseur in Frieden leben, wenns dem Fan nicht gefällt.
Beiden Filmen, SOLOMON KANE und CENTURION, kann man gut und gerne vorwerfen, dass sie nicht viel Neues in die Arena der Fans und Filmjunkies werfen, und eine gewisse Vorhersehbarkeit ist auch nicht von der Hand zu weisen. Aber jeder für sich ist in Umsetzung und Präsentation einfach mitreißend und unterhaltend. Und bei geschätzten 30 Millionen britischer Pfund pro Film ist auf der großen Leinwand bei keinem der beiden ein Unterschied zu fünfmal so teuren Produktionen aus anderen Ländern zu bemängeln. Und das macht richtig Freude. Beide Filme zeigen auch einmal explizit, dass es durchaus mehrere Schläge benötigen kann, bis ein Kopf vom Rumpf getrennt ist. Und das tut selbst dem Betrachter weh.
München, Stuttgart und Nürnberg haben noch eine Chance. Und die sollte wahrgenommen werden. Bevor wieder jemand weint.
Das Römische Reich ist mächtig. Nur an den nördlichen Rändern Britanniens tun sich die Legionäre schwer. Bezeichnend sinniert Zenturio Quintus Dias (Fassbender) dann auch über die Region, sogar das Land möchte uns töten. Aber zuerst sind einmal die Picts dran, ein Volksstamm, dem die Okkupation gar nicht behagt und der gleich in den ersten Minuten den Ton für den gesamten Film setzt. Der Guerilla-Überfall auf die Garnison ist blutig und brutal. Und so geht es auch munter weiter. Quintus Dias überlebt mit gerade mal sechs Kameraden. Die Flucht durch das feindliche Land wird zu einem Lehrstück von schottischer Beharrlichkeit, und da nützt auch keine römische Finesse. Egal, wie tapfer sich die Legionäre mühen, kämpfen, schlachten, brüllen oder bluten, die Picts dezimieren mit Hartnäckigkeit.
Marshall, als kreativer Übervater dieses Produktes, hat seine Vorbilder ganz genau studiert. Und in den immer und immer wieder demonstrierten Landschaftsüberflügen spiegelt sich der HERR DER RINGE aber auch sehr gut wieder. Sam McCurdys Cinemascope-Aufnahmen sind brillant und ziehen wirklich in die Leinwand hinein. So was kommt eben dabei heraus, wenn man seine Vorbilder kennt. Doch erfüllen die gut kopierten Kameraspielereien durchaus einen ganz individuellen Zweck in der Dynamik des Filmtempos. Und dass der GLADIATOR hier wieder auflebt, tut auch nicht wirklich weh. Mit Schnitt-Tempo, Shutter-Aufnahmen und Farbstimmungen huldigt Marshall seinem Regiekollegen Ridley Scott auf besondere Weise, allerdings ohne die grimmige Verbissenheit. CENTURION wirkt dabei in keiner Sekunde aufgesetzt oder peinlich, gerade weil Marshall sein Vorbild genau studiert hat.
Die Geschichte, soweit man von einer sprechen kann, ist kaum existent. Doch es geht ja auch nicht um eine Geschichte, erst recht nicht um die historische Geschichte. Als Drehbuchautor hat Neil Marshall einfach seine Phantasie mit der Legende spielen lassen. Als Regisseur hat er sich dann auf die Essenz des Mediums konzentriert. Wie er schon mit DESCENT den Horrorfilm auf das Nötigste heruntergebrochen hat, ist CENTURION reinstes, unverfälschtes und ohne Ballast ausstaffiertes Actionkino. Und wer es gerne rau möchte, wird seine helle Freude daran haben. Jeder Hieb und jeder Schlag ist in den Kampfszenen auch ein Treffer, und jeder Treffer ist sehr blutig. Ganze Sequenzfolgen lang wird dann auch jeder Schnitt im Film ein Schnitt durch Körperteile des Gegners. Oder Schlag. Oder Riss. Was man eben einem Körper alles so antun kann.
Mit Michael Fassbender hat sich ein guter, charismatischer Hauptdarsteller gefunden. Doch so ein kleines bisschen läuft ihm Dominic West als General Flavius Virilus den Rang als geballte Männlichkeit ab. Aber nur ein bisschen. Ansonsten ist CENTURION ein wirklicher Kracher, der zu unterhalten versteht und weiß, worauf es ankommt.
Nur zu dem Ende äußert sich Marshall etwas unzufrieden, weil ihn das Studio zu einem anderen Ende genötigt hatte, als er wollte. CENTURION funktioniert aber auch so zur besten Unterhaltung. Im Nachhinein wären Spekulationen über das Was-wäre-wenn eh nur mühsam und am Ende vergebens. Da hat SOLOMON KANE weniger Schwierigkeiten, weil sein Ende ziemlich festgeschrieben stand, will man doch aus Robert E. Howards Romanvorlage einen Dreiteiler zaubern.
Ich bin noch nicht bereit für die Hölle. Mit diesen Worten springt der kaltblütige Söldner Solomon Kane dem Sensenmann sprichwörtlich von der Schippe. Sein bisheriger Lebenswandel hat ihn schon zu einem festen Kandidaten für die Hölle gemacht, und der Teufel wollte diese Seele endlich kochen. Doch der gerade in Nordafrika marodierende Kapitän kann fliehen, wenngleich seine gesamte Besatzung ins Fegefeuer gesetzt wird. Das macht selbst den hartherzigsten Söldner nachdenklich. Solomon Kane zieht sich ins Kloster zurück und gibt sich ganz Gott hin. Doch es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenns dem Teufel nicht gefällt.
Es gibt viele Wege zur Erlösung, aber nicht alle sind friedfertig, bekommt der mit seiner Vergangenheit hadernde Kane mit auf dem Weg, als er sich unvermittelt auf einer Mission befindet, die ihn endgültig mit seinem Schicksal konfrontieren wird. Und dafür hat man mit James Purefoy einen mehr als idealen Darsteller gefunden. Nicht, dass sich Purefoy als einer der begnadetsten Schauspieler entpuppt, wenngleich er seine Rolle tadellos beherrscht. Aber es ist offensichtlich, dass die Produzenten bei der Besetzung die frappierende Ähnlichkeit mit Hugh Jackman im Sinn hatten. Nicht nur Make-up und Frisur, sondern auch Beleuchtung und Kameraführung sind stets darauf ausgelegt, Purefoys Ähnlichkeit zu Wolverine auszunutzen. Die Beweggründe liegen auf der Hand, tun dem eigentlichen Darsteller aber Unrecht.
Was zuerst auffällt bei diesem sehr straff inszenierten SOLOMON KANE, sind die langen Kameraeinstellungen in der ersten Hälfte, die dem Betrachter wirklich Zeit geben, die Atmosphäre aufzunehmen. Dafür erzählen die Bilder auch sehr viel über die eingerahmten Charaktere. Erst als Kane bei der 45-Minuten-Marke seine Berufung gefunden hat, zieht das Tempo an und der Ton sowie die Gewalt werden härter. Die Kampfszenen sind wohl keine Offenbarung, aber doch spannend und sehenswert. Ein paar Anachronismen tun sich im Film auf, da kann man drüber streiten, muss man aber nicht. Bei der Gestaltung der Bösewichter hätte man weniger auf Klischee setzen müssen. Doch SOLOMON KANE ist ohnehin ganz allein James Purefoys Film, den er ohne weiteres ausfüllen kann. Da ist kein Hugh Jackman von Nöten.
Freunde von Robert E. Howard müssen selbst entscheiden, ob und wie getreu sich die filmische Umsetzung des von Gott und dem Teufel gleichermaßen getriebenen Solomon Kane an die Vorlage hält. Als Film ist er überzeugendes Action-Kino mit angenehm unaufdringlichen Fantasy-Elementen. Vielleicht hätten die Figur und die Ereignisse etwas radikaler sein können. Ein bisschen grafisch brutaler vielleicht. Doch wer will wirklich meckern, wie heißt es so schön: Es kann kein Regisseur in Frieden leben, wenns dem Fan nicht gefällt.
Beiden Filmen, SOLOMON KANE und CENTURION, kann man gut und gerne vorwerfen, dass sie nicht viel Neues in die Arena der Fans und Filmjunkies werfen, und eine gewisse Vorhersehbarkeit ist auch nicht von der Hand zu weisen. Aber jeder für sich ist in Umsetzung und Präsentation einfach mitreißend und unterhaltend. Und bei geschätzten 30 Millionen britischer Pfund pro Film ist auf der großen Leinwand bei keinem der beiden ein Unterschied zu fünfmal so teuren Produktionen aus anderen Ländern zu bemängeln. Und das macht richtig Freude. Beide Filme zeigen auch einmal explizit, dass es durchaus mehrere Schläge benötigen kann, bis ein Kopf vom Rumpf getrennt ist. Und das tut selbst dem Betrachter weh.
München, Stuttgart und Nürnberg haben noch eine Chance. Und die sollte wahrgenommen werden. Bevor wieder jemand weint.
Darsteller: Michael Fassbender, Liam Cunningham, David Morrissey, Dominic West, Noel Clarke, Riz Ahmed, Dave Legeno, Olga Kurylenko, Imogen Poots u.v.a.
Regie & Drehbuch: Neil Marshall Bildgestaltung: Sam McCurdy Bildschnitt: Chris Gill Musik: Ilan Eshkeri Production Design: Simon Bowles
zirka 97 Minuten Großbritannien / 2010
Darsteller: James Purefoy, Rachel Hurd-Wood, Jason Fleming, MacKenzie Crook, Philip Winchester, Patrick Hurd-Wood, Pete Postlethwaite, Alice Krige und Max von Sydow u.a.
Regie & Drehbuch: Michael J. Bassett - nach der Vorlage von Robert E. Howard Bildgestaltung: Dan Laustsen Bildschnitt: Andrew MacRitchie Musik: Klaus Badelt Produktions Design: Ricky Eyres
zirka 104 Minuten Frankreich/Tschechien/ Großbritannien / 2009
Tagesplaner: