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Die hohe heimliche Acht

StoryDie hohe heimliche Acht

Mit einer müden Geste strich sich Claude Tupinierre über sein Haupt. Seit einigen Tagen peinigte ihn ein heftiger Kopfschmerz.

Zuerst waren die Pausen, in denen der Schmerz wieder verschwand, lang gewesen. Oft hatte er stundenlang nichts verspürt, sodaß er zeitweise gehofft hatte, es handle sich nur um ein vorübergehendes Unwohlsein. Doch in den letzten Tagen waren die Zeitintervalle, in denen der Kopfschmerz abklang, immer kürzer geworden.

Manchmal bemerkte er ein merkwürdiges Prickeln unter der Kopfhaut, ein seltsames Tasten, das er sich nicht erklären konnte. Der Arzt, den er gestern konsultiert hatte, konnte keine Krankheit feststellen.

Plötzlich schreckte er aus seinen Gedanken hoch. Seine Redaktionskollegen eilten eben zur Türe hinaus und riefen ihm noch einen Abschiedsgruß zu. Claude murmelte eine Erwiderung und verließ ebenfalls das Verlagsgebäude. Er beschloß die Stadt so schnell wie möglich zu verlassen und in den nahen Wald zu fahren, um Kraft zu schöpfen für die nächsten Tage und um zu versuchen, den Schmerz zu bannen. Er wollte seine Ruhe und Ausgeglichenheit wieder finden, die er so sehr vermißte.
Dort angekommen, schlenderte er den Pfad entlang, der zur großen Lichtung führte. Von Zeit zu Zeit begegneten ihm einige Pärchen, die ihn jedoch kaum wahrnahmen. Sie hatten genug mit sich selber zu tun, als auf diesen einsamen Wanderer zu achten.
Immer tiefer ging er in den Wald, und plötzlich war er allein.
Er bemühte sich an nichts zu denken, was den Alltag betraf.
Kleine Rinnsale getauten Schnees kreuzten seinen Weg. Das sanfte
Plätschern des nahen Baches und das Rauschen der mächtigen Bäume übten eine beruhigende Wirkung auf ihn aus.
Fast unmerklich stahl sich ein zufriedenes Lächeln auf sein Gesicht. Die Unrast, die ihn in den vergangen Tagen erfüllt hatte, schwand mehr und mehr, was ihn zu einigen übermütigen Hüpfern verleitete.
Doch urplötzlich kam das Kopfweh wieder. Mit unheimlicher Wucht überfiel es ihn stärker denn je. Zuerst war es nur ein Kribbeln, das fast übergangslos zu einem dumpfen Bohren wurde und dann zu einem Dröhnen anschwoll.
Es war, als würde es ihm den Kopf zerreißen. Wie mit glühenden Nadeln und zuckenden Flammenspeeren durchraste es seinen Kopf und ließ ihn mit einem wilden Aufschrei, der die ganze Angst der Kreatur beinhaltete, taumeln.
Die Umgebung verschwamm vor seinen Augen. Er torkelte und fiel zu Boden.
Ein nie gekanntes Gefühl durchschauerte ihn. Sein Körper begann wie wild zu zucken. Es schien ihm, als wolle sich jede einzelne Zelle selbständig machen.
Das Dröhnen im Kopf steigerte sich dermaßen, daß er glaubte, im Glockenstuhl einer Kirche zu stehen. Dieses Gefühl verteilte sich vom Genick aus über den ganzen Körper.
Die Schmerzen wurden unerträglich.
Er wand und krümmte sich am Boden und in seinen Augen leuchtete der beginnende Irrsinn.
Doch bevor er in den Wahnsinn hinüberglitt, handelte sein Gehirn: "Muß ich hier elendiglich verrecken?", waren seine letzten Gedanken, dann umfing ihn eine wohltuende Ohnmacht. Der um sich schlagende Körper wurde ruhiger, seine Bewegungen langsamer, um schließlich ganz aufzuhören.
                       ***********
Zuerst zuckten seine Augenlider. Sie öffneten und schlossen sich einige male, bis sie schließlich offenblieben.
Verständnislos blickte Tupinierre umher, bis seine Gedanken in die Wirklichkeit zurückfanden. Seine Hände fuhren in Erwartung des einsetzenden Schmerzes an den Kopf, doch dieser blieb aus.
Doch darüber verschwendete Tupinierre weiter keinen Gedanken.
Jede Minute, ja jede Sekunde, ohne dieses grausame Weh war ein Geschenk.
Langsam sah er sich um.
Er lag auf dem Waldweg und durch die Bäume stahlen sich eben die letzten Strahlen der scheinenden Abendsonne, die ein herrliches Abendrot an den Himmel zauberte, der durch die Wipfel sichtbar war.
Er fühlte sich so frisch und unternehmungslustig, wie schon seit Wochen nicht mehr. Was war geschehen?
Langsam stand er auf. Ein bißchen torkelte er noch. Aber mit jeder verstreichenden Sekunde gewann er immer mehr Kräfte, so als ob sie ihm von unbekannter Seite zufließen würden.
Aufatmend fuhr er sich mit der Hand übers Haar. Er stutzte, tat es noch einmal. Erregt griff er in die Innentasche seines Mantels. Dort trug er immer einen kleinen Taschenspiegel mit sich. Den holte er jetzt hervor und blickte hinein.
Erschrocken fuhr er zurück.
Der Spiegel zeigte einen ihm fremden Mann. Tupinierre hatte seit Jahren schütteres Haar und das Bildnis im Spiegel besaß volles Haupthaar.
Auf eine gewisse Art besaßen die Züge des Fremden jedoch eine Vertrautheit, die ihn nachdenklich machte.
Und dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Der Mann, der ihm aus dem Spiegel entgegensah, war er doch selber, aber um gut zwanzig Jahre jünger.
Ein eisiger Schreck durchzuckte ihn. Was war mit ihm geschehen?
Er stutzte wieder. Nachmals fuhr er mit der Zunge prüfend durch den Mund. Dann besah er sich seine Zähne im Spiegel. Sie waren kerngesund, ohne Füllungen und Plomben. Der Spiegel zeigte ihm ein volles Gebiß, wo er doch schon seit Jahren künstliche Zähne tragen mußte.
Haare und Zähne hatten sich bei ihm regeneriert. Wie zur Bestätigung sah er unweit der Stelle, wo er gelegen hatte, sein künstliches Gebiß im Schmutz des Weges liegen. Wie konnte dies alles im Laufe der wenigen Stunden, die er hier
ohnmächtig verbracht hatte, geschehen sein?
Claude Tupinierre war ein nüchtern denkender Mensch, ein Pragmatiker.
Er glaubte nicht an Wunder. Alles war zu erklären, wenn man es nur genau genug erforschte und durchdachte. Doch nach den Entdeckungen der letzten Minuten geriet seine Sicherheit sehr ins Wanken.
Plötzlich fuhr er zusammen. Wer hatte da gesprochen?
Erschrocken sah er sich um; hatte ihn da jemand beobachtet und lachte ihn jetzt aus?
Doch es war niemand zu sehen.
Aber er hatte es doch gehört. Da, jetzt war es wieder da. Das Grauen kroch seinen Nacken hoch, es schüttelte ihn. Das war ja unheimlich! Eine Angstwelle durchflutete ihn. Tupinierre erkannte, daß er die Stimme in seinem Kopf gehört hatte.
In diesem Moment spürte er etwas in seinen Gedanken.
Es war, als schliche sich etwas in sein Bewußtsein; ein seltsames Tasten, ein Fühlen wurde spürbar.
“Hier spricht Dein zweites Ich!"
Er hörte diese Worte nicht wörtlich in seiner Denksphäre, es war mehr eine Aneinanderreihung von Bildern, Eindrücken und Begriffen, die sich wie Wörter zu Sätzen und Eindrücken formten, die verstanden werden konnten.
Wieder spürte er die fremden Gedanken in seinem Gehirn:
„Ich bin Dein Ich, Deine Seele, Dein Unterbewußtsein, das die motorischen Lebensabläufe Deines Körpers steuert."
Tupienniere spürte die eigenartige Doppelschichtigkeit des Geschehens. Er sprach mit sich selber und doch schien es ihm, als wäre es ein anderes Wesen, das sich mit ihm unterhielt.
Es war alles so unsagbar fremd und doch auch wieder irgendwie vertraut. Die ganze Szene kam ihm reichlich unwirklich vor.
Er fragte sich, warum er eigentlich ob des makabren Geschehens nicht wahnsinnig wurde. Oder war er es etwa schon? Äußerte sich Wahnsinn so; zumindest für den Betroffenen? Merkte er es nur selbst nicht; wollte er es nicht wahrhaben?
"Du bist mein Ich?", fragte er vorsichtig.
Wieder durchraste ein Impulsstrom sein Gehirn. Sein Partner 'sprach' mit hoher Lautstärke:
“Ja, wie ich schon sagte; ich steuere alle motorischen Lebensabläufe. In mir werden alle unbewußten Eindrücke gespeichert. Mit untersteht der größte Teil Deines, besser gesagt, unseres Gehirns. Rund 88 %! Sie liegen für Dich brach
und können vom Oberbewußtsein, das die bewußten Handlungsabläufe
steuert, und mit dem Du denkst, nicht beeinflußt werden. Meine Hauptaktivzeit beginnt dann, wenn Du schläfst. Dann sorge ich dafür, daß die Aufregungen des Tages kompensiert werden. Ich sortiere aus und sorge dafür, daß der Erinnerungsspeicher nicht überläuft. Du nennst das dann träumen. Ich sorge außerdem dafür, daß sich unser Körper wieder regeneriert. DU bist ICH und ICH
bin DU. WIR sind unzertrennlich. Wir sind EINS! EINES kann ohne das ANDERE nicht sein."
Claude faßte sich an den Kopf und stöhnte:
"Das ist ja alles so unfaßlich; ich kann es gar nicht glauben. Noch nie ist bekannt geworden, daß sich jemand mit seinem Unterbewußtsein unterhalten konnte ..."
"Da täuscht Du Dich aber sehr. Hast Du die Schizophrenie vergessen? Denke an die Leute, die als Verrückte in die Irrenanstalten eingeliefert wurden!"
 "Du meinst ...?" fragte Tupinierre voller Zweifel. Die Erklärung schien ihm an den
Haaren herbeigezogen.
"Ich meine es nicht. ich weiß es!" Sehr bestimmt klang die Stimme in seinem Gehirn. So, als sei jeder Irrtum ausgeschlossen.
"Ja, aber, das würde ja heißen, daß alle Leute, bei denen sich bisher das Unterbewußtsein aktivierte, verrückt wurden!"
"Ja und nein. Wenigen Menschen gelang es, den Schock zu verdauen. Viele besaßen nicht die geistige Fähigkeiten, um mit dem Unfaßlichen fertig zu werden. Bei Vielen, den Meisten verwirrte sich dann der Geist. Diejenigen, die aber damit fertig wurden, waren die bedeutendsten Geister der Menschheit. Sie waren ihrer Zeit immer weit voraus!"
Tupinierre fühlte, daß sein Partner recht hatte.
"Zwischen uns wurde eine bio-telepathische Leitung aktiviert, die uns miteinander verbindet. In Zukunft gibt es kein getrenntes Handeln zwischen den beiden Bewußtseinen mehr. Das Parazentrum unseres Gehirns und nicht nur das, sondern alle Teile, die nur mir unterstanden, haben sich meiner alleinigen
Kontrolle entzogen. Du kannst jetzt alle paramentalen Gaben, über die unser Gehirn verfügt, bewußt einsetzen, so wie ich jetzt auch alle Abläufe, über die Du bis jetzt alleine gebotest, mitsteuern kann. Wir sind zu einer vollkommenen Einheit
geworden."
"Was sind das für Fähigkeiten, über die wir gemeinsam verfügen?", fragte Claude neugierig. Verstohlen zwickte er sich in den Arm. Einerseits unterhielt er sich mit seinem Alter Ego, andererseits aber fühlte er sich auf merkwürdige Weise
unbetroffen. Es war, als hörte er einem Gespräch zweier Unbekannter zu.
"Nun, es sind dies Telepathie, Präkognition, Metamorphose und eine Stärkung der bisherigen Sinne." "Metamorphose? Was soll ich mir darunter vorstellen?" Claude Tupnierre kam sich ziemlich hilflos vor. Sein Bewußtseinspartner hatte ihm nur Fähigkeiten genannt, unter denen er sich teilweise nichts vorstellen konnte.
"Du hast sie ja erlebt. Unsere Körperzellen haben sich vollständig regeneriert. Wir können jetzt die Lebensautomatik, wenn ich sie mal so nennen darf, bewußt steuern. Das konnte bis jetzt in dieser totalen Form nicht einmal ich. Nur durch Impulse konnte ich die Automatik bei Krankheit oder Verletzung anregen. Auf den Vorgang selber hatte ich wenig Einfluß. Jetzt aber ist unser Körper unsterblich. Über den Umweg des Oberbewußtseins, über Dich also, und in Zusammenarbeit mit Dir kann ich - können wir - nun direkt eingreifen und nach belieben steuern. Wir können so unsere Körperzellen ständig erneuern. Wir sind Herr über unseren Genkode."
"Das ist ja phantastisch! Das eröffnet ja ungeahnte Aussichten. Das birgt aber auch Gefahren. Die Nachbarn, die Bekannten und Verwandten, aber auch die Kollegen werden es merken, wenn unser Körper nicht altert."
Doch sein Denkpartner widerlegte seine Ängste:
"Du scheinst es immer noch nicht begriffen zu haben. Wer die Gabe der Metamorphose besitzt, kann seinen Körper äußerlich auch scheinbar altern lassen. Die Gestalt läßt sich beliebig verändern. Niemand wird etwas merken. Wir werden nur öfters umziehen müssen und die Arbeitsstellen wechseln. Auch neue
Ausweispapiere werden wir ab und zu benötigen. Aber das sind Nebensächlich-keiten, die zu meistern sind. Die Unsterblichkeit erwartet uns. Nur das zählt!"
"Ja, Die Unsterblichkeit!“ Tupinierre blickte träumerisch zum Himmel empor. "Wer hat nicht schon davon geträumt? Dieser Wunsch ist so alt wie die Menschheit. Und ausgerechnet an mir erfüllt er sich“.
"Nicht nur an Dir. Es gab schon viele vor UNS ..." Das letzte Wort, oder besser gesagt, der letzte Begriffseindruck wurde vom Symbionten lange gedehnt, um Tupinierre seine Bedeutung zu verdeutlichen.
"Achja, richtig. Ich vergaß. Aber woher weißt Du eigentlich, daß es vor uns schon welche gab, die in derselben Situation waren?"
“Ich ..." Verblüffung schwang in der Stimme des anderen Bewußtseinsteil mit. "Ich weiß es nicht. Die Meinung, daß es so sein muß, war plötzlich da." Unterhaltung vollzog sich natürlich viel schneller. Etwa wie bei einem Selbstgespräch, wo man die Antwort auf die Frage, die man sich stellt, im selben Moment schon weiß.
Tupinierre verfolgte das Thema nicht weiter. Darüber konnte man sich auch später noch Gedanken machen. Etwas anderes bewegte ihn im Moment mehr.
"Sag mal," nahm er den Gesprächsfaden wieder auf, "was wird sein, wenn wir mal eine Meinungsverschiedenheit haben...wer wird dann der Stärkere sein ...?"
Das andere Ich schien verärgert. Seine Gedanken 'klangen' kräftiger, als er antwortete: "Es ist sehr schwer für Dich, mit den neuen Gegebenheiten fertig zu werden. Merke Dir: Du bist Ich und Ich bin Du. Wir sind EINE Persönlichkeit in zwei Denkebenen. Ich war ja vorher auch schon da. Wir können gar nicht
verschiedener Meinung sein. Wir sind ja EINS!"
Claude griff sich an die Stirn und nickte langsam. Es war nicht leicht, sich
so unvermittelt mit der neuen Situation abzufinden. Aber sein Alter Ego hatte recht. Sie waren EINS.
"Vor uns liegt eine große Aufgabe", meldete sich der 'Andere' wieder.
"Ja, aber erkläre mir noch etwas. Warum geschah dies alles? Warum wurde diese Leitung zwischen uns aktiviert?"
“Ich sagte schon, ich weiß es nicht. Aber das, was Dir so große Schmerzen bereitete, war nicht die Aktivierung an sich, sondern der Kraftstrom, der die Schranken zwischen uns niederriß und mich veranlaßte, die sich bietende Möglichkeit zu nutzen. Ich war nur Mittel zum Zweck. Irgendetwas oder irgendwer hat es getan."
„Ich habe es getan!"
Eine mächtige telepathische Stimme überlagerte das Gespräch der beiden Bewußtseinsinhalte. Zuerst waren sie über den jähen Gedankeneinfall verwirrt, doch dann verschmolzen sie unter dem Einfluß der Energie, die ihnen die
fremde Stimme zuführte, zu einer Einheit. Nun waren sie wirklich EINS.
"Wer bist Du?"
“Ich habe keinen Namen. Höre zu und vernimm Deine Bestimmung!"
Durch die Verschmelzung der beiden Sphären war für beide Teile eine völlig neue Gedankenwelt entstanden. Der kurzzeitige Dualismuns war wieder vorbei. Ihr gemeinsames Bewußtsein lag nun auf einer anderen Ebene als bisher. Von der
Möglichkeit einer Meinungsverschiedenheit konnte nun wirklich keine Rede mehr sein.
"Für was soll ich bestimmt sein?", fragte er neugierig und verblüfft. Die Kette der aufregenden Ereignisse schien kein Ende
zu nehmen.
"Meine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, daß sich das Schicksal aller Wesen im Kosmos erfüllt. Daß sie, um ein Beispiel zu nennen, den Weg zu den Sternen finden."
"Wer bist DU?
Bist Du ... Gott?"
"Die Menschen verehren so viele Götter, daß ich Deine Frage verneinen muß. Ich bin nicht das, was sich Menschen gemeinhin unter einem Gott vorstellen."
Tupinierre kam dies alles so unwirklich vor. Noch war er sich nicht im Klaren darüber, was er von diesem Vorgang halten sollte; es war alles so fremd, so
Imaginär und nicht faßbar. Er schwankte zwischen Zweifel und Glauben. Manchmal meinte er, aus einem Traum erwachen zu müssen. Verstohlen
zwickte er sich abermals in den Arm. Der Schmerz war da. Also war es doch kein Traum. Oder doch?
"Was für eine Aufgabe habe ich nun genau? Was soll ich tun? Wie kann ich Dir helfen?", wollte er wissen.
"Verändere Dein Gesicht und Deine Gestalt wieder so, daß Dein bisheriges Aussehen wieder hergestellt wird. Später, wenn Du auf die Reise gehen mußt, wirst Du ein anderes Aussehen wählen. Niemand soll wissen, wohin Du Dich begibst."
Auf seinen Wangen breitete sich eine tiefe Röte aus; wie immer wenn er in hektischer Erregung geriet. Selbst seine Gedankenstimme vibrierte voller Erwartung, als er fragte: "Eine Reise? Wohin soll ich reisen?"
"Nur Geduld, sei nicht so überschnell. Du hast alle Zeit der Welt. Du wirst nach Agarthe reisen."
"Agarthe?" Claude kannte diesen Ort nicht. Oder war damit vielleicht ein anderer
Planet gemeint? Sollte er einen Sternenflug unternehmen? Er erschrak. Sofort war sie wieder da, die kreatürliche Angst vor allem Unbekannten, Unbegreiflichen.
"Ja, Agarthe. Es sind riesige Höhlen unter dem Himalaya, unter dem Dach der Welt. Dort leben die Herrscher der Erde. Meister werden sie auch genannt. Bekannter sind sie aber vielleicht unter dem Namen, der ihnen einst gegeben wurde, als Hohe Heimliche Acht."
Tupinierre zögerte mit seiner Antwort. Gehört hatte er schon mal etwas davon. Aber er hatte es nicht ernst genommen, sondern wie vieles andere auch für Spekulation, für Hirngespinste einer überspannten Phantasie gehalten. Sollte
diese Sage Wirklichkeit sein? Und wenn es diese HOHE HEIMLICHE
ACHT wirklich gab, was sollte er dort?
"Was soll man denn davon halten?", fragte er sich selber und horchte in sich hinein. er suchte ein Zwiegespräch mit sich selber. Durch die vorherige Verschmelzung war eine faszinierende Situation entstanden. Frage und Antwort waren fast gleichzeitig vorhanden. "Wir sind scheinbar zu einem Spielball kosmischer Kräfte geworden!", gab er sich selber zur Antwort.
Wieder flossen die Gedanken der STIMME in sein Bewußtsein.
"Die Mitglieder der HOHEN HEIMLICHEN ACHT sind alle Auserwählte. Ich habe sie ausgesucht. Es sind Menschen mit denselben Gaben, wie Du sie jetzt besitzt. Sie sind alle Unsterbliche. Die Meister der Welt."
Tupinierre hatte die Unlogik in der Argumentation der STIMME sofort erkannt. "Ja, aber, wenn die ACHT vollzählig sind, was soll ich dann dabei. Dann wäre ja
einer zuviel."
Die STIMME war belustigt. Tupinierre spürte es am Gedankenstrom.
"Es waren acht. Ein Meister ist ausgeschieden und muß durch einen neuen Meister ersetzt werden. DURCH DICH!“
"Ich denke, die Meister sind unsterblich! Wie kann da einer ausscheiden? Was ist
mit ihm passiert?"
"Ja und nein. Er lebt und auch doch nicht. Zumindest nicht in Deinem körperlichem Sinne. Er hat die letzte Erkenntnis gewonnen. Du wirst seinen Platz einnehmen."
"Ich verstehe immer noch nicht ..."
"Das ist jetzt auch noch nicht notwendig. Folge meinen Anweisungen und reise nach Agarthe. Alles nähere wird Dir dort erklärt werden."
"Nun gut, ich werde reisen," lenkte er ein. Er wollte sich die Chance nicht verderben. Die Fragen konnten an Ort und Stelle sicher besser geklärt werden, als hier in der beginnenden Dämmerung. Eine Frage blieb jedoch und die
wollte er unbedingt noch beantwortet haben.
"Was ist der Sinn ... warum erfüllst Du Deine Aufgabe, warum gibt es diese HOHE UNHEIMLICHE ACHT?"
Mächtig klang noch einmal die STIMME in Tupinierres Bewußtsein an, als sie die letzte Frage beantwortete:
"Die Schöpfung ist noch immer nicht beendet. Sie dauert immer noch an."
 
Ende

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