Meyer, Kai: Lanze und Licht (Das Wolkenvolk 2)

CoverLanze und Licht (Das Wolkenvolk 2)
von Kai Meyer
erschienen: 2007 (Deutschland)
383 Seiten, 16.90 €
ISBN: 978-3-785-55742-6
Loewe Verlag

Phantastische Ungeheuer, gewaltige Riesen, tragische Schicksale, aussichtslos erscheinende Kämpfe, asiatisch anmutende Atmosphäre – auch im zweiten Teil seiner Trilogie um das Wolkenvolk zieht Kai Meyer wieder alle Register und nimmt seine Leser mit auf eine ebenso abenteuerliche wie magische Reise durch eine unglaubliche Welt.

Zum Buch selbst: (Spoilerwarnung: Wer das Buch Seide und Schwert nicht gelesen hat und die Handlung nicht schon im Voraus erfahren möchte, sollte die nächsten vier Absätze überspringen!)

Der Äther kommt seinem Ziel, die Welt zu vernichten, immer näher. Die Helden der Geschichte finden sich in einem schier hoffnungslosen Kampf gegen einen übermächtigen Feind, der durch nichts aufzuhalten zu sein scheint. Darüber hinaus hat jeder mit seinen eigenen Dämonen zu kämpfen, die drohen, die Gefährten ins Verderben zu reißen.

Niccolo befindet sich auf dem Weg zu einem der letzten Unsterblichen, um zu verhindern, dass er von Mondkind, der unfreiwilligen Attentäterin des Äthers, ermordet wird. Eine fast unmögliche Aufgabe, denn seitdem Mondkind einen Teil von Niccolos Chi in sich aufgenommen hat, sind die beiden einander in ewiger Liebe verfallen.

Unterdessen sind der Unsterbliche Li und die unter Drachen aufgewachsene Nugua auf dem Weg zum Drachenfriedhof. Dieser ist die letzte Hoffnung des Mädchens von einer tödlichen Verletzung geheilt zu werden. Während die beiden auf Lis Kranich vorauseilen, folgen ihnen die Schwertmeisterin Wisperwind und der im Drachenkostüm gefangene Feiquing auf dem Landweg, wo sie schon bald einer mörderischen Gefahr ins Auge blicken.

Auch in der Wolkenstadt spitzt sich die Lage immer weiter zu. Die Wolke schrumpft zusehends, und der Schattendeuter entpuppt sich als Diener des Äthers. Alessia, die einzige, die diese furchtbare Wahrheit kennt, ist in einer der erkalteten Ätherpumpen gefangen. Verzweifelt sucht sie nach einem Ausgang, um ihr Volk zu warnen. Dabei stößt sie auf ein unglaubliches Geheimnis.

(Spoielerende)

Lanze und Licht setzt unmittelbar da an, wo Seide und Schwert, der erste Band der Trilogie, aufgehört hat. Der Leser verfolgt die Abenteuer der Protagonisten jeweils aus deren Sicht. Wieder einmal beweist Meyer dabei, dass er der vielleicht einfallsreichste Schriftsteller ist, den Deutschland zur Zeit vorzuweisen hat. Eine unglaubliche Idee jagt die nächste, ständig trifft man unvorbereitet auf Neues. Nein, an Abwechslung mangelt es dem Roman sicher nicht.

Leider muss man aber auch sagen, dass das Buch nur bedingt mit seinem Vorgänger mithalten kann. Insbesondere die unglückliche und tragische Liebesgeschichte zwischen Niccolo und Mondkind, eines der Highlights des ersten Bandes, erweist sich als vorhersehbar und nervtötend. Ist es Meyer in Seide und Schwert noch gelungen, diesen Handlungsbogen geschickt in die Story zu integrieren, so gleitet die Geschichte diesmal durchaus ins Kitschige ab. Der Autor lässt die beiden Liebenden kräftig leiden und übertreibt es dabei. Das hat zur Folge, dass man als Leser gerade im letzten Viertel des Buches mehr als nur einmal kräftig durchatmen muss und hofft, dass diese Storyline doch möglichst bald vorbei oder wenigstens zurück im Hintergrund ist, aber auch, dass die Handlung nur allzu vorhersehbar wird, da hier tief in die Klischeekiste gegriffen wird. Weniger wäre deutlich mehr gewesen.

Ansonsten gibt es aber eigentlich kaum was zu meckern. Das Buch ist gut geschrieben und hat eine tolle Atmosphäre. Die meisten Handlungsstränge wirken durchaus frisch und spannend, und gerade die Storyline um Wisperwind und Feiquing ist deutlich interessanter, als man zunächst vermutet.

Alles in allem ein gelungener mittlerer Band einer Trilogie, der seinem Vorgänger vielleicht nicht ganz das Wasser reichen kann, der einen aber mit Spannung auf den abschließenden Roman warten lässt. Wer Seide und Schwert gelesen und gemocht hat, kann relativ bedenkenlos zugreifen. Wem der erste Band der Reihe jedoch nicht so zugesagt hat, der sollte auch von dem Nachfolger die Finger lassen.

Auf dass uns in Band drei ein fulminantes Finale der Saga erwartet...

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