Lovecraft: Unverfilmbar?
Okay, in Lovecrafts Geschichten gibt es kaum einen Helden, der mit Schwert und allen Waffen durch die Gegend rennt und Gegner umhaut, aber wenn man sich die Spielwelt selber anschaut, so haben beide Spiele - bzw. Nachfolger - durchaus wirklich viel von Lovecraft geerbt. Das Design etlicher Gegner und die Enden in "Bloodborne" sind durchaus am Original dran. Wenn in der nächsten Zeit ein Nachfolger von "Bloodborne" erscheinen sollte, wäre das durchaus begrüßenswert. Abgesehen von den Beispielen aus der letzten Zeit: Lovecrafts Große Alten haben sich schon vorher in Computerspielen eher wohler gefühlt als in großen filmischen Umsetzungen. Liegt es daran, dass die Tricktechnik in Computerspielen eher das Gefühl vermittelt, dass Lovecraft als kosmisches Grauen bezeichnet?
Vermutlich weniger, denn die aktuelle Tricktechnik in Filmen kann ja so Einiges. Das letzte Mal haben wir einen Riesenaffen auf dem Bildschirm gesehen, der mit Sauriern kämpfte und Superheldenfilme mit ihren gigantischen Kulissen und Tricks haben uns auch gezeigt, dass es definitiv möglich wäre jemanden wie Cthulhu so zu animieren, dass er als schauererregendes Monster aus den Tiefen der Ozeane hervorbricht und ... hmm - hatten wir das nicht schon mit Godzilla und Co in der letzten Zeit? Vielleicht ist das gerade die Prämisse, die Filmemacher in der Regel vergessen, wenn sie versuchen Lovecrafts Kurzgeschichten und Romane um Cthulhu - wobei ich auch noch auf eine gute "Charles Dexter Ward"-Verfilmung hoffe, die Geschichte hat ja nur zum Teil direkt mit den Großen Alten zu tun - auf die Leinwand zu bringen. Es geht nicht um das Monster.
Schön, ja, natürlich spielen in Lovecrafts Kurzgeschichten die Monster eine Hauptrolle und ohne Cthulhu, Nyarlaotothep und Konsorten wäre der Mythos, den Lovecraft schuf, nun kaum denkbar. Liest man sich aber nochmal die Geschichten von Lovecraft hin auf den Aspekt durch, ob das Monster nun das Grauen an sich auslöst - das heißt, das Monster als die Ursache des Horrors an sich - dann verbreiten Cthulhu und Co sicherlich ein Grauen, dass den Erzähler der Geschichten meistens in den Wahnsinn treibt. Wenn er Glück halt, landet er wie Sam Neil in "Die Mächte des Wahninns" - einer der Filme, die Lovecrafts Themen aufnehmen, wenn auch nicht ausdrücklich verfilmen - in einer gut gepolsterten Zelle, während die Apocalypse gerade begonnen hat. Lovecrafts Horror konzentriert sich nicht auf das Monster an sich. Es ist unbestreitbar da und es flößt Schrecken ein oder sogar eher Mitleid. So wie in "The Mountains of Madness", wenn die Forscher später konstatieren, dass die Aliens eher bemitleidenswert sind, weil sie sich in einer neuen Umgebung erstmal nicht zurechtfinden und ausgerechnet - das ist die Ironie - von ihren eher hirnlosen Dienern, den Shoggoten, überlebt werden.
Aber die Monster sind nur ein Teil dessen, was Lovecrafts Werk ausmacht und das ist vermutlich das Problem beim Verfilmen einer Geschichte wie "Dagon": Meistens haben Lovecrafts Geschichten an sich keinen Plot, der wirklich dramatisch verfilmbar wäre. Seine Geschichten passen nicht in das 3-Akt-Schema von Hollywood und müssten deswegen massiv umgearbeitet werden - was Hollywood ja bisweilen sehr gerne tut. Verfilmungen wie "Dagon" etwa zeigen genau das Problem. Der Film ist keine direkte Verfilmung der Kurzgeschichte sondern kombiniert die Deep Ones und Insmouth in einen Plot, der nicht funktioniert weil er zu sehr auf das abstellt, was wir erwarten: Wir erwarten in einem Horrorfilm Monster. Und gerade um diese Monster geht es Lovecraft in erster Linie nicht. Seine Prämisse eines Universums, in der der Mensch weder die Krone der Schöpfung ist noch überhaupt bemerkenswert und in der der Mensch von anderen schrecklicheren Mächten in den Schatten gestellt wird - diese Prämisse ist es, die im Vordergrund einer Verfilmung stehen müsste. Wobei: Wenn es um diese Atmosphäre und Prämisse geht, dann haben wir mit "Alien" eigentlich einen der besten Lovecraft-Filme gehabt. Ein Universum, in der der Mensch unbedeutend ist und in der das kosmische Grauen einbricht - passt bei "Alien" sicherlich wie die Faust aufs Auge.
Dass Lovecraft auf die Filmindustrie einen gewaltigen Einfluss hat - seine Themen und seine Monster tauchen immer mal wieder auf - ist ja unbestritten. Aber für eine direkte gute Verfilmung bräuchte man in Hollywood wohl jemanden, der versteht, dass mehr als die Monster sind, die Lovecraft für den Leser so attraktiv machen. Die altertümliche Art wie Lovecraft seine Geschichten aufbaut - sofern sie nicht direkt als Rückblicke oder als Zeugenaussagen komponiert sind, aber auch hier ist es ja nicht so, dass Lovecraft immer direkt zum Punkt der Geschichte kommt sondern dass er sich sehr gerne mal zwei, drei, vier Seiten Zeit nimmt um über sein geliebtes Neu-England zu schreiben. Die ersten Seiten von "Mountains of Madness" führen den Leser auch erstmal geduldig in die arktische Kälte ein, bevor dann nach und nach das Grauen die Forscher überkommt. All das, die Atmosphäre, die Prämisse des kosmischen Grauens - all das kann man durchaus in einen Film übernehmen. So sehr auch die Künstlichkeit von "Bram Stokers Dracula" gescholten wurde: Immerhin hat der Film in seinen besten Szene eine unnahmliche Atmosphäre, die einen in den Bann zieht. Gut, in den schlechten Szenen haben wir einen Dracula als Affen, aber man kann ja nicht alles haben. Wobei die guten Szenen eigentlich überwiegen. Jedenfalls für mich.
Vielleicht passiert es ja eines Tages, dass es eine gute Adaption der Berge des Wahnsinns geben wird, vielleicht nimmt sich Christoph Gans ja nochmal des Horror-Genres an - "Silent Hill" fand ich ausgezeichnet gelungen - oder jemand heute noch Unbekanntes schafft es, nicht nur das Monster an sich sondern auch die Konnotation des kosmischen Grauens bei Lovecraft auf die Leinwand zu bringen. Ohne, dass es wirklich nur um Effekthascherei geht.
Kommentare
Immer, wenn Cthulhu auf der Leinwand auftaucht, ist das Schrott. Die einzige Ausnahme, wo es mal halbwegs gelungen ist, ist der kurze fanproduzierte s/w "Stummfilm" von 2005. Darum kann man davon ausgehen, dass jede Hollywood-Produktion da nur furchtbar sein wird.
Von "Charles Dexter Ward" gibt es eine brauchbare Verfilmung. "The Resurrected" von Dan O'Bannon holt die Story zwar in die Gegenwart, trifft aber die Atmosphäre ganz gut und hält sich sogar ans Ende der Vorlage. Die deutsche BD von Ofdb-Filmworks kann man eigentlich nur empfehlen.
"Silent Hill" ist ein schönes Beispiel, was bei so einem Projekt schiefgehen kann. Teil 1 ist wirklich gelungen. Teil 2 ist furchtbar in jeder Beziehung. Vielleicht sollte man so ein Projekt jedem überlassen, nur keinem Amerikaner. . Dass del Toro den "Mountains of Madness" nicht machen konnte. ist schon schade.